Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(03): 281-290
DOI: 10.1055/a-1325-3015
Übersichtsarbeit

Das Fibromyalgiesyndrom aus der psychosomatischen Perspektive: Ein Überblick

The Fibromyalgia Syndrome from a Psychosomatic Perspective: An Overview
Christoph Schilling
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dresden, Deutschland
,
Kerstin Weidner
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dresden, Deutschland
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Zusammenfassung

Das Fibromyalgiesyndrom (FMS) wird im psychosomatischen Kontext als stressinduzierte Schmerzerkrankung durch eine Sensibilisierung der zentralnervösen schmerzverarbeitenden Systeme verstanden. Das FMS zeigt hohe Komorbiditäten mit psychischen bzw. psychosomatischen Störungen wie Depression, Angststörungen, somatoformen Störungen und Persönlichkeitsstörungen. Biografisch frühe Stresserfahrungen und Traumatisierungen wie körperlicher oder sexueller Missbrauch in der Kindheit bilden eine Vulnerabilität für die spätere Entwicklung eines FMS. Die Gruppe der FMS-Patient/innen ist hinsichtlich der pathophysiologischen Entstehungswege heterogen, weshalb eine mechanismenbasierte Differenzierung von Subgruppen sinnvoll erscheint. Typische Teufelskreise der Chronifizierung des FMS werden beschrieben und die Wichtigkeit einer gelingenden Arzt-Patient/in-Beziehung herausgestellt. Schwergegradgestuftes Vorgehen und Kommunikationsstrategien werden am Fallbeispiel dargestellt.


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Abstract

The psychosomatic approach conceptualises the fibromyalgia syndrome (FMS) as a stress-induced pain syndrome with central sentisitation of pain processing systems. FMS is often comorbid with mental or psychosomatic disorders, such as depression, anxiety disorders, somatoform disorders and personality disorders. Early stress and traumatisation lead to vulnerability to subsequent development of FMS. The group of FMS patients is heterogeneous with regard to pathophysiological pathways, which is why mechanism-based differentiation of subgroups seems to be appropriate. Typical vicious circles of chronification of FMS are described and the importance of a successful doctor-patient relationship is emphasised. Different steps of treatment depend on the severity of the disorder and communication strategies are illustrated with a case example.


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Diagnosekriterien

Das American College of Rheumatology (ACR) definierte 1990 als Kriterien für das Fibromyalgiesyndrom (1) chronische, d. h. länger als drei Monate andauernde generalisierte Schmerzen an mindestens drei Lokalisationen, (2) Schmerzen in der rechten und linken Körperhälfte, oberhalb und unterhalb der Taille sowie in den Gliedmaßen und (3) Druckempfindlichkeit an 11 von 18 Tender Points [1]. In den ACR Kriterien von 2010 wurde das Kriterium der Mindestanzahl von druckschmerzhaften Tenderpoints aufgegeben und das FMS als Symptomkomplex mit 1) chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen, 2) Schlafstörungen bzw. nicht erholsamem Schlaf und 3) Müdigkeit bzw. Erschöpfungsneigung (körperlich und/oder geistig) definiert [2]. Damit gehören unspezifische psychische Symptome zu den diagnostischen Kriterien. Die Diagnosestellung kann nach beiden Diagnosekriterien erfolgen. 2011 gab es zudem eine weitere Modifikation in der Diagnostik des FMS durch die Einführung der Fibromyalgie Symptom Skala und dem Widespread Pain Index, durch den eine Messung des Schweregrades möglich wurde [3].


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Klassifikation

Die Klassifikation des FMS ist umstritten. Die Rheumatologie sieht das FMS weiterhin traditionell als eine Erkrankung ihres Fachgebietes und würde ein FMS in der ICD-10 unter „sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert“ (M79.70) klassifizieren. Psychosomatisch tätige Ärzt/innen oder Psychotherapeut/innen würden in einigen Fällen ein FMS als „anhaltende somatoforme Schmerzstörung“ (F45.40) einordnen, auch wenn ein FMS nicht automatisch in jedem Fall gleichzusetzen ist mit einer somatoformen Schmerzstörung [4].


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Prävalenz

Epidemiologische Untersuchungen gehen von einer Prävalenz von ca. 2% für Deutschland aus. Obwohl Frauen gleich häufig betroffen zu sein scheinen wie Männer, finden sich in klinischen Einrichtungen bis zu 80% Frauen. Meist beginnt das FMS im mittleren Alter zwischen 40 und 60 Jahren [5] [6] [7].


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Psychische Komorbiditäten & Wechselwirkungen

Depression

Patient/innen mit einem FMS haben ein fünffach erhöhtes Risiko, gleichzeitig auch an einer major depression zu leiden [8] . 50–70% der Patient/innen mit FMS berichten über eine depressive Episode in ihrer Lebensgeschichte, 20–30% der Patient/innen mit FMS haben aktuell eine depressive Episode [9]. Die Lebenszeitprävalenz von Depressionen beträgt unabhängig vom FMS 16–20% [10] [11]. Zu den kausalen Zusammenhängen zwischen Depression und FMS gibt es drei verschiedene Modelle: (1) Die Depression ist die Folge der chronischen Schmerzen und deren Beeinträchtigungen in der Lebensbewältigung, (2) die chronischen Schmerzen sind Ausdruck einer bereits bestehenden depressiven Erkrankung, wobei das klinische Erscheinungsbild sich eher in der Schmerzsymptomatik als in Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit manifestiert, oder (3) sowohl das FMS als auch die Depression sind beide das Resultat einer gemeinsamen anderen Ursache [12]. Für das letztere Modell sprechen Befunde, die Überschneidungen in den pathophysiologischen Entstehungswegen aufzeigen. Sowohl Depressionen als auch FMS sind mit Dysregulationen in der HPA-Stress Achse als auch inflammatorischen Auffälligkeiten assoziiert [13]. Zumindest ist davon auszugehen, dass es eine sich gegenseitig verstärkende Wechselwirkung zwischen Depressionen und Schmerzen gibt und dass sowohl die Schmerzen als auch die Depression im Fokus der Behandlung stehen müssen.


