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DOI: 10.1055/a-2091-8046
Kommentar zu Offene versus Roboter-assistierte partielle Nephrektomie bei Einzelniere

Die Chirurgie und auch die Anästhesie haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch technische Fortschritte gewandelt, sodass sich immer mehr Optionen ergeben, wie ein und dieselbe Operation durchgeführt werden kann. Beim Nierentumor gibt es verschiedene Möglichkeiten des Zugangs – retroperitoneal oder mittels Laparotomie – und der Operationsweise – offen, laparoskopisch oder roboterassistiert – sowie der partiellen oder der gesamten Entfernung der Niere, ggf. mit angrenzenden Strukturen. In dieser Studie wird der operative Zugang – offen versus roboterassistiert – bei einer partiellen Nephrektomie (PN) bei Patienten mit einer Einzelniere verglichen. Vorrangig sollten perioperative und funktionelle Ergebnisse ausgewertet werden aus einer groß angelegten französischen Datenbank, der UroCCR Datenbank, welche vom Französischen Forschungsnetzwerk für Nierenkarzinome (French research network for kidney cancer) gegründet und gepflegt wird. Aus dieser Datenbank wurden 150 Patienten retrospektiv identifiziert und verglichen. Interessant ist der lange Einschlusszeitraum von 1988 bis einschließlich 2020. Die erste der 82 roboterassistieren PN (RAPN) bei Einzelniere wurde 2011 durchgeführt – ab diesem Zeitpunkt konnten noch 37 offene Operationen eingeschlossen werden. Es ist fraglich, wie gut man eine Operation aus dem Jahr 1988 mit einem Eingriff von 2020 vergleichen kann – auch wenn die klinischen Eckdaten laut der Autoren den Vergleich zulassen. Die minimalinvasive und vor allem auch die roboterassistierte Chirurgie ist auf dem Vormarsch, dennoch verfügt nicht jede Klinik und oder Region über ein solches Gerät und einen versierten Urologen, der sich eine solche Operation – egal ob bei 2 funktionierenden oder einer Einzelniere – zutraut, zumal der Verlust des Organs bei Einzelniere als Komplikation für den Patienten die lebenslange Dialyse bedeutet. Dass eine RAPN möglich ist, haben bereits andere Studien im Vergleich gezeigt, und perioperativ konnte die Studie keine neuen Erkenntnisse hinzugewinnen. Bei Vorhandensein einer Einzelniere ist die vorliegende Arbeit jedoch diejenige mit der größten publizierten Fallzahl. Die minimalinvasive Chirurgie an sich zeichnet sich in Studien vor allem damit aus, dass sie, egal bei welchem Organ, eine kürzere Krankenhausaufenthaltsdauer aufweist; auch in der vorliegenden Publikation unterschied sich dieser Parameter signifikant. In der multivariaten Analyse der Messung der GFR postoperativ zeigten sich das Alter, die Ischämiezeit sowie die Aufenthaltsdauer als Einflussfaktoren, wobei man bedenken sollte, dass die GFR allein betrachtet nur suboptimal den tatsächlichen Funktionsverlust der Niere darstellt und das funktionelle Outcome daher mit Vorsicht bewertet werden sollte. Großen Einfluss hat auch die präoperative GFR, da sie die Funktion und ggf. auftretende Komplikationen postoperativ beeinflussen kann. Beim Blick in die deutsche und europäische Leitlinie gibt es für diese hier vorliegende Konstellation eines Nierentumors in einer Einzelniere keine klare Empfehlung, welcher Zugang gewählt werden sollte, jedoch sollte eine PN vorrangig angestrebt werden [1] [2].
Insgesamt liegt eine gut konzipierte multizentrische Studie mit einigermaßen aussagekräftiger Fallzahl vor, die die bereits publizierten Ergebnisse untermauert, und ermutigen soll, ebenso die komplexeren Nierentumore roboterassistiert zu operieren, da diese Methode dem offenen Zugang auch bei schwierigen Voraussetzungen nicht unterlegen ist.
Publication History
Article published online:
23 August 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Ljungberg B, Albiges L, Abu-Ghanem Y. et al. European Association of Urology Guidelines on Renal Cell Carcinoma: The 2022 Update. Eur Urol 2022; 82: 399-410
- 2 Deutsche Krebsgesellschaft DK, AWMF. S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms, Langversion 4.0. 2023 https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/nierenzellkarzinom/