Fehlbildungen der fetalen Nieren und des harnableitenden Systems kommen häufig vor
und sind gut der Ultraschalldiagnostik zugänglich. Dieser Artikel zeigt die typischen
sonografischen Befunde dieser Anomalien in den verschiedenen Zeiträumen der Schwangerschaft.
Da Fehlbildungen des Urogenitaltrakts oft eine Assoziation zu genetischen Erkrankungen/Ziliopathien
haben, wird darauf ebenfalls eingegangen. Das Ganze wird abgerundet durch einen kurzen
Überblick über die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems in
den verschiedenen Schwangerschaftsstadien.
Normale Anatomie der fetalen Nieren und des harnableitenden Systems im Ultraschall
Normale Anatomie der fetalen Nieren und des harnableitenden Systems im Ultraschall
Die Beschreibung der normalen Anatomie des fetalen Urogenitaltrakts folgt den Zeitpunkten
in der Schwangerschaft, in denen man üblicherweise eine Ultraschalluntersuchung durchführt:
das erste Trimenon (11.–13.+ 5 Schwangerschaftswochen (SSW), die Feindiagnostik (22.
SSW) und das dritte Trimenon (28.–32. SSW). Grundsätzlich kann man zu jedem dieser
Zeitpunkte beide Nieren und die gefüllte Harnblase des Fetus darstellen [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8].
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im ersten Trimenon
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im ersten Trimenon
In der Regel gelingt bei diesem Ultraschall die Darstellung der flüssigkeitsgefüllten
Harnblase. Dies erfolgt entweder in einem Längsschnitt (sagittal oder koronal) oder
üblicherweise in einem Querschnitt zwischen den beiden Umbilikalarterien.
Die Nieren lassen sich mit hochauflösenden Ultraschallgeräten ab der 12. SSW als relativ
echogene Strukturen seitlich der Wirbelsäule mit einem echoarmen Nierenbecken darstellen
(Querschnitt, sagittaler Längsschnitt, koronarer Längsschnitt; [Abb. 1]). Das Fruchtwasser ist im ersten Trimenon mehrheitlich mütterlich bedingt und demzufolge
kein Indikator einer fetalen Nierenfunktion [4]
[5]
[6], ([Abb. 1]).
Abb. 1 Darstellung des normalen Urogenitaltrakts im ersten Trimenon (13 + 2 SSW): a Frontalschnitt mit beiden Nieren. b Querschnitt mit beiden Nieren. Die schallkopfnahe Niere ist besser erkennbar. c Darstellung der gefüllten Harnblase im Querschnitt. d Darstellung der gefüllten Harnblase im Querschnitt zwischen den farbig dargestellten
Umbilikalarterien. e Längsschnitt der gefüllten Harnblase.
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im zweiten Trimenon
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im zweiten Trimenon
Die Darstellung der fetalen Nieren mit Nierenbecken und Kelchsystem gelingt zu diesem
Zeitpunkt in allen 3 Schnittebenen (Querschnitt, Sagittalschnitt, Koronarschnitt).
Die Nierenarterien kann man zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mittels Farbdoppler darstellen.
Dies ist allerdings nicht beweisend für das Vorhandensein von Nieren, da man beim
Fehlen der Niere meist die Nebennierenarterien einstellt.
Unter normalen Bedingungen kann kein Harnleiter dargestellt werden.
Die Harnblase kann sowohl im Längsschnitt (sagittal, koronar) oder besser im Querschnitt
zwischen den beiden Umbilikalarterien dargestellt werden. Die normale Harnröhre kann
mitunter mit sehr hochauflösenden Sonden dargestellt werden; dies ist aber nicht Standard
([Abb. 2]).
Abb. 2 Darstellung des normalen Urogenitaltrakts im 2. Trimenon (22 + 2 SSW): a Frontalschnitt der beiden Nieren seitlich der Aorta. b Parasagittaler Längsschnitt mit Darstellung der Niere auf dem Musculus psoas. c Querschnitt bei dorsoanteriorer Lage und damit Darstellung beider Nieren seitlich
der Wirbelsäule. d Querschnitt (Rücken ist rechts) und ebenfalls Darstellung beider Nieren. e Darstellung der Harnblase im Querschnitt im B-Bild. f Darstellung der gefüllten Harnblase zwischen den Umbilikalarterien.
Das Fruchtwasser ist etwa ab der 16.–18. SSW, in jedem Fall jedoch nach der 20. SSW
mehrheitlich Ausdruck einer Funktionsfähigkeit der Nieren. Die Harnblase füllt sich
im Regelfall während einer Ultraschalluntersuchung [1]
[8]
[9].
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im dritten Trimenon
Die normale Anatomie der Nieren und des harnableitenden Systems im dritten Trimenon
Die grundlegende Darstellung der Nieren im dritten Trimenon ähnelt der im zweiten..
Da mehr Flüssigkeit produziert wird, erscheinen die Nierenbecken und Kelchsysteme
oft mehr flüssigkeitsgefüllt. Diese erscheinen oft zirkulär hypoechogen, was auf keinen
Fall mit Nierenzysten verwechselt werden sollte ([Abb. 3]).
Abb. 3 Darstellung der normalen Nieren im 3. Trimenon (30 + 4 SSW): a Längsschnitt. Das normale Nierenbeckenkelchsystem ist gut darstellbar. b Querschnitt. Bedingt durch den Schallschatten der Wirbelsäule sieht man hier meist
nur die schallkopfnahe Niere (wie im Bild). c Frontalschnitt beider Nieren.
Ein normaler Harnleiter ist im Regelfall nicht darstellbar. Die Harnblase kann am
besten im Querschnitt zwischen den Umbilikalarterien dargestellt werden. Das Fruchtwasser
ist mehrheitlich Ausdruck der Funktion der Nieren ([Abb. 3]).
Sowohl im zweiten als auch im dritten Trimenon gelingt mitunter der Nachweis fetalen
Urinierens in das Fruchtwasser hinein [2]
[3].