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Angststörungen

Patient/innen mit FMS haben eine Lebenszeitprävalenz für komorbide Angststörungen von 27–60% [14]. Die Lebenszeitprävalenz bei Patient/innen mit chronischen Schmerzen für eine Angststörung ist doppelt so hoch im Vergleich zu Patient/innen ohne Schmerzen [15]. Eine Angststörung scheint in der Regel ein prädisponierender Faktor bei FMS zu sein als eine Folge des chronischen Schmerzes [16]. Ähnlich wie bei der Komorbidität für Depressionen wird eine Wechselwirkungsbeziehung zwischen Angststörung und wahrgenommenem Schmerz angenommen [17]. Das Katastrophisieren von Schmerzempfindungen kann die Intensität der Schmerzwahrnehmung erheblich steigern, was wiederum die schmerzbezogene Angst verstärkt.


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Posttraumatische Belastungsstörung

Zwischen 15–56% der Patient/innen mit FMS haben eine Posttraumatische Belastungsstörung, noch mehr Patient/innen subsyndromale Symptome einer Traumafolgestörung [18]. Die Lebenszeitprävalenz einer Posttraumatischen Belastungsstörung beträgt in Deutschland unabhängig vom FMS 1,3–2% [19]. Posttraumatische Belastungsstörungen und chronische Schmerzstörungen scheinen auch pathophsiologisch eng miteinander verknüpft zu sein und das Risiko füreinander zu vergrößern [20]. Beide Störungen haben als gemeinsame Vulnerabilität das Risiko erlebter traumatischer Erfahrungen in der Biografie. Traumatische Erfahrungen sind in der Regel immer mit Schmerzen verbunden, entweder akutem körperlichen Schmerz bei körperlichen oder sexuellen Traumatisierungen [21] oder seelischem Schmerz bei emotionalen Missbrauchs- oder Ausgrenzungserfahrungen [22].


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Persönlichkeit

Erhöhte Prävalenzwerte für Persönlichkeitsstörungen bei FMS sind insbesondere bei Patient/innen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ belegt [23]. Zwischen 1–5% der Patient/innen mit FMS erfüllen die Kriterien für eine solche Persönlichkeitsstörung [14] [24]. Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch eine unzureichende Stress- und Emotionsregulation. Sowohl Patient/innen mit FMS als auch Patient/innen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung zeigen vergleichsweise hohe Werte in Kindheitstraumatisierungen wie emotionalen, körperlichen und sexuellen Missbrauchserfahrungen [25].

Neben den Patient/innen mit emotional instabilen Persönlichkeitsstrukturen gelten in der Psychosomatik die Patient/innen mit einer alexithymen (=gefühlsblind) Emotionsverarbeitung als anfällig für psychosomatische Erkrankungen wie der Somatoformen Schmerzstörung. Es konnten erhöhte Werte für Alexithymie bei Patient/innen mit FMS im Vergleich zu Patient/innen ohne FMS gefunden werden [26]. Alexithyme Patient/innen können körperliche und affektive Empfindungen nur schwer voneinander unterscheiden bzw. können meist nur den somatischen Teil der Emotion im Sinne eines Affektäquivalents wahrnehmen. Zudem haben sie Schwierigkeiten ihre Gefühle wahrzunehmen, zu differenzieren und zu kommunizieren.


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Pathogenese: FMS als „stressinduzierte Hyperalgesie“

Bis heute dominiert in der Behandlung von Patient/innen mit chronischen Schmerzen die Vorstellung einer Schmerzverarbeitung nach dem Prinzip einer Einbahnstraße: Ein nozizeptiver Schmerzreiz aus der Peripherie wird als Warnsignal an das zentrale Nervensystem gesendet und dort im Sinne einer einfachen Reiz-Reaktions-Verknüpfung verarbeitet. Wo Schmerz zentral verarbeitet wird, muss es demnach auch eine akute periphere Schmerzquelle geben.

Die Ergebnisse der neurobiologischen Forschung zu den Verarbeitungsmechanismen des chronischen Schmerzes zeigen, dass die Schmerzverarbeitung in sehr viel komplexeren Vorgängen stattfindet und zentralnervöse Prozesse eine größere Bedeutung haben als früher angenommen. Wesentlich ist dabei eine Sensibilisierung der zentralnervösen schmerzverarbeitenden Systeme durch das somatosensorische Priming und die psychobiografische Prägung [17] [27].

Beim somatosensorischen Priming führt ein anhaltender akuter Schmerz zu einer synaptischen Langzeitpotenzierung des Schmerzreizes entweder in den peripheren Nervenbahnen (periphere Sensibilisierung) oder bei der Weitergabe der Schmerzinformationen vom peripheren ins zentrale Nervensystem an der Umschaltstelle vom ersten auf das zweite Neuron im Rückenmark (spinale Sensibilisierung). Dadurch kann es sowohl auf peripherer als auch auf zentraler Ebene zu einer morphologischen Veränderung kommen, die zu einer erhöhten Schmerzwahrnehmung führt. Dieses Phänomen wird auch als Schmerzgedächtnis bezeichnet. Auch wenn der akute Schmerzreiz aus der Peripherie als ursprüngliche Schmerzquelle nicht mehr vorhanden ist, feuern die weiterverarbeitenden Schmerzsysteme weiterhin mit Schmerzreizen. Das Wahrnehmen von Schmerz braucht also nicht zwingend einen akuten nozizeptiven Input aus der Peripherie, sondern kann unabhängig davon existieren.

Durch die psychobiografische Prägung kann es ebenso zu einer Sensibilisierung der zentralen Schmerzwahrnehmung kommen [28]. Periphere Schmerzinformationen werden zentral mit Affekten und Kognitionen verknüpft und können lebensgeschichtlich frühere Schmerzerfahrungen reaktivieren (pain-proneness). Dadurch ist es auch möglich, dass Schmerz nicht nur als Folge einer Gewebe- oder Nervenschädigung, sondern auch als Folge einer psychosozialen Belastungssituation oder der Reaktivierung einer solchen aus der Vergangenheit entsteht [29] [30].

