Kinder- und Jugendmedizin 2023; 23(01): 3-4
DOI: 10.1055/a-1966-6931
Editorial

Endokrinologie und Kinder- und Jugendmedizin

Wieland Kiess
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Prof. Dr. med. Wieland Kiess

Lieber Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

unserer Meinung nach sind die breitgefächerten Themen der Endokrinologie zentrale Themen der gesamten Kinder- und Jugendmedizin. Entsprechend haben wir praktisch tätige Kolleginnen und Kollegen gebeten, ihre Erfahrungen, Ideen und Herangehensweisen evidenzbasiert, aber eben aus ihrer täglichen Erfahrung heraus aufzuschreiben.

Dass Kinder sehr häufig in Kinderarztpraxen vorgestellt werden, weil sie nach Meinung der Eltern zu klein, zur groß oder vielleicht zu dick oder zu dünn sind, ist bekannt. Das Herangehen an die Frage, ist ein Kind zu klein oder zu groß oder sind die Proportionen des Kindes altersgemäß, ist eine zentrale kinderärztliche Fragestellung. Herr Dr. Göpel aus unserer Klinik hat mit unserem Team zusammen einfache Algorithmen und Hinweise zum Thema „Wachstumsstörungen und gesunder Wachstumsverlauf“ zusammengetragen. In einem weiteren Beitrag aus der Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche in Leipzig, beschreibt Herr Dr. Stein unsere Erkenntnisse zum Thema „Pubertätsentwicklung und Adipositas“. Bekannt ist, dass Kinder mit Adipositas vor der Pubertät eine Wachstumsakzeleration haben. Die Endgröße der betroffenen Kinder ist allerdings in aller Regel normal. Wie Herr Dr. Stein ausführt, darf aber nicht übersehen werden, dass bei einzelnen Adipositas-Syndromen auch eine Störung der Pubertätsentwicklung vorliegen kann. Dies ist z. B. bei genetisch verursachten Erkrankungen des Leptin-Signal-Transduktionsweges, aber auch beim Prader-Willi-Syndrom der Fall.

Frau Dr. Stoltze aus unserer Klinik führt uns auch aus der Sicht der von ihr betreuten Betroffenen und ihren Familien in das Thema „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ ein. Nicht zuletzt gab es großes mediales Interesse und Veränderungen in der kulturellen, gesellschaftlichen und auch juristischen Sichtweise und Auseinandersetzungen mit diesem Thema. Entsprechend muss jeder Kinderarzt über die heutigen Sichtweisen informiert sein.

Frau Dr. Gesing hat ein sehr schönes Manuskript vorgelegt, das der Frage nachgeht „Wie interpretiere ich Schilddrüsenwerte richtig?“ Es geht dabei natürlich um angeborene und erworbene Störungen der Schilddrüsenfunktion und dabei vor allem um die Hypothyreose. Aspekte des Neugeborenenscreenings werden im Artikel ebenso wie Ursachen erworbener Hypothyreose bearbeitet.

Besonders freut uns als Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift der Artikel von Maria Keller und Kollegen zum Thema „Genetisches Risiko für Adipositas bei Kindern und Jugendlichen“. Genetische Untersuchungen sind inzwischen ein wichtiger Mosaikstein bei der Betrachtung insbesondere auch der Therapierbarkeit von Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Genetische Grundlagen der Adipositas sind heute vielfältig erkannt und molekular definiert.

Einen Überblick über die ambulanten interdisziplinären Schulungsprogramme für Kinder und Jugendliche mit Adipositas in Deutschland gibt unsere Arbeitsgruppe „Adipositas im Kindesalter“ mit Frau Marleen Böttcher und Frau Dr. Elena Sergeyev als federführende Autorinnen. Besonders die Covid-19-Pandemie hat uns gezeigt, dass das Thema „Adipositas-Pandemie“ noch immer nicht ausreichend bearbeitet und schon längst nicht in den Griff zu bekommen ist. Ob schließlich vegetarische, vegane oder alternative Ernährungsweisen als therapeutisches Mittel gegen Adipositas angesehen werden können, bearbeiten Frau Kapellen und Frau Dr. Alena Thiel in ihrem Manuskript „Vegetarisch, vegan oder adipös?“

Die Schriftleitung wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mit diesen Artikeln eine erfolgreiche Weiterbildung, angenehme Lektüre und neue Erkenntnisse.

Prof. Dr. med. Wieland Kiess

Schriftleiter



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Article published online:
24 February 2023

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