Rehabilitation (Stuttg) 2023; 62(02): 70-75
DOI: 10.1055/a-2047-7933
Recht – Meinung – Management

Was bedeutet der WHO-Aufruf „Rehabilitation 2030: A call for action“ im Kontext des deutschen Gesundheitssystems? – Ein Diskussionsbeitrag

Einleitung und Zielstellung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der zurückliegenden Dekade die Rehabilitation deutlich stärker in den Fokus genommen als dies vorher der Fall war. Obwohl die Rehabilitation seit Jahrzehnten als essenzieller Bestandteil der sogenannten „Universal Health Coverage“ genannt wurde [1], war sie lange Zeit auf der gesundheitspolitischen Agenda nicht prioritär vertreten [2]. Stärker in den Fokus gelangt ist die Rehabilitation u. a. nach der Resolution 58.23 der Weltgesundheitsversammlung mit dem Titel „Disability, including prevention, management and rehabilitation“ aus dem Jahr 2005, in dem unter vielen anderen Punkten die Erstellung eines Weltberichts über Behinderung und Rehabilitation gefordert wurde [3]. Ein solcher, auf wissenschaftlichen Daten beruhender Bericht wurde im Jahr 2011 vorgelegt. Er enthält umfangreiche Analysen und Empfehlungen zur rehabilitativen Versorgung weltweit [4]. In diesem Bericht wird die Rehabilitation als Maßnahmenbündel definiert, das zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen führt[1]. Aufgrund einer weiteren Resolution (Resolution WHA 66.9 mit dem Titel „Disability“ im Jahr 2013) wurde 2014 ein Aktionsplan vorgelegt („Global Disability Action Plan 2014–2021– Better Health for all People with Disabilities;[5], in dem u. a. die Stärkung und Ausweitung der Rehabilitation gefordert wird[2].

Im Jahr 2017 erfolgte eine weitere Initiative der WHO unter dem Titel „Rehabilitation 2030: A call for action“ [6]. Obwohl es sich hierbei nicht um eine mit einem Mandat der Weltgesundheitsversammlung versehene Aktion handelte, wurde doch im Zusammenspiel mit zahlreichen Organisationen der Zivilgesellschaft, wissenschaftlichen Institutionen und Regierungsvertretern ein Konsens über wichtige Eckpunkte gefunden [6].

Während eines Nachfolgetreffens zur Initiative „Rehabilitation 2030“ wurde von der WHO der Bericht „Rehabilitation in Health Systems: Guide for Action“ [7] veröffentlicht. Dieses Dokument beinhaltet eine Methodik zu Assessment, Implementierung und Follow-up für die Rehabilitation in Gesundheitssystemen, zu der u. a. eine Situationsanalyse (Systematic Assessment of Rehabilitation Situation -STARS) gehört.

In diesem Artikel werden die Kernforderungen der WHO bezüglich der gesundheitsbezogenen Rehabilitation auf das Rehabilitationssystem in Deutschland angewendet und in Bezug auf ihre Umsetzung untersucht. Hierbei sollen gegebenenfalls Schwachstellen oder Lücken identifiziert werden, mit dem Ziel der Verbesserung der rehabilitativen Versorgung für alle Menschen mit Rehabilitationsbedarfen.

3 “This Report defines rehabilitation as “a set of measures that assist individuals who experience, or are likely to experience, disability to achieve and maintain optimal functioning in interaction with their environments”” [4].


4 “(…) to strengthen and extend rehabilitation, habilitation, assistive technology, assistance and support services, and community-based rehabilitation” [5]




Publication History

Article published online:
11 April 2023

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