Unterstützende Maßnahmen und allgemeines Management ([
Abb. 2
])
Körperliche Aktivität und spezifische Rehabilitation
In den letzten Jahren wuchs die Evidenz zu den positiven Effekten eines spezifischen,
angeleiteten und überwachten körperlichen Trainings bei Patient*innen mit PH, sodass
dieses seit den ESC/ERS-Leitlinien in 2015 in einem spezifischen und überwachten Rahmen
empfohlen wurde [2]. Aufgrund der Veröffentlichung weiterer randomisierter, kontrollierter Studien,
insbesondere einer europäischen, multizentrischen Studie mit 116 Patient*innen mit
pulmonalarterieller Hypertonie (PAH)/chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie
(CTEPH) [3], wurde der Empfehlungsgrad zu körperlicher Aktivität und Training in den aktuellen
Leitlinien auf I A gesteigert.
Abb. 2 Empfehlungen für allgemeine Maßnahmen und besondere Umstände – Änderungen zu den
Leitlinien 2015.
Voraussetzung für die Teilnahme an einem spezialisierten Trainingsprogramm ist die
optimierte, medikamentöse Behandlung der Erkrankung sowie ein stabiler klinischer
Zustand [4].
Kommentar:
Die positiven Effekte des Trainings wurden in zahlreichen Metaanalysen bestätigt und
beinhalten die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität
sowie eine positive Beeinflussung der Symptome (entsprechend WHO-Funktionsklasse)
[4]. Im Rahmen der Europäischen Trainingsstudie konnte gezeigt werden, dass die Etablierung
eines standardisierten Programms mit einer Kooperation zwischen einem Expertenzentrum
und einer Rehabilitationseinrichtung effektiv ist und etabliert werden kann [4]. Das Training sollte von PH-Expert*innen angeleitet und in Rehabilitationseinrichtungen
durchgeführt werden, die Erfahrung mit der Behandlung funktionell schwergradig eingeschränkter
PH-Patient*innen aufweisen. Bisher ist jedoch nur wenig über die optimalen Trainingsmethoden
und das beste Setting zur Überwachung der Patient*innen bekannt, sodass hier weiterer
Forschungsbedarf besteht, um mehr Patient*innen ein körperliches Training anbieten
zu können.
Prophylaxe und Impfungen
Es wird empfohlen, PAH-Patient*innen im Sinne einer allgemein präventiven Maßnahme
gegen Influenza, Streptococcus pneumoniae und SARS-CoV-2 zu impfen.
Kommentar:
Zusätzlich ist eine Impfung gegen Pertussis und Herpes Zoster zu erwägen.
Psychosoziale Unterstützung und Selbstwirksamkeit
Die PH geht mit sozialen und emotionalen Veränderungen einher, die mit der Erkrankungsschwere
korrelieren und das soziale Umfeld sowie das Berufsleben der Patient*innen beeinflussen
können [5]
[6]. Die psychosoziale Unterstützung der Patient*innen sowie ihrer Familien ist für
den Umgang mit der Erkrankung essenziell und kann zur Förderung der Therapieadhärenz
und Selbstwirksamkeit beitragen. Eine Einbindung in Therapieentscheidungen sowie die
Aufklärung über die möglichen Folgen bei Nichteinhaltung der Therapie sind dabei unerlässlich.
Screeningmethoden zur Identifizierung von Patient*innen mit Interventionsbedarf für
psychologische/psychiatrische Unterstützung und ggf. medikamentöse Begleittherapie
sollten berücksichtigt werden.
Faktoren, die die Therapieadhärenz beeinflussen, können von Patient*innen (z. B. Demografie,
kognitive Beeinträchtigung, Polypharmazie, unerwünschte Ereignisse/Nebenwirkungen,
psychologische Gesundheit, Gesundheitskompetenz, Verständnis der/s Patient*innen für
die Therapieprinzipien und Komorbiditäten), Ärzt*innen (Fachwissen, Kenntnis der Leitlinien
und multidisziplinärer Therapie-Teamansatz) und vom Gesundheitssystem (Arbeitsumfeld,
Zugang zu Behandlungen und Kosten) abhängig sein [7]. Zur Förderung der Therapieadhärenz sollten die Patient*innen in Therapieentscheidungen
mit eingebunden werden und angemessen über die individuellen Behandlungsoptionen und
deren Rationale informiert werden („partizipative Entscheidungsfindung“ bzw. engl.
