CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(08): 809-812
DOI: 10.1055/a-1193-5136
GebFra Science
Statement/Stellungnahme

Stellungnahme von AGO und AG-CPC zur Nachsorge/Nachkontrolle von operativen Eingriffen am unteren Genitaltrakt nach Einführung der neuen Krebsfrüherkennungs-Richtlinie

Article in several languages: English | deutsch
Peter Hillemanns
1   Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
6   Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. (AGO) Organkommission Uterus, Germany
,
Clemens Tempfer
2   Ruhr Universität Bochum, Bochum, Germany
6   Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. (AGO) Organkommission Uterus, Germany
,
Matthias W. Beckmann
3   Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
6   Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. (AGO) Organkommission Uterus, Germany
,
Volkmar Küppers
4   Frauenarztpraxis, Zytologisches Labor, Düsseldorf, Germany
7   Arbeitsgemeinschaft Zervixpathologie & Kolposkopie e. V. (AG-CPC), Germany
,
Jens Quaas
5   Sekretariat der Arbeitsgemeinschaft Zervixpathologie & Kolposkopie, Stralsund, Germany
7   Arbeitsgemeinschaft Zervixpathologie & Kolposkopie e. V. (AG-CPC), Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die neue Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme ist in Deutschland seit dem 01.01.2020 in Kraft. Die bisher im Rahmen des Screenings erfolgten jährlichen zytologischen Untersuchungen wurden durch die neue Richtlinie geändert. Die leitlinienbasierten Empfehlungen zur Nachsorge bei präinvasiven und invasiven Erkrankungen der Cervix uteri und des Endometriums werden dargestellt und von der Screeningzytologie bzw. Pap/HPV-Ko-Testung gemäß oKFE-RL abgegrenzt.


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Einleitung

Seit 01.01.2020 sind die neue Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) sowie die entsprechende Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL) – Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen – in Kraft. Bisher wurde bei allen Frauen eine jährliche zytologische Untersuchung – im Rahmen des zytologischen Screenings – routinemäßig durchgeführt. Dies hat sich nun gemäß neuer Richtlinie geändert. Es ist unter anderem zu berücksichtigen, dass zytologische Untersuchungen und HPV-Bestimmungen bei Frauen nach Hysterektomie gemäß oKFE-RL nicht mehr durchgeführt werden können. In dieser Stellungnahme der AGO Uterus und der AG-CPC werden die leitlinienbasierten Empfehlungen zur Nachkontrolle bzw. Nachsorge bei präinvasiven und invasiven Erkrankungen der Cervix uteri und des Endometriums dargestellt und von der Screeningzytologie bzw. Pap/HPV-Ko-Testung gemäß oKFE-RL abgegrenzt.


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Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL)

I. Die KFE-RL entspricht der allgemeinen Krebsfrüherkennung ohne Früherkennung von Zervixkarzinomen und beinhaltet aus gynäkologischer Sicht (Abschnitt B. II. §§ 6 und 8 KFE-RL) die folgenden Leistungen in Abhängigkeit vom Lebensalter der Versicherten [1]:

  • Ab dem Alter von 20 Jahren

    • gezielte Anamnese,

    • Inspektion der genitalen Hautregion,

    • bimanuelle gynäkologische Untersuchung,

    • Spiegeleinstellung der Portio,

    • Befundmitteilung mit anschließender diesbezüglicher Beratung.

  • Zusätzlich ab dem Alter von 30 Jahren

    • Abtasten der Brustdrüsen und der regionären Lymphknoten einschließlich der Anleitung zur regelmäßigen Selbstuntersuchung,

    • Inspektion der entsprechenden Hautregion.

II. Die oKFE-RL (Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen) entspricht der allgemeinen Krebsfrüherkennung plus Früherkennung von Zervixkarzinomen und enthält folgende Leistungen aus gynäkologischer Sicht (Teil III.C. § 6 oKFE-RL; [2]).

