NOTARZT 2023; 39(05): 251
DOI: 10.1055/a-2047-6231
Leserbrief

Leserbrief zum Beitrag: „Evidenzbasierte Arzneimittelinformation für den pädiatrischen Notfall“

Martin Metzger

Sehr geehrte Kollegin Neubert,

mit Interesse habe ich Ihre Diskussion zum Artikel „Evidenzbasierte Arzneimittelinformation für den pädiatrischen Notfall“ gelesen [1]. Ein unzulässiges Anwendungsbeispiel für eine Off-Label-Therapie ist für Sie die nasale Anwendung von Midazolam zur Durchbrechung des Status epilepticus anstelle der bukkalen Anwendung von Buccolam. Dies ist sicherlich aus Sicht einer klinischen Pharmakologin richtig, ein Notarzt mit langjähriger Erfahrung schüttelt über dieses Beispiel den Kopf.

Buccolam ist laut roter Liste indiziert für länger anhaltende, akute Krampfanfälle (Alter: 3 Monate bis über 18 Jahre). Es ist sicherlich ein gutes Medikament, das für diese spezielle Indikation in dieser Darreichungsform bestens geeignet ist und deshalb auch dort, wo dieser Notfall mit einer gewissen Häufigkeit zu erwarten ist, vorgehalten werden soll.

Im Rettungsdienst zählt der pädiatrische Status epilepticus zu den sehr seltenen Notfällen (die genaue Zahl kenne ich nicht, schätze sie aber deutlich unter 0,1%). Im Rettungsdienst ist die Anzahl der mitgeführten Medikamente – aus Platzgründen, aus Gründen der Sicherheit (überschaubare Anzahl – geringe Verwechslungsgefahr) und auch aus Kostengründen – begrenzt.

Würde Buccolam vorgehalten werden, müsste ein anderes Medikament aus Platzgründen weichen, zudem würden die Mehrzahl dieser Spritzen nach Ablauf des Verfallsdatums, ohne angewendet worden zu sein, weggeschmissen werden. Andererseits gibt es auf dem Rettungswagen/Notarzteinsatzfahrzeug (RTW/NEF) (in Bayern) Midazolam als Ampullen (5 mg/5 ml, 15 mg/3 ml), die in verschiedener Art und Weise verabreicht werden können und genauso gut wirken.

Die nasale Gabe wird jede/r Kollege/in auch nur wählen, wenn sie explizit indiziert ist und/oder eine andere Anwendung nicht möglich/sinnvoll ist. Ich denke hier z. B. an das bewusstlose Kind, bei dem ich bei oraler Gabe das Risiko einer Aspiration befürchte und ein schneller Venenzugang nicht absehbar ist, oder das unkooperative Kind, das einen venösen Zugang nicht zulässt, ein orales Medikament ausspucken würde und dem ich die rektale Gabe in dieser Situation nicht zumuten kann.

Eine i. m. Gabe Midazolam habe ich in über 30 Jahren Anästhesie/Notfallmedizin nie durchgeführt. Einerseits wissen wir, dass die Muskelperfusion im Notfall individuell sehr unterschiedlich sein kann, andererseits gibt es im Ergebnis für den Patienten bessere Methoden (wenn auch Off-Label-Therapien, sie sind doch in der pädiatrischen Notfallmedizin unumgänglich).

Publikationshinweis

Leserbriefe stellen nicht unbedingt die Meinung von Schriftleitung oder Verlag dar. Schriftleitung und Verlag behalten sich vor, Leserbriefe nicht, gekürzt oder in Auszügen zu veröffentlichen.



Publication History

Article published online:
05 October 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany