Der Nuklearmediziner 2020; 43(03): 199-200
DOI: 10.1055/a-1159-4287
Editorial

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Michael C. Kreißl
Bereich Nuklearmedizin, Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Magdeburg, Magdeburg
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Leserinnen und Leser,

die aktuelle Ausgabe von „Der Nuklearmediziner“ beschäftigt sich mit Themen aus den Bereichen Schilddrüse und Nebenschilddrüse. Traditionell besitzt dieser Bereich der Nuklearmedizin eine sehr hohe Relevanz für die Praxis. Untersuchungen wie die Schilddrüsenszintigrafie werden seit Jahrzehnten nahezu unverändert angewandt, müssen sich nun aber – unter anderem im Rahmen der derzeit in Erstellung befindlichen S3-Leitlinie „Schilddrüsenkarzinom“ – einer Prüfung unterziehen. In einem Faktencheck beschäftigen sich Görges et al. deshalb in einem Artikel in dieser Ausgabe mit der provokanten Frage, ob die Schilddrüsenszintigrafie heute überhaupt noch zeitgemäß ist.

Ein weiteres kontrovers diskutiertes Thema ist das Strahlenrisiko nach Radiojodtherapie beim Schilddrüsenkarzinom aber auch bei der Behandlung von benignen Schilddrüsenerkrankungen. In einer jüngst hochrangig publizierten Arbeit wird beschrieben, dass nach Radiojodtherapie bei Schilddrüsenkarzinom die Sterblichkeit an hämatologischen Sekundärneoplasien deutlich erhöht ist. Eine andere Auswertung einer großen Kohortenstudie findet eine erhöhte Sterblichkeit an Sekundärneoplasien nach Radiojodtherapie bei benigner Schilddrüsenerkrankung. Dies hat zu einer zum Teil erheblichen Verunsicherung sowohl bei den Behandlern wie auch den Zuweisern geführt. Entsprechend widmet sich eine weitere Übersichtsarbeit dem, was in dem Zusammenhang gesichert und auch nicht gesichert ist.

Das radiojodrefraktäre differenzierte fortgeschrittene Schilddrüsenkarzinom und auch das aggressive metastasierte medulläre Schilddrüsenkarzinom stellen die Behandler mit ihren oft komplexen Verläufen vor große Herausforderungen und erfordern in der Regel einen interdisziplinären Behandlungsansatz. Glücklicherweise stehen seit mehreren Jahren zugelassenen systemische Therapieoptionen für Fälle mit schwerem Verlauf zur Verfügung. Leider sind diese systemischen Therapien jedoch nebenwirkungsbehaftet, sodass weitere effektive und weniger toxische Behandlungsoption wünschenswert sind. Ein Übersichtsartikel widmet sich einem Update zu den zugelassenen Medikamenten und neuen, aktuell oder potenziell zukünftig verfügbaren Therapieoptionen für diese beiden Tumorentitäten.

Ein weiterer Themenkomplex in dieser Ausgabe ist die Nebenschilddrüse. Nach Schilddrüsenoperation kommt es trotz moderner Operationstechniken immer noch temporär und in einem kleinen Prozentsatz auch persistierend zum Hypoparathyreoidismus. Diesen medikamentös adäquat einzustellen ist in der Regel schwieriger als die Substitution bei Hypothyreose. Herr PD. Dr. Feldkamp gibt uns hier ein Update zu den Behandlungsoptionen.

Auf dem Gebiet der Diagnostik und Therapie bei Nebenschilddrüsenadenom bzw. bei Hyperparathyreoidismus gab es in den letzten Jahren viel Innovation. Im Hinblick auf die nuklearmedizinische Diagnostik ist dies v. a. auf die Einführung der Hybriddiagnostik mittels SPECT/CT zurück zu führen und zum Teil auch auf Dualtracer-Untersuchungen. In einem CME-Beitrag geben Schenke und Kollegen einen aktuellen Überblick über die konventionelle nuklearmedizinische Bildgebung bei Hyperparathyreoidismus. Zusätzlich referieren Odparlik et al. über die PET/CT als vielversprechende ergänzende Bildgebungsmodalität bei primärem Hyperparathyreoidismus. Üblicherweise wird die nuklearmedizinische Bildgebung im Vorfeld einer geplanten chirurgischen Sanierung durchgeführt. Frau Prof. Lorenz, Vorsitzende der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) gibt hier ein Update über den aktuellen Stand der Nebenschilddrüsenchirurgie.

Zusammenfassend haben die Autoren und ich versucht, einen interessanten und kurzweiligen Bogen zu spannen. Wir hoffen sehr, dass Ihnen die Lektüre gefällt und dass wir in der Lage waren, vielleicht bestehende kleinere „Fragezeichen“ verschwinden zu lassen.



Publication History

Article published online:
21 September 2020

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