Hebamme 2020; 33(02): 6-8
DOI: 10.1055/a-1110-1971
Profession
Kurz berichtet

IGES-Gutachten zur Hebammenversorgung

Statistik

Mitte Januar 2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein Gutachten zur Hebammenversorgung. Dafür wurden Hebammen, Kliniken und Mütter befragt. Während das BMG in einer ersten Stellungnahme die gute Erreichbarkeit der Kliniken und die Zufriedenheit der Mütter hervorhebt, finden sich bei intensiverer Lektüre eher besorgniserregende Zahlen zur Arbeitssituation von angestellten Hebammen.

An der Befragung nahmen 2.117 Hebammen teil, die 2018 im Krankenhaus tätig waren. Die Altersverteilung war wie folgt: 22 % 20 – 29 Jahre und jünger, 24 % 30 – 39 Jahre und jünger, 23 % 40 – 49 Jahre, 27 % 50 – 59 Jahre, 4 % 60 Jahre und älter. 39 % der Hebammen waren ausschließlich angestellt tätig, 44 % arbeiteten angestellt und freiberuflich. Für die Arbeit im Angestelltenverhältnis ergab sich aus der Befragung eine wöchentliche Arbeitszeit von 28.4 Stunden und 12.6 Überstunden. Für 77 % der Hebammen war die wöchentliche Arbeitszeit höher als gewünscht.

Hohe Arbeitsbelastung | Die Kliniken (n = 234) gaben an, dass die dort arbeitenden Hebammen im Schnitt 3 Frauen gleichzeitig betreuen. Hierbei gab es keine wesentlichen Unterschiede bei der Versorgungsstufe des Krankenhauses (Perinatalzentrum Level 1 oder 2, Klinik mit und ohne Perinatalschwerpunkt). Die Befragung zeigte allerdings eine Spannweite zwischen einer und zehn Frauen, die gleichzeitig betreut wurden. Nur 182 Kliniken machten vollständige Angaben zum Betreuungsschlüssel – hier wurden 40 % der Geburten in einer 1:1-Betreuung begleitet, 44 % der Geburten fanden im Betreuungsverhältnis 1:2 statt. Zur Arbeitsbelastung gaben 45 % der befragten Hebammen an, dass nur selten die Möglichkeit sei, die vorgeschriebenen Ruhepausen in Anspruch zu nehmen, 53 % kommen hin und wieder bzw. manchmal dazu. Nur 7 % können Dokumentationsaufgaben während der Arbeitszeit erledigen.

Betreuungsschlüssel | Eine von Hebammenverbänden und Elterninitiativen gleichermaßen geäußerte Forderung richtet sich auf die 1:1-Betreuung der Gebärenden. Dazu gaben 46 % der befragten Hebammen an, innerhalb einer Schicht drei Frauen während und nach der Geburt betreuen zu müssen. Bei genauerer Betrachtung sind es sogar 67 % der Hebammen, die zwei aktiv Gebärende während einer üblichen Schicht gleichzeitig betreuen müssen. Die Zahlen hinsichtlich einer Schicht mit überdurchschnittlich vielen Geburten sind ungleich dramatischer [Abb. 1]: Hier betreuen 51 % der Hebammen drei aktiv Gebärende gleichzeitig, 22 % betreuen sogar vier Gebärende zur gleichen Zeit. 71 % der Befragten sind mit dieser Arbeitssituation unzufrieden. Sie gaben an, einen 1:1-Betreuungsschlüssel für angemessen zu halten.

Wertvolle Informationen | Das Gutachten des IGES-Instituts bietet auf rund 260 Seiten weitere Informationen und Befragungsergebnisse - u.a. zu Mindestmengen in der Geburtshilfe, Entwicklung der Geburtenzahlen, Anzahl und regionaler Verteilung von Geburtskliniken. Außerdem beleuchtet das Gutachten die soziodemografische und berufliche Situation von Hebammen, sowie deren Zufriedenheit mit Arbeitsbedingungen und Einkommen.

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Abb. 1 Links: Verteilung der Hebammen nach Anzahl der gleichzeitig im Kreißsaal betreuten aktiv Gebärenden im Schichtdienst mit überdurchschnittlich hoher Gebärendenzahl 2018 (n = 2.031; keine Angabe = 43 Hebammen; reine Begleit-Beleghebammen = 43 Hebammen).Rechts: Verteilung der Anzahl der Schichten mit durchschnittlicher, unterdurchschnittlicher und überdurchschnittlicher Anzahl der Gebärenden 2018 (n = 1.912 Hebammen).Quelle: IGES auf Basis der Hebammenbefragung (Grafische Umsetzung: Thieme Gruppe)

Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de/Gutachten-Hebammenversorgung



Publication History

Article published online:
28 April 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York