Weiterhin ist heute bekannt, dass es neben den aufsteigend aktivierenden Schmerzbahnen auch absteigend hemmende Schmerzbahnen gibt [31]. Durch eine Störung dieser Schmerzhemmung kann es ebenso zu einer Sensibilisierung der Schmerzwahrnehmung und somit zu einer Hyperalgesie kommen. Absteigend hemmende Schmerzbahnen können die ankommenden peripheren Schmerzreize bei der Umschaltung vom ersten Neuron auf das zweite Neuron im Rückenmark („gate“) modulieren. Kurzfristige negative Emotionen führen über die von der aktivierten Amygdala angestoßene Ausschüttung von Stresshormonen (CRH) zu einer Aktivierung der deszendierend hemmenden Bahnen. Langanhaltende negative Emotionen hingegen führen über die von der Amygdala angestoßene Ausschüttung von Stresshormonen zu einer Hemmung der deszendiert hemmenden Bahnen (action proneness). Es besteht also eine enge Verbindung zwischen den zentralen schmerzverarbeitenden Systemen und dem Stresssystem [32] . Siehe [Abb. 1].

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Abb. 1 Psychobiografische Prägung und zentrale Schmerzsensibilisierung.

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Kindheitstraumatisierung und Schmerz

Bereits 1959 behandelte der amerikanische Internist und Psychoanalytiker George L. Engel Patient/innen mit chronischen Schmerzen, bei denen keine periphere Gewebeschädigung vorhanden war [33]. Lebensgeschichtlich frühe Stresserfahrungen wie emotionale Deprivation oder körperliche Misshandlungen konnten bei diesen Patient/innen regelhaft exploriert werden. Engel nahm an, dass es durch die frühen biografischen Stresserfahrungen zu einer erhöhten Schmerzanfälligkeit (pain proneness) gekommen war. Diese klinisch beobachteten Zusammenhänge konnten inzwischen in zahlreichen Studien auch methodisch fundiert bestätigt werden [20] und aus tierexperimentellen Studien konnten Modelle für das Zusammenspiel von früher Traumatisierung und späterer Hyperalgesie neurobiologisch abgeleitet werden [34].

Die Prävalenz von Missbrauch in der Kindheit bei Patient/innen mit FMS liegt zwischen 21 und 71% [35] [36]. Eine Metaanalyse zeigte, dass Personen, die häufiger Missbrauch in der Kindheit berichteten, mehr Schmerzsymptome angaben [36]. Gleichzeitig berichteten Personen mit Schmerzsymptomen häufiger über Missbrauch in der Kindheit als Personen ohne Schmerzen. Frauen mit einer Geschichte von sexuellem Missbrauch zeigten eine deutlich herabgesetzte Schmerzschwelle und empfanden Reize schneller als schmerzhaft im Vergleich zu Frauen ohne sexuellem Missbrauch. Insgesamt haben Patient/innen mit FMS höhere Lebenszeitprävalenzen für alle Formen von Kindheitsbelastungen. Patient/innen mit Kindheitstraumatisierungen zeigen in Studien mehr Tender Points und eine höhere Schmerzempfindlichkeit, mehr Begleitsymptome, mehr funktionelle Einschränkungen, höhere Schmerzmitteleinnahme, stärkere Arztinanspruchnahme und mehr psychische Symptome mit einem höherem Ausmaß funktioneller Einschränkungen [37].

Tierexperimentell konnten die neurobiologischen Zusammenhänge zwischen frühem Stress und der später erhöhten Schmerzwahrnehmung innerhalb epigenetischer Prozesse nachvollzogen werden [38]. Bei negativem Bindungsverhalten durch elterliche Ratten kommt es bei den Rattenbabys zu einer höheren Ausschüttung von Glukokortikoiden und damit zu einer dauerhaft genetisch veränderten höheren Stressanfälligkeit durch eine vulnerable Hypophysen-Nebennieren-Achse. Es konnte gezeigt werden, dass der Zusammenhang zwischen früher Traumatisierung und einer spätere geringeren Exprimierung von Glukokortikoidrezeptoren auch für den Menschen gilt [38].

Zusammenfassend ist demnach eine größere Gruppe von Patient/innen mit Fibromyalgie Traumatisierungen und anderen psychosozialen Belastungen in der Kindheit ausgesetzt gewesen, die mit Störungen des Bindungsverhaltens und der Selbstwertentwicklung einhergehen, wodurch diese Patient/innen ein höheres Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung allgemein, aber auch speziell für chronische Schmerzstörungen haben [37]. Oft finden sich in den Biografien der Patient/innen Parentifizierungssituationen, bei denen es z. B. durch ein körperlich oder psychisch krankes Elternteil zu einer zu frühen Verantwortungsübernahme des Kinder für die Eltern im Sinne einer Rollenumkehr kommt [39]. Das Vorhandensein eines körperlich kranken Elternteils ist ebenso über das Modelllernen ein Risikofaktor für die Entwicklung einer chronischen Schmerzstörung der Kinder. Eine Übersicht zu psychischen Ätiologiefaktoren des FMS siehe [Tab. 1].

Tab. 1 Psychische Ätiologiefaktoren des FMS.

Körperlicher Missbrauch und Vernachlässigung in der Kindheit

Sexueller Missbrauch in der Kindheit

Emotionaler Missbrauch & Vernachlässigung in der Kindheit

Krankes Familienmitglied in der Kindheit

Parentifizierungssituation in der Kindheit

Traumatische Erfahrungen im Erwachsenenalter

Selbstwertstörung

Angststörung

Depressive Störung

Posttraumatische Belastungsstörung

Aktuelle Lebensbelastungen (familiäre oder berufliche Konflikte)


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Mechanismenbasierte Subgruppendifferenzierung des FMS

Ausgehend von der Annahme, dass es sich bei der Fibromyalgie nicht um ein umschriebenes Krankheitsbild, sondern um ein pathogenetisch heterogenes Syndrom handelt, ist eine diagnostische Differenzierung in Subgruppen sinnvoll, um die Patient/innen mit einem FMS einer spezifisch passenden Schmerzbehandlung zuführen zu können [40].

Zunächst muss eine unterliegende neuropathisch bzw. nozizeptiv bedingte Schmerzerkrankung vom jeweiligen Spezialisten/Facharzt ausgeschlossen werden. Eine weitere Subgruppe bilden dann die funktionellen Schmerzsyndrome, bei denen chronische muskuläre Verspannungszustände die Hauptursache im Sinne eines peripheren Schmerzinputs bilden. In der Regel sind das Patient/innen, die bereits vor der Entwicklung des FMS an einer Angststörung erkrankt waren oder eine anankastische Persönlichkeitsstruktur aufweisen, durch die sie immer wieder perfektionistische Höchstleistungen anstreben und sich unter enormen Leistungsdruck setzen. Die dritte Subgruppe bilden psychische Störungen mit Schmerz als Leitsymptom. In dieser Gruppe ist der Schmerz im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung, einer Depression oder einer Posttraumatischen Belastungsstörung entstanden. Als weitere Subgruppe müssten eigentlich Patient/innen aufgeführt werden, bei denen es durch eine nicht leitliniengerechte Medikation zu einer Hyperalgesie gekommen ist, wie z. B. bei einer opiatinduzierten Hyperalgesie [41]. Die Gruppe der Patient/innen mit FMS als funktionellem Schmerzsyndrom und die Gruppe der Patient/innen mit FMS als psychische Störung mit Leitsymptom Schmerz werden zusammenfassend als Stressinduzierte Hyperalgesie (SIH) bezeichnet [42] [43].

Während die Subgruppe mit einem neuropathischen bzw. nozizeptiven Schmerz einer leitliniengerechten organmedizinischen Behandlung zugeführt werden sollte (z. B. medikamentöse Behandlung einer rheumatischen Erkrankung mit einem Antirheumatikum), sollten die anderen Subgruppen eine psychosomatische bzw. psychotherapeutische Behandlung erhalten [40]. In diesem Fall wird dann die zugrunde liegende psychische Störung (z. B. Angststörung) unter Berücksichtigung schmerzspezifischer Aspekte behandelt.


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Chronifizierungsfaktoren und typische Teufelskreise des FMS

Bei der Chronifizierung eines FMS können verschiedene Faktoren und typische Teufelskreise zur Aufrechterhaltung der Schmerzen beitragen.

Eine oft zu findende psychische Komponente der Chronifizierung von Schmerzen ist die ängstlich-katastrophisierende Bewertung des Schmerzes, die oft von hypochondrischen Ängsten und Krankheitsüberzeugungen begleitet wird. Die ängstliche Lenkung der Aufmerksamkeit auf den Schmerz führt zu einer somatosensorischen Verstärkung des Schmerzes. Durch die Angst werden Stresshormone ausgeschüttet, die die Schmerzhemmung hemmen, wodurch es zu einer gegenseitigen Verstärkung von Angst und Schmerz kommt [44]. Siehe [Abb. 2].

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Abb. 2 Katastrophisieren bei FMS.

Bei einem akuten Schmerz ist das Einnehmen einer Schonhaltung zur Unterstützung der Heilung sinnvoll. Bei einem chronischen Schmerz ohne peripheres Schädigungsereignis ist das Einnehmen einer Schonhaltung aber schmerzaufrechterhaltend. Es kommt zu einer körperlichen Dekonditionierung durch Muskellabbau und Muskelverkürzung. Erneute Bewegungen lösen erneut Schmerzen aus, was die Patient/innen als Beleg ihrer Hypothese werten, dass weitere Schonung richtig ist. Es bildet sich ein Schonkreislauf heraus, bei dem sich Patient/innen mit Schmerzen immer weniger bewegen und die Schmerzempfindlichkeit immer weiter steigt [45]. Siehe [Abb. 3].

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Abb. 3 Schonkreislauf bei FMS.

Weiterer Faktor zur Chronifizierung eines FMS ist die Iatrogene Fixierung auf ein somatisches Krankheitsverständnis durch ein Zuviel an organmedizinischer Ausschlussdiagnostik und nicht leitliniengerechtes Einsetzen von Analgetika wie z. B. Opioiden. Schon der diagnostische Begriff „Fibromyalgie“ leistet einen Beitrag zur Fixierung auf ein rein somatisches Krankheitsverständnis, da es dem Patient/innen mit FMS suggeriert, an einer „echten“ organischen Krankheit zu leiden, die dann auch eine konkrete organische Ursache im Sinne eines Organschadens haben muss. Die Medikation mit verschiedensten Antirheumatika nach dem Versuch-Irrtum-Prinzip lässt Patient/innen mit FMS glauben, dass Rheumatolog/innen die für die Schmerzen verantwortliche organische Schädigung noch nicht gefunden haben. Der dauerhafte Einsatz von Opioiden bei chronischen Schmerzen als Monotherapie kann z. B. zu einer opioidinduzierten Hyperalgesie führen [41]. Ein sekundärer Krankheitsgewinn z. B. in Form eines Rentenbegehrens oder durch den Bezug einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann ebenso zur Aufrechterhaltung beitragen.


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Therapieprinzipien aus Psychosomatischer Perspektive

Die Führung von Patient/innen mit FMS in der rheumatologischen Praxis ist insbesondere dann eine Herausforderung, wenn es sich um ein FMS im Sinne einer stressinduzierten Hyperalgesie handelt. Dann braucht es auf der einen Seite Rheumatolog/innen, die selbst über das Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen der stressinduzierten Schmerzstörung verfügen und auf der anderen Seite Patient/innen mit FMS, die sich auf eine Erweiterung eines bisher rein somatisch geprägten Krankheitsverständnisses einlassen können. Eine emotional zugewandte Haltung und Kommunikationstechniken sind gefragt, um Patient/innen mit FMS entweder in die Richtung einer psychosomatischen Behandlung zu motivieren oder die Zeit bis zum Beginn einer solchen Behandlung sinnvoll zu begleiten.