Die Darstellung der Harnblase gelingt in jedem Gestationsalter am besten im Querschnitt
zwischen den Umbilikalarterien. Der Nachweis einer gefüllten Harnblase bedeutet immer
das Vorhandensein zumindest einer Niere.
Fehlbildungen der fetalen Nieren und des harnableitenden Systems
Fehlbildungen der fetalen Nieren und des harnableitenden Systems
Im Sinne einer systematischen Darstellung macht auch hier eine Einteilung der Fehlbildungen
nach dem jeweiligen Gestationsalter Sinn.
Fehlbildungen im ersten Trimenon
Fehlbildungen im ersten Trimenon
Grundsätzlich ist die Diagnose einer beidseitigen bzw. einseitigen Nierenagenesie
oder auch einer Beckenniere ([Abb. 4]) im ersten Trimenon möglich, technisch jedoch sehr herausfordernd. Das Vorhandensein
einer gefüllten Harnblase bedeutet immer, dass eine funktionierende Niere gegeben
ist.
Abb. 4 Fetus mit initialer Megazystis: a Megazystis in der 13 + 0 SSW. Die Blasenwand-Hypertrophie ist sichtbar. b Derselbe Fetus in der 17. SSW. Man findet eine normale Fruchtwassermenge. c Derselbe Fetus in der 22 SSW. Unverändert Blasenwand-Hypertrophie und normale Fruchtwassermenge.
d–e Die Blasenwand-Hypertrophie sieht man insbesondere im Farbdoppler, da dann die Umbilikalarterien
weit vom Lumen entfernt liegen. Der Befund blieb stabil und es kam zur Geburt eines
gesunden Kindes.
Wir beginnen die Untersuchung mittels Ultraschall im ersten Trimenon immer mit der
Darstellung der Harnblase. Damit ist stets sicher davon auszugehen, dass zumindest
eine fetale Niere vorhanden ist. Dieser indirekte Nachweis gelingt deutlich einfacher
als die direkte Darstellung der Nieren.
Die typische Fehlbildung des harnableitenden Systems im ersten Trimenon ist die Megazystis
(LUTO: Lower Urinary Tract Obstruction), welche im Folgenden eingehend erläutert wird.
Megazystis/Lower Urinary Tract Obstruction (LUTO)
Megazystis/Lower Urinary Tract Obstruction (LUTO)
Hier kommt es aufgrund einer permanenten oder temporären Abflussbehinderung zu einem
Rückstau des Urins in die Harnblase, sodass diese deutlich vergrößert aussieht. Dies
führt in der Regel zu einer mehr oder weniger massiven Verdrängung der Bauchorgane
und zu einer deutlichen Vorwölbung der Bauchwand. Meist erscheinen beide Nieren deutlich
vergrößert und echogen, oft ist auch das Nierenbecken deutlich erweitert, und es sind
beide Ureteren als echoarme Anschnitte darstellbar. Man unterscheidet eine Megazystis
mit einem Durchmesser von 7–15 mm, welche oft mit Chromosomen-Anomalien verbunden
sind, von schweren Megazystis-Fällen mit einem Durchmesser > 15 mm, die im Regelfall
Ausdruck einer Abflussbehinderung sind. Die Abflussbehinderung kann permanent sein
(40 % der LUTO, oft bei weiblichen Feten), d. h. es handelt sich dann um eine Urethraatresie.
Hier findet man typischerweise eine Auftreibung des harnblasennahen Anteils der Urethra
(sog. Schlüsselloch-Phänomen; [Abb. 5], [6]).
Abb. 5 Erstdiagnose einer Megazystis in der 17 + 1 SSW: a Megazystis im Querschnitt mit Aufweitung der Harnröhre. b Megazystis im Längsschnitt mit Vorwölbung der Bauchwand. c Darstellung der Megazystis mittels 3-D: In dieser Technik (Minimum-Mode) werden Flüssigkeiten
schwarz dargestellt. d Frontalschnitt mit Darstellung beider hyperechogen-dysplastisch veränderten Nieren.
e Querschnitt mit Darstellung der Megazystis und beider hyperechogen-dysplastischen
Nieren. Noch besteht eine normale Fruchtwassermenge, was gegen eine Urethralaplasie
spricht.
Abb. 6 Darstellung von 2 Feten mit Beckenniere im ersten Trimenon: a Transvaginaler Ultraschall in der 12 + 5 SSW. Sagittaler Längsschnitt, die Niere
ist sehr tief darstellbar, b Frontalschnitt des gleichen Fetus: Man sieht die Nieren im Becken. c Transabdominaler US bei einem Fetus in der 14 + 5 SSW, man erkennt die orthotop gelegene
Niere und eine zweite, die deutlich tiefer und im Becken oberhalb der Harnblase liegt.
In der Folge der ausgeprägten Abflussbehinderung mit Megalourethra, Megazystis und
Megaureteren kommt es dann zum Rückstau und dysplastischen Umbau der Nieren. Die ausgeprägte
Megazystis kann zusätzlich zu einem Zwerchfellhochstand und einer Lungenhypoplasie
führen. Auch eine sich entwickelnde Niereninsuffizienz bei unbehandelten Fällen kann
durch das entstehende Anhydramnion und das „Abatmen“ der Lungenflüssigkeit in das
Fruchtwasser eine Lungenhypoplasie bedingen. Die Ursachen der Lungenhypoplasie können
sehr unterschiedlich sein, der Schweregrad ist pränatal praktisch nicht vorhersehbar.
Permanente Abflussbehinderungen (oft mit einem Durchmesser > 15 mm) zeigen keine Rückbildung
– hier ist die gesamte Bandbreite der vorgeburtlichen Medizin (konservativ, intrauterine
Therapie, Beendigung der Schwangerschaft aus medizinischer Indikation) mit den Eltern
zu besprechen.
