Aktuelle Urol 2024; 55(01): 24-25
DOI: 10.1055/a-2223-3380
Referiert und kommentiert

Blasenerhalt bei erwachsenen Patienten mit muskel-invasivem Blasenkarzinom (MIBC), die für eine radikale Zystektomie nicht infrage kommen oder diese ablehnen

Eine multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie zur Bewertung der Wirksamkeit von TAR-200 in Kombination mit Cetrelimab gegenüber einer gleichzeitigen Chemoradiotherapie bei Teilnehmern mit muskelinvasivem Urothelkarzinom (MIBC) der Harnblase, die keine radikale Zystektomie erhalten – SUNRISE-2 – AB 84/23 der AUOContributor(s):
Heidrun Rexer
1   AUO Geschäftsstelle, Schwarz, Deutschland
,
Günter Niegisch
2   Konservative Urologische Onkologie, Klinik für Urologie, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
3   Centrum für integrierte Onkologie (CIO), Düsseldorf,
› Author Affiliations

Für Patienten mit einem muskelinvasiven Blasenkarzinom (MIBC), bei denen eine radikale Zystektomie nicht möglich ist oder die diese ablehnen, stellt derzeit eine Radiochemotherapie die einzige weitere kurative Therapieoption dar. Eine lokale Tumorkontrolle kann durch diese Behandlung bei etwa zwei Drittel der Patienten erreicht werden. Die übrigen Patienten weisen weiterhin ein MIBC auf und haben dementsprechend eine ungünstige Krankheitsprognose.

In dieser Situation untersucht die vorliegende Studie einen neuen Behandlungsansatz im Vergleich zur standardmäßigen Radiochemotherapie. Dazu werden die Patienten 1:1 in 2 Behandlungsarme randomisiert.

In Arm A (Prüftherapie) erhalten die Patienten TAR-200 alle 3 Wochen über 18 Wochen (6-mal) sowie ab Woche 24 alle 12 Wochen bis zu 3 Jahren (Woche 144) sowie Cetrelimab über 18 Monate in 3-wöchentlichen Zyklen.

TAR-200 ist ein neuartiges intravesikales Verabreichungssystem, das Gemcitabin über einen 21-tägigen Verabreichungszyklus langanhaltend und lokal in der Blase freisetzt. Cetrelimab ist ein gegen PD-1-gerichteter Immuncheckpoint-Inhibitor.

In Arm B wird eine Radiochemotherapie verabreicht. Die Chemotherapie wird über 6 Wochen, die Radiotherapie über 6,5 Wochen verabreicht. Nach Entscheidung des Prüfers kann als Chemotherapeutikum Gemcitabin (2-mal/Woche) oder Cisplatin (1-mal/Woche) eingesetzt werden, hinsichtlich der Radiotherapie kann sowohl eine konventionelle als auch eine hypofraktionierte Bestrahlung eingesetzt werden.

Ab Woche 24 werden die Patienten einer Follow-up-Untersuchung bis Studienjahr 2, danach bis Jahr 5 alle 24 Wochen unterzogen.

Primäres Ziel der Studie ist BI-EFS, definiert als Zeit von der Randomisierung bis zum ersten BI-EFS-Ereignis (histologisch nachgewiesenes MIBC, klinischer Nachweis einer nodalen oder metastasierten Erkrankung gemäß RECIST 1.1, radikale Zystektomie oder Tod). Als sekundäre Studienziele werden das metastasenfreie Überleben (MFS), das Gesamtüberleben (OS), die Overall-Response-Rate (ORR) sowie die Sicherheit und Tolerabilität der Therapien untersucht.

In die internationale Studie sollen 550 Patienten eingebracht werden, davon 12 in 10 deutschen Zentren. Kontaktdaten für die Zuweisung von Patienten zu den Zentren können [Tab. 1] entnommen werden. [Tab. 2] enthält eine Auswahl von Ein- und Ausschlusskriterien zur Vorauswahl von geeigneten Patienten. [Abb. 1] zeigt den bisherigen Rekrutierungsverlauf in Deutschland.

Medizinischer Leiter der Studie (LPIG) in Deutschland ist Prof. Dr. Günter Niegisch; seine Aufgaben liegen in der medizinischen Durchführung der Studie, der Abwägung von Nutzen-Risiko der Studie, Umsetzung des Prüfplans in ärztlichen Belangen und er ist Ansprechpartner für Ethikkommissionen. Der deutsche Sponsorvertreter der Studie ist die Janssen-Cilag GmbH, Neuss. Die Studie ist unter der Nummer NCT04658862 bei clinicaltrials.gov registriert.

