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DOI: 10.1055/a-2256-6724
Endoskopische Resektionsverfahren von flächigen Präkanzerosen und Frühkarzinomen im Rektum
Endoscopic Resection Techniques for Precancerous and Early Cancerous Lesions in the Rectum- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Prätherapeutische, endoskopische Evaluation der Läsion
- Endoskopische Resektionstechniken
- Spezielle Situation bei T1 Karzinomen im Rektum
- Zusammenfassung
- Literatur
Zusammenfassung
Die Endoskopie spielt heute nicht nur in der Erkennung von kolorektalen Adenomen und Karzinomen eine entscheidende Rolle, sondern auch in der Behandlung von insbesondere flächigen Adenomen und frühen Karzinomen. In den letzten Jahren hat neben der klassischen Polypektomie und Mukosaresektion flach-erhabener Läsionen mit der Schlinge (EMR), die endoskopische Submukosadissektion (ESD) einen zunehmenden Stellenwert erlangt. Hierbei erfolgt nach Markierung, Unterspritzung und Inzision der Mukosa um die Läsion, die Untertunnelung und das „En-bloc“-Auslösen durch eine transparente Aufsatzkappe und ein feines Diathermiemesser. Gerade bei flächigen Veränderungen mit hohem Rezidivrisiko einer Piecemeal-Resektion durch EMR sowie bei Risikoläsionen ermöglicht die ESD, nahezu größenunabhängig in der Hand des Erfahrenen, einen sicheren Abtrag mit einer histologischen R0-Resektionsrate an Zentren von weit über 90%. Die ESD ermöglicht eine optimale histopathologische Ausbeute und weist ein niedriges Rezidivrisiko von 1–3% auf. Eine weitere Bereicherung des Armamentariums stellt die endoskopische Vollwandresektion mit einem speziellen Applikationssystem dar (FTRD-System). Dieses eignet sich für umschriebene submuköse, suspekte oder narbige Veränderungen bis 2 cm Größe im mittleren und oberen Rektum. Die endoskopische intermuskuläre Dissektion (EID) ermöglicht durch Mitnahme der zirkulären inneren Muskelschicht bei der Resektion die histopathologische Analyse der kompletten Submukosa über Mukosa und obere Submukosaschicht hinaus. Sie bietet bei T1-Karzinomen ein geringeres Risiko der basalen R1-Situation und eine neue Perspektive durch die kurative, organerhaltende endoskopische Therapie bei alleiniger tiefer Submukosainfiltration ohne weitere Risikofaktoren für eine Metastasierung. Indikationen, Technik und Stellenwert der verschiedenen Techniken bei prämaligen und frühmaligen Läsionen im Rektum werden dargestellt.
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Abstract
Today, endoscopy plays a decisive role not only in the detection of colorectal adenomas and carcinomas, but also in the treatment of precancerous lesions, in particular flat adenomas and early carcinomas. In recent years, endoscopic submucosal dissection (ESD) has become increasingly important alongside classic polypectomy and mucosal resection after saline injection using a snare (EMR). Using ESD the lesion is marked, injected submucosally using viscous substances and the mucosa incised and tunneled with a transparent cap and a fine diathermy knife. Particularly in the case of widespread and high-risk lesions ESD enables a quasi-surgical “en bloc” resection almost regardless of size, with a histological R0 resection rate of far over 90% in specialized centers. ESD enables an excellent histopathological evaluation and has a low recurrence risk of 1–3%. Endoscopic full-thickness resection using a dedicated device (FTRD system) represents another addition to the armamentarium. It can be used for circumscribed submucosal, suspicious or scarred changes up to 2 cm in the middle and upper rectum. Endoscopic intermuscular dissection (EID) enables histopathological analysis of the complete submucosa beyond the mucosa and upper submucosal layer by including the circular inner muscle layer within the resection specimen. It reduces basal R1 situations and offers a new perspective for T1 carcinomas through curative, organ-preserving endoscopic therapy, especially in the case of deep submucosal infiltration alone, without other risk factors for metastases. Indications, the procedure itself and significance of the various techniques for premalignant and early malignant lesions in the rectum are presented.