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Gestaltung einer empathisch zugewandten Arzt-Patient/in-Beziehung

Wenn Patient/innen mit einer Erkrankung auf ihren Arzt/ihre Ärztin treffen, spielen nicht nur deren Erwartungen an eine technisch korrekte Behandlung und ein konkretes diagnostisches Ergebnis eine Rolle. Krankheit aktiviert grundsätzlich Bindungsverhalten und führt dazu, dass Patient/innen Bedürfnisse nach emotionaler Zuwendung, Aufmerksamkeit, Trost und Beruhigung in die Beziehung zum Arzt/zur Ärztin hineinbringen. Dies gilt insbesondere für Patient/innen mit FSM, da diese wie oben ausgeführt oft aus elterlichen Beziehungen kommen, in denen diese emotionalen Grundbedürfnisse nicht ausreichend erfüllt worden sind. Diese Patient/innen haben nicht selten schon als Kind gelernt, dass der Arztbesuch durch körperliche Beschwerden mehr Beruhigung, Zuwendung und Aufmerksamkeit durch Ärzt/innen und Eltern bewirkt als die normale Adressierung der emotionalen Bedürfnisse an die Eltern. Gerade aus dieser emotional mangelhaften Basisbeziehung resultiert der übergroße emotionale Versorgungswunsch, den diese Patient/innen auf die Ärzt/innen projizieren. Erfahrungsgemäß wird die emotionale Botschaft der Patient/innen, die oft nur über das Klagen von Schmerzen kommuniziert werden kann, von Ärzt/innen nicht richtig dekodiert. Das liegt zum einen in der Charakteristik der Symptomklage der Patient/innen, die beim Gegenüber eher eine distanzierte Haltung erzeugt. Zum anderen verstehen sich eben viele Ärzt/innen auch nicht in der Rolle des „emotionalen Versorgers“ und sind in der emotionalen Kommunikation mit Patient/innen nicht geübt. Oft kommt es dadurch zu einem Hoffnungs-Enttäuschungszirkel zwischen Patient/innen und Ärzt/innen. Nicht selten führt dies dazu, dass Ärzt/innen Patient/innen frustriert weiterüberweisen oder die enttäuschten Patient/innen häufig ihren Arzt/ihre Ärztin wechseln („Doctorhopping“).


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Entwicklung eines bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnisses

Wenn wir bei der Diagnostik eines Patienten/einer Patientin mit FMS eine neuropathische oder nozizeptive Verursachung der chronischen Schmerzen ausschließen können, bzw. den Patient/die Patientin in die Gruppe der stressinduzierten Hyperalgesie zuordnen, ist die Entwicklung eines bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnisses essentiell. Dies beginnt bereits bei der Aufklärung der Diagnose „Fibromyalgiesyndrom“. Dem Patienten/der Patientin sollte erklärt werden, dass den Schmerzen keine konkrete organische Schädigung zu Grunde liegt, sondern es sich um eine „funktionelle Störung“ im Sinne einer Sensibilisierung des zentralen Nervensystems handelt. Eine neurobiologisch orientierte Erklärung der Ursachen kann in der Regel von Patient/innen vergleichsweise gut angenommen werden, da es wenig psychologisierend und stigmatisierend wirkt. Ebenso gut angenommen werden Erklärungen mit dem Stresskonzept. Der Arzt/die Ärztin kann den Patient/innen z. B. erklären, dass Schmerz und Stress eng miteinander verbunden sind. Stress kann sich auch in Form von Schmerzen äußeren. Schmerz fungiert dann analog zu einer „Alarmanlage“, die Überlastung signalisiert. Es ist wichtig, dass der Arzt/die Ärztin nicht nur Befunde oder das Fehlen eines organmedizinischen Befundes mitteilt, sondern funktionelle Zusammenhänge zwischen Stress und Schmerz erklärt. Der Arzt/die Ärztin sollte auf „Entweder-oder Modelle“ verzichten, die somatische und psychische Erkrankungen gegeneinander ausschließen. Vielmehr sollte der Arzt/die Ärztin eine „Sowohl als auch“ Haltung von Anfang an im Sinne einer Simultandiagnostik und –therapie vermitteln und die Wechselwirkungen z. B. zwischen Depression und Schmerz erklären [46].


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Psychosoziale Belastungen und psychische Komorbidität frühzeitig erfassen

Um den Patient/innen mit FMS der Gruppe der stressinduzierten Hyperalgesie zuordnen zu können, ist das Eruieren eines „erhöhten Stresslevels“ eine notwendige Bedingung. Dabei kann es sich um intrapsychische Stressfaktoren wie Zwanghaftigkeit, Perfektionismus, Durchhalteverhalten, Schwierigkeiten in der Selbstwertregulation, Ängstlichkeit oder Alexithymie handeln oder aktuellen interpersonellen Stress in Form von Arbeitsplatzkonflikten oder familiären Konflikten, Mobbing, Ausgrenzungserfahrungen oder einem ausgeprägten Helfersyndrom.

Validiert werden können diese Stressfaktoren mit der Prüfung, inwieweit aktuell die Kriterien für eine psychische Störung erfüllt sind. Dabei sind an psychische Störungen mit den höchsten Komorbiditätsraten bei FMS zu denken: Depression, Angststörung, Posttraumatische Belastungsstörung und Persönlichkeitsstörungen (z. B. Borderline Persönlichkeitsstörung). Wenn die Prüfung der einzelnen Störungskriterien zu aufwendig erscheint, kann durch kurze Screeningfragen zumindest das Vorliegen einer Depression oder einer Angststörung ohne größeren Aufwand abgeschätzt werden. Ein geeigneter Fragebogen ist dabei der PHQ-4 [47]. Summenwerte zwischen 6 und 9 entsprechen den „yellow flags“, 9–12 „red flags“. Siehe [Abb. 4].

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Abb. 4 Patients-Health-Questionnaire (PHQ-4).

Um einem Hoffnungs-Enttäuschungszirkel bei Patient/innen entgegenzuwirken, sollten Fachärzt/innen für Rheumatologie bereits frühzeitig parallel zur organmedizinischen Diagnostik psychosoziale Belastungen zum Thema machen bzw. die psychische Komorbidität erfassen. Dies sollte nicht erst nach einer langen organmedizinischen Ausschlussdiagnostik ohne Befund erfolgen, weil dann die Abwehrhaltung der Patient/innen umso höher ist [46].


