Diabetes aktuell 2022; 20(07): 310-329
DOI: 10.1055/a-1960-2310
Schwerpunkt

Diabetische Neuropathie

Risikofaktoren, Diagnostik, Behandlungsstrategien und Prävention
Dan Ziegler
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität, Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung; Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
,
Jutta Keller
2   Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg
,
Christoph Maier
3   Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ruhr-Universität Bochum
,
Jürgen Pannek
4   Neuro-Urologie, Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Schweiz
› Author Affiliations

ZUSAMMENFASSUNG

Die diabetische Neuropathie ist eine klinisch manifeste oder subklinische Erkrankung der peripheren Nerven, die infolge eines Diabetes mellitus ohne andere Ursachen auftritt. Sie kann das somatische (diabetische sensomotorische Polyneuropathie, DSPN) und/oder das autonome Nervensystem (autonome diabetische Neuropathie, ADN) betreffen. Eine DSPN ist in 85–90 % an der Ätiologie des diabetischen Fußsyndroms beteiligt und hat damit einen erstrangigen Stellenwert in der Risikokonstellation für Fußulkus und Amputation. Wenn die auf Symptomen beruhende Verdachtsdiagnose einer diabetischen Neuropathie nicht durch die Basisuntersuchungen gesichert werden kann, sollen spezifische Untersuchungen (Elektroneurografie und vor allem bei Verdacht auf eine sog. Small-Fiber-Neuropathie eine Quantitative Sensorische Testung) durchgeführt werden. Eine frühzeitige Kontrolle der Stoffwechseleinstellung und bestehender Risikofaktoren (z. B. Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Bluthochdruck) kann die Progression einer diabetischen Neuropathie verhindern oder zumindest hinauszögern oder verlangsamen. Die Therapie der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie umfasst pharmakologische und nicht-pharmakologische Ansätze. Im Rahmen der analgetischen Pharmakotherapie sind wichtige Leitsätze zu beachten und individuelle Therapieziele anzustreben. Bei ADN lassen sich symptomatische Manifestationen von asymptomatischen nur durch Funktionstests unterscheiden. Grundsätzlich kann die ADN jedes autonom innervierte Organ betreffen, die Einteilung erfolgt entsprechend den betroffenen Organen und Funktionssystemen. Das stufenweise Vorgehen bei der Diagnostik entspricht grundsätzlich dem bei der sensomotorischen Neuropathie. Im Vordergrund stehen organspezifische Untersuchungen in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen. Die Grundsätze der allgemeinen Behandlungsstrategien und Prävention bei der diabetischen sensomotorischen Neuropathie gelten gleichermaßen für die autonomen Neuropathien. Die symptomatische Pharmakotherapie an verschiedenen Organ- und Funktionssystemen ist in der Regel durch die entsprechenden Spezialisten im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit einzuleiten.



Publication History

Article published online:
11 November 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
  • Literatur

  • 1 Haslbeck M, Redaèlli M, Parandeh-Shab F. et al Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle der sensomotorischen diabetischen Neuropathien. In: Scherbaum WA, Lauterbach KW, Renner R, [Hrsg.] Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinien DDG. 1. Aufl. 2000 ISBN: 3-933740-12-6
  • 2 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter – Langfassung. 2011. Version 1.2 http://www.diabetes.versorgungsleitlinien.dehttp://www.awmf-leitlinien.de
  • 3 Young MJ, Boulton AJ, MacLeod AF. et al A multicentre study of the prevalence of diabetic peripheral neuropathy in the United Kingdom hospital clinic population. Diabetologia 1993; 36: 150-154
  • 4 Feldman EL, Stevens MJ, Thomas PK. et al A practical two-step quantitative clinical and electrophysiological assessment for the diagnosis and staging of diabetic neuropathy. Diabetes Care 1994; 17: 1281-1289
  • 5 Dyck PJ, Albers JW, Andersen H. et al Diabetic polyneuropathies: update on research definition, diagnostic criteria and estimation of severity. Diabetes Metab Res Rev 2011; 27: 620-628
  • 6 Spallone V, Ziegler D, Freeman R. et al Cardiovascular autonomic neuropathy in diabetes: clinical impact, assessment, diagnosis, and management. Diabetes Metab Res Rev 2011; 27: 639-653
  • 7 Haslbeck M, Luft D, Neundörfer B. et al Deutsche Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG. Diagnose und Therapie der autonomen diabetischen Neuropathien. Diabetes und Stoffwechsel 2001; 10: 113-132
  • 8 Zilliox L, Peltier AC, Wren PA. et al Assessing autonomic dysfunction in early diabetic neuropathy: the Survey of Autonomic Symptoms. Neurology 2011; 76: 1099-1105
  • 9 Jost WH, Papanas N, Rizos A. et al Interkulturelle Adaptation des Survey of Autonomic Symptoms (SAS). Diabetologie 2012; 07: 30-32
  • 10 Rosen RC, Cappelleri JC, Smith MD. et al Development and evaluation of an abridged, 5-item version of the International Index of Erectile Function (IIEF-5) as a diagnostic tool for erectile dysfunction. Int J Impot Res 1999; 11: 319-326
  • 11 Martina ISJ, van Koningsveld R, Schmitz PIM. et al Measuring vibration threshold with a graduated tuning fork in normal aging and in patients with polyneuropathy. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1998; 65: 743-747