Zeitschrift für Palliativmedizin 2023; 24(03): 145-160
DOI: 10.1055/a-2062-3359
CME-Weiterbildung

Chronischer beruflicher Stress: Behandlungsansätze mit Psychotherapie

Chronic Occupational Stress: Psychotherapeutic Treatment Approaches
Stefan Koch
,
Dirk Lehr
,
Andreas Hillert
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Psychische Erkrankungen sind zunehmend Grund für Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung aus Krankheitsgründen. Sie bilden einen Hauptrisikofaktor für eingeschränkte Teilhabe am Erwerbsleben (z.B. [1] [2]). Dennoch wird das Thema Beruf in der psychotherapeutischen Akutversorgung oft nur nachrangig behandelt. Wie aber kann das Thema Arbeit spezifisch in der Psychotherapie behandelt werden? Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick.

Abstract

Mental illness is a central risk factor for occupational incapacity and premature retirement. One of the contributors for mental illness as well as somatic diseases is chronic stress at work. Therefore, it is essential for affected individuals to get professional help in order to identify and ease mental stress at work as well as to regain their working ability and prevent relapses. Job-related stress models facilitate the identification of health-relevant stress factors on an individual and organizational level. This enables therapists to use job-related treatment approaches. These should comprise the following elements: motivational support, cognitive coping strategies, provision of knowledge and exercises for the competence to act and strategies for recovery, and social counseling. Promising results in the growing field of internet-based occupational e-mental health allow us to expect good effects in prevention and psychotherapeutic treatment of occupational stress.

Fazit für die Praxis

Das Modell der beruflichen Gratifikationskrise bildet eines der international am besten untersuchten Perspektiven zum Zusammenhang von Arbeit und psychischer Gesundheit. Es beschreibt gesundheitsrelevante Einflussfaktoren auf die Balance von beruflicher Verausgabung und beruflichem Belohnungserleben.

Fazit für die Praxis

Das Burnout-Syndrom ist keine Diagnose im Sinne der ICD-10, sondern wird dort nur als Zusatzkodierung geführt. Stattdessen bildet in der aktuellen Diskussion das Burnout-Syndrom einen Risikofaktor für psychische Erkrankungen infolge beruflicher Überlastung bzw. ein subjektives Störungsmodell.

Kernaussagen
  • Psychische Erkrankungen bilden einen zentralen Risikofaktor für Arbeitsunfähigkeit und ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben.

  • Aktuelle Metaanalysen belegen eine zentrale Bedeutung von chronischem beruflichem Stress für die Entwicklung und Aufrechterhaltung psychischer wie auch somatischer Erkrankungen.

  • Die Linderung beruflichen Überlastungserlebens bildet ein zentrales Anliegen der Betroffenen und eine wichtige Ergänzung störungsspezifischer Therapien, z.B. für Transfersicherung und Rückfallprophylaxe.

  • Die weite Verbreitung des Burnout-Begriffs fordert Praktiker, hierzu einen klaren Standpunkt zu beziehen. Das Burnout-Syndrom ist keine Diagnose im Sinne der ICD-10.

  • Arbeitsplatzbezogene Stresskonzepte identifizieren gesundheitsrelevante personale wie auch organisationale Belastungsfaktoren und erlauben die Ableitung berufsbezogener Interventionen.

  • Durch berufsbezogene Behandlungsansätze wird arbeits- und organisationspsychologisches sowie sozialmedizinisches Wissen für die psychotherapeutische Behandlung erschlossen.

  • Hauptzielgruppe berufsbezogener Interventionen sind beruflich hochbelastete, von einem erhöhten Risiko eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben betroffene psychisch Erkrankte, mit dem Ziel der Vorbereitung auf den beruflichen Wiedereinstieg.

  • Berufsbezogene Interventionen sollten folgende zentrale Behandlungselemente enthalten: Motivationsförderung, kognitive Stressbewältigung, Vermittlung und Einübung von Handlungskompetenzen der Stressbewältigung und Förderung der Regenerationsfähigkeit sowie Elemente der Sozialberatung.

  • Im Bereich internetbasierter berufsbezogene Ansätze (Occupational e-Mental Health) liegen vielversprechende Befunde vor, die deren zunehmende Bedeutung in der Prävention wie auch der Psychotherapie beruflicher Überlastung erwarten lassen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
02. Mai 2023

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