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Tangentiale Gesprächsführung

Mit psychosozialen Themen wie Konflikten am Arbeitsplatz oder in der Familie soll zunächst beiläufig und indirekt statt konfrontativ umgegangen werden, zum Beispiel durch das Begleiten des Wechsels zwischen Andeuten psychosozialer Belastungen und Rückkehr zur Beschwerdeklage (tangentiale Gesprächsführung) [48]. Ein zu direktives Ansprechen psychosozialer Themen kann zu einer Abwehr bei Patient/innen führen. Der Arzt/die Ärztin sollte weder überpsychologisieren („Sie bilden sich die Schmerzen ein“), noch sollte er die Schmerzen bagatellisieren („Sie haben nichts“).


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Vermeiden von Überdiagnostik und Fehlmedikation

Überdiagnostik ist zu vermeiden, da dies sonst bei Patient/innen mit FMS zu einer iatrogenen Fixierung auf ein rein somatisches Krankheitsverständnis kommt. Es sollte keine redundante somatische Diagnostik veranlasst werden, besonders dann nicht, wenn es ausschließlich dem Zweck der Beruhigung der Patient/innen dienen soll. Die Behandlung sollte ausschließlich den vorhandenen Leitlinien folgen. Dies gilt im rheumatologischen Bereich besonders für die Medikation mit immunsuppressiven Antirheumatika und Analgetika. Die nicht leitliniengerechte Anwendung von Analgetika führt nicht selten zu einer medikamenteninduzierten Hyperalgesie. Eine Zusammenschau der bisher erfolgten Befunde ist dazu wichtig. Ebenso wichtig ist die Kommunikation mit den anderen ärztlichen Kolleg/innen, bei dem die Patient/innen in Behandlung sind [46].


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Zeitkontingente statt symptomkontingente Einbestellung

Wenn es sich bei dem Patienten/der Patientin mit FMS um ein mutmaßlich stressbedingtes Schmerzsyndrom handelt, empfiehlt es sich, die Patient/innen unabhängig vom Ausmaß der aktuellen Beschwerden, zu regelmäßigen Terminen einzubestellen. Diese Intervention wirkt wie eine „Psychotherapie light“. Patient/innen können sich bei einer zwischen den Terminen liegenden Symptomverschlechterung kognitiv und emotional auf den nächsten festen Termin orientieren. Das sorgt in erster Linie für Beruhigung, da Patient/innen sich nicht erst in einen Teufelskreis aus Hilflosigkeit und Panik, gefolgt von einer Symptomverstärkung begeben. Eine Fokussierung und Verstärkung der Symptome werden dadurch vermieden. Der Arzt/die Ärztin hat den Vorteil, dass Patient/innen nicht unerwartet bei Symptomverschlechterung „on demand“ in die Praxis kommen. Diese Intervention unterstützt den Beziehungs- und Vertrauensaufbau zum Arzt/zur Ärztin.


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Schweregradgestuftes Vorgehen

Wenn Patient/innen mit FMS einem stressinduzierten (funktionellen) Schmerzsyndrom zugeordnet werden können, gibt die S3 Leitlinie für Funktionelle Körperbeschwerden einen guten Überblick über ein schweregradgestuftes Vorgehen. Die Leitlinie unterscheidet leichte, schwere und akute Verläufe [46].

Schwere Verläufe (yellow flags) sind gekennzeichnet durch Beschwerden in mehreren Organsystemen, große Häufigkeit oder anhaltende Dauer der Beschwerden, ausgeprägte krankheitsbezogene Sorgen und Ängste, hohe Inanspruchnahme des Versorgungssystems und häufige Behandlungsabbrüche, starke Beeinträchtigung des Alltagslebens und Arbeitsunfähigkeitszeiten länger als vier Wochen, hohe psychische Komorbidität, starke biografische Belastungen und dysfunktionales, iatrogenes Handeln mit Über- und Wiederholungsdiagnostik und invasiven Eingriffen in der Anamnese bei gleichzeitiger Nichtberücksichtigung psychosozialer Krankheitsaspekte.

Akute Verläufe sind gekennzeichnet durch schwere psychische Komorbidität, Suizidalität, selbstschädigendem Verhalten, iatrogen schädigendem Verhalten (z. B. Drängen auf unnötige Operationen), schwere Ausprägung der Beschwerden und körperliche Folgeschäden (Fixierung von Fehlhaltungen, Einschränkungen der Mobilität) und akute Warnsignale einer somatischen Begleiterkrankung.

Patient/innen mit FMS vom Typ einer stressinduzierten Hyperalgesie mit leichten Verläufe können im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung bei Fachärzt/innen für Rheumatologie geführt werden. Patient/innen mit FMS vom Typ einer stressinduzierten Hyperalgesie mit einem schweren Verlauf sollten einer ambulanten Fachpsychotherapie, einem multimodalen (teil-) stationären Behandlungssetting in einer Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie oder einer stationären medizinischen Rehabilitation zugeführt werden. Bei akuten Verläufen ist entweder die Behandlung in einer Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie oder z. B. bei akuter Suizidalität eine stationäre Einweisung in eine Klinik für Psychiatrie angezeigt. Siehe [Abb. 5].

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Abb. 5 Schweregradgestuftes Vorgehen bei FMS vom Typ einer stressinduzierten Hyperalgesie.

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Psychosomatische Therapie bei FMS vom Typ einer stressinduzierten Hyperalgesie

Eine psychosomatische Therapie bei Patient/innen ist dann angezeigt, wenn es sich um ein FMS Syndrom im Sinne einer stressinduzierten Hyperalgesie handelt. Neurobiologisch gedacht geht es darum, die zentralnervöse Schmerzsensibilität zu reduzieren und die zu hohe Stressreagibilität der Patient/innen zu senken. Durch welche Interventionen kann dies erreicht werden? Die folgenden Therapieschritte orientieren sich an dem von Egle und Zentgraf (2020) vorgeschlagenen Therapiemodell bei psychosomatisch bedingten Schmerzen [49].

Zunächst geht es in der Psychoedukation darum, den Patienten/die Patientin mit FMS über das Störungsmodell der stressinduzierten Hyperalgesie zu informieren und das meist bisher rein somatisch geprägte Krankheitsverständnis um die psychosozialen Einflussfaktoren und die neurobiologischen Zusammenhänge zu erweitern.