Es gibt auch die Möglichkeit temporärer Abflussbehinderungen (Durchmesser oft 7–15mm;
60 % der LUTO, oft bei männlichen Feten), z. B. durch eine Klappe (Urethralklappen
– oft posteriore Klappen, seltener anteriore). Hier kann es zu einer spontanen Remission
kommen, sodass man bei einer Megazystis in jedem Fall kurzfristig (nach einer Woche)
eine Verlaufskontrolle veranlassen sollte. Bei temporären Veränderungen ist die Prognose
deutlich besser: bis hin zur Geburt eines gesunden Kindes.
Eine LUTO kann aber auch bei Spontanremission Ausdruck einer weitergehenden komplexen
Störung des Urogenitaltrakts (Kloakendystrophie, Analatresie, Neuralrohr) sein, sodass
hier gewissenhaft eine detaillierte sonografische Untersuchung erfolgen sollte.
In jedem Fall wird eine diagnostische Punktion empfohlen, da insbesondere die eher
moderaten Fälle mit Megazystis (< 7 mm) mit Chromosomen-Anomalien (z. B. Trisomie
13) assoziiert sein können.
Weibliche Feten mit einer Megazystis haben zusätzlich ein 3- bis 4-fach erhöhtes Risiko
für ein Megazystis-Mikrokolon-Syndrom ([Abb. 5], [6]), welches molekulargenetisch diagnostiziert wird [2]
[3]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]).
Die typische Fehlbildung des harnableitenden Systems im ersten Trimenon ist die Megazystis/LUTO.
Diese kann durch eine Dynamik gekennzeichnet sein, weshalb kurzfristige Verlaufskontrollen
empfehlenswert sind.
Fehlbildungen der Nieren und des harnableitenden Systems im zweiten und dritten Trimenon
Fehlbildungen der Nieren und des harnableitenden Systems im zweiten und dritten Trimenon
Das zweite und dritte Trimenon kann man zusammenfassen. Bedingt durch die Größenzunahme
des Fetus und die zunehmende Urinproduktion im Schwangerschaftsverlauf markieren sich
Fehlbildungen mit zunehmendem Gestationsalter oft deutlicher.
Nierenagenesie beidseits
Etwa ab der 16.–18. SSW kommt es bei dieser Fehlbildung zu einer deutlichen Verminderung
der Fruchtwassermenge. Nach der 20. SSW besteht regelmäßig ein Anhydramnion.
Zu keinem Zeitpunkt gelingt der Nachweis einer gefüllten Harnblase (Aufsuchen der
Umbilikalarterien) und an typischer Stelle paravertebral sind keine Nieren darstellbar.
Normal liegen die Nieren auf dem Musculus psoas. Da die Nieren fehlen, wird dieser
Platz durch die dann groß erscheinenden (hypoechogenen) Nebennieren eingenommen, und
der Darm bewegt sich ebenfalls dorthin. Die Darstellbarkeit der Nierenarterien macht
hier keinen Sinn, da man regelmäßig die Arterien der Nebenniere darstellen kann.
Mitunter imponiert die Nabelschnur wie kleine Fruchtwasserpfützen, sodass hier der
Einsatz des Farbdopplers zum Nachweis der Gefäße hilfreich ist.
Da der Fetus seine Lungenflüssigkeit vermehrt in das Fruchtwasser abgibt, entwickelt
sich hier eine Lungenhypoplasie. Typisch ist ein groß imponierendes Herz infolge der
kleinen Lunge, welches gleichzeitig oft muskelstark (Myokardhypertrophie) ist und
oft einen Perikarderguss aufweist ([Abb. 7]), [2].
Abb. 7 Erstdiagnose eines Fetus mit beidseitiger Nierenagenesie in der 21 + 5 SSW. Man beachte
die schlechten Untersuchungsbedingungen aufgrund des Anhydramnions: a Frontalschnitt mit beidseits leerer Nierenloge. b Im gleichen Schnitt wie a sieht man die große, schallkopfnahe Nebenniere, die nach kaudal rutscht. c Frontalschnitt mit der Aorta und fehlendem Nachweis der Nierenarterien. d Ausgeprägte Lungenhypoplasie bei normal großem Herz.
Bei Nachweis eines Anhydramnions bestehen immer schlechte Untersuchungsbedingungen.
Zuerst sollte man versuchen, die Harnblase zu finden (Umbilikalarterien), danach erfolgt
der Nachweis des Fehlens der Nieren.
Nierenagenesie einseitig
Hier handelt es sich meist um einen Zufallsbefund im Rahmen der Untersuchung. Die
Harnblase ist gefüllt, die kontralaterale Niere im Regelfall typisch und unauffällig
darstellbar. Erst bei der systematischen Suche nach der zweiten Niere stellt man das
Fehlen an typischer Stelle fest. Der Platz wird auch hier von der Nebenniere und dem
Darm eingenommen.
Differenzialdiagnostisch muss an eine Beckenniere gedacht werden, die man typischerweise
im kleinen Becken des Fetus, ventral der Bifurkation der Aorta findet.
Die einseitige Nierenagenesie hat eine günstige Prognose, wobei bei weiblichen Feten
auch an eine mögliche Assoziation zu Fehlbildungen des inneren Genitale gedacht werden
muss. Diese fallen oft sehr spät auf, sodass wir in jedem Fall eine Verlaufskontrolle
zwischen der 28.–30. SSW empfehlen ([Abb. 8], [9]), [2].
Abb. 8 Darstellung verschiedener Feten mit einseitiger Nierenagenesie. Man findet jeweils
eine orthotop gelegene normale Niere und eine leere Nierenloge auf der kontralateralen
Seite: a 29 + 1 SSW, Frontalschnitt mit normaler Niere, Aorta und leerer Nierenloge auf der
schallkopffernen Seite. b Derselbe Fetus mit Nachweis der normalen Nierenarterie zur Niere hin. c 23 + 5 SSW, sagittaler Längsschnitt der normalen Niere. d Derselbe Fetus mit einem sagittalen Längsschnitt auf der kontralateralen Seite und
der leeren Nierenloge. Man beachte die große Nebenniere. e 22 + 4 SSW, sagittaler Längsschnitt mit Darstellung der normalen Niere. f Derselbe Fetus auf der kontralateralen Seite. Der Platz der Niere wird durch Darm
und Nebenniere eingenommen, was die Diagnose herausfordernd macht.
