Ernährung & Medizin 2023; 38(01): 31-35
DOI: 10.1055/a-1941-6713
Praxis

Ernährungstherapie bei zehrenden Erkrankungen

Johanna Zielinski
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Gerne öfter zugreifen: Kleine hochkalorische Snacks über den Tag verteilt steigern die Energiebilanz. © photka/stock.adobe.com

Muss sich ein gewöhnlich „guter Esser“ neuerdings zum Essen zwingen, steckt meist mehr dahinter. Vor allem, wenn mit der Appetitlosigkeit ein deutlicher Gewichtsverlust verbunden ist. Hier kommt der medizinhistorische Begriff der Auszehrung ins Spiel. Er beschreibt einen extremen Zustand der Abmagerung. Heutzutage werden die Symptome mit den Begriffen Kachexie, Atrophie oder Marasmus beschrieben.

Eine Form der Mangelernährung ist die Kachexie. Abmagerung und Kräfteverfall sind hierbei immer mit einer Krankheit verknüpft. Durch den veränderten Stoffwechsel verringert sich auch die fettfreie Körpermasse – darunter Immunzellen oder Muskulatur. Als Atrophie bezeichnet man Gewebeschwund, welcher auch durch Mangelernährung ausgelöst werden kann. Und in den Industrieländern ist Marasmus eine häufige Folge von Essstörungen. Hier liegt ein starker Mangel an Protein und Energie vor – meist durch eine dauerhaft unzureichende Zufuhr an Kalorien.

Zehrende Erkrankungen betreffen entweder sämtliche Organe und Gewebe gleichmäßig oder einzelne Teilbereiche. Wobei eine lokale Auszehrung im weiteren Verlauf auch den gesamten Körper betreffen kann. Häufig tritt der Schwund bei hochbetagten Menschen auf. In früheren Lebensphasen geschieht dies jedoch bereits bei zehrenden Erkrankungen mit einem erhöhten Energieverbrauch. Hier kommen unter anderem folgende Erkrankungen infrage:

  • bestimmte Tumorerkrankungen

  • HIV-Infektion

  • Diabetes

  • Schilddrüsenerkrankungen

  • chronische Erkrankungen

  • Herz- und Lungenerkrankungen

  • Störungen der Resorption

  • Störungen der Nahrungsaufnahme [1] [2]

Beispiele für Letztere können eine Magenresektion, Schluckstörungen, Kurzdarmsyndrom, Ösophagitis oder auch die Magersucht sein.

Generell fällt der Schwund des Fettgewebes am deutlichsten auf. Rundungen verschwinden, die Haut wirkt schlaff, Falten entstehen. Anfänglich erkennt man den Mangelzustand auch an der blassen Haut und Schleimhaut des Betroffenen. Im Verlauf entwickeln sich dann unter anderem Verdauungsbeschwerden, Appetit- und Gewichtsverlust, eine allgemeine Verstimmung, nächtliche Schweißausbrüche und Müdigkeit. Das Immunsystem wird geschwächt und die Lebenserwartung kann verkürzt sein – denn die Kräfte des Körpers schwinden und können schließlich zu einem lebensbedrohlichen Kollaps führen.



Publication History

Article published online:
16 March 2023

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