OP-Journal 2023; 39(02): 169-170
DOI: 10.1055/a-2033-8134
Mitteilungen aus der AO

AO-Trauma-Reisestipendium – Harborview Medical Center

Seattle, USA, November–Dezember 2022
Felix Metzger

„Wenn jemand eine Reise tut, dann kann er was erzählen“ – Matthias Claudius. Im Rahmen des AO Trauma Reisestipendiums durfte ich für 6 Wochen Professor Conor P. Kleweno im Harborview Medical Center in Seattle besuchen. Pandemiebedingt konnte ich mich 2 Jahre lang auf diese Reise freuen. Die Organisation war unkompliziert. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich ein B1/B2-Visum beantragt. Rückblickend wäre eine ESTA-Genehmigung ausreichend gewesen.

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Abb. 1 Felix Metzger (l.), Conor P. Kleweno (r.).

Das Universitätsklinikum deckt als Level-I-Traumazentrum das gesamte Spektrum der erwachsenen und kindlichen Unfallchirurgie ab. Der Versorgungsauftrag erstreckt sich neben dem Staat Washington über Idaho, Montana und Alaska. Während es hier in Frankfurt 4 überregionale Traumazentren in unmittelbarer Nähe gibt, ist die Dichte an spezialisierten Kliniken in den USA, gemessen an der Landesfläche, klein. Nicht selten werden Patienten zunächst in einem Krankenhaus der Regelversorgung behandelt und dann über viele Kilometer zur definitiven Therapie nach Seattle verlegt. Dafür stehen u. a. 3 Hubschrauberlandeplätze zur Verfügung.

Ich habe mir einen möglichst breiten Einblick in die amerikanische Traumaversorgung gewünscht. Meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Professor Kleweno und alle Mitarbeiter, ganz gleich welcher Profession, haben mich in bekannter amerikanischer Freundlichkeit empfangen. Alles schien sehr gut organisiert. Ein Hospitantenausweis verschaffte mir unabhängigen Zutritt zu den wichtigen Bereichen der Klinik.

Das Aufkommen und die Schwere traumatologischer Fälle war gewaltig. Regelhaft konnte das Operationsprogramm für 6 traumatologische Säle mit kurzfristig aufgenommenen Patienten gefüllt werden. Neben einem eigenen „Becken-Saal“ mit 3 – 4 Operationen pro Tag wurden Tibiakopf- und Pilonfrakturen in großer Schlagzahl versorgt. Häufig waren die Unfallanamnesen von Gewalt und Drogeneinflüssen geprägt.

Der ärztliche Alltag schien vergleichbar strukturiert. Nach einer morgendlichen Besprechung, in der die Diensthabenden aus der Nacht berichten, werden die Notaufnahme, Stationen und Sprechstunden von Assistenzärzten besetzt. Fortgeschrittene Assistenten, sog. Fellows, werden in Teams strukturiert in der operativen Patientenversorgung ausgebildet. Auf allen Ebenen wird ärztliches Arbeiten durch eine Vielzahl an „Physician Assistants“ unterstützt.

Professor Kleweno ist ein sehr versierter und nahbarer Chirurg. Er ließ mich an seinen Gedanken teilhaben und fand häufig Zeit, Themen zu vertiefen. Gemeinsame Abendessen formten eine freundschaftliche Verbindung. Schließlich konnten wir sogar ein gemeinsames wissenschaftliches Projekt auf den Weg bringen. Ein baldiges Wiedersehen in Frankfurt ist geplant.

Ich bedanke mich bei der AO Trauma Deutschland und Herrn Professor Kleweno für diese einzigartige Erfahrung. Dank gilt auch meinem Arbeitgeber und allen Kolleginnen und Kollegen, die diese Reise möglich gemacht haben.



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Article published online:
06 July 2023

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