Diabetes aktuell 2021; 19(02): 54
DOI: 10.1055/a-1483-9373
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Gemeinsam schneller vom Labor zum Patient

Martin Hrabě de Angelis
1   München
,
Michael Roden
1   München
,
Annette Schürmann
1   München
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Michele Solimena
1   München
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Andreas L. Birkenfeld
1   München
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Die Gesundheitsforschung steht vor großen Herausforderungen: Während die COVID-19-Pandemie so schnell wie möglich eingedämmt werden muss, darf die wachsende Bedrohung durch andere Volkskrankheiten wie u. a. Diabetes nicht vernachlässigt werden. Experten erwarten, dass in Deutschland im vergangenen Jahr die Zahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes auf etwa 8 Mio. gestiegen ist. Bis zum Jahr 2040 können sogar bis zu 12 Mio. Menschen daran erkranken.

Diese Zahlen machen deutlich, wie dringend neue wirksame Präventionsmaßnahmen und innovative Behandlungsformen benötigt werden. Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) bündelt die Kompetenz der führenden deutschen Forschungseinrichtungen und Universitäten auf dem Gebiet der Stoffwechsel- und Diabetesforschung, um präzise Ansätze zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Diabetes zu entwickeln. Ziel der engen interdisziplinären und standortübergreifenden Zusammenarbeit ist es, die Translation zu beschleunigen, damit die Betroffenen schneller von neuen Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung profitieren.

In einem interdisziplinären Team führt das DZD Forschungsprojekte zu den drängendsten Fragen der Diabetesforschung durch: Kann man der Entstehung von Typ-2-Diabetes vorbeugen? Lässt sich die Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes frühzeitig erkennen bzw. sogar vermeiden? Welche Gene sind an der Stoffwechselerkrankung beteiligt? Wie wirken sich Umweltfaktoren wie zu Beispiel die Ernährung auf den Aktivitätszustand von Genen aus? Wie lassen sich Betazellen schützen? Welche Rolle spielen Leber und Gehirn bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes? Mit welchen weiteren Erkrankungen ist Diabetes assoziiert und wie lassen sich Komplikationen verhindern? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, hat das DZD 7 Forschungsschwerpunkte (Academies) aufgebaut. In diesem Schwerpunkt stellen wir Ihnen aktuelle Forschungsergebnisse aus diesen Academies vor.

In den vergangenen Jahren hat das DZD bereits einige wichtige Meilensteine erreicht. Mithilfe von genetischen, zellbiologischen und tierexperimentellen Techniken ist es beispielsweise gelungen, die molekularen Mechanismen des Diabetes weiter zu entschlüsseln. Es konnten darüber hinaus neue Gene identifiziert werden, die mit Diabetes und Stoffwechselerkrankungen assoziiert sind, sowie epigenetische und biochemische Regulationswege aufgeklärt werden. Durch die Identifikation unterschiedlicher Subtypen des Diabetes mellitus und des Prädiabetes sind erste Schritte in Richtung Präzisionsmedizin gelungen.

DZD-Forschende arbeiten an neuen Therapieansätzen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes – u. a. haben sie neue Wirkstoff-Kandidaten (Poly-Agonisten) entwickelt. Diese Poly-Agonisten imitieren die Wirkung mehrerer Hormone. In klinischen Studien haben sich diese Wirkstoff-Kandidaten als äußerst vielversprechend zur verbesserten Behandlung von Adipositas und Typ-2-Diabetes erwiesen und befinden sich jetzt bereits in klinischen Phase 2- und 3-Studien.

Ob ein erhöhtes Risiko vorliegt, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, lässt sich in einem verbesserten Test ermitteln. Mit diesem genetischen Test können Neugeborene mit einem 25-fach erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erkannt werden. Familien mit einem Kind, bei dem ein hohes Erkrankungsrisiko vorliegt, haben die Möglichkeit an Präventionsstudien teilnehmen, welche die Erkrankung durch die Gabe z. B. von oralem Insulin verhindern soll.



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Article published online:
29 April 2021

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