Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2020; 27(06): 267-272
DOI: 10.1055/a-1278-0843
Kasuistik

Femto-LASIK bei Hyperopie und rezidivierender Chorioretinitis juxtapapillaris Jensen

Femto-LASIK in a case of hyperopia and recurrent chorioretinitis juxtapapillaris Jensen
Rudolf Schimmel
1   Klinik IV Augenheilkunde, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
2   Dezernat II 3c Augenheilkunde, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
,
Diana Hering
2   Dezernat II 3c Augenheilkunde, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
,
Frank M. Jakobs
› Author Affiliations

Anamnese

Ein 31-jähriger Soldat stellte sich dieses Jahr im Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe zur Begutachtung für eine Wehrfliegerverwendungsfähigkeit der Stufe 1 bei gewünschter Verwendung als Hubschrauberpilot vor. Er berichtete über einen privatärztlich vorgenommenen, refraktiv-chirurgischen Lasereingriff (Femto-LASIK) an beiden Augen vor 2 Jahren. Die größte Motivation hierbei war der innige Wunsch, anschließend aus wehrophthalmologischer Sicht eine Verwendungsfähigkeit als militärischer Hubschrauberpilot bescheinigt zu bekommen.

Diesem Vorgang vorangegangen war bereits eine Begutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit der Stufe 1 im Jahr 2013, bei welcher vorschriftenkonform aufgrund einer Hyperopie von mehr als 3 Dioptrien an beiden Augen wehrophthalmologisch keine Tauglichkeit gesehen wurde. In einem ausführlichen Aufklärungsgespräch wurde damals seitens des Dezernats Augenheilkunde am Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe von einem refraktiv-chirurgischen Lasereingriff abgeraten, da gemäß den Empfehlungen der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) die bei dem Soldaten vorliegende objektive Refraktion außerhalb der Anwendungsbereiche für ein Oberflächenverfahren (z. B. photorefraktive Keratektomie (PRK)) sowie eine LASIK (Laser in situ Keratomileusis) lagen.

Nebenbefundlich berichtete der Soldat über eine stattgehabte Papillitis des Nervus opticus am rechten Auge, welche sich 4 Jahre zuvor mit subjektivem Schleiersehen bemerkbar gemacht hätte. An einer Universitätsaugenklinik konnte damals zunächst keine Ursache für die genannte Papillitis gefunden werden. Unter einer systemischen Therapie mit Prednisolon und Doxycyclin wurde damals eine Remission erreicht. Der Soldat berichtete ferner über ein Rezidiv am rechten Auge vor knapp 2 Jahren, bei welchem er erneut am rechten Auge ein trübes Sehen bemerkt habe. An einer weiteren Universitätsklinik wurde diesbezüglich in der Folge eine Chorioretinitis juxtapapillaris Jensen diagnostiziert. Es wurde über knapp 4 Monate eine systemische, orale Therapie mit Prednisolon 60 mg sowie Cotrimoxazol 960 mg durchgeführt. Es erfolgten in dem Zeitraum regelmäßige, ambulante, augenärztliche Kontrollen, bei welchen eine langsame Befundbesserung festgestellt wurde.

Im Ausgangsbefund im Jahr 2013 wurden in der objektiven Refraktion in Zykloplegie nachfolgende Werte ermittelt:

  • RA: + 4,5 dpt sph / − 0,5 dpt cyl / 31°

  • LA: + 4,25 dpt sph

Es zeigte sich ein unkorrigierter Fernvisus an beiden Augen von 1,25. Der Augeninnendruck war normwertig (RA 14 mmHg, LA 12 mmHg). Es wurden regelrechte Befunde im Bereich der vorderen und hinteren Augenabschnitte gesehen, insbesondere war beidseits die Papille vital und randscharf mit physiologischer Exkavation. Die Pachymetrie der Hornhaut ergab als dünnste korneale Dicke rechts 516 µm ([ Abb. 1 ]) und links 520 µm ([ Abb. 2 ] ).

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Abb. 1, 2 Hornhaut-Pachymetrie des rechten und des linken Auges.
Quellen: Dezernat II 3 c Augenheilkunde, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck

Im ersten „Papillitisbefund“ vor 4 Jahren, wird ein unbeeinträchtigter Visus mit beidseits 1,0 beschrieben. Ferner zeigten sich reizfreie vordere Augenabschnitte. Am rechten Auge wurde funduskopisch eine leichte nasale Papillenprominenz beschrieben. Das linke Auge stellte sich im Bereich des Fundus unauffällig dar. Eine weitere mikrobiologische, immunologische, nephrologische sowie rheumatologische Abklärung war unauffällig.

Im präoperativen Befund vor der Femto-LASIK vor 2 Jahren wurde ein bestkorrigierter, subjektiver Fernvisus mit nachfolgender Refraktion ermittelt:

  • RA: +2,25 dpt sph / −0,25 dpt cyl / 20° = 1,0

  • LA: +2,5 dpt sph / −0,25 dpt cyl / 170° = 1,0

Eine objektive Refraktion in Zykloplegie wurde nicht durchgeführt. Der Augeninnendruck war normwertig (RA 18 mmHg, LA 15 mmHg). Die vorderen und hinteren Augenabschnitte (inkl. Papillen) wurden als regelrecht bewertet. Die Pachymetrie der Hornhaut zeigte eine korneale Dicke von rechts 511 µm und links 501 µm. Der geplante Laserabtrag unter dem Flap wurde rechtsseitig mit 49 µm und linksseitig mit 55 µm angegeben.

Im Rahmen des Papillitisrezidivs vor knapp 2 Jahren wird in den Befunden der zweiten Universitätsaugenklinik ein unkorrigierter Visus von beidseits 1,0 angegeben, welcher im Verlauf als konstant unbeeinträchtigt beschrieben wird. Der Augeninnendruck wird zu keinem Zeitpunkt als pathologisch erhöht angegeben, auch nicht unter der Prednisolon-Therapie. Die vorderen Augenabschnitte waren stets reizfrei. Funduskopisch zeigte sich am rechten Auge initial eine peripapilläre, gelbliche Schwellung nach superior mit präpapillären Zellen ohne Zeichen einer Gefäßstauung bei ansonsten unauffälliger Netzhaut. In einer statischen Perimetrie des zentralen 30°-Gesichtsfelds zeigten sich rechtsseitig wenige Gesichtsfelddefekte peripher inferior nach mittelperipher ziehend (MD −0,75 dB, PSD 3,66 dB). Linksseitig waren keine signifikanten Gesichtsfelddefekte nachweisbar. In einer durchgeführten Fluoreszenzangiografie des Augenhintergrunds wurde ein Fluoreszein-Staining im Bereich der rechtsseitigen Papille beschrieben. Eine elektrophysiologische Untersuchung mit Ableitung von visuell evozierten Potenzialen (VEP) ergab keine pathologische Auffälligkeit. In einer ambulant durchgeführten Magnetresonanztomografie (MRT) konnte eine retrobulbäre Pathologie im Sinne einer entzündlichen oder tumorösen Raumforderung in der Orbita ausgeschlossen werden. Eine laborchemische Chorioretinitisdiagnostik wurde durchgeführt, welche zur Diagnose eines Rezidivs einer Chorioretinitis juxtapapillaris Jensen führte.



Publication History

Article published online:
02 February 2021

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Stuttgart · New York

 
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