Abb. 9 Frontalschnitt eines Fetus mit Beckenniere in der 21 + 4 SSW im B-Bild (a) und mit Farbdoppler (b). Man erkennt die Beckenniere mit normaler Nierenstruktur in der Nähe der Beckengefäße.
Beckenniere
Die Beckenniere kann einseitig bzw. beidseits (selten) vorkommen. Typisch ist auch
hier, dass man die normal gefüllte Harnblase darstellt: Man sucht dann die Nieren
und findet eine oder beide Nieren nicht an typischer Stelle. Dann muss man diese im
kleinen Becken des Fetus suchen. Der typische Ort befindet sich eher mittig vor der
Aortenbifurkation. Die Gefäßversorgung kommt meist aus der Arteria iliacalis. Die
Struktur kann vollkommen unauffällig sein. Es kann aber auch, meist durch eine atypische
Einmündung des Ureters in die Harnblase, zu unterschiedlichen Stauungszeichen kommen
[2]
[18]. Auch Fehlbildungen der Beckenniere sind möglich ([Abb. 9], [10], [11]).
Abb. 10 Frontalschnitt eines Fetus in der 33 + 5 SSW mit Beckenniere. Die orthotop gelegene
normale Niere sieht man in (a) und die Beckenniere mit normaler Struktur kranial der Harnblase in (b).
Abb. 11 Ein Fetus in der 28 + 5 SSW mit einer normalen orthotopen Niere (a) und einer multizystisch dysplastischen Beckenniere (b).
Die grundsätzliche Prognose bei einer Beckenniere ist gut.
Bei Verdacht auf eine unilaterale Nierenagenesie immer an eine Beckenniere zu denken.
Eine Verlaufskontrolle des Befundes um die 28. SSW ist zu empfehlen.
Hufeisenniere
Die Hufeisenniere ist eine Sonderform der Nierenanomalien, bei der es zu einer mittigen
Verschmelzung der beiden unteren Pole beider Nieren kommt. Diese Verschmelzung befindet
sich ventral der Aorta, die Lage der Niere erscheint oft etwas tiefer, als man es
erwartet. Typisch ist eine Gefäßversorgung des medialen Verbindungsteils aus der Aorta
heraus, den man in einem Querschnitt darstellen kann. Die Hufeisenniere hat im Regelfall
eine normale Funktion, sodass sowohl die Harnblasenfüllung als auch die Fruchtwassermenge
unauffällig sein können. Die Hufeisenniere tritt im Regelfall mit anderen Fehlbildungen,
insbesondere Chromosomen-Anomalien (Trisomie 13/18) assoziiert auf, sodass hier unbedingt
eine genetische Abklärung empfohlen werden sollte ([Abb. 12]), [2].
Abb. 12 28 + 5 SSW. Darstellung einer Hufeisenniere mit Fusion beider Nieren ventral der
Aorta, bei einem Fetus mit linksseitiger Zwerchfellhernie.
Zystische Nierenerkrankungen
Zystische Nierenerkrankungen
Zystische Nierenerkrankungen führen zu einer strukturellen Veränderung einer oder
beider Nieren. Diese Veränderungen können multizystisch oder polyzystisch sein, in
beiden Fällen ist immer das gesamte Organ betroffen. Davon abzugrenzen sind die seltenen
Fälle mit isolierten Nierenzysten bei normaler Nierenstruktur [2]
[3].
Multizystische Dysplasie der Niere (MCKD)
Multizystische Dysplasie der Niere (MCKD)
Es handelt sich mit einer Inzidenz von 1:1400 Lebendgeburten um eine häufige Nierenfehlbildung.
Die Diagnose wird üblicherweise im zweiten Trimenon gestellt. Man findet im Ultraschall
multiple, nicht miteinander kommunizierende Zysten, und es ist keine normale Nierenstruktur
nachweisbar. Die betroffene Niere ist vergrößert und funktionslos.
Ein beidseitiges Auftreten (20 % der Fälle) ist durch ein Anhydramnion aufgrund der
Niereninsuffizienz gekennzeichnet. Eine einseitige MCKD und eine kontralaterale Nierenagenesie
(10 % der Fälle) sind ebenfalls durch ein Anhydramnion gekennzeichnet, in beiden Fällen
ist die Prognose infaust.
Die einseitige MCKD mit normaler kontralateraler Niere weist eine günstige Prognose
auf. Im Verlauf sollte auf die Entwicklung einer eventuellen Harntransportstörung
der kontralateralen gesunden Niere geachtet werden. Ggf. ist hier eine vorgezogene
Geburt bzw. ein intrauterines Shunting zu erwägen – dies sind jedoch Einzelfälle.
Die betroffene Niere mit MCKD wird nachgeburtlich im Regelfall deutlich kleiner, sodass
in nur seltenen Fällen eine operative Entfernung erfolgen wird.
Eine genetische Diagnostik, nach Möglichkeit hochauflösend (Array, Trio-Exom) sollte
empfohlen werden, da man in bis zu 15 % der Fälle dort Veränderungen findet ([Abb. 13], [14]), [19]
[20]
[21]
[22]
[24].
Abb. 13 Verschiedene Feten mit einer multizystisch dysplastischen Niere: a Querschnitt in der 25 + 5 SSW. b Derselbe Fetus in einem Längsschnitt. Man erkennt die Größe der Veränderung. c Querschnitt eines Fetus mit multizystisch dysplastischer Niere (schallkopffern) und
mit normaler Niere schallkopfnah in der 22 + 6 SSW. d Der gleiche Fetus in einem Frontalschnitt. e Querschnitt eines Fetus mit multizystisch dysplastischer Niere in der 22 + 6 SSW.
Die betroffene Niere ragt über die Mittellinie. Die gesunde schallkopfnahe Niere ist
sichtbar. f Sagittaler Längsschnitt der betroffenen Niere desselben Fetus.
Abb. 14 Verschiedene Feten mit MZKD und Komplikationen: a MZKD unilateral und Harnstauungsniere kontralateral. b in der 28 + 5 SSW. c Bilaterale MZKD, 21. SSW. Es besteht ein Anhydramnion. d Unilaterale MZKD und kontralaterale Nierenagenesie und Anhydramnion 22 + 2 SSW. e MZKD als Hufeisenniere bei zusätzlichen Hirnfehlbildungen, 28 + 2 SSW.
Polyzystische Nierendysplasie
Polyzystische Nierendysplasie
Man unterscheidet eine autosomal- rezessive (ARPKD) und eine autosomal- dominante
polyzystische Nierendysplasie (ADPKD) [2]
[3]. Beide sehen sonografisch ähnlich aus.
Autosomal-rezessive polyzystische Nierendysplasie (ARPKD)
Autosomal-rezessive polyzystische Nierendysplasie (ARPKD)
Die autosomal-rezessive Form (ARPKD) wird als eine Ziliopathie betrachtet und betrifft
letztlich immer mehrere Organe (Niere, Leber, Gallenwege, Pankreas). Grundlegend kann
eine Mutation des PKHD1-Gens sein, weshalb eine genetische Diagnostik, die die Eltern
einschließt, in jedem Fall zu empfehlen ist. Wird diese Mutation nachgewiesen, so
beträgt das Wiederholungsrisiko 25 % (autosomal-rezessiv). Die Inzidenz wird mit 1:40 000
Lebendgeburten angegeben.
Im Ultraschall erscheinen die Nieren massiv vergrößert und hyperechogen, eine typische
Nierenstruktur mit Unterscheidung von Nierenrinde und -mark ist nicht möglich. Auch
eine Differenzierung einzelner Zysten ist nicht möglich. Das Auftreten ist immer beidseitig.
Der Nachweis von Zysten in den anderen Organsystemen wurde pränatal bisher nicht beschrieben.
Da die Erkrankung immer beidseitig ist, ist in jedem Fall von einem klinisch erkrankten
Kind auszugehen. Findet man bereits pränatal ein Anhydramnion, so ist hier schon von
einer pränatalen Niereninsuffizienz auszugehen. Oft besteht dabei eine typische Myokardhypertrophie
am Herzen. Die Prognose ist schlecht.
Ist pränatal noch eine normale Fruchtwassermenge nachweisbar, so sind die geborenen
Kinder dann durch einen chronischen Verlauf, mit der Notwendigkeit zur Dialyse und
Transplantation, sowie durch pulmonale Hypertonie, Leberfibrose und Gallengangsdysgenesie
gekennzeichnet. Pränatal kann in diesen Fällen der zeitliche Verlauf nie vorhergesagt
werden. Insofern ist hier die prognostische Beratung des Elternpaares sehr herausfordernd
([Abb. 15], [16]), [2]
[3]
[19]
[22]
[25]
[26]
[27]
[28].
Abb. 15 Polyzystisch dysplastische Nieren in der 23 + 2 SSW. a Querschnitt. Man erkennt die beidseits vergrößerten echogenen Nieren. b Frontalschnitt. Es ist praktisch keine normale Nierenstruktur sichtbar. Eine Nierenfunktion
ist noch vorhanden, die Fruchtwassermenge ist normal.
Abb. 16 PZKD in der 22 + 3 SSW im Querschnitt. Die beidseits hyperechogenen Nieren sind gut
darstellbar.
Aufgrund des schon im Kindesalter sich klinisch manifestierenden Verlaufs wird diese
Form auch als infantile Form bezeichnet.
Autosomal-dominante polyzystische Nierendysplasie (ADPKD)
Autosomal-dominante polyzystische Nierendysplasie (ADPKD)
Die autosomal-dominante polyzystische Nierendysplasie (ADPKD) ist mit einer Inzidenz
von 1:1000 deutlich häufiger. Auch hierbei handelt es sich um eine Ziliopathie, wobei
neben beiden Nieren auch Leber, Gallengänge und Pankreas betroffen sein können. Die
Mehrzahl der Fälle ist durch eine Mutation im PKD1-Gen bedingt (85 %), seltener im
PKD2-Gen (15 %).
Der postnatale Verlauf ist durch einen verzögerten Eintritt der Niereninsuffizienz
gekennzeichnet, sodass dies auch als adulte Form bezeichnet wird. Da es sich um einen
dominanten Erbgang handelt, sind eine Ultraschalluntersuchung und eine genetische
Untersuchung der Eltern zu empfehlen.
Die Ultraschalldiagnose wird im Regelfall im zweiten Trimenon durch bds. vergrößerte
hyperechogene Nieren ohne normale Nierenstruktur gestellt. Das Nierenbeckenkelchsystem
kann darstellbar sein. Die Fruchtwassermenge ist im Regelfall normal. Das Auftreten
einer pränatalen Niereninsuffizienz ist eher selten ([Abb. 17]), [1]
[2]
[3]
[19]
[25]
[26]
[27].
Abb. 17 Darstellung von Feten mit PZKD, alle mit normaler Fruchtwassermenge: a Längsschnitt in der 22. SSW. b Querschnitt 23 + 2 SSW. c Längsschnitt, 28 + 2 SSW. d Frontalschnitt, 28. SSW.
Polyzystische Nierendysplasie bei anderen Fehlbildungen
Polyzystische Nierendysplasie bei anderen Fehlbildungen
Eine beidseitige polyzystische Nierendysplasie kann als Ziliopathie (Multiorgan-Erkrankung)
auch im Rahmen anderer Fehlbildungen auftreten (Beispiele in [Tab. 1]).
Tab. 1
Syndrome (Ziliopathien), die eine beidseitige, hyperechogene zystische Nierendysplasie
aufweisen (Auswahl).
Fehlbildung/Syndrom
|
Fehlbildungen
|
Genmutation
|
Meckel-Gruber-Syndrom
|
Hyperechogene, polzystische Nierendegeneration, ZNS–Fehlbildungen (z. B. Enzephalozele),
Polydaktylie
|
MKS1-, MKS2- oder MKS3-Gen
|
Bardet-Biedl-Syndrom (BBS)/McKusick-Kaufman-Syndrom (MKKS)
|
hyperechogene polyzystische Nieren, Polydaktylie, Genitalfehlbildung
|
BBS1–14 Gene
|
Joubert-Syndrom (JS)
|
Hyperechogene, polyzystische Nieren, Hirnfehlbildungen (Molar-Tooth-Zeichen)
|
37 Gene
|
ARPKD
|
Große, hyperechogene Markschwamm-Nieren
|
PKHD1 -Gen
|
ADPKD
|
Nieren hyperechogen, dezent vergrößert
|
PKD1, PKD2
|
[2]
[3]
[22], ([Abb. 18], [19]).
Abb. 18 PZKD im Rahmen von anderen Fehlbildungen: a 13. SSW, Trisomie 18 mit AVSD und vergrößerter intrakranieller Transluzenz sowie
Wachstumsretardierung. b 15 + 5 SSW: Trisomie 13 mit alobärer Holoprosenzephalie und Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
c Frontalschnitt mit den bds. hyperechogen erscheinenden Nieren bei diesem Fetus.
Abb. 19 PZKD bei einem Fetus mit Zellweger-Syndrom im Querschnitt (a), Frontalschnitt (b) und Sagittalschnitt (c). Die beidseits hyperechogen dysplastischen Nieren sind sichtbar. Die Fruchtwassermenge
ist normal.
Bei beidseits hyperechogenen Nieren sollte unbedingt eine hochauflösende genetische
Diagnostik aus dem Fruchtwasser empfohlen werden.
Nierenzysten
Isolierte Nierenzysten können vorkommen. In Abgrenzung zu den dysplastischen Nierenerkrankungen
findet man hier ein vollkommen normales Nierengewebe. Die solitären Zysten (es können
auch mehrere sein) haben keinen Anschluss an das harnableitende System. Die Abgrenzung
zu ausgeprägten Befunden von Harnstauungsnieren kann schwierig sein. Die Prognose
ist gut ([Abb. 20]) [2].
Abb. 20 Darstellung eines Fetus mit Nierenzysten: a Querschnitt aus der 23 + 2 SSW. b Der gleiche Fetus im Längsschnitt. c Querschnitt: Auf der kontralateralen Seite ist das Nierenbecken minimal gestaut.
d Die Zyste reicht weit nach ventral. e Der Fetus in der 28 + 2 SSW, Querschnitt. f 28 + 2 SSW, Längsschnitt.
Doppelniere
Eine Doppelniere kann einseitig und beidseitig auftreten. Sind beide Anteile der Doppelniere
strukturell normal und es besteht keine Abflussbehinderung, so ist die Diagnosestellung
herausfordernd. Mitunter fällt eine vergrößert erscheinende Niere auf, und bei Feststellung
der Biometrie ist diese dann deutlich vergrößert. Insbesondere in höheren SSW markieren
sich die beiden Nierenbecken dann deutlich stärker. In diesen Fällen kann man dann
den Übergang Nierenbecken zu Ureter 2-mal darstellen. Der Nachweis von 2 Nierenarterien
ist ebenfalls möglich, jedoch gibt es hier auch eine Vielzahl an Normvarianten und
man findet im Bereich der benachbarten Nebenniere die Aa. suprarenales, sodass dies
als diagnostisches Mittel eher schwierig einzuschätzen ist.
Da eine Doppelniere 2 Ureteren aufweist, kommt es hier oft zur Entwicklung einer Ureterozele,
die wie eine zystische Raumforderung in der fetalen Harnblase aussieht. Dies ist praktisch
beweisend für die Diagnose Doppelniere.
Weist ein Anteil der Doppelniere, oft bedingt durch eine nicht korrekte Einmündung
des Harnleiters in die Harnblase, eine Stauung auf, so ist die Diagnosestellung deutlich
einfacher. Oft ist der kraniale Anteil betroffen, der dann unterschiedliche Grade
einer Harnstauung aufweisen kann. Im Regelfall, insbesondere in den höheren SSW, ist
die Darstellung des gekinkten und erweiterten Ureters möglich.
Es können auch beide Anteile einer Doppelniere auf derselben Seite betroffen sein.
Die Prognose ist eher günstig. Im Regelfall sind die kontralaterale Niere und/oder
der zweite Anteil der Doppelniere unauffällig, sodass hier eine therapeutische Notwendigkeit
erst nach der Geburt besteht ([Abb. 21], [22], [23], [24]) [2]
[29].
Abb. 21 Fetus mit Doppelniere: a 24. SSW. Der kraniale Anteil ist massiv gestaut, der Verlauf des dazugehörigen Ureter
ist darstellbar. b 22 + 2 SSW, unauffällige Doppelniere, keine Stauungszeichen. c 22 + 3 SSW, Stauung des kranialen Anteils. d Der gleiche Fetus aus c in der 28. SSW: Keine Progredienz des Befundes.
Abb. 22 Fetus mit Doppelniere im Verlauf: a 22. SSW, Stauung des kranialen Anteils. b Der gleiche Fetus im Querschnitt mit dem darstellbaren Ureter. c 23. SSW, deutlich sichtbarer Ureter. d Nachweis der Ureterozele in der Harnblase. e 27 + 6 SSW, unverändert Stauung des kranialen Anteils. f Nachweis der Ureterozele in der 27 + 6 SSW. g In der 33 + 3 SSW: Nachweis des massiv dilatierten Ureters.
