Notfallmedizin up2date 2021; 16(04): 449-469
DOI: 10.1055/a-1208-6764
Traumatologische und chirurgische Notfälle

Präklinische Versorgung bei thermischen Verletzungen

Jia Wei Tee
,
Johannes Horter
,
Miriam Renkert-Baudis

Schwerbrandverletzungen machen weniger als 1% aller Notarzteinsätze in Deutschland aus. Dieser Umstand führt häufig zu einer mangelnden Routine in der Erstversorgung. Da eine adäquate Erstversorgung wesentlich den weiteren Therapieverlauf und letztlich die Prognose bestimmt, soll ein klar definiertes Vorgehen bereits am Unfallort beginnen. Dieser Beitrag vermittelt einen Einblick in die Notfallversorgung und Akuttherapie von Brandverletzten.

Kernaussagen
  • Es gelten die grundsätzlichen Prinzipien der Notfallmedizin (ABCDE-Schema).

  • Die Therapie am Unfallort sollte sich auf die Herstellung von Transportfähigkeit konzentrieren. Nach adäquater Stabilisierung steht der zügige Transport des Patienten in die Zielklinik im Vordergrund.

  • Wundversorgung am Unfallort:

    • Adäquate Analgesie statt extensiver Kühlung der Verbrennungsareale.

    • Steriles Abdecken der Wunde mit z. B. Metalline-beschichtetem Brandwundenverbandtuch.

    • Hypothermie vermeiden.

  • Inhalationstrauma:

    • Die meisten Inhalationstraumata bedürfen keiner spezifischen Therapie, allerdings ist die Gabe von hochdosiertem Sauerstoff häufig aufgrund einer möglichen CO-Vergiftung indiziert.

    • Bei Verdacht auf Cyanidvergiftung stellt intravenöses Hydroxocobalamin (CyanoKit) eine gute Therapieoption dar.

    • Eine prophylaktische Intubation bei einem respiratorisch stabilen Patienten sollte vermieden werden.

  • Infusionstherapie:

    • In der Notfallsituation erweist sich ein formelbasiertes Infusionsregime als unpraktisch.

    • Als Faustregel gilt bei Erwachsenen, ab 10% VKOF sollen 500 – 1000 ml/h kristalloide Lösung und bei Kindern ab 5% VKOF 10 – 20 ml/kgKG/h kristalloide Lösung verabreicht werden.

  • Analgosedierung:

    • Analgesie sollte primär aufgrund der besseren Steuerbarkeit intravenös erfolgen.

    • Als alternative Applikationsform bei pädiatrischen Patienten stellt die intranasale Gabe von Medikamenten eine gute Alternative dar.

  • Verbrennungen bei Kindern:

    • Bei Kindern besteht aufgrund der besonderen Körperproportion ein deutlich erhöhtes Hypothermierisiko. Daraus folgt, dass die Indikation zum Kühlen von Verbrennungsarealen kritisch gestellt werden muss.

    • Bei Brandverletzungen im Kindesalter muss an eine mögliche Kindesmisshandlung gedacht werden.

  • Verlegung in Brandverletztenzentren:

    • Die Indikation zur Verlegung in ein Brandverletztenzentrum soll generell großzügig gestellt werden, da auch die Patienten mit leichteren Brandverletzungen von der spezialisierten Therapie profitieren können.

    • Gegebenenfalls frühzeitige Einbindung luftgebundener Rettungsmittel.



Publication History

Article published online:
03 December 2021

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