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Schlüsselwörter
Rektumkarzinom - en bloc - endoskopische intermuskuläre Dissektion (EID) - endoskopische Submukosadissektion (ESD) - T1-Rektumkarzinom - endoskopische InterventionKeywords
en bloc - rectal carcinoma/cancer - endoscopic intermuscular dissection (EID) - endoscopic submucosal dissection (ESD) - T1 rectal cancer - endoscopic interventionEinleitung
Die Koloskopie ist heute das wichtigste Instrument zur Früherkennung von Darmkrebs [1] [2]. In den letzten Jahren hat sich die optische Leistungsfähigkeit flexibler Endoskope enorm entwickelt mit ultrahoher Bildauflösung, Nahfokus und digitaler Chromoendoskopie zur Hervorhebung der Oberflächenstrukturen und des Gefäßmusters ([Abb. 1] a–d). Künstliche Intelligenzsysteme (KI) ermöglichen heute plattformübergreifend die Detektion vor allem flacher Läsionen über den gesamten Bildbereich und erhöhen auch bei erfahrenen Untersuchern die Adenomdetektionsrate [3]. Die KI arbeitet, anders als der Untersucher, unabhängig von der Ermüdung des Auges über den Tag [4]. Die KI wird in den nächsten Jahren den Goldstandard der Adenomdetektionsrate (ADR) vermutlich weiter nach oben verlagern [5].
Im Bereich der endoskopischen Resektion schließt heute die endoskopische Submukosadissektion (ESD) die Lücke zwischen Radikalität und minimalinvasivem Charakter von Schlingenresektion und transanaler Chirurgie [6]. Im Folgenden sollen endoskopische Detektion, Charakterisierung und Resektionsmöglichkeiten von Präkanzerosen und oberflächlichen Frühkarzinomen im Rektum beschrieben und erläutert werden.
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Prätherapeutische, endoskopische Evaluation der Läsion
Neben dem Auge und optischen Gesamteindruck des erfahrenen Endoskopikers spielen folgende Faktoren eine Rolle in der prätherapeutischen Evaluation der Läsion: Größe und makroskopisches Erscheinungsbild entsprechend der Paris-Klassifikation sowie die japanische Einteilung für Läsionen über 2 cm Größe nach Wachstumsform (Lateral Spreading Tumors) [7] [8] [9] [10]. Burgess et al. untersuchten in einer prospektiven Studie mit 2106 Patienten, die sich wegen flächiger kolorektaler Polypen einer EMR unterzogen, hinsichtlich des Risikos für verborgene Neoplasien [11]. Risikofaktoren waren eine rektosigmoidale Lage, nicht granuläre Oberflächenstruktur und Morphologie der Paris-Klassifikation 0–Is (polypoid breitbasig) und 0–IIa+Is (gemischt flach-erhaben und polypoid) ebenso wie eine zunehmende Größe der Läsion. Während rektosigmoidale Läsionen ein hohes Malignitätsrisiko aufwiesen, zeigten flach-erhabene granuläre Läsionen (Paris 0–IIa) ein geringes Risiko für okkulte Karzinome [11].
Weiterhin spielt die Oberflächenstruktur im Nahfokus oder unter Vergrößerungsendoskopie bei der Darstellung mit blau-grünem Licht eine wesentliche Rolle (Narrow Band Imaging, NBI bzw. Blue Light Imaging, BLI). Hierzu hat sich die Einteilung nach der sog. JNET-Klassifikation durchgesetzt (Japanese Narrow-Band-Imaging Expert Team) [12] [13] [14]. Dabei fließen Merkmale ein, wie ein Homogenitätsverlust der Oberflächenstruktur, Neovaskularisation, erweiterte Gefäße und ein nicht strukturiertes Grübchenmuster entsprechend der „Pit Pattern“-Klassifikation nach Kudo, die als Hinweise auf ein potenziell infiltrierendes malignes Wachstum gelten. [Abb. 1] a–d zeigt ein oberflächlich invasives T1-Karzinom im distalen Rektum ([Abb. 1] a–d).
Ein nur relatives Kriterium für die Resektionsmöglichkeit stellt heute die Abhebbarkeit der Läsion nach Unterspritzung dar, die als „Non-Lifting-Sign“ bezeichnet wird, jedoch auch bei submuköser Fibrose ohne Malignität auftreten kann. Eine gute Abhebbarkeit ist hingegen nahezu immer mit einer günstigen technischen Resektionsmöglichkeit vergesellschaftet [6] [15]. Es konnte wiederholt gezeigt werden, dass die Einschätzung der endoskopischen „Abtragbarkeit“ eines Polypen ganz wesentlich von der Erfahrung des Endoskopikers abhängt und ein Großteil von „nicht abtragbaren“ Polypen in Zentren dennoch erfolgreich abgetragen werden können [16].
