NOTARZT 2021; 37(05): 249
DOI: 10.1055/a-1576-7299
Gast-Editorial

Ausbildung von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern – Rückschau und Ausblick

Eugen Latka

Die Einführung des Berufsbildes Notfallsanitäterin und Notfallsanitäter ist nun fast acht Jahre her. Wir alle haben mit dem neuen Berufsbild unsere Erfahrungen machen können. Sind wir nun dort angekommen, wo wir auch hinwollten? Es ist kompliziert:

In den ersten Jahren wurde der Fokus auf die Weiterqualifizierung der Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten gelegt. Die Vorbereitungszeiten waren dabei an die Zeiten der Berufsausübung geknüpft. Je mehr Berufserfahrung das Personal nachweisen konnten, desto weniger Vorbereitungszeit wurde ihnen zugestanden. So sind viele Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten durch kurze Lehrgänge auf die Ergänzungsprüfung, die eine reduzierte Form der Prüfung darstellt, vorbereitet worden. Die konventionellen Vermittlungsmethoden, meist fächerorientiert, haben sich dabei größtenteils nicht verändert.

Die dreijährige Ausbildung lief verzögert an, da zunächst der gesetzliche Rahmen geschaffen werden musste. Neue Anforderungen an die Rettungsdienstschulen wurden umgesetzt. Lehrkräfte mit einem (pädagogischen) Hochschulabschluss lösten die „Dozierenden“ der damaligen Ausbildung ab. Typische Fächer bzw. der fachorientierte Unterricht mussten der Methode der Lernfeldorientierung, die sich an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsfeldern ausrichtet, weichen. Das erfahrungsorientierte und selbstorganisierte Lernen ist neben dem – in der medizinischen Lehre häufig angewandten – problemorientierten Lernen gleichrangig in die Ausbildung eingeflossen. Nach einer komplexen sechstägigen Prüfung kann der Abschluss erreicht werden.

Aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten die neue Berufsbezeichnung zu erlangen, stellt sich die Frage, ob alle Teilnehmenden die Lernziele des Notfallsanitätergesetzes gleichwertig vermittelt bekommen haben und es auch in die Praxis umsetzen können. Aus pädagogischer Sicht kommen Zweifel auf.

Bei der Erstellung von Behandlungspfaden oder Standardarbeitsanweisungen orientieren sich die Verantwortlichen an den Fähigkeiten, über die alle Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter gegenwärtig gleichermaßen verfügen und nicht immer daran, wozu die Berufsgruppe im Stande sein sollte.

Ohne pauschalisieren zu wollen: Fakt ist, dass wir uns momentan an den Kompetenzen derjenigen orientieren, die überwiegend im Einsatz tätig sind. In der Regel an denjenigen, die sich über eine Ergänzungsprüfung qualifiziert haben. Ergänzungsprüfungen, die aber nur noch im kommenden Jahr durchgeführt werden können.

Mit Blick nach vorne müssen wir uns auf eine neue Generation von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern einstellen. An Persönlichkeiten, die über ein Auswahlverfahren zur Ausbildung zugelassen wurden. An eine Ausbildungsform, die sich an modernen Standards, an wissenschaftlichen Aussagen und der Praxis orientiert. An Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern, die neben der reinen Fachkompetenz über weitere interessante Fähig- und Fertigkeiten verfügen. An eine Novelle der Berufsgruppe, die langsam die „alten Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten“ verblassen lässt.

Aus Patientensicht wünschen wir uns doch nur das Eine: Die beste Versorgung!



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Article published online:
05 October 2021

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