„shared decision making“). Auch sollten die Erwartungen an die Therapie sowie deren
mögliche Nebenwirkungen und Folgen einer Nichtbehandlung besprochen werden.
Auch die Einbindung in Selbsthilfegruppen kann den Patient*innen den Zugang zu einem
vielfältigen Unterstützungsangebot ermöglichen. Aufgrund der eingeschränkten Prognose
ist bei entsprechender Indikation die Anbindung an eine Pflege- oder palliativmedizinische
Versorgung angezeigt.
Kommentar:
Im Rahmen einer Rehabilitation kann die Indikation einer psychologischen Unterstützung
eruiert und diese bereits begonnen werden. Strategien zur eigenständigen Überwachung
und Kontrolle klinischer Parameter sollten nach Möglichkeit geschult und gefördert
werden.
Die palliativmedizinische Versorgung von PH-Patient*innen erfordert spezifische, für
die Erkrankung angepasste Versorgungsstrukturen. Die Datenlage ist nur gering, sodass
hier weiterer Forschungsbedarf besteht.
Medikamentöse Therapien
Antikoagulation
Bei Patient*innen mit CTEPH ist eine lebenslange therapeutische Antikoagulation indiziert,
um der Bildung weiterer Gefäßverengungen vorzubeugen und Re-Embolien zu verhindern.
Auch bei Patient*innen mit idiopathischer PAH kann eine Antikoagulation vor dem Hintergrund
gehäufter In-situ-Thrombosen der Lungengefäße sowie Anomalien des gerinnungs- und
des fibrinolytischen Systems erwogen werden. Des Weiteren besteht bei Patient*innen
mit angeborenen Herzfehlern oder PA-Aneurysmen ein erhöhtes Risiko für Thrombosen
der zentralen Pulmonalarterie.
Gemäß Registerdaten werden ca. 43 % der Patient*innen mit idiopathischer PAH mit Antikoagulanzien
behandelt [8]. Jedoch gibt es keine robusten klinischen Daten und keine randomisierten, kontrollierten
Studien, die einen positiven Effekt einer therapeutischen Antikoagulation bei pulmonalarterieller
Hypertonie zeigen. In Registerstudien wurden inkongruente Ergebnisse erzielt, die
einen Überlebensvorteil bei Patient*innen mit IPAH zeigten [9], der von weiteren Studien jedoch nicht reproduziert werden konnte [10]. In 2 weiteren Metaanalysen [11]
[12] wurden ebenfalls Hinweise auf einen Überlebensvorteil für Patient*innen mit IPAH
identifiziert. Die Metaanalysen wiesen jedoch methodische Mängel auf und sind daher
vorsichtig zu interpretieren. Bei Patient*innen mit Kollagenose-assoziierter PAH (CTD-APAH)
scheint eine therapeutische Antikoagulation mit einer schlechteren Prognose assoziiert
zu sein [10]
[11] und die Indikation zur therapeutischen Antikoagulation sollte deswegen zurückhaltend
gestellt werden. Für weitere Formen der PH wie die PAH bei angeborenen Herzfehlern
oder Patient*innen mit i. v. Prostazyklintherapie liegen ebenfalls keine Daten vor.
Die Entscheidung für oder gegen eine (therapeutische) Antikoagulation sollte daher
individuell, auch unter Berücksichtigung eines erhöhten Blutungsrisikos, erfolgen.
Kommentar:
Neue Registerdaten des PHAR-Registers aus den USA deuten auf einen Zusammenhang einer
erhöhten Hospitalisierungsrate und einer schlechteren Lebensqualität bei Patient*innen
mit Gruppe-1-PH (idiopathische/hereditäre/medikamenten- und toxininduzierte PAH, Kollagenose-assoziierte
PAH, HIV-induzierte PAH, pulmonal veno-okklusive Erkrankung), die eine Antikoagulation
erhalten, hin [13]. Somit besteht ein weiterer Forschungsbedarf.