Bei präinterventionell bekannten Läsionen mit fokalem Karzinomnachweis und ohne Hinweis auf Tiefeninfiltration ist eine „En-bloc“-Resektion, entweder als chirurgische Vollwandresektion oder als endoskopische Submukosadissektion (ESD), neuerdings als endoskopisch-intermuskuläre Dissektion (EID), an einem Zentrum anzustreben [17].
Welche Resektionstechnik für welche Läsion angewandt werden sollte, hängt vom potenziell zu erwartenden histopathologischen Befund und potenziellen technischen Herausforderungen für die Untersuchung ab. Hierfür ist zunächst die genaue prätherapeutische Einschätzung des Befundes essenziell.
Nicht immer lässt sich die Histologie vor der Resektion korrekt vorhersagen. Insbesondere die tiefe submukosale Infiltration ist nicht immer ausreichend über die Läsionsoberfläche zu bestimmen. Leider helfen hierbei auch endoskopische Ultraschalluntersuchung und MRT bei T1 Karzinomen oftmals nicht entscheidend weiter [6] [18].
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Endoskopische Resektionstechniken
Endoskopische Mukosaresektion (EMR)
Die lokale Unterspritzung der Läsion und nachfolgende Abtragung mittels Diathermieschlinge wurde bereits 1973 von Deyhle und Mitarbeitern beschrieben [19]. Mit Einführung der „endoskopischen Mukosaresektion“ (EMR) wurde es möglich, insbesondere flache und flächige Läsionen abzutragen. Bei Läsionsgrößen über 2 cm ist eine komplette Resektion meist nur fraktioniert in mehreren Stücken möglich („Piecemeal-Resektion“). Mit zunehmender Anzahl der Fragmente im Verhältnis zur Größe der Läsion („Sidney Resection Coefficient“) steigt jedoch das Risiko für Lokalrezidive exponentiell an [20]. Vorteil der EMR ist die relativ einfache Erlernbarkeit sowie der umschriebene Zeitaufwand und die geringere Komplikationsrate im Vergleich zur Submukosadissektion (s. u.). Dies wird allerdings mit einer Rezidivrate von 15–40% bei flächigen Veränderungen erkauft. Die Rezidivrate kann mit der Koagulation der Schnittränder mit der Schlingenspitze gesenkt werden [21] [22].
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Endoskopische Submukosadissektion (ESD)
Die endoskopische Submukosadissektion (ESD) ermöglicht die „En-bloc“-Resektion auch flächiger Schleimhautläsionen, die mit einer herkömmlichen Schlingenresektion nur unsicher im Gesunden (R0) abzutragen sind. Darüber hinaus ist eine Resektion bei darunter liegender Narbe, auch nach chirurgischer Vorresektion möglich [6] [23]. Hierzu wird die Läsion zunächst im Abstand von 3–5 mm durch feine Koagulationspunkte mit der Spitze eines Diathermiemesserchens zirkulär markiert. Es folgt eine flächige Unterspritzung der Läsion von lateral mit einer viskösen Flüssigkeit, die ein stabiles Polster für die spätere Dissektion im Bereich der Submukosa ermöglicht und damit eine bessere Übersicht und Reduktion des Perforationsrisikos bei der Dissektion gewährleistet. Nach einer zirkulären Inzision wird die Läsion schrittweise im Niveau der Submukosa „en bloc“ ausgelöst. Während des Eingriffs wird das Endoskop mit einer zunächst zylindrischen, dann meist konischen Transparentkappe am Ende bestückt, die Stabilität und ausreichende Sicht bei der Inzision und Gewebedissektion mit dem ESD-Messer ermöglicht. Um im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung ein länger anhaltendes Flüssigkeitspolster zu erzielen, werden überwiegend visköse Flüssigkeiten, wie HAES 6% oder 10%ige Glycerol-Lösung verwendet. Das Schema in [Abb. 2] zeigt die verschiedenen Schritte des klassischen Vorgehens bei der ESD [23] [24] [25] [26]. Im Vergleich zu chirurgisch-transanalen Verfahren im Rektum (TEM) weist die ESD eine geringere Dehnungsnotwendigkeit des Analsphinkters auf. Der wesentliche Vorteil der ESD besteht jedoch in einer nahezu größenunabhängigen „En-bloc“-Resektionsmöglichkeit mit einer geringen lokalen Rezidivrate von 1–3% [27]. Hierdurch kann selbst bei mukosalen und oft auch bei submukosalen Karzinomen ein Organerhalt erreicht werden. [Abb. 3] a–d zeigt die Entfernung des Befundes aus [Abb. 1] in ESD-Technik mit Markierung, Unterspritzung und eingeschränktem Lifting ([Abb. 3] a), submucosaler Dissektion im Bereich des Haemorrhoidalplexuses ([Abb. 3] b), Wundgrund ([Abb. 3] c) und makroskopischem Präparat ([Abb. 3] d). Der histopathologische Befund ergab ein mäßig differenziertes, mukosales Frühkarzinom im Stadium pT1 bis zur Lamina Muscularis mucosae reichend ohne Infiltration der Submucosa, im Gesunden reseziert (pT1, G2, L0, V0, R0).
[Abb. 4] zeigt das Resektat nach flächiger Submukosa-Dissektion bei einem Adenomrezidiv im Rektum mit fokal hochgradiger intraepithelialer Neoplasie nach Piecemeal Schlingenresektion im distalen Rektum ([Abb. 4]).
Nachteil der ESD im Vergleich zur EMR sind der erhöhte Zeitaufwand, die höhere Komplikationsrate in Bezug auf Blutung und Perforation sowie die lange Lernkurve [6] [25] [28].
Eine zentrale Erfassung von Qualitätsparametern, wie R0-Resektionrate und relevante Komplikationen, wäre wünschenswert. Fleischmann und Kollegen publizierten 2021 eine Analyse von 1000 europäischen Fällen und klassifizierten die Zentren nach ESD-Häufigkeit pro Jahr [29]. Hochvolumenzentren führten mehr als 50 ESDs pro Jahr durch, Zentren mittlerer Größe 20–50 ESDs pro Jahr und Häuser mit niedrigem Fallvolumen weniger als 20 ESDs pro Jahr. So lagen bei Hochvolumenzentren sowohl die „En-bloc-“ als auch die R0- und die kurative Resektionsrate signifikant höher als bei Häusern mit mittleren oder niedrigen Fallvolumina. [Tab. 1] gibt die Ergebnisse im Detail wieder. Die Rate an Komplikationen lag insgesamt bei 8,3% (83/1000 ESD-Eingriffe) und auch hier in Hochvolumenhäusern mit 3% signifikant niedriger als in Häusern mit mittlerem (12,9%) und niedrigem Volumen (10,7%) [29]. Am Vivantes Klinikum in Friedrichshain, Berlin, betrug die Zahl der ESDs von 2016–2023 jährlich 80–100 Fälle/Jahr.
Volumen |
n ESDs/Jahr |
„En-bloc“-Resektionsrate |
R0-Resektionsrate |
kurative Resektionsrate |
Majorkomplikationen |
Hochvolumen-ESD-Zentren |
> 50 |
96,0% |
87,9% |
82,9% |
3% |
mittelgroße ESD-Zentren |
> 20–50 |
93,9% |
77,3% |
69,8% |
12,9% |
kleine Häuser |
≤ 20 |
86,3% |
68,5% |
61,0% |
10,7% |
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Intermuskuläre Dissektion (EID)
Eine Erweiterung der ESD-Technik im distalen Rektum stellt die „endoskopische intermuskuläre Dissektion“ (EID) für Läsionen mit V. a. tiefe submukosale Invasion dar (sm2 nach der Kikuchi-Klassifikation; [Abb. 5]) [27] [30] [31] [32] [33] Die Technik wurde von Toyonaga et al. 2018 erstmals für narbige Läsionen oder bei V. a. submukosale Infiltration als „Peranale Endoskopische Myektomie“ (PAEM) vorgestellt [34]. Im Gegensatz zu mukosalen T1-Karzinomen mit einer R0-Resektionsrate von bis zu 92% an Zentren sinkt in Studien die histologische R0-Resektionsrate auf 62–64% im Falle einer tiefen submukosalen Infiltration (s. o.) [35] [36]. Eine chirurgische transanale Vollwandresektion (transanale Exzision, TAE; transanale endoskopische Mikrochirurgie, TEM) bezieht zwar alle Schichten ein, sie zerstört jedoch im Falle einer notwendigen nachfolgenden chirurgischen totalen mesorektalen Exzision (TME) die embryologischen Leitstrukturen, insbesondere in Bereichen geringer perirektaler Fettausprägung [37]. Dies führt zu einer erschwerten Dissektion bei der TME und mindert die Qualität des histologischen Präparates bei einer notwendigen chirurgischen Nachresektion (engl. „Completion Surgery“, CS) [38]. Im Gegensatz hierzu wird bei der endoskopischen intermuskulären Dissektion die äußere Längsmuskelschicht erhalten. So wird bei der EID, wie bei einer klassischen ESD-Technik, die Läsion zunächst unterspritzt und umschnitten. Hiernach wird jedoch zusätzlich die Ringmuskulatur inzidiert mit anschließender Dissektion zwischen Ring- und