Tab. 1 Teilnehmende Zentren in Deutschland.

Ort

Kontaktdaten

Braunschweig

Prof. Dr. Peter Hammerer, Tel.: 0531/595-24 92, E-Mail: p.hammerer@klinikum-braunschweig.de

Dresden

Prof. Dr. Christian Thomas, Tel.: 0351/458 4425, E-Mail: christian.thomas@uniklinikum-dresden.de

Düsseldorf

Prof. Dr. Günter Niegisch, Tel.: 0211/81-19353, E-Mail: almut.diem@med.uni-duesseldorf.de

Essen

Prof. Dr. Boris Hadaschik, Tel.: 0201/723-32 11, E-Mail: andrea.saubke@uk-essen.de

Frankfurt/M

Dr. Severine Banek, Tel.: 069/76 01-, E-Mail: Severine.Banek@kgu.de

Frankfurt/M

Prof. Dr. Georg Bartsch, Tel.: 069/95 33-26 41, E-Mail: georg.bartsch@fdk.info

Herne

Dr. med. Florian Roghmann, Tel.: 02323/49 92 301, E-Mail: florian.roghmann@marienhospital-herne.de

Markkleeberg

Dr. Matthias Schulze, Tel.: 0341/35 42-755, E-Mail: info@praxis-schulze.de

Münster

Prof. Dr. Martin Bögemann, Tel.: 0251/83-49 646, E-Mail: martin.boegemann@ukmuenster.de

Nürnberg

Dr. Clemens Huettenbrink, Tel.: 0911/3983085, E-Mail: clemens.huettenbrink@klinikum-nuernberg.de

Tab. 2 Ein- und Ausschlusskriterien der Studie (Auswahl).

Einschlusskriterien

Ausschlusskriterien

  • histologisch nachgewiesenes, cT2–T4a N0, M0 infiltrierendes Urothelkarzinom der Blase (AJCC 2017), erstmals diagnostiziert innerhalb 90 Tagen bis Studienzustimmung

  • Patienten, die für eine radikale Zystektomie nicht infrage kommen oder sich dagegen entschieden haben

  • Tumore mit einem Durchmesser ≤3 cm nach der Screening-„Abschluss“-Re-TURBT

  • alle unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit einem früheren chirurgischen Eingriff und/oder einer intravesikalen Therapie müssen vor der Randomisierung auf CTCAE Version 5.0 Grad < 2 abgeklungen sein

  • ECOG 0–2

  • adäquate Funktion von Knochenmark, Leber und Nieren

  • aktive bösartige Erkrankungen (d.h. Erkrankungen, die in den letzten 24 Monaten fortgeschritten sind oder eine Änderung der Behandlung erfordern) mit Ausnahme der im Rahmen der Studie behandelten Krankheit

  • Urothelkarzinom oder eine histologische Variante an einer anderen Stelle als der Harnblase. Ta/T1/CIS des oberen Harntrakts (einschließlich Nierenbecken und Harnleiter) ist zulässig, wenn die Behandlung durch eine vollständige Nephroureterektomie mehr als 24 Monate zurückliegt

  • diffuses Carcinoma in situ (CIS) auf der Grundlage von Zystoskopie und Biopsie

  • Anzeichen einer cT4b- oder N1–3- oder M1-Erkrankung auf der Grundlage eines lokalen radiologischen Stagings (Brust, Bauch und Becken müssen mittels CT oder MRT untersucht worden sein) innerhalb von 42 Tagen vor der Randomisierung

  • Vorhandensein von anatomischen Merkmalen der Blase oder der Harnröhre, die nach Ansicht des Prüfarztes eine sichere Platzierung, Verlegung oder Entfernung des TAR-200 verhindern könnten

  • Blasenrestvolumen (PVR) >350 ml beim Screening nach dem zweiten entleerten Urin

  • klinisch signifikante Polyurie in der Vorgeschichte mit einem aufgezeichneten 24-Stunden-Urinvolumen von mehr als 4000 ml

  • zwischen der letzten Zystoskopie/TURBT und dem Beginn der Studienbehandlung wurde eine intravesikale Chemotherapie oder Immuntherapie durchgeführt

  • vorherige Therapie mit einem PD(L)-Inhibitor

  • Dauerkatheter sind nicht erlaubt; ein intermittierende Katheterisierung ist jedoch zulässig

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Abb. 1 Bisheriger Rekrutierungsverlauf in Deutschland.


Publication History

Article published online:
08 February 2024

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