Die Wirbelsäule 2023; 07(03): 134-135
DOI: 10.1055/a-1993-8480
Referiert und kommentiert

Kommentar zu: Spinalkanalstenose: Hängt der Operationserfolg vom Durasack-Querschnitt ab?

Claudius Jelgersma
1   Abteilung für Neurochirurgie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
,
Lars Wessels
1   Abteilung für Neurochirurgie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
,
Peter Vajkoczy
1   Abteilung für Neurochirurgie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
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Obwohl die lumbale Spinalkanalstenose eine der häufigsten operativen Eingriffe im Bereich der Wirbelsäule ist, besteht in der operativen Technik eine große Diversität. Inwiefern das Dekompressionsausmaß hier mit dem klinischen Ergebnis korreliert, scheint eine relevante Fragestellung. Zusätzlich gestaltet sich die Herausforderung darin, bei postoperativen, bildgebenden symptomatischen Residuen die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Reoperation abzuschätzen.

Die vorliegende Studie der norwegischen Arbeitsgruppe des multizentrischen NORDSTEN Trail, mit prospektiv erhobenen Daten über Dekompressionstechniken bei lumbalen Spinalkanalstenosen, publiziert dazu überraschende Ergebnisse in sehr guter Datenqualität. Entgegen der Annahme, dass ein erweitertes Dekompressionsausmaß, gemessen an der Querschnittsfläche drei Monate nach der Operation, zu einem verbesserten klinischen Outcome führt, zeigt die Studie unabhängig von der angewendeten Dekompressionstechnik, dass der absolute und relative Unterschied zwischen prä- und postoperativem Zustand keine signifikante Rolle zu spielen scheint.

Die Studie zeigt eine Korrelation zwischen dem klinischen Ergebnis und den systematisch erfassten postoperativen Bildgebungen. Dies ermöglicht dem Operateur ein unmittelbares Feedback über den Erfolg der Dekompression. Allerdings wurde dabei die Unterscheidung zwischen zentralen und rezessalen/lateralen Verengungen des Spinalkanals nicht berücksichtigt. Diese unterscheiden sich sowohl in der Ätiologie als auch im klinischen Erscheinungsbild, mit teilweise sich überschneidenden Symptomen. Insbesondere bei letzterer ist die operative Freilegung des lateralen Rezessus entscheidend für den Behandlungserfolg.

Kurz zusammengefasst, wäre hier die einfache Beurteilung der Zunahme der Querschnittsfläche nicht ausreichend, da insbesondere die Lokalisation der Dekompression entscheidend ist.

Es konnte kein Schwellenwert für das erforderliche Mindestausmaß der Dekompression definiert werden. Dennoch könnte es für die Aufklärung der Patienten richtungsweisend sein, dass die durchschnittliche Querschnittsfläche im Mittel durch die Dekompression etwas mehr als verdoppelt wurde. Für zentrale Spinalkanalstenosen kann nach Erreichen dieser Verdoppelung dann vorsichtig und nach individueller Fallbetrachtung interpretiert werden, dass nach erfolgreicher Dekompressionsoperation mit verbleibenden Residuen mit hoher Wahrscheinlichkeit, keine wesentlichen Vorteile durch eine Reoperation erzielt werden können.

Eine interessante Fragestellung für die Zukunft wäre, ob das Ausmaß der Dekompression im Verlauf Auswirkungen auf die Rezidivhäufigkeit hat und ob Patienten mit einer ausgedehnteren Dekompression langfristig davon profitieren.



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Article published online:
24 August 2023

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