Aktuelle Urol 2023; 54(01): 14
DOI: 10.1055/a-1947-0886
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Urethrarekonstruktion: Antibiotikaeinsatz minimieren

Contributor(s):
Clemens M. Rosenbaum
1   Klinik für Urologie, Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN38169)
› Author Affiliations

Die zunehmende Resistenzlage gegen Antibiotika wird weltweit zu einem immer größeren Problem. Daher liegt es auf der Hand, dass die prophylaktische Antibiotikagabe bei immer mehr chirurgischen Eingriffen auf dem Prüfstand steht. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der perioperativen Antibiose bei Harnröhrenchirurgie. Dabei werden bisher sehr unterschiedliche Konzepte der Antibiotikatherapie verwendet. Viele Chirurgen geben intraoperativ ein Aminoglykosid und ein Penicillin, andere nur Cephalosporine [1]. Welche Antibiose dabei die richtige ist, hängt unter anderem von der lokalen Resistenzlage ab. Das eine intraoperative Antibiose erfolgen sollte, wird jedoch von allen Leitlinien empfohlen [2] [3]. Auch postoperativ besteht eine heterogene Situation. Die meisten rekonstruktiven Urologen verabreichen eine Antibiotikaprophylaxe bis zur Entfernung des Katheters [1]. Diese Prophylaxe wird allerdings nicht durch die Leitlinien gedeckt [2] [3].

Die vorliegende Arbeit schafft nun Klarheit in Hinblick auf die Antibiose nach OP. Elf Zentren trugen Daten bei, insgesamt wurden 900 Patienten eingeschlossen. Somit liegt ein durchaus repräsentatives Bild vor. Es konnte gezeigt werden, dass eine Prophylaxe bis zur Entfernung des Katheters (meist 2 bis 3 Wochen nach OP) weder die Rate der Harnwegsinfektionen nach 30 Tagen (5,1%), noch die Rate der Wundinfektionen (3,9%) beeinflusst. Hervorzuheben ist dabei, dass ein typisch amerikanisches Patientenkollektiv mit medianem BMI von 30kg/m2KG und vielen internistischen Vorerkrankungen vorliegt. Eine Situation, in der sicherlich viele von uns ebenfalls geneigt wären, eine Prophylaxe durchzuführen. Weiterhin bedeutsam ist in diesem Kontext die Arbeit von Manjunath et al.: Die Kollegen zeigen, dass eine positive Urinkultur innerhalb der ersten 30 Tage nach Harnröhrenplastik ohne Einfluss auf das Auftreten eines Strikturrezidives ist [4]. Die Sorge vieler rekonstruktiver Urologen, ein Harnwegsinfekt würde das Ergebnis der Harnröhrenplastik negativ beeinflussen, kann also widerlegt werden.

Daher ist als Erkenntnis aus der Arbeit von Kim et al. festzuhalten, dass eine antibiotische Prophylaxe über die perioperative Prophylaxe hinaus nicht mehr angezeigt ist. In Hinblick auf die zunehmende Resistenzlage sollte auf eine längere Prophylaxe bis zur Entfernung des Katheters verzichtet werden.



Publication History

Article published online:
14 February 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany