kleintier konkret 2022; 25(02): 6-7
DOI: 10.1055/a-1806-4630
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Für Sie gelesen: Propofol – Wie macht man es am besten?

Propofol – Wie macht man es am besten?

Bei der Einführung von Propofol wurde von Anästhesie-Spezialisten ursprünglich empfohlen, zunächst die Hälfte der berechneten Dosis schnell zu applizieren und den Rest langsam nach Wirkung. Ziel war, zum einen Exzitationen zu vermeiden, zum anderen eine Dosierung nach Wirkung zu erzielen. Nach der aktuellen Empfehlung in der Produktinformation soll die kalkulierte Dosis über 10 – 40 Sekunden gegeben werden. In der klinischen Praxis wird Propofol oft in Inkrementen nach Effekt gegeben.

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(Quelle: Thieme Gruppe)

Diverse Studien konnten zeigen, dass die benötigte Dosis sowie Anzahl und Länge einer Apnoe nach Narkoseeinleitung von der Injektionsgeschwindigkeit des Propofols abhängen. So benötigten in einer Studie von Bigby et al. (2017) Hunde bei einer Propofolrate von 1 mg/kg/min zur Einleitung eine geringere Gesamtdosis, hatten signifikant seltener eine Apnoe und deren Dauer war signifikant kürzer ([Tab. 1]) als bei einer Rate von 4 mg/kg/min. Leider erkauft man diese Vorteile mit einer verlängerten Einleitungsphase.

Tab. 1 Ergebnisse der prospektiven, randomisierten klinischen Studie von Bigby et al. 2017 in Auszügen. Die Hunde (ASA 1) waren mit 0,5 mg/kg Methadon + 5 µg/kg Dexmedetomidin i. m. prämediziert.

Propofolrate [mg/kg/min]

Anzahl der Hunde

Einleitungsdosis [mg/kg]

Apnoe-Häufigkeit [%]

Apnoe-Dauer [s]

1

8

1,8 ± 0,6

25

10 ± 18

4

8

4,1 ± 0,7

100

247 ± 125

In einer neuen, qualitativ hochwertigen Studie (Kriterien des CONSORT 2010 Statements für randomisierte Studien erfüllt) versucht nun dieselbe Arbeitsgruppe die Rate zu finden, die den besten Kompromiss von Dauer der Einleitung → Intubation möglich und Auftreten von Nebenwirkungen bietet (Walters et al. 2022).

62 Hunde (ASA 1, Alter im Mittel 22 Monate [8 – 12], Körpermasse 11,5 kg [3 – 44,3], Ausschlusskriterien waren definiert, 2 Tiere wurden wegen Bradykardie bzw. Katheterproblemen vor Einleitung ausgeschlossen) zur elektiven Kastration oder Bildgebung (n = 1) wurden randomisiert 5 Gruppen zugeteilt. Sie wurden analog zur früheren Studie sediert, nach 30 min wurde der Sedationsgrad bestimmt und mit der Einleitung begonnen. Jeweils 12 Tiere erhielten Propofol in einer Infusionsrate von 0,5, 1, 2, 3, 4 mg/kg/min, dabei war für jedes Tier eine Dosis von 6 mg/kg vorbereitet. Wenn die Relaxation der Zunge und der Kiefertonus anzeigten, dass ein Intubationsversuch vielversprechend war, wurde dieser durchgeführt (ein Protokoll, falls dieser misslang, war festgelegt). Die Tiere wurden mit Pulsoximetrie, nicht invasiver Blutdruckmessung und Kapnografie (nach Intubation) überwacht. Die Zeit bis zur erfolgreichen Intubation (Einleitungszeit), Auftreten einer Apnoe, Apnoe-Dauer und notwendige Dosis wurden ermittelt.

Die Tiere unterschieden sich nicht hinsichtlich Alter, Körpermasse, Sedationsgrad und mittlerem arteriellem Blutdruck (Unterschied vor Einleitung zu Intubation). Die notwendige Dosis unterschied sich nicht zwischen den beiden niedrigen Raten, jedoch zwischen 1 mg/kg/min und den höheren Raten. Den beiden niedrigen Raten folgte eine signifikant kürzere Apnoe, auch hier gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Raten. Dieser bestand jedoch in der Dauer der Einleitung (Zeit bis zur Intubation), diese war bei 1 mg/kg/h signifikant kürzer als bei 0,5 mg/kg/h. Unterschiede zu den höheren Raten bestanden nicht ([Tab. 2]).

Tab. 2 Ergebnisse der prospektiven, randomisierten klinischen Studie von Walters et al. 2022 in Auszügen. Die Hunde (ASA 1) waren auch hier mit 0,5 mg/kg Methadon + 5 µg/kg Dexmedetomidin i. m. prämediziert. In Normalschrift bzw. Fettdruck sind die Werte, die keinen signifikanten Unterschied untereinander aufweisen.

Propofolrate [mg/kg/min]

Anzahl der Hunde

Einleitungsdosis [mg/kg]

Einleitungsdauer [s]

Apnoe-Dauer [s]

0,5

12

1,6 ± 0,8

201 ± 10

49 ± 39

1

12

2,1 ± 0,5

115 ± 10

67 ± 37

2

12

3,4 ± 0,9

113 ± 9

207 ± 34

3

12

3,8 ± 0,8

93 ± 9

192 ± 36

4

12

3,9 ± 1,3

76 ± 9

196 ± 34

Zunächst etwas erstaunlich sind die fehlenden Unterschiede bei den höheren Raten, diese erklären die Autoren unter anderem durch eine „Überlastung des Transportsystems“, die zu einer Akkumulation im Plasma führt, jedoch keine höheren Konzentrationen am Wirkungsort im Gehirn bedingt. Gewisse Unterschiede der Apnoe-Dauer zur Vorstudie kommen möglicherweise durch ein etwas unterschiedliches Studiendesign (z. B. Beendigung der Propofolzufuhr) zustande.

Somit scheint 1 mg/kg/min die Einleitungsdosis, die den besten Kompromiss zwischen Dauer der Einleitung und Nebenwirkungen darstellt. Offen bleibt jedoch die Frage, wie die Applikation von Propofol in kleinen Inkrementen (1 – 1,5 mg/kg) im Vergleich dazu „abschneidet“, da ältere Studien einen Unterschied in der Pharmakokinetik von Bolusinjektion und Infusion aufzeigen. Ein Vergleich beider Applikationsarten wäre somit ein weiterer Schritt, um die Frage „wie macht man es am besten“ zu beantworten.

Bigby SE, Beths T, Bauquier S, Carter JE. Effect of rate of administration of propofol or alfaxalone on induction dose requirements and occurrence of apnea in dogs. Vet Anaesth Analg 2017, 44(6): 1267 – 1275

Walters K, Lehnus K, Liu NC, Bigby SE. Determining an optimum propofol infusion rate for induction of anaesthesia in healthy dogs: a randomised clinical trial. Vet Anaesth Analg 2022, doi:10.1016/j.vaa.2021.07.006



Publication History

Article published online:
22 April 2022

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