  • Ab dem Alter von 20 Jahren die:

    • gezielte Anamnese (inklusive HPV-Impfstatus),

    • Inspektion der genitalen Hautregion,

    • bimanuelle gynäkologische Untersuchung,

    • Spiegeleinstellung der Portio,

    • Entnahme von Untersuchungsmaterial von der Portio-Oberfläche und aus dem Zervixkanal in der Regel mithilfe von Spatel (Portio-Oberfläche) und Bürste (Zervikalkanal),

    • Fixierung des Untersuchungsmaterials,

    • Befundmitteilung (auch zum Befund des Abstrichs) mit anschließender diesbezüglicher Beratung.

  • Zusätzlich ab dem Alter von 30 Jahren:

    • das Abtasten der Brustdrüsen und der regionären Lymphknoten einschließlich der Anleitung zur regelmäßigen Selbstuntersuchung,

    • die Inspektion der entsprechenden Hautregion.

Es ist anzumerken, dass bei Inanspruchnahme einer klinischen Untersuchung nach dieser Richtlinie in dem Kalenderjahr, in dem die Untersuchung erfolgt ist, kein Anspruch auf eine solche nach § 6 der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) besteht.

In diesem Zusammenhang wird vom Gesetzgeber und den zur Durchsetzung der Richtlinien beauftragten Institutionen festgestellt:

  1. Frauen nach zervixerhaltender Partialhysterektomie können an der Früherkennung des Zervixkarzinoms teilnehmen.

  2. Ist anatomisch kein Gewebe des Zielorgans des Zervixkarzinomscreenings mehr sichtbar, ist als präventive Leistung nur die Früherkennung nach der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) – ohne Zytologie und HPV-Test – berechnungsfähig. Leistungen nach dem Früherkennungsprogramm Zervixkarzinom der oKFE-RL können nicht durchgeführt werden.

  3. Kontrolluntersuchungen zur Sicherung des Behandlungserfolges nach operativen Eingriffen an der Cervix uteri, beispielsweise einer Konisation, sind kurative Untersuchungen. Nach Abschluss der Behandlung kann die Patientin wieder regulär am Früherkennungsprogramm Zervixkarzinom teilnehmen [3].

Entsprechend ergibt sich für Patientinnen mit Zustand nach kompletter Hysterektomie keine weitere Teilnahme an der oKFE-RL – Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen. Für Patientinnen nach therapeutischen Prozeduren an der Cervix uteri (mit Erhalt derselben) erfolgt die Wiederaufnahme in das Programm Zervixkarzinomscreening nach Abschluss der Nachsorgeperiode.

Für beide Situationen gilt der gegebenenfalls notwendige Nachsorgeansatz mit kurativer Intention bis zum Abschluss der Nachsorgeperiode. Nach Abschluss der Nachsorgeperiode erfolgt der Screeningansatz bei total hysterektomierten Patientinnen im Sinne der KFE-RL, bei Patientinnen mit erhaltender Cervix uteri (oder auch teilweisem Erhalt) im Sinne der oKFE-RL. Während der Nachsorge gilt der jährliche Screeningansatz im Sinne der KFE-RL. Konsequenterweise ergibt sich die Notwendigkeit einer Klarstellung der erforderlichen Nachsorgestrategien. Diese sollen mit dieser Stellungnahme auf Basis der aktuellen Leitlinien vorgestellt werden. Angemerkt sei, dass der in der Leitlinie für die Nachsorge verwendete Begriff „Organisiertes Screening bzw. Screening“ nicht der Definition gemäß oKFE-RL entspricht. Es sei, wie oben beschrieben, betont, dass es sich hier um eine kurative Nachsorgeuntersuchung handelt. Entsprechend wird im Folgenden diese Formulierung in Klammern hinzugefügt.


