Suchttherapie 2023; 24(01): 12-20
DOI: 10.1055/a-1700-1532
Originalarbeit

Kurzzeiteffekte und Akzeptanz einer Intervention für drogenabhängige Eltern: Das „SHIFT PLUS“ Elterntraining

Short-Term Effects and Acceptability of an Intervention for Parents Using Illicit Drugs: The “SHIFT PLUS” Parent Training
Janina Dyba
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
,
Diana Moesgen
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
,
Luisa Grimmig
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
,
Thorsten Köhler
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
,
Michael Klein
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
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Zusammenfassung

Hintergrund Eltern mit einer Drogenabhängigkeit sind häufig in ihren elterlichen Kompetenzen eingeschränkt. Die Lebenswelt von Kindern, die in suchtbelasteten Familien aufwachsen, ist oft prekär, insbesondere wenn diese von der Drogensubkultur geprägt ist. Gleichzeitig stehen für Mütter und Väter mit Drogenproblemen in Deutschland keine evidenzbasierten, standardisierten Interventionen zur Verfügung.

Methode Mit SHIFT PLUS wurde ein modularisiertes Gruppenprogramm für drogenabhängige Eltern mit Kindern bis 8 Jahren entwickelt, welches ihre Elternkompetenzen und die Familienresilienz stärken sowie ihre Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Abstinenz fördern soll. Das Training basiert auf dem bestehenden „SHIFT“-Elterntraining für Crystal Meth-konsumierende Eltern und wurde für den gesamten Bereich der Abhängigkeit von illegalen Substanzen erweitert sowie um Module für Angehörige ergänzt. Die Umsetzung des Programms erfolgte an acht Praxisstandorten im Bundesgebiet in Kooperation von Sucht- und Jugendhilfeeinrichtungen mit N=87 teilnehmenden Eltern. Zur Evaluation der kurzzeitigen Wirkeffekte wurde ein quasi-experimentelles Forschungsdesign mit Interventions- und Wartekontrollgruppe zu zwei Messzeitpunkten realisiert. Ergänzend wurden Akzeptanz und Praktikabilität durch Teilnehmende und Trainer/innen bewertet.

Ergebnisse Das SHIFT PLUS-Elterntraining zeigte sich als praktikabel und hoch akzeptiert von teilnehmenden Müttern und Vätern, die berichteten familiäre Herausforderungen subjektiv besser bewältigen zu können. Die Wirksamkeitsevaluation zeigte zudem eine signifikante Reduktion depressiver Symptome in der IG sowie einen signifikant besseren Umgang mit dem Thema Sucht in der Familie. Ergänzend verbesserten sich beide Gruppen hinsichtlich psychischer Belastungen, Substanzkonsum und Elternkompetenz.

Schlussfolgerung Die Intervention bietet eine innovative Ergänzung zur evidenzbasierten Unterstützung suchtbelasteter Familien in Deutschland. Sie ermöglicht eine systematische Förderung elterlicher Fähigkeiten und familiärer Resilienz unter Berücksichtigung einer kooperativen Versorgung durch Jugend- und Suchthilfe. Der direkte Einbezug von Angehörigen in das Training gestattet dieser Zielgruppe zudem einen direkten, niedrigschwelligen Zugang zum Hilfesystem.

Abstract

Background Parental drug use is frequently associated with impaired parenting skills. The situation of children growing up in families affected by substance use is often precarious, especially when the environment is characterized by the drug-associated lifestyle. Despite the need of support of these target groups, so far no standardized, evidence-based interventions for drug- involved mothers and fathers are available in Germany.

Method The SHIFT PLUS Parent Training comprises a modularized group intervention for drug dependent parents with children up to 8 years of age. It aims at strengthening parental skills and family resilience, and fostering abstinence. The intervention is based on the existing SHIFT Parent Training for parents using Crystal Meth and was adapted to address drug using parents in general and extended to include relatives and children. It was implemented in eight locations across Germany in cooperation with substance use treatment and child welfare services. A total of 87 parents participated in the trial. A quasi-experimental research design with intervention and waitlist-control condition was used to evaluate effectiveness. Additionally, practicability and acceptability by parents and trainers was assessed during the intervention.

Results The SHIFT PLUS training was highly accepted by participating mothers and fathers, that reported to handle familial challenges more confidently. Effectiveness evaluation revealed a significant improvement of depressive symptoms and the situation of drug-involved families within the intervention condition. Moreover, both group reported less mental health problems, substance use and more feelings of parental competence.

Conclusion The intervention offers an innovative addition to evidence-based care for families affected by substance use in Germany. It allows a systematic promotion of parental skills and family resilience, while considering a cooperative approach of child-welfare and substance use treatment. In addition, the direct involvement of family members allows them a low-threshold entrance to the professional helping system, if needed.

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Article published online:
16 February 2022

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