Endo-Praxis 2020; 36(03): 122-124
DOI: 10.1055/a-1162-0978
Frage an den Experten

Sedierung und Aufklärung

Aufklärung

Frage 1: In einer Abteilung kommt es immer wieder vor, dass Patienten ohne adäquat ausgefüllte Aufklärungsbögen zu endoskopischen Untersuchungen kommen. Die ärztlichen Mitarbeiter bagatellisieren den Sachverhalt und verlangen vom Endoskopie-Personal, die Unterschriften kurzfristig vom Patienten einzufordern. Die Kollegen sind verunsichert:

  1. Wenn das Pflege-/Assistenzpersonal feststellt, dass keine Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen vorliegt, kann es den Patienten kurzfristig den Bogen unterschreiben lassen oder liegt das ausschließlich in der Verantwortung des Endoskopikers?

  2. Dürfen endoskopische Eingriffe, auch ohne das Vorliegen der Unterschrift, durchgeführt werden?

  3. Trägt die Endoskopie-Assistenz irgendeine Verantwortung in diesem Prozess?

Antwort:

Zu 1.: Insbesondere das Aufklärungsgespräch (und damit der wesentliche Teil der Patientenaufklärung) fällt in den ausschließlichen Verantwortungsbereich des Arztes und ist nach der bisherigen Rechtsprechung nicht delegationsfähig. Die Aufklärung an sich kann im Ganzen daher nicht an Pflegepersonal übertragen (d. h. delegiert) werden. Dies gilt aber nicht für einzelne Aspekte im Bereich der Patientenaufklärung. So kann z. B. eine Information über die Vorbereitung zur Darmspiegelung (Lavage-Applikation) durchaus durch eine hierfür entsprechend instruierte und geschulte Pflegeperson übernommen werden (die Verantwortung liegt beim delegierenden Arzt). Insofern dürfte auch eine Pflegeperson den Patienten veranlassen, einen vorher mit dem Arzt durchgegangen und von diesem unterzeichneten Aufklärungsbogen, noch zu unterschreiben, wenn diese Unterschrift nur zufällig „vergessen“ wurde. Natürlich muss die Krankenschwester hierzu sicherstellen, dass der Patient sich tatsächlich auch aufgeklärt fühlt und dass die fehlende Unterschrift nicht ein Anzeichen für eine fehlende Patientenaufklärung darstellt. Sollte der Patient hier auch nur irgendwelche Zweifel andeuten, muss die Pflegeperson unbedingt den aufklärenden Arzt informieren und dieser muss das weitere Vorgehen mit dem Patienten besprechen (im Zweifelsfalle muss die Endoskopie dann – wegen fehlendem Einverständnis – unterbleiben). Wie unten im Punkt 2 aufgeführt, ist die Unterschrift des Patienten nicht der allein maßgebliche Punkt, welcher eine Aufklärung als rechtswirksam definiert. Im Prinzip bringt eine nachträglich noch ausgeführte Unterschrift keinen wirklichen Gewinn und sollte in meinen Augen eher unterbleiben. Zu beachten ist, dass wenn der Patient das Exemplar nun nachträglich unterschreibt, das zum einen dieses durch ein aktuelles Datum kenntlich gemacht wird und zum anderen benötigt der Patient dann eine erneute Kopie, da sämtliche Dokumente der Aufklärung, welche vom Patienten unterschrieben werden, diesem als Kopie ausgehändigt werden müssen.

Zu 2.: Wie schon oben angedeutet, beinhaltet die Aufklärung zwingend ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch, in dem über die Indikation, die Methodik der Untersuchung und mögliche alternative Diagnose- und Therapieverfahren sowie die individuellen Risiken und diesbezügliche Konsequenzen für den Patienten detailliert erläutert werden müssen. Dieses Gespräch muss dokumentiert werden. Eine zwingende Pflicht, dass der Patient eine, wie auch immer geartete, Dokumentation dann anschließend unterschreibt, besteht nicht. Dennoch ist es durchaus sinnvoll und hilfreich, wenn ein vorgefertigtes Aufklärungsdokument (wie es z. B. kommerziell über verschiedene Verlage erworben werden kann) nicht nur vom Arzt, sondern auch vom Patienten unterzeichnet wird. Dieses Vorgehen kann inzwischen als Standard angesehen werden. Eine Unterschrift des Patienten belegt aber keineswegs, dass tatsächlich eine rechtswirksame Aufklärung erfolgt ist. Vielmehr muss eine entsprechende Dokumentation (entweder auf dem Aufklärungsbogen und/oder sicherheitshalber auch zusätzlich in der Patientenakte) über das Arzt-Patienten-Gespräch angelegt werden. Eine Unterschrift des Patienten unter ein Dokument, welches er mit dem Arzt überhaupt nicht besprochen hat, ist rechtlich nicht im Sinne einer ausreichenden Aufklärung verwertbar. Umgekehrt ergibt sich somit, dass letztendlich eine Unterschrift des Patienten nicht zwingend erforderlich ist und die Aufklärung, wenn sie ansonsten allen anderen Anforderungen genügt und dokumentiert ist, auch ohne Unterschrift des Patienten wirksam ist. Deswegen können endoskopische Untersuchungen und Eingriffe auch ohne eine solche Unterschrift durchgeführt werden. Als übliches Prozedere ist diese jedoch nicht zu empfehlen.

Zu 3.: Die Frage nach einer potenziellen pflegerischen Verantwortung hängt davon ab, ob formal irgendwelche Schritte des Aufklärungsprozesses an das Pflegepersonal delegiert wurden oder nicht. In vielen Endoskopie-Einrichtungen (so auch bei uns) ist seitens der Leiterin/des Leiters der Endoskopie angewiesen, dass die Pflegekräfte, bevor der Patient im Untersuchungsraum verbracht wird, die Vollständigkeit der Aufklärungs-Dokumentation überprüfen (dies beinhaltet auch die Frage, ob der Patient das Aufklärungsdokument unterzeichnet hat). Wenn es hierzu eindeutige Anweisungen gibt, dann schuldet das Pflegepersonal eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Prüfung. Somit könnte theoretisch, wenn durch das Unterlassen dieser sorgfältigen Prüfung sich Probleme ergeben, hierfür auch eine Pflegeperson rechtlich, bezüglich einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung der delegierten Leistung, verantwortlich sein. Ich kann mir aber konkret hierfür eigentlich überhaupt kein Beispiel ausdenken (im Hinblick auf Auseinandersetzung zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Natur mit dem Patienten). Bei wiederholtem Vorkommen (dass die Prüfung der Dokumente nicht einwandfrei durchgeführt wurde), könnte dieses aber interne, arbeitsrechtliche Konsequenzen haben (z. B. Abmahnung).



Publication History

Article published online:
12 August 2020

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