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Kontrolluntersuchungen nach Hysterektomie bei benigner Indikation und bei CIN

In der S3-Leitlinie „Prävention des Zervixkarzinoms“ [4] wird folgendes Statement zur Frage der Kontrolluntersuchung bei Frauen nach Hysterektomie abgegeben (konsensbasiertes Statement # 8.13):

„Für Frauen nach totaler Hysterektomie ist der Nutzen eines Screenings nicht belegt, unabhängig davon, ob dieses Zytologie- oder HPV-Test-basiert ist. Ausgenommen von dieser Empfehlung sind allerdings Frauen mit Nachweis einer High-Risk-HPV-Infektion.“

Weiterhin wird festgehalten (Konsensbasierte Empfehlung # 8.14): „HPV-positive Frauen nach totaler Hysterektomie sollten weiter am organisierten Screening teilnehmen“ (als kurative Nachsorgeuntersuchung).

Ebenso ausgenommen sind Frauen nach suprazervikaler Hysterektomie. Hierzu wird festgehalten (konsensbasierte Empfehlung # 8.15): „Frauen nach suprazervikaler Hysterektomie sollen am organisierten Screening weiter teilnehmen.“

In der Interpretation der S3-Leitlinie ist zusammenfassend für die Frage des Zervixkarzinom-Screenings bei Frauen mit Z. n. Hysterektomie wegen benigner Indikation (inklusive CIN) folgendes festzuhalten:

  • Nur diejenigen Frauen dürfen weiter am Screening gemäß oKFE-RL teilnehmen, die sich einer suprazervikalen Hysterektomie unterzogen haben. Für alle anderen gilt die jährliche allgemeine Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) ohne Früherkennung von Zervixkarzinomen.

  • Frauen nach totaler Hysterektomie mit HR-HPV-positiven Befunden (z. B. CIN 3) sollten kurativ nachgesorgt werden. In der klinischen Praxis empfiehlt sich ein zweimaliger Ko-Test nach jeweils 1 Jahr. Bei unauffälligen Befunden erfolgt dann die Beendigung der kurativen Nachsorgeperiode. Während und nach der Nachsorgeperiode erfolgt die KFE-RL (ohne Zervix), wie oben beschrieben.

  • Nach Therapie einer CIN sollte gemäß der Leitlinienempfehlung eine kurative Ko-Testung mit HPV-Test und Zytologie 6, 12 und 24 Monate nach dem Eingriff erfolgen, unabhängig von der R0/R1-Konstellation (konsensbasierte Empfehlung # 16.1, 16.3). Bei auffälligen Befunden (mindestens 1 Testverfahren positiv) sollte eine differenzierte Kolposkopie durchgeführt werden (# 16.2), ggf. nach lokaler Östrogenisierung und mit Entnahme einer Histologie (Biopsie, endozervikale Curettage). Nach 3 negativen Ko-Test-Ergebnissen (HPV, Zytologie) innerhalb von 2 Jahren ist das Risiko für eine HPV-bedingte Neoplasie gering und die Nachkontrolle beendet.

Die nächste Screeningrunde entsprechend oKFE-RL erfolgt dann nach den G-BA-Vorgaben bei unter 35-Jährigen zytologisch in 12 Monaten bzw. ab dem Alter von 35 Jahren mit dem Ko-Test in 3 Jahren. Während der Nachsorgeperiode gilt die jährliche allgemeine Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) ohne Früherkennung von Zervixkarzinomen.

Das Vorgehen bei auffälligen kurativen Nachsorgebefunden (mindestens 1 Testverfahren positiv) erfolgt individuell unter Berücksichtigung aller Vorbefunde, des kolposkopischen Befundes und der Ergebnisse der histologischen Untersuchung, sofern eine Biopsie oder endozervikale Curettage durchgeführt wurde.