Diuretische Therapie
Die Rechtsherzinsuffizienz führt zu einer Volumenretention, mit reduziertem renalem
Blutfluss sowie Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus. Die steigenden
rechtsventrikulären Füllungsdrucke verursachen einen venösen Blutrückstau in die Nieren
durch Erhöhung des interstitiellen und tubulären hydrostatischen Druckes mit konsekutiver
Nierenfunktionsverschlechterung und Verringerung der renalen Sauerstoffversorgung.
Folglich nimmt die Kontrolle und Therapie des Volumenhaushalts eine bedeutende Position
im Therapiemanagement der PH ein. Insbesondere bei Anzeichen von vermehrter Volumenretention
wie dem Auftreten von (peripheren) Ödemen wird die Trinkmenge reduziert und die Flüssigkeitsretention
mithilfe diuretischer Medikamente reguliert. Gemäß klinischer Indikation und Nierenfunktion
können alle 3 Diuretikaklassen (Schleifendiuretika, Thiazide und Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten)
einzeln oder in Kombination eingesetzt werden.
Patient*innen mit PH sollten ihr Gewicht regelmäßig kontrollieren und im Falle einer
Gewichtszunahme ihre/n Arzt/Ärztin konsultieren. Für das Therapiemanagement mit Überwachung
des Gewichts, Kontrolle der Nierenfunktion und der Serumelektrolyte ist eine interprofessionelle
und multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Expertenzentrum inklusive spezialisiertem
medizinischem Assistenzpersonal, niedergelassenem/r Facharzt/Fachärztin, Hausarzt/ärztin
sowie ggf. Psycholog*innen/Psychiater*innen, Therapeut*innen, Betreuer*innen und Patient*innen
notwendig.
Eine intravaskuläre Volumendepletion ist zu vermeiden, da diese einen Abfall des Herzzeitvolumens
und konsekutiv des systemischen Blutdrucks verursachen kann. Auch im Rahmen der zielgerichteten
PAH-Medikation kann es zu vermehrten peripheren Flüssigkeitseinlagerungen kommen,
sodass neben der Rechtsherzinsuffizienz auch Medikamentennebenwirkungen als Ursache
in Betracht gezogen werden müssen.
Kommentar:
Die Überwachung des Volumenhaushalts mittels spezifischer Maßnahmen wie einer Trinkmengenreduktion
sollte im Therapiemanagement berücksichtigt werden. Weitere Studien zur Wirksamkeit
entsprechender Maßnahmen sind notwendig. Auch die Extremwetterlagen sollten in die
Beratung und Betreuung von Patient*innen mit Lungenhochdruck mit einfließen. Insbesondere
bei Hitzewellen sollten Patient*innen, die unter strenger diuretischer und dualer
oder Triple-PAH-Therapie stehen, ihren systemischen Blutdruck gut kontrollieren, da
mit symptomatischen Hypotonien zu rechnen ist.
Sauerstofftherapie
Kurzfristige Effekte einer Sauerstoffgabe beinhalten eine Verringerung des pulmonalvaskulären
Widerstands und eine Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit. Die langfristige
Gabe von Sauerstoff und deren Wirkung ist bei PH-Patient*innen noch nicht ausreichend
untersucht. Die arterielle Hypoxämie ist bei PAH-Patient*innen meist nur gering ausgeprägt.
Bei Patient*innen mit angeborenem Herzfehler liegt demgegenüber meist eine ausgeprägte
Hypoxämie vor, diese lässt sich jedoch durch eine Sauerstoffgabe nicht korrigieren
[14].
Aufgrund mangelnder Evidenzlage zum Einsatz einer Sauerstofflangzeittherapie bei Patient*innen
mit PH dienen die Richtlinien von Patient*innen mit chronisch obstruktiver pulmonaler
Erkrankung (COPD) als Grundlage für die Therapieentscheidung einer zusätzlichen Sauerstoffgabe.