Abb. 23 Fetus mit Doppelniere und verschiedenen Ultraschalltechniken: a B-Bild der 23. SSW: Darstellung des gestauten Ureters. b Statisches 3-D-Bild (Minimum-Mode) in der 27. SSW: räumliche Darstellung des Verlaufs
des Harnleiters. c Invertierung des Bildes von b und sozusagen digitale Kontrastdarstellung (Inversion-Mode).
Abb. 24 Unauffällige Doppelniere, 22. SSW (a) und Doppelniere bds. mit Harnstauung beidseits, 28. SSW (b).
Harnstauungsniere
Bei einer Harnstauungsniere kommt es zu einer Abflussbehinderung, die dann zu einem
Rückstau von Urin in die harnableitenden Wege führt. Die Ursache kann im Bereich der
Harnröhre liegen (LUTO – immer beidseitig!), im Bereich der Einmündung des Harnleiters
in die Harnblase (einseitig oder beidseitig möglich), durch Klappen im Bereich des
Harnleiters (einseitig oder beidseitig möglich), oder durch einen fehlerhaften Abgang
des Ureters aus dem Nierenbecken (einseitig oder beidseitig möglich). In der Literatur
wird die Harnstauungsniere synonym mit Pyelektasie und Hydronephrose verwendet. Der
Schweregrad ergibt sich aus dem anterior-posterioren Durchmesser des Nierenbeckens
(größter Durchmesser), der Beschreibung des Nierengewebes (typisch oder echogen) und
dem eventuell sichtbaren Ureter (Durchmesser!), ([Abb. 25], [26]), [2]
[3]
[30]. Die Normwerte, abhängig vom Gestationsalter, sind in [Tab. 2] dargestellt [31].
Abb. 25 Darstellung von Feten mit Harnstauungsnieren: a Milde Pyelektasie beidseits, 28. SSW. b Milde Pyelektasie beidseits in der 23 + 2 SSW. c Massive Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems in der 33. SSW. d Massive Harnstauungsniere unilateral in der 36. SSW mit deutlich dilatiertem Ureter.
e Ausgeprägte Pyelektasie, 27. SSW einseitig. f Deutliche Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems in der 27. SSW.
Abb. 26 a Bilaterale milde Harnstauungsniere mit korrekter Messung. b Ausgeprägte Harnstauungsniere in der 27. SSW einseitig. c+d Massive unilaterale Harnstauungsniere Grad IV mit dilatiertem Ureter (c) bei normaler kontralateraler Niere (d). e Harnstauungsniere beidseits mit korrekter Messung.
Tab. 2
Normalwerte für Erweiterungen des harnableitenden Systems.
US-Befunde
|
16.–27. SSW
|
>/ = 28. SSW
|
Postnatal > 48 Stunden
|
NBKS: Durchmesser anterior-posterior
|
< 4 mm
|
< 7 mm
|
< 10 mm
|
Kelcherweiterung zentral
|
nein
|
nein
|
nein
|
Kelcherweiterung peripher
|
nein
|
nein
|
nein
|
Parenchym-Dicke
|
normal
|
normal
|
normal
|
Parenchym-Struktur
|
normal
|
normal
|
normal
|
Ureter
|
Normal/nicht sichtbar
|
Normal/nicht sichtbar
|
Normal/nicht sichtbar
|
Harnblase
|
gefüllt
|
gefüllt
|
gefüllt
|
Oligohydramnion
|
nein
|
nein
|
|
Männliche Feten weisen öfter eine Harnabflussbehinderung als weibliche Feten auf.
Je nachdem, wo die Ursache ist, sind mehr Anteile des harnableitenden Systems gestaut
oder weniger. Einseitige Befunde befinden sich immer im Bereich zwischen Niere und
Harnblase. Da der Fetus größer wird und die Urinproduktion zunimmt, kommt es im Fall
einer permanenten Abflussbehinderung immer zu einer Zunahme der Stauung im Verlauf
der Schwangerschaft. Ist der Befund stabil-gleichbleibend bzw. rückläufig, spricht
dies eher für eine temporäre Problematik bzw. für Druck von außen oder eine Einschränkung
der Nierenfunktion der betroffenen Seite.
Im Rahmen der Diagnostik sollte die Möglichkeit einer genetischen Diagnostik des Fetus
angesprochen werden. Serielle Verlaufskontrollen sollte man (ca. alle 4–6 Wochen)
durchführen, um diese Dynamik zu erfassen. Dokumentiert werden sollten der Zustand
beider Nieren, der Füllungszustand der Harnblase und die Fruchtwassermenge. Des Weiteren
sollte nach einem eventuell sichtbaren (gestauten Ureter) gesucht werden.
Je früher die Abflussbehinderung klinisch relevant wird, umso eher kann es im Bereich
der betroffenen Niere auch zu einem dysplastischen Umbau mit einer Einschränkung der
Nierenfunktion kommen. Diese dysplastischen Veränderungen imponieren im Ultraschall
als eine hyperechogene Textur der betroffenen Niere, eine verminderte Größe und kortikale
Zysten.
Eine multizystische Nierendegeneration kann im Ultraschall ähnlich aussehen, ist pränatal
aber immer vergrößert.
In sehr seltenen Fällen ist der Druck des Rückstaus so groß, dass es zu einem Austritt
von Urin in das umgebende Gewebe kommt, dies bezeichnet man als Urinom. Diese imponieren
im Ultraschall als unterschiedlich große, echoarme Raumforderungen im Bereich einer
oder beider Nieren (bei beidseitigem Befund). Diese Raumforderungen können die Niere
komprimieren und aus ihrer normalen Lage verschieben. Ein Urinom ist als Ausdruck
einer schweren Funktionseinschränkung der betroffenen Niere zu betrachten. Aufgrund
der Vorschädigung der Niere ist in diesen Fällen eine Shunteinlage nicht sinnvoll
[2].
