10.1055/a-1723-6739
Sehr geehrter Herr Kollege Fuchs,
wir freuen uns über Ihren Leserbrief zu unserer Publikation „Recrossektomie und Barrier-Implantation“
[1]. Entsprechend den Anforderungen des Formats „Fortbildung in Bildern“ sollte die
Technik der Barriere-Operation anschaulich dargestellt werden. Selbstverständlich
konnten dabei nicht alle Aspekte des komplexen Themas der Rezidivvarikose angesprochen
werden. Gerne greifen wir die Gelegenheit des Leserbriefes auf, um offen gebliebene
Fragen zu erläutern.
10.1055/a-1723-6739
Hämodynamisch relevante Rezidive haben ihren proximalen Insuffizienzpunkt so gut wie
immer im Bereich von Faszienöffnungen. In der Leistenregion ist dies das Foramen ovale
in der Lamina cribrosa der Fascia lata. Basierend auf dieser Beobachtung liegt es
nahe, im Anschluss an eine Crossektomie der Vena saphena magna das Foramen ovale durch
eine Naht zu verschließen. Auf diese Weise soll eine natürliche Barriere geschaffen
werden zur Verhinderung von Leistenrezidiven. Der Nahtverschluss des Foramen ovale
ist technisch einfach durchführbar und ein wesentlicher Bestandteil der modernen Varizenchirurgie.
Wesentlich schwieriger ist die Schaffung einer natürlichen Faszienbarriere bei der
Operation eines Leistenrezidivs. Oftmals finden sich dann ausgedehnte Vernarbungen,
die eine übersichtliche Präparation der Faszienöffnung erschweren und einen sicheren
Nahtverschluss verhindern. In dieser Situation kann auf die Barriere-Operation zurückgegriffen
werden, bei der die Faszienlücke mit einem dünnwandigen Kunststoffsegel abgedeckt
wird. Van Rij et al. überprüften die Effektivität der Barriere-OP im Vergleich zur
einfachen Recrossektomie in einer prospektiven Studie mit Randomisierung. Dabei zeigte
sich ein hochsignifikanter Vorteil des Barriere-Verfahrens gegenüber der üblichen
Vorgehensweise ohne Schaffung einer Barriere [2].
Die Barriere-Implantation dient zur Behandlung ausgedehnter Rezidive
Die Barriere-Implantation dient zur Behandlung ausgedehnter Rezidive
Unsere eigenen Erfahrungen mit der Barriere-Operation umfassen einen Zeitraum von
fast 20 Jahren, in dem wir mehrere Tausend Eingriffe vornahmen. In vielen Fällen behandelten
wir Re-Rezidive oder Re-Re-Rezidive. In den letzten Jahren auch zunehmend Rezidive
nach Laserablation, die perivenös ähnliche Vernarbungen aufweisen wie operative Rezidive.
Nach unseren Erfahrungen wird die Morbidität der Recrossektomie durch die zusätzliche
Barriere-Implantation nicht wesentlich erhöht. In einer eigenen Studie aus dem Jahr
2016 [3] lag die Rate von Minor-Komplikationen (Hämatome, Parästhesien im Wundbereich) bei
5,8 % und von Leisteninfekten bei 2,4 %. Diese Komplikationsrate halten wir bei der
Therapie von ausgedehnten Rezidiven für vertretbar. Weniger ausgedehnte Rezidive werden
im interdisziplinären Venenzentrum des Katholischen Klinikums der Ruhr-Universität
Bochum konservativ oder interventionell (Schaumverödung, Laser) behandelt.
Auf die Verwendung von Silikon-Patches sollte verzichtet werden
Auf die Verwendung von Silikon-Patches sollte verzichtet werden
Die im Leserbrief von J. Fuchs zitierten hohen Komplikationsraten aus den Studien
von De Maeseneer et al. sind mir bestens bekannt, schließlich wurde ich 2005 von der
Autorin hinzugezogen, um an der Universität Antwerpen 2 Patienten zu operieren, die
infolge von Barriere-Operationen Stenosen in der V. femoralis communis entwickelt
hatten. Ich explantierte das Patch-Material und erweiterte die stenosierten Gefäßabschnitte
mit Patch-Angioplastien. Die hohen Komplikationsraten waren vor allem auf das spezielle
Silikon-Patch-Material zurückzuführen, das ausschließlich in dieser Arbeitsgruppe
Anwendung fand. Infolge der aufgetretenen Komplikationen wurde seinerzeit auf die
weitere Verwendung von Silikon-Patches verzichtet. Die bei uns und anderen Arbeitsgruppen
verwendeten Patches aus dünnwandigem Polytetrafluorethylen (PTFE) sind seit Jahrzehnten
in der Gefäßmedizin etabliert und weisen keine vergleichbaren Komplikationen auf.