Demnach wird eine Sauerstoffgabe empfohlen, wenn der PaO2 wiederholt < 8 kPa (< 60 mmHg) unter Ruhebedingungen beträgt und ein Cor pulmonale
vorliegt. Eine mobile O2-Supplementation kann erwogen werden, wenn die belastungsinduzierte Desaturation korrigierbar
ist bzw. der Patient eine Verbesserung der Symptome unter O2-Supplementation zeigt. Bei nächtlicher Hypoxämie kann eine nächtliche Sauerstofftherapie
indiziert sein [15]. Bei Patient*innen mit Shunts bzw. Eisenmenger-Syndrom ist eine Sauerstoffgabe zumeist
nicht indiziert.
Kommentar:
Bei der Durchführung eines körperlichen Trainings ist die Sauerstoffgabe besonders
zu prüfen, um die resultierende Hypoxämie zu korrigieren. Bei Patient*innen, die eine
Langzeitsauerstofftherapie erhalten, ist das Management, insbesondere die Versorgung
bei Urlaubsreisen, zu berücksichtigen.
Kardiovaskuläre Medikamente
Die Anwendung von Medikamenten, die bei Linksherzinsuffizienz indiziert sind, z. B.
Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren (ACE-Inhibitoren), Angiotensin-Rezeptor-Blocker
(ARBs), Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI), Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitoren
(SGLT-2), Betablocker oder Ivabradin, ist bei Patient*innen mit PAH sehr sorgfältig
zu prüfen, da diese Medikamente eine Abnahme der Herzfrequenz und einen Blutdruckabfall,
einzeln oder in Kombination, bewirken können. Bisher liegen keine ausreichenden Daten
vor, die eine adäquate Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils für die oben genannten
Medikamente erlauben.
Bei Patient*innen mit PAH, die eine supraventrikuläre Tachyarrhythmie entwickeln,
ist der Einsatz von Digoxin/Digitoxin nicht untersucht.
Kommentar:
Der Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren bei PAH-Patient*innen mit Komorbiditäten (diastolische
Dysfunktion) und deren Auswirkung auf die PH ist Gegenstand aktueller Forschung.
Eisensubstitution
Ein Eisenmangel kommt bei Patient*innen mit PAH häufig vor und kann gravierende Auswirkungen
mit einer Verschlechterung der Symptome, der kardialen Pumpfunktion und der Prognose
haben [16]. Dementsprechend wird empfohlen, die Indikation zur Eisensubstitution mit Messung
des Ferritinspiegels, Transferrinsättigung und löslichen Transferrinrezeptoren regelmäßig
zu überprüfen. Ein Eisenmangel ist dabei durch ein Serumferritin < 100 µg/L oder Serumferritin
100–299 µg/L und eine Transferrinsättigung < 20 % definiert [17].
Liegt eine schwere Eisenmangelanämie mit Hämoglobin < 7–8 g/dl vor, ist eine intravenöse
Eisengabe indiziert [18]
[19]. Orale Eisenpräparate mit Eisen(Fe2 + )sulfat, Eisengluconat und Eisenfumarat haben meist eine schlechte Verträglichkeit
und sind in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt. Als Alternative steht Eisen-Maltol zur
Verfügung, welches in einer kleinen, nicht verblindeten Studie eine gute Verträglichkeit
und Wirksamkeit bei PH-Patient*innen und leichtem bis mittelschwerem Eisenmangel und
Anämie zeigte [20]. Bei Patient*innen ohne Anämie hat sich die Eisensubstitution als nicht wirksam
gezeigt [21]. Bisher liegen jedoch keine Ergebnisse randomisierter, kontrollierter Studien vor,
die den Einsatz oraler und intravenöser Eisengaben bei Patient*innen mit PAH untersuchen.
Kommentar:
Bei Patient*innen mit CTD-APAH sollte eine Korrektur eines Eisenmangels ohne Anämie
geprüft werden, da zunehmende Hinweise auf einen Einfluss des Eisenstatus auf das
Überleben bestehen [22]
[23].