Längsmuskulatur sowie abschließender Auslösung des Präparates samt Teilmuskulatur ([Abb. 5]). Ziel ist es, dem Pathologen, insbesondere in kritischen Bereichen hinsichtlich Tiefeninfiltration, die gesamte Breite der Submukosaschicht zu präsentieren. Moons et al. publizierten 2022 eine erste niederländische multizentrische Fallserie von 67 Patienten mit V. a. tiefe submukosale Infiltration bei Rektum-Frühkarzinom. Sie erzielten eine technische Erfolgsrate von 96% und eine histologische R0-Resektionsrate von 85% [27]. Die Technik erscheint zweifelsfrei vielversprechend, insbesondere für Läsionen distal der peritonealen Umschlagsfalte. Eigene erste Erfahrungen an 5 Patienten (Stand 10.01.2024) zeigten einen diagnostischen Gewinn in allen Fällen durch die Auswertbarkeit der kompletten Tiefeninfiltration im Bereich der Submukosa. Komplikationen traten bei der im Vergleich zur ESD zunächst noch aufwendigeren Technik bisher nicht auf. Ein Patient mit Tiefeninfiltration in die Muscularis propria wurde elektiv nachreseziert ohne subjektiv erschwerte Operationsbedingungen. Eine entsprechende Publikation ist aktuell in Vorbereitung. Ein Fallbeispiel ist in [Abb. 6] a–e gezeigt. Weitere Untersuchungen und Langzeitergebnisse bleiben abzuwarten. Die intermuskuläre Dissektion könnte auch in Hinblick auf neue Immuntherapien für ausgewählte Fälle an Rektumkarzinomen neue Perspektiven bieten und wird hier zu evaluieren sein [39] [40] [41].
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Endoskopische Vollwandresektion (eFTR)
Seit der Markteinführung Ende 2015 erweitert das Ovesco FTRD-System das Spektrum der endoskopischen Therapiemöglichkeiten zur Entfernung von Polypen im Dick- und Enddarm. Die endoskopische Vollwandresektion (eFTR – Endoscopic Full-Thickness Resection) mit dem sog. „Full Thickness Resection Device“ (FTRD) entfernt Polypen einschl. der gesamten darunter liegenden Darmwand ([Abb. 7]) [15]. Neben suspekten Polypen können grundsätzlich auch umschriebene Polypenrezidive oder -reste in vernarbtem Gewebe entfernt werden.
Das FTRD-System besteht aus einer Transparentkappe mit Clip ähnlich dem OTSC-Makroclip in Kombination mit einer Diathermieschlinge in einer distalen inneren Rinne in der Kappe. Der erkrankte Darmwandabschnitt wird zunächst mit einer Greifzange plus Sog in die Fixierkappe eingezogen und der OTSC-Makroclip („Bärenfalle“) gelöst. Der Nickel-Titan-Clip klemmt den Befund plus die darunter liegende Darmwand pilzförmig ab. Die Basis dieses Pilzes kann nun basal durch die Schlingen 1,5–2 mm über dem Nickel-Titan-Clip abgetrennt und das Präparat geborgen werden ([Abb. 7]). Grundsätzlich sind für die endoskopische Vollwandresektion mit dem FTRD-System im Rektum Läsionen bis max. 20 mm geeignet [42]. Einschränkungen des FTRD-Systems liegen im Bereich des distalen Rektums aufgrund der limitierten Mobilität des Gewebes. Küllmer et al. werteten die Ergebnisse nach Vollwandresektion bei 156 kolorektalen T1-Karzinomen aus [43]. Die Resektionsrate lag bei in der Voruntersuchung nach Unterspritzung abhebbaren Läsionen mit 87,5% signifikant über der von Läsionen mit mangelnder Abhebung („Non-Lifting Sign“) mit 60,9%, sodass bei „Non-Lifting-Sign“ in der Voruntersuchung das Verfahren im Rektum in Anbetracht der guten Alternativen nicht eingesetzt werden sollte [43].