Dann erfolgt die Reduktion bzw. das Absetzen von Medikamenten, die unser Schmerz-bzw. Stresssystem auf Dauer sensibler machen: Nichtsteroidale Antirheumatika, Opiode, Benzodiazepine. Ggf. ist die leitliniengerechte Einstellung mit einem Antidepressivum sinnvoll, z. B. bei einer komorbiden Depression oder Angststörung.

Die Behandlung von Schlafstörungen ist auch wichtig, wenn es darum geht neurobiologische Stressresistenz zu stärken. Z-Medikamente wie Zolpidem oder Zopiklon sollten nicht dauerhaft verschrieben werden wegen der Abhängigkeitsentwicklung. Patient/innen sollten die Regeln einer guten Schlafhygiene umsetzen.

Weiterhin sollten Patient/innen körperlich aktiviert werden mit einem moderaten Konditionstraining, das im weiteren Verlauf stufenweise gesteigert werden kann. Dies führt aus schmerzaufrechterhaltenden Schonhaltungen heraus. Sportliche Aktivierung führt nachweislich zu einer verringerten Schmerzschwelle.

Im nächsten Schritt beginnt die Psychotherapie „im engeren Sinne“: Der Patient/die Patientin wird über Zusammenhänge zwischen Kindheitsprägungen und aktuellen dysfunktionalen Schemata psychoedukativ informiert. So versteht z. B. der altruistische Patient, dass sein Helfersyndrom mit einer frühen Verantwortungsübernahme (Parentifizierung) zusammenhängt, die leistungsorientierte Durchhalterin versteht den Zusammenhang zwischen Perfektionismus und der früheren Leistungsorientierung der Eltern. Dieser kognitive Zusammenhang soll im Verlauf der Psychotherapie in eine emotionale Verarbeitung nicht erfüllter emotionaler Grundbedürfnisse in der Psychotherapie führen, zum anderen sollen funktionale Verhaltensweisen eingeübt werden, z. B. kann der Patient/die Patientin in einer Gruppentherapie eine Reduktion seines Helfersyndroms üben.

Entspannungstherapien, Achtsamkeitstraining, Biofeedback und Stressbewältigungstraining und soziales Kompetenztraining sollen helfen, eine verbesserte Stressbewältigung zu erreichen. Siehe [Abb. 6]. ([Tab. 2], [3]).

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Abb. 6 Psychosomatische Therapie bei stressinduzierter Hyperalgesie nach Egle und Zentgraf 2020.

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Fallbeispiel: „Der Schmerz nährt die Beziehung“

Eine 21-jährige Patientin mit chronischen Schmerzen in zahlreichen Körperregionen (Gelenke, Rücken, Bauch, Arme, Beine, Kopf) mit hoher Schmerzintensität (10/10) wurde in unserer Tagesklinik für somatoforme Störungen aufgenommen. Die Empfehlung dafür kam von ihrer ambulanten Psychotherapeutin, bei der eine längere ambulante Psychotherapie zu Ende gegangen war. Die Patientin litt bereits seit ihrer Kindheit an fluktuierenden Schmerzen im gesamten Körperbereich und befand sich bereits damals in orthopädischer Behandlung ohne richtungsweisende organmedizinische Diagnose. Sie befand sich seit mehreren Monaten in rheumatologischer und schmerzmedizinischer Behandlung. Der Facharzt für Rheumatologie habe schon im 18. Lebensjahr die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms gestellt. Die Patientin sei bereits zweimal stationär in einer Rehaklinik für Rheumatologie in Behandlung gewesen und habe dort vor allem physikalische Behandlungen in Anspruch genommen. Vor 2 Jahren habe sie erstmals auf Empfehlung ihres ambulanten Schmerzarztes im benachbarten Krankenhaus eine einwöchige Procain-Basen-Infusionstherapie bekommen. Die ambulante Rheumatologin habe zwar keine positiven Rheumafaktoren nachweisen können, habe aber trotzdem eine Einstellung mit Methotrexat (MTX) begonnen. Sie habe das Medikament nach mehreren Wochen wieder abgesetzt, da die Nebenwirkungen (Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust) stark gewesen seien, die Schmerzen sich aber nicht reduzierten. Die Rheumatologin stellte die Patientin gemäß dem Medikationsalgorhythmus der Rheumatoiden Arthritis auf Sulfasalazin ein. Hier kam es ebenso zu keiner Schmerzreduktion. Vom Schmerzarzt wurde daraufhin eine Wiederholung der Procaininfusion durchgeführt.

Die Patientin zeigte bei Aufnahme ein rein somatisches Krankheitsverständnis. Auch wenn alle bisherigen, auf die Behandlung eines noch unbekannten „Organschadens“ ausgerichtete Behandlungen zu keiner Schmerzreduktion führten, hielt die Patientin an der Überzeugung fest, dass der eigentliche organische Grund noch nicht gefunden worden sei. Der Einstellung mit immunsuppressiven Antirheumatika nach dem Versuch-Irrtum-Prinzip und wiederholten Procaininfusionen stimmte die Patientin bereitwillig zu.

Die Patientin erfüllte bei Aufnahme in unsere Tagesklinik die Kriterien für eine rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradige Episode. Bei der biografischen Anamnese gab die Patientin hohe Kindheitsbelastungen an. Der Vater sei jähzornig, impulsiv und aggressiv gewesen, die Mutter habe keine emotionale Wärme zeigen können. Im zehnten Lebensjahr der Patientin kam ihr Bruder zur Welt, den die Eltern der Patientin in den Mittelpunkt ihrer emotionalen Versorgung und Anerkennung stellten. Im Jugendalter kam es zu mehreren Suizidversuchen durch Schlaftabletteneinnahme. Die Schule schloss sie mit Abitur ab. Sexuell zeigte sich die Patientin promiskuitiv und beschrieb eine Episode sexueller Traumatisierung im jungen Erwachsenenalter durch einen ihrer Sexualpartner. Durch die ambulante Psychotherapie konnte die Patientin ihr Studium zur Sozialpädagogik weiterführen und in eine eigene Wohnung ziehen. Da sie nicht allein sein könne, sei spontan eine Arbeitskollegin bei ihr eingezogen, zu der sie ein sexuelles Verhältnis habe. Die Beziehung sei von ständigen Konflikten geprägt. Es sei wie eine Hassliebe.