Besondere Umstände und Risikosituation ([
Abb. 3
])
Patientinnen im gebärfähigen Alter
Kontrazeption
Jede PAH-Patientin im gebärfähigen Alter sollte eine klare Beratung zur Empfängnisverhütung
erhalten, die die individuellen Bedürfnisse der Frau berücksichtigt, aber auch schwerwiegende
Folgen eines Versagens der Kontrazeption bei PAH anerkennt.
Abb. 3 Empfehlungen für Frauen im gebärfähigen Alter – Änderungen zu den Leitlinien 2015.
Bei Patientinnen, die mit Bosentan behandelt werden, ist eine verminderte Effizienz
von hormonellen Kontrazeptiva möglich. Es gibt keine Kontraindikation für die vielen
zur Verfügung stehenden Empfängnisverhütungen. Bei der chirurgischen Sterilisation
sollte das erhöhte perioperative Risiko in Betracht gezogen werden. Die postkoitale
hormonelle Notfallverhütung kann bei Patientinnen mit PH eingesetzt werden.
Kommentar:
Auch Männer sollten unter Therapie mit Lungenhochdruckmedikamenten kein Kind zeugen,
da die Medikamente Einfluss auf die Keimzellen haben können und so eine mögliche Missbildung
nicht auszuschließen ist.
Schwangerschaft
Die mütterliche Sterblichkeitsrate bei PAH/PH konnte durch gebesserte Behandlungsstrategien
von 56 % auf 11–25 % gesenkt werden, bleibt jedoch weiterhin hoch [24]. Zwar liegen Berichte über günstige Schwangerschaftsverläufe vor [25], dennoch bleibt eine Schwangerschaft mit unvorhersehbaren Risiken verbunden.
Das Risiko für einen ungünstigen Schwangerschaftsverlauf ist v. a. bei Frauen mit
einer unzureichend therapierten PAH erhöht (mittleres oder hohes Risikoprofil gemäß
ERS-Guidelines 2022 [1] und Anzeichen einer RV-Dysfunktion), und im Falle einer Schwangerschaft sollten
sie sorgfältig beraten und ein frühzeitiger Abbruch empfohlen werden.
Für Patientinnen mit gut eingestellter Erkrankung (niedriges Risikoprofil und [nahezu]
normaler Ruhehämodynamik), die eine Schwangerschaft in Betracht ziehen, wird eine
individuelle Beratung und gemeinsame Entscheidungsfindung empfohlen. Auch über Alternativen
wie die Möglichkeit einer Adoption sollten die Patientinnen informiert werden.
Während oder nach einer Schwangerschaft kann sich der Gesundheitszustand jederzeit
verschlechtern, sodass die Patientinnen über die Risiken einer Schwangerschaft aufgeklärt
werden sollten, damit die Frauen und ihre Familien fundierte, informierte Entscheidungen
treffen können. Bei hereditärer PAH sollte eine genetische Beratung vor der Empfängnis
in Betracht gezogen werden. Das Thema Schwangerschaft bei PH ist ein sehr sensibles
Thema und erfordert eine einfühlsame Kommunikation. Bei Bedarf sollte psychologische
Unterstützung angeboten werden.
Schwangere Frauen mit bestehender oder neu diagnostizierter PAH sollten in PH-Zentren
behandelt werden, die über ein multidisziplinäres Team mit Erfahrung im Umgang mit
PH in der Schwangerschaft verfügen. Im Falle einer Fortsetzung der Schwangerschaft
muss die PAH-Therapie gegebenenfalls angepasst werden. Endothelin-Rezeptor-Antagonisten
(ERAs) und Riociguat empfiehlt es sich wegen möglicher oder unbekannter Teratogenität
abzusetzen. Trotz begrenzter Evidenz gelten CCBs, PDE5-Inhibitoren und inhalative/i. v./subkutane
(s. c.) Prostazyklinanaloga als sicher während der Schwangerschaft. Selexipag wurde
in einzelnen deutschsprachigen Zentren eingesetzt.
