Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(06): 449
DOI: 10.1055/a-1857-0074
Editorial

Editorial

Ana-Luisa Stefanski
,
Thomas Dörner
 

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Gemeinsam mit allen Autoren des vorliegenden Heftes, freuen wir uns, Ihnen aktuelle Aspekte zu Veränderungen im Bereich der Gerinnung bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen vorzustellen. Die Komplexität im Bereich der Rheumatologie beinhaltet unterschiedliche Aktivierungszustände des Immunsystems, welche über humorale und zelluläre Mechanismen im Rahmen der Körperabwehr auch mit Gerinnungsaktivierung einhergehen können. Gut bekannt sind die Arthropathie bei Hämophiliepatienten, bei denen die sog. „Annual Bleeding Rates“ in Gelenke durch adäquate Faktorensubstution und schließlich den Möglichkeiten der Gentherapien revolutionär erniedrigt wurden.


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Andererseits beschäftigen den Rheumatologen erhöhte Risiken für Gefäßkomplikationen. Hier sind zweifach Risiken für arterielle Komplikationen, wie z. B. koronare Herzerkrankung oder ischämische Hirninfarkte bei Patienten mit rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen gut belegt. In jüngerer Zeit wurden ebenfalls erhöhte Raten von venösen Komplikationen dokumentiert. Dies hat nicht nur wissenschaftliche Konsequenzen, unser Verständnis vom Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren, wie Endothel, Thrombozyten sowie plasmatische Gerinnung und Fibrinolyse besser zu verstehen, sondern beinhaltet bereits klinische Konsequenzen in der Auswahl der Therapie bzw. Prophylaxe. Zunächst stellen wird das Konzept der Thromboinflammation vor (Stefanski, Nitschke und Dörner), welches in den letzten Jahren hinsichtlich unseres pathogenetischen Verständnisses und der therapeutischen Zugänge entwickelt wurde. Eines der Grundmodelle waren hier Veränderungen bei Sepsis als ausgeprägte Immunaktivierung. Ein wichtiges Anliegen dieses Heftes war uns, repräsentative Beispiele aus der Klinik zusammenzufassen, die die Interaktion von Immunsystem und Gerinnungssystem illustrieren. So behandelt Christof Specker aktuelle diagnostische aber auch therapeutische Aspekte beim Antiphospholipid-Syndrom, bei dem wir den Wert der Vitamin-K-Antagonisten trotz Einführung der neuen oralen Antikoagulanzien feststellen mussten. Die Autoren um Farid Salih stellen in ihrer Übersicht die Rolle der Thrombozytenaktivierung im Rahmen der Immunabwehr dar. Die weltweit führenden Kollegen bezüglich der Antikörperinduktion gegen Plättchenfaktor 4 um Andreas Greinacher hatten hier die Ursache der thrombotisch-thrombozytopenischen Syndrome (TTS) nach Adenovirus-basierten ChAdOx1-Impfungen zeitnah im Jahre 2021 aufklären können. Die nachfolgende Einschränkung in der Zulassung hat viele venöse Komplikationen in Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert. In diese Gruppe der TTS gehören einige Patienten mit Antiphospholipidsyndrom und gleichzeitiger Thrombozytopenie, aber auch die heparininduzierte Thrombozytopenie IIa. Eine weitere schwerwiegende Erkrankung stellt die Hemmkörperhämophilie dar, welche hinsichtlich der aktuellen diagnostischen und therapeutischen Aspekte von Marc Schmalzing zusammengefasst wird. Die Autoantikörperinduktion gegen einen plasmatischen Faktor, v. a. Faktor VIII, die insbesondere bei älteren Männern und Frauen während der Schwangerschaft auftreten kann, ist eine herausfordernde Erkrankung mit zugrundeliegendem Immuntoleranzbruch. Schließlich wird in der Übersichtsarbeit von Christoph Sucker et al. der sachgerechte Einsatz von oralen Antikoagulanzien aber auch Thrombozytenaggregationshemmer dargestellt. Aufgrund von häufig auftretenden kardiologischen und angiologischen Komorbiditäten werden Patienten mit entzündlich rheumatischen, aber auch degenerativen Erkrankungen, mit diesen Medikamenten behandelt. Mit der Erweiterung des Medikamentenspektrums möchte dieser Beitrag dafür Sorge tragen, den sachgerechten Einsatz zu unterstützen.

Wir hoffen, Sie haben ebenso wie die Autoren Freude an den Übersichtsarbeiten und wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre!

Ihre

Ana-Luisa Stefanski und Thomas Dörner


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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Thomas Dörner
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Publication History

Article published online:
01 December 2022

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