Laryngorhinootologie 2023; 102(03): 236-237
DOI: 10.1055/a-2010-3027
Facharztfragen

Fragen für die Facharztprüfung

Fall virale Otitis media

Fall 38-jährige Patientin, Otalgie und blutige Otorrhoe links seit gestern Nacht, viraler Infekt seit 4 Tagen, Hörminderung links seitdem, bisher Ibuprofen oral

Befund links: Trommelfell und Gehörgang blutig-seröse blasenartige Veränderungen ([Abb. 1]), Weber wird nach links lateralisiert, kein Spontannystagmus, Audiogramm: kombinierte Schwerhörigkeit links ([Abb. 2])

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Abb. 1 Otoskopie links.
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Abb. 2 Audiogramm.
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Nahezu allen akuten Mittelohrentzündungen geht eine virale Infektion der oberen Atemwege voraus. Häufigster Erreger ist das Respiratory-Syncytial-Virus. Weitere häufige Viren sind Influenza- und Parainfluenzaviren sowie Rhino-, Adeno- und Enteroviren. In selteneren Fällen kommt es zu einer Mitbeteiligung des Innenohres (seröse virale Labyrinthitis, syn. toxische Labyrinthitis) mit cochleären und vestibulären Schäden. Typische Zeichen einer viralen Otitis media sind blutig-serös gefüllte Blasen im Gehörgang und auf dem Trommelfell und eine seröse Ohrsekretion. Weitaus häufiger als bei der bakteriellen Otitis media kann es neben der Hörminderung zu Schwindel durch die Mitbeteiligung des Innenohres kommen.

Diagnostisch sollte bei V. a. virale Otitis media (auch „Grippeotitis“) deshalb immer ein Audiogramm zum Ausschluss einer cochleären Mitbeteiligung erfolgen. Bei Schwindelbeschwerden erfolgt zusätzlich die vestibuläre Diagnostik. Therapeutisch erfolgt die Parazentese zur Reduktion der Viruslast im Mittelohr. Die systemische Therapie mit Kortison wird analog der Hörsturztherapie empfohlen. Gegebenenfalls kann zusätzlich eine intratympanale Gabe von Dexamethason bei höhergradigem Hörverlust und ausbleibender Besserung erfolgen. Durch eine engmaschige Kontrolle muss eine bakterielle Superinfektion erkannt und dann antibiotisch therapiert werden. Die Prognose mit Restitutio ad integrum ist bei den meisten Patienten sehr gut. Eine Therapieeskalation (stationäre Therapie, i. v. Gabe, Paukendrainage) muss bei immunsupprimierten Patienten, Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand, Schwindel oder höhergradigem Hörverlust erfolgen. Bei diesen Patienten bleiben häufiger cochleäre Schwerhörigkeiten bestehen.



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Article published online:
01 March 2023

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