Kommentar:
Das multidisziplinäre Team zur Betreuung einer Schwangerschaft und Planung der Entbindung
einer PH-Patientin sollte das PH-Expertenteam, Gynäkologie, Anästhesie und Intensivmedizin
umfassen. Die Geburt sollte gemäß klinischen Erfahrungen zwischen der 34. und 38. Schwangerschaftswoche
per Sectio vorgenommen werden, um die Kreislaufbelastung im Rahmen einer natürlichen
Geburt und die damit verbundenen Risiken der Rechtsherzbelastung zu vermeiden. Die
Belastung für die schwangere Patientin und die Reifung des ungeborenen Kindes sollten
bei der Entscheidung des Zeitpunkts berücksichtigt werden. Die Anästhesie ist individuell
unter Abwägung der Risiken vorzunehmen.
Chirurgische Eingriffe
Chirurgische Eingriffe bei nicht regionalen Anästhesieverfahren sind mit einem erhöhten
Risiko für Rechtsherzversagen und Tod verbunden. Dabei korreliert das Risiko mit dem
Schweregrad der PH und der Art und Dringlichkeit des Eingriffs (3,5 % perioperative
Mortalitätsrate bei nicht-kardialen und nicht-geburtshilflichen Operation, 2 % bei
elektiven Eingriffen und 15 % bei Notfalleingriffen) [26]. Die Entscheidung für eine Operation sollte nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
(Indikation, Dringlichkeit, Schweregrad der PH und Patient*innenpräferenzen) von einem
multidisziplinären Team unter Beteiligung eines/r PH-Arztes/Ärztin getroffen werden.
Risiko-Scores zur Vorhersage des perioperativen Mortalitätsrisikos wurden entwickelt,
bedürfen aber weiterer Validierung [27]. Allgemeine Empfehlungen können auch für die bevorzugte Anästhesieform nicht gegeben
werden.
Wann immer möglich, sollte eine präoperative Optimierung der PAH-Therapie angestrebt
und regionalen Anästhesieverfahren der Vorzug gegenüber einer Vollnarkose gegeben
werden (siehe auch die ESC-Leitlinien 2022 zur kardiovaskulären Beurteilung und Behandlung
von Patient*innen, die sich einer nicht-kardialen Operation unterziehen [28]) und, sofern notwendig, orale PH-Therapien vorübergehend auf intravenöse oder inhalative
Substanzen gewechselt werden.
Flugreisen und Höhenexposition
Unter hypobarer Hypoxie kann es bei PAH-Patient*innen zu einer relevanten Hypoxämie
mit konsekutiver hypoxischer pulmonaler Vasokonstriktion und zunehmender RV-Belastung
kommen. Der Kabinendruck während eines Langstreckenflugs entspricht einer Höhe von
bis zu 2438 m über NN mit einer entsprechenden Reduktion des Sauerstoffpartialdrucks.
Die Empfehlungen zur Sauerstoffsupplementation während Flugreisen haben sich seit
den letzten Leitlinien nicht geändert. Für Patient*innen mit einem PaO2 < 8 kPa (< 60 mmHg) sollte im Flugzeug eine Sauerstoffzufuhr von 2 l/min verabreicht
werden, um näherungsweise Verhältnisse wie auf Meereshöhe schaffen zu können. Patient*innen,
die bereits Sauerstoff auf Meereshöhe erhalten, sollten ihre Sauerstoffzufuhr während
des Fliegens erhöhen [29].
Die Patient*innen sollten auf Reisen schriftliche Informationen über ihre Krankheit
(einschließlich einer Medikamentenliste) mitführen, zusätzliche Dosen ihrer Medikamente
mitnehmen und sich über lokale PH-Zentren in der Nähe ihres Reiseziels informieren.
Kommentar:
Die Flussrate sollte für Flugreisen um mindestens 2 l/min gesteigert werden. Eine
Sauerstoffgabe während Flügen wird zudem bei Patient*innen, die eine belastungsinduzierte
Oxygenierungsstörung zeigen, empfohlen. Weitere Studien zur Wirksamkeit dieser Maßnahme
sind notwendig.
Es gibt nun erste Evidenz, dass klinisch stabile Patient*innen mit PAH/CTEPH, die
auf Meereshöhe nicht hypoxämisch sind, einen Höhenaufenthalt bis 2500 m für < 24 h
gut tolerieren [30]
[31].