Aus der Sicht von Patienten hat die Rezidivfreiheit eine hohe Präferenz
Aus der Sicht von Patienten hat die Rezidivfreiheit eine hohe Präferenz
Befragt man Patienten im Vorfeld einer anstehenden Varizenbehandlung nach deren Präferenzen
und Erwartungen, so hat die Vermeidung von Rezidiven einen besonders hohen Stellenwert
[4]. Die moderne Varizenchirurgie wird diesem Anspruch gerecht. Im Vergleich zu den
konkurrierenden interventionellen Verfahren weist die Varizenoperation signifikant
niedrigere Raten echter Rezidive (Same-Site-Rezidive) auf [5]
[6]
[7]. In einer aktuellen Metaanalyse verglichen Gasior et al. [8] verschiedene interventionelle Methoden mit der Crossektomie und Stripping-Operation
und kamen zu der Schlussfolgerung, dass die Operation von allen Verfahren die niedrigste
Rezidivrate aufweist. Im Vergleich zu den endovenösen Therapieoptionen geht dieser
Vorteil nicht zulasten einer wesentlichen Erhöhung der Morbidität.
Fehlende Faszienbarriere bei endovenöser Therapie
Fehlende Faszienbarriere bei endovenöser Therapie
Bei der Frage, warum die endovenösen Verfahren im Vergleich zur Operation schlechter
abschneiden, rückt ein wesentlicher Nachteil der endovenösen Therapie ins Blickfeld:
die fehlende Möglichkeit einer definitiven Trennung des oberflächlichen vom tiefen
Venensystem. Während die moderne Varizenchirurgie eine ordnungsgemäße Crossektomie
und den Nahtverschluss des Foramen ovale beinhaltet, bleibt bei den endovenösen Verfahren
nahezu regelhaft ein Saphenastumpf unverschlossen zurück. Dieser Gefäßstumpf ragt
durch das Foramen ovale hindurch in das oberflächliche Kompartiment hinein. Bei fortbestehender
Mündungsklappeninsuffizienz steht der Stumpf unter Druck und kann im Verlauf zum proximalen
Insuffizienzpunkt einer Rezidivvarikose werden. In vielen Fällen bildet dann die Vena
saphena accessoria anterior die neue Ausstrombahn für den Reflux. Die Problematik
des „endovenösen Saphenastumpfes“ ist zumindest im deutschsprachigen Raum bekannt.
Von renommierten Phlebologen [9] wird an der Umsetzung einer „endovenösen Crossektomie“ im Rahmen der Lasertherapie
gearbeitet. Bei anderen Verfahren, wie beispielsweise der Venenklebung mit Cyanoacrylat,
ist dagegen die Umsetzung des Prinzips der Crossektomie technisch unmöglich, sodass
im Langzeitverlauf mit hohen Rezidivraten zu rechnen ist [10].
Die Operation ist ein wichtiger Bestandteil im therapeutischen Spektrum des Phlebologen
Die Operation ist ein wichtiger Bestandteil im therapeutischen Spektrum des Phlebologen
Viele Wege führen nach Rom. Dieser alte Spruch gilt im besonderen Maße bei der Behandlung
der Varikose. Heutzutage verfügen wir über eine Reihe unterschiedlicher Therapieoptionen,
von der Sklerotherapie über die Katheterintervention bis hin zu den operativen Methoden
einschließlich der Valvuloplastie. Diese Methodenvielfalt ist ein Vorteil, sie ermöglicht
unter anderem eine individualisierte Behandlung, die sogenannte „Phlebologie à la
carte“. Die moderne Phlebochirurgie hat in diesem Spektrum ihre Berechtigung vor allem
bei fortgeschrittener Erkrankung. Die Recrossektomie mit Barriere-Implantation bietet
bei großkalibrigen Leistenrezidiven eine gute Option, den proximalen Insuffizienzpunkt
in der Leiste nachhaltig auszuschalten.
Leserbriefe stellen nicht unbedingt die Meinung von Herausgebern oder Verlag dar.
Herausgeber und Verlag behalten sich vor, Leserbriefe nicht, gekürzt oder in Auszügen
zu veröffentlichen.