Die Feten profitieren, unabhängig vom Schweregrad des Befundes, von einer Entbindung
am Termin – die Einleitung einer Frühgeburt ist nicht zu empfehlen. Bei beidseitigen,
sehr ausgeprägten Befunden kann eine pränatale Shunteinlage sinnvoll sein. Die grundsätzliche
Prognose hängt vom Schweregrad der Harnstauung ab, ist im Regelfall aber sehr gut.
Sehr ausgeprägte Befunde erfordern im Regelfall eine zeitnahe postnatale kinderchirurgische
Versorgung [2]
[3]
[30]
[31].
Spätes Auftreten einer LUTO
Spätes Auftreten einer LUTO
Eine urethral bedingte Harnabflussstörung kann auch erstmals spät in der Schwangerschaft
auftreten. Im Gegensatz zur frühen Diagnose einer LUTO ist hier die Prognose deutlich
besser.
Mitunter entwickeln die Feten bei einer länger bestehenden LUTO eine Wandhypertrophie
der Harnblase. Diese Diagnose stellt man durch einen deutlich größeren Abstand der
Umbilikalarterien vom Lumen der Harnblase. Dies kann man zur Beurteilung der Dynamik
auch messen ([Abb. 27]), [2]
[3].
Abb. 27
a Harnstauungsniere beidseits bei bekannter Zwerchfellhernie links, Frontalschnitt.
b Nachweis der dilatierten Ureteren beim Fetus von a in der 21. SSW. c Derselbe Fetus in der 29. SSW mit Stauungszeichen an Niere und Harnleiter. d 3D-Darstellung (Minimum-Mode) des gestauten Ureters bei diesem Fetus. e Erstdiagnose einer LUTO in der 31. SSW mit Wandhypertrophie und Erweiterung der Urethra
sowie beidseits gestauten Nierenbecken (f).
Nierenhypoplasie
Die Nierenhypoplasie kann einseitig bzw. beidseitig auftreten. Die Ursache kann eine
früh bestehende, schwere Harnabflussstörung mit nachfolgendem dysplastischen Umbau
der Niere sein. Es kann aber auch bei vollkommen normaler Nierenstruktur zu einer
fehlenden Zunahme der Nierengröße kommen. Im Verlauf entwickelt sich hier oft ein
Oligohydramnion als Ausdruck einer gestörten Nierenfunkton. Die Diagnose wird durch
die Nierenbiometrie gestellt. Die Ursache ist unklar und die Prognose schwer einzuschätzen
([Abb. 28]).
Abb. 28 Fetus mit Mosaik-Trisomie 20: a Leere Nierenloge bei unilateraler Nierenagenesie. b Hypoplastische Beckenniere neben der gefüllten Harnblase. c Darstellung des Verlaufs der Nierenbiometrie bei einem Fetus mit Nierenhypoplasie
beidseits und postnatalem Versterben. d Darstellung des Verlaufs der Fruchtwassermenge bei dem Fetus von c).
Verminderte Fruchtwassermenge
Verminderte Fruchtwassermenge
Die Fruchtwassermenge im zweiten und dritten Trimenon ist mehrheitlich eine Funktion
des Fetus, vor allem der fetalen Nieren. Es besteht eine Dynamik und demzufolge eine
große Variabilität, jedoch existieren mit der Methode des tiefsten Durchmessers und
des Fruchtwasserindex Methoden zur Quantifizierung.
Eine Verminderung der Fruchtwassermenge kann in Verbindung mit einem typischen sonografischen
Nierenbefund Ausdruck einer fetalen Niereninsuffizienz sein. Differenzialdiagnostisch
ist vor allem der Blasensprung auszuschließen (normale fetale Nieren, normale Harnblasenfüllung)
sowie die intrauterine Wachstumsretardierung mit pathologischem Doppler (auffällige
Biometrie, auffälliger Doppler, normale Nieren, normale Harnblasenfüllung).
Veränderungen der Nieren und des harnableitenden Systems in der zweiten Hälfte der
Schwangerschaft fallen über Veränderungen der Fruchtwassermenge (Oligo-/Anhydramnion),
Veränderungen der Struktur oder durch unterschiedlich ausgeprägte flüssigkeitsgefüllte
Bereiche auf. Es können beide Nieren betroffen sein.
Diagnostischer Algorithmus zu Fehlbildungen der Niere und des harnableitenden Systems:
Erstes Trimenon:
Harnblase gefüllt
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es muss eine Niere vorhanden sein
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Harnblase leer
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Suche nach den Nieren
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Megazystis
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Darstellung der Nieren (Echogenität, Stauung)
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Biometrie der Harnblase
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Begleitfehlbildungen?
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Verlaufskontrolle (7 mm nach einer Woche, größerer Durchmesser: kurzfristiger)
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Empfehlung zur diagnostischen Punktion
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Zweites/drittes Trimenon:
NBKS-Erweiterung
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einseitig/beidseitig?
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Harnblasenfüllung?
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Fruchtwassermenge?
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Darstellung des Ureter/der Ureteren
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Begleitfehlbildungen?
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|
Beratung zu genetischer Diagnostik
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Verlaufskontrolle
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MZKD
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einseitig/beidseitig?
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Blasenfüllung?
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Fruchtwassermenge?
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|
Begleitfehlbildungen?
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|
Beratung zu genetischer Diagnostik?
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|
Verlaufskontrolle/-Management
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PZKD
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Harnblasenfüllung?
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Fruchtwassermenge?
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|
Begleitfehlbildungen
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Beratung zu genetischer Diagnostik
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Verlaufskontrolle/-Management
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Niere ist nicht darstellbar
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einseitig/beidseitig?
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Beckenniere?
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Fruchtwassermenge?
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Struktur?
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Herzmuskulatur
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Bei Beckenniere und weiblichen Feten auf Urogenitaltrakt-Fehlbildung achten
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VD Doppelniere
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Nierenbiometrie in 3 Ebenen
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Anzahl der Nierenbecken?
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einseitig/beidseitig?
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Ureterozele in der Harnblase? – wiederholt danach suchen
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Fruchtwassermenge?
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Verlaufskontrollen
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