Dialyse aktuell 2022; 26(04): 161
DOI: 10.1055/a-1736-5849
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Alte Dialysepatient*innen

Ute Hoffmann
1   Regensburg
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Prof. Dr. med. Ute Hoffmann, Regensburg

In Europa sind in den letzten Jahren die Dialysepatientenzahlen kontinuierlich, aber anders als erwartet nur leicht angestiegen. Allerdings kam es zu einer überproportionalen Zunahme des Anteils an älteren und multimorbiden Patienten, bei denen erstmals ein Nierenersatzverfahren eingeleitet wurde.

Eine Auswertung der Daten zeigt für das Jahr 2020, dass zu Beginn einer Dialysetherapie über ein Drittel der deutschen Dialysepatienten mehr als 70 Jahre alt war. Ziel unserer nephrologischen Behandlung ist es, den Patienten an ihre Bedürfnisse angepasste, multidimensionale Möglichkeiten aufzuzeigen und sie damit im Sinn einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zu beraten.

Obwohl die Peritonealdialyse bei älteren Patienten zahlreiche Vorteile und nur wenige Kontraindikationen hat, wird sie in Deutschland nur selten durchgeführt. Dies hat mannigfaltige Gründe, die Prof. Dr. Marianne Haag-Weber, Straubing, im Beitrag zum Thema „Peritonealdialyse bei älteren Patienten“ diskutiert. Insbesondere auf die Strukturanforderungen und auf die individualisierte Peritonealdialyse mit einer an die Ziele und Lebensqualität der Patienten angepassten Durchführung wird detailliert eingegangen.

Immer häufiger behandeln wir geriatrische Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, bei denen nicht nur über die Dialysemodalität entschieden wird, sondern darüber, ob überhaupt ein Nierenersatzverfahren eingeleitet werden soll. In den letzten Jahren sind zur Entscheidungsfindung viele Prognose-Scores für ältere Patienten mit chronischer Nierenkrankheit entwickelt worden. Diese können aktuell eine Hilfestellung in der Aufklärung und Beratung darstellen, ersetzen jedoch nicht die genaue Analyse und Berücksichtigung aller individuellen Besonderheiten, Lebensziele und Wünsche der Patienten sowie das Aufzeigen aller Möglichkeiten der Nierenersatzverfahren einschließlich des konservativ-supportiven Weges mit Palliativversorgung. Diese Themen werden im Artikel zum Thema „Prognosebestimmende Faktoren bei älteren Dialysepatienten“ von Dr. Linus Alexander Völker und Prof. Dr. Brinkkötter, Köln, genau beleuchtet.

Viele Grunderkrankungen führen dazu, dass ältere Patienten mit schwerer chronischer Nierenkrankheit häufig die Kriterien einer Frailty erfüllen und damit ein deutlich erhöhtes Risiko für Morbidität, Mortalität, funktionelle und kognitive Einschränkungen haben. Die Prävalenz von Frailty beträgt bei Prädialysepatienten bereits 32 % und liegt ein Jahr nach Dialyseeinleitung bei 79 %. Besonders alte Dialysepatienten sind durch die mit der Dialyse assoziierte Inaktivität (Dialysefahrten, Dialysedauer, erhöhter Schlafbedarf nach der Dialyse) gefährdet. Damit dem entgegengewirkt wird, ist ein Trainingsprogramm an der Dialyse von großer Bedeutung. In ihrem Artikel stellen Dr. Stefan Degenhardt, Viersen, und Dr. Kirsten Anding-Rost, Bischofswerda, aktuelle Studien, aber auch eigene Erfahrungen mit Sport während der Dialyse vor. Mit praktischen Hinweisen machen sie Vorschläge, wie ein Trainingsprogramm an der Dialyse gestaltet werden kann.

Ich bin mir sicher, dass diese Ausgabe der „Dialyse aktuell“ einen guten Beitrag zur Aufklärung und Behandlung von älteren Dialysepatient*innen liefert und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen. Herzliche Grüße aus Regensburg!



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Article published online:
18 May 2022

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