Rehabilitation (Stuttg) 2020; 59(04): 231-236
DOI: 10.1055/a-1122-5233
Originalarbeit

Prävalenz nicht-authentischer Beschwerdenbilder und Indikatoren in der Begutachtung psychischer und psychosomatischer Störungen – retrospektive Analyse einer Begutachtungsstichprobe

Base Rate of Probable Malingering and its Indicators in the Assessment of Mental Disorders – Retrospective Analysis of a Sample of Forensic Psychological Evaluations

Authors

  • Thomas Schmidt

    1   Medizinische Psychologie, Klinik: BG-Klinikum Bergmannstrost Halle
  • Martin Krüger

    1   Medizinische Psychologie, Klinik: BG-Klinikum Bergmannstrost Halle
  • Utz Ullmann

    1   Medizinische Psychologie, Klinik: BG-Klinikum Bergmannstrost Halle

Finanzielle Unterstützung: Es erfolgte eine Forschungsförderung durch Mittel der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV, Kennziffer: 412.02-FR223). Die Verantwortung für den Inhalt liegt bei den Autoren.
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Zusammenfassung

Ziel der Studie Gutachterliche Entscheidungen hinsichtlich nicht-authentischer Beschwerdendarstellungen psychischer und psychosomatischer Störungen wurden untersucht. Änderungen der Gutachtenmethodik über die Zeit und andere Einflussfaktoren sollten berücksichtigt werden.

Methodik Es erfolgte die retrospektive Analyse eines Gutachtenpools einer psychologischen Begutachtungsstelle zur Zusammenhangsfrage bei psychischen Störungen (n=1175), der über einen Zeitraum von 16 Jahren (2000–2015) erstellt wurde.

Ergebnisse Mit komplexerer Methodik über die Zeit werden häufiger Inkonsistenzen in der Datenlage aufgeführt. Antwortverzerrungen in Beschwerdenvalidierungsverfahren sind häufig (47,2%), die Einschätzung eines insgesamt nicht-authentischen Beschwerdenbildes ist jedoch geringer (bis 15,8%). Ein Gutachter-Bias findet sich bei einheitlicher Methodik nicht.

Schlussfolgerung Aktuelle eher niedrigere Schätzungen nicht-authentischer Beschwerdenbilder in Gutachten werden gestützt. Beschwerdenvalidierungsverfahren werden als bedeutende Entscheidungsquelle von psychologischen Gutachtern genutzt. Für die Gesamteinschätzung von Antwortverhalten ist jedoch ein multimethodales Vorgehen notwendig.

Abstract

Purpose Estimation of a base rate of malingering in accordance with changes of the complexity of assessment in a sample of forensic psychological evaluations.

Methods We performed a retrospective analysis of 1175 psychological evaluations over the course of 16 years (2000–2015).

Results With the use of increasingly complex methods, inconsistencies are reported more frequently and a higher rate of feigning (47,2%) in symptom validity testing is noted. However, the overall rate of malingering is only 15,8%. A uniform multi-methods approach guarantees that there does not develop any bias in the assessment across evaluators.

Conclusion The revealed rate of malingering matches recent reviews that call into question estimations which had yielded substantially higher rates. Symptom validity tests serve as an important decision-making tool for psychological evaluators. For the overall assessment, however, other possible inconsistencies are taken into account.



Publication History

Article published online:
06 April 2020

© Georg Thieme Verlag KG
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