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Nachsorge nach Hysterektomie wegen Zervixkarzinom

In der S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom [5] wird folgendes Statement zur Frage des Screenings bei Frauen nach Zervixkarzinom und Hysterektomie abgegeben (S. 158; konsensbasierte Empfehlung # 17.2):

„Obligate Untersuchungen sollten alle 3 Monate für 3 Jahre, dann alle 6 Monate für weitere 2 Jahre durchgeführt werden. Hierzu gehören Anamnese, rektovaginale (sic!) Untersuchung, Spekulumeinstellung und Zytologie.“

Des Weiteren wird in der Leitlinie auf den HPV-Test Bezug genommen (S. 158; konsensbasierte Empfehlung # 17.3): „Fakultative Untersuchungen können bei klinisch unauffälligem Befund (asymptomatischer Patientin) durchgeführt werden. Hierzu gehören Kolposkopie, HPV-Testung, Vaginalsonografie des kleinen Beckens und Sonographie des harnableitenden Systems.“

Diese Untersuchungen sollen für die Dauer von 5 Jahren erfolgen. Die Ko-Testung mit HPV-Test und Zytologie ist insbesondere für Patientinnen mit Trachelektomie, primärer Radiochemotherapie und begleitenden multizentrischen (intra-)epithelialen Neoplasien indiziert. Die Untersuchungsintervalle für die Zytologie des Scheidenstumpfes in der Nachsorge bei Zervixkarzinom (S. 159; Tabelle 19) liegen bei 3 Monaten für 3 Jahre, dann alle 6 Monate für weitere 2 Jahre. Die Gesamtdauer der Nachsorge beträgt 5 Jahre. Intervalle und Dauer serieller HPV-Testungen sind in dieser Leitlinie nicht vorgegeben und sind daher zu individualisieren (S. 160; Tabelle 20). Nach 5 Jahren ist eine jährliche Vor- bzw. Nachsorgeuntersuchung zu empfehlen.

Während der kurativen Nachsorgeperiode gilt die jährliche allgemeine Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) ohne Früherkennung von Zervixkarzinomen.


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Nachsorge nach Hysterektomie wegen Endometriumkarzinom

In der S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom [6] wird folgendes Statement zur Nachsorge bei Frauen nach Endometriumkarzinom gegeben (S. 144; konsensbasierte Empfehlung # 9.2): „Eine Anamneseerhebung mit gezielter Abfrage von Symptomen und die klinische gynäkologische Untersuchung mit Spiegeleinstellung und rektovaginaler Palpationsuntersuchung sollte in den ersten 3 Jahren nach Abschluss der Primärtherapie in 3- bis 6-monatigen Abständen und in den Jahren vier und fünf halbjährlich durchgeführt werden.“

Ein zytologischer Abstrich vom Scheidenstumpf wird in der S3-Leitlinie nicht empfohlen. Konkret heißt es (S. 146): „Der zytologische Abstrich vom Scheidenblindsack führt bei asymptomatischen Patientinnen mit Rezidiv nur in 0 bis 13% zur Diagnose eines Rezidivs [390] und erscheint daher nicht als sinnvolle Maßnahme. Der Einsatz des zytologischen Abstrichs in der Nachsorge von Frauen mit EC ist darüber hinaus nicht kosteneffizient …“

Zur Frage der Teilnahme am Zervixkarzinom-Screening von Frauen bei Z. n. Endometriumhyperplasie mit oder ohne Atypien äußert sich die Leitlinie nicht. Für diese Frauen gelten daher die gleichen Empfehlungen hinsichtlich der Teilnahme am Zervixkarzinom-Screening wie für Frauen ohne diese Erkrankungen (siehe „Kontrolluntersuchungen nach Hysterektomie bei benigner Indikation inklusive CIN“).


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Conflict of Interest/Interessenkonflikt

P. H. received speakerʼs fees from Roche, Hologic, MSD./P. H. erhielt Vortragshonorare von Roche, Hologic, MSD.


Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Peter Hillemanns
Hannover Medical School
Department of Gynaecology and Obstetrics
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Germany   

Publication History

Received: 31 May 2020

Accepted: 02 June 2020

Article published online:
14 August 2020

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