Durch die Angaben der Patientin zur konflikthaften Beziehungsgestaltung, der eigenen emotionalen Instabilität und dem interpersonell konflikthaften Verhalten der Patientin in der Patientengruppe führten wir eine Persönlichkeitsdiagnostik durch, bei der sich die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp vollumfänglich bestätigte.

In der Gesamtschau gingen wir bei der Patientin von einem FMS im Sinne einer stressinduzierten Hyperalgesie bzw. einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung aus: das Fehlen eines richtungsweisenden organmedizinischen Faktors auf der einen Seite, die sehr hohe Stressbelastung in Form von hohen Kindheitsbelastungen und der daraus folgenden emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit fehlender Regulation von Selbstwert, Emotionen und Stress auf der anderen Seite. Zusammen mit der Patientin versuchten wir die offensichtlichen Zusammenhänge zwischen ihrem intrapsychischen und interpersonellen Stress herauszuarbeiten. Dabei wurde die beziehungsregulierende Funktion der Schmerzsymptomatik deutlich. „Der Schmerz nährt die Beziehung“. Elterliche Zuwendung bekam die Patientin nur dann, wenn sie körperliche Symptome produzierte. Nur dann nahm sich die Mutter Zeit für sie und ging mit ihr zum Arzt. Noch heute nahm sich die Mutter eine Woche Urlaub, um die Patientin zur Procaininfusion zu begleiten. Die Patientin berichtete, dass ihr die Zuwendung der Krankenschwestern bei der Infusionstherapie sehr guttue. Die Patientin konnte sich zunehmend auf ein psychosomatisches Krankheitsverständnis einlassen und die beziehungsregulierende Funktion des Schmerzes vor dem Hintergrund unerfüllter biografischer Grundbedürfnisse nach emotionaler Zuwendung zumindest kongnitiv verstehen. Für das weitere therapeutische Prozedere war die Absprache aller Behander/innen und konsequentes Verfolgen der therapeutuischen Leitlinie einer funktionellen Störung essentiell (41).

Tab. 2 Medikamentöse Therapie bei FMS.

Medikamente im „off-label-use“

Bei Komorbidität mit

Häufige Nebenwirkungen

Amitriptylin 10–50 mg

  • Opstipation

  • Xerostomie

  • Durstgefühl

  • Gesteigerter Appetit

  • Gewichtszunahme

  • Benommenheit

  • Kopfschmerzen

Duloxetin 60 mg

  • Major depression

  • Generalisierter Angststörung

  • Übelkeit

  • Kopfschmerzen

  • Xerostomie

  • Schläfrigkeit

  • Schwindel

Pregabalin 150 mg-450 mg

  • Generalisierter Angststörung

  • Müdigkeit

  • Benommenheit

  • Kopfschmerzen

Kontraindizierte Medikamente

  • Nichtsteroidale Antirheumatika

  • Acetsalicylsäure

  • Metamizol

  • Opioide

  • Cannabinoide

  • Zolpidem, Zopiklon, Zaleplon

  • Anxiolytika

  • Hypnotika

  • Antivirale Substanzen

  • Dopaminagonisten

  • Hormone

  • Interferone

  • Intravenöses Ketamin

  • Lokalanästhetika

  • Natriumoxybat

  • Muskelrelaxantien

  • Monoaminooxidasehemmer

  • Flupirtin

Tab. 3 Praktische erste Schritte bei FMS-Patient/innen mit Stressinduzierter Hyperalgesie.

Aufklärung über die Diagnose

  • Schmerzen sind nicht organisch bedingt

  • Schmerzen sind stressbedingt

Erfassen der psychischen Komorbidität

  • Aktuelle berufliche und private Belastungen erfragen

  • Depression, Angststörung, Posttraumatische Belastungsstörung, emotional instabile Persönlichkeitsstörung abschätzen

  • Patient-Health-Questionnaire (PHQ-4) als kurzes Screeninginstrument

Aufbau einer positiven Azrt-Patient-Beziehung

  • Regelmäßige Einbestellung

  • Zeitkontingente statt symptomkontingente Termine

  • Symptome und Leiden validieren und ernstnehmen

Medikamentöse Therapie

  • Amitriptylin, Duloxetin, Pregabalin im off-label-use

Motivation zur Psychotherapie

  • Motivationale Gesprächsführung, Ermutigung der Patientin/des Patienten

  • Zusammenhang von Stress und Schmerz erklären

  • Psychotherapie entstigmatisieren

Motivation zur körperlichen Aktivierung

  • Teufelskreis der Schonhaltung erklären

  • Moderates Ausdauertraining empfehlen

Motivation zur Entspannung

  • Teufelskreis der Katastrophisierung erklären

  • Entspannungsmethoden empfehlen (z. B. Apps)


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Interessenkonflikt

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  • Literatur

  • 1 Wolfe F, Smythe HA, Yunus MB. et al. The American College of Rheumatology 1990 criteria for the classification of fibromyalgia. Arthritis & Rheumatism: Official Journal of the American College of Rheumatology 1990; 33: 160-172
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Korrespondenzadresse

Dr. Christoph Schilling
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik,
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden,
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Deutschland   
Phone: 004935145812525   
Fax: 00493514585713   

Publication History

Article published online:
23 March 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Abb. 1 Psychobiografische Prägung und zentrale Schmerzsensibilisierung.
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Abb. 2 Katastrophisieren bei FMS.
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Abb. 3 Schonkreislauf bei FMS.
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Abb. 4 Patients-Health-Questionnaire (PHQ-4).
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Abb. 5 Schweregradgestuftes Vorgehen bei FMS vom Typ einer stressinduzierten Hyperalgesie.
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Abb. 6 Psychosomatische Therapie bei stressinduzierter Hyperalgesie nach Egle und Zentgraf 2020.