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Spezielle Situation bei T1 Karzinomen im Rektum
Zahlreiche Adenokarzinome werden bei suspekten Polypen erst nach der endoskopischen Resektion histopathologisch diagnostiziert. Kolorektale Karzinome, deren Eindringtiefe die Submukosa nicht überschreitet, werden als Frühkarzinome bezeichnet. Zu diesen zählen einerseits die sog. Mukosa- oder intraepithelialen Karzinome (pTis) sowie pT1-Karzinome mit Tiefeninfiltration bis in die Submukosa. Frühkarzinome unterscheiden sich je nach Risikoprofil erheblich in ihrer Prognose.
Grundsätzlich gilt es, zu bedenken, dass bei Karzinomen im Stadium pT1 die lokale „En-bloc-“ Resektion als alleinige therapeutische Maßnahme ausreichend ist, wenn folgende Bedingungen zur Einstufung in eine Niedrigrisikosituation erfüllt sind [44] [45]:
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Durchmesser < 3 cm
-
G1/2: gute oder mäßige histologische Differenzierung
-
L0: keine Infiltration von Lymphgefäßen
-
V0: keine Infiltration von Blutgefäßen
-
R0: komplette Resektion
-
fehlende „versprengte“ Tumorzellen an der Invasionsfront des Karzinoms („Budding“; „Tumorknospung“)
Liegen hingegen Risikofaktoren vor, wie ein schlechter Differenzierungsgrad, eine Lymphgefäßinfiltration, tumorpositive Resektionsränder oder eine Tumorknospung, so spricht man von einem Hochrisiko-T1-Karzinom (engl. „High Risk“). Die tiefe submuköse Invasion (> 1000 µm) als alleiniger Risikofaktor ohne weitere negativ prädiktive Faktoren stellt nach jüngsten Studien nur einen geringen Risikofaktor für die Metastasierung dar [44].
Das Risiko für eine Lymphknotenmetastasierung liegt nach Chen et al. bei einem High-Risk-T1-Rektumkarzinom bei 20,7% (bei einem Risikofaktor) und bei bis zu 36,4% bei mehreren Risikofaktoren [46]. Wichtigste Risikofaktoren für eine Lymphknotenmetastasierung sind Lymphgefäßinvasion (L1) und schlechte Differenzierung [44] [45]. Aus genannten Parametern ergibt sich üblicherweise die Indikation zur sekundären chirurgisch-onkologischen Resektion. Diese sollte klassischerweise innerhalb von 30 Tagen ohne Nachteil für das onkologischen Ergebnis durchgeführt werden [47].
Im Rektum wird bei der Notwendigkeit einer chirurgischen totalen mesorektalen Exzision (TME) eine Mortalität von 1–1,5% angegeben. Zudem besteht eine im Vergleich zur endoskopischen Therapie erhöhte Morbidität mit potenziellen Folgen wie Kolostoma, Sexualfunktionsstörungen, Urin- und Stuhlkontinenzproblemen [48] [49]. Trotz des Risikos für ein Lokalrezidiv, von Lymphknoten- oder von Fernmetastasen profitieren nicht alle Patienten von einer sekundären chirurgisch-onkologischen Resektion [50]. In einer 2023 erschienen Arbeit von Corre et al. unter Einbeziehung von 197 Patienten zeigte sich für die nachoperierten Patienten mit High-Risk-pT1-Karzinomen nach 48 Monaten kein Vorteil in Bezug auf krankheitsfreies Überleben oder Tod [51]. In einer größeren Metaanalyse von Chen et al. unter Einschluss von 2961 Patienten zeigte sich ein Benefit für Patienten in der nachresezierten Gruppe erst nach 10 Jahren Follow-up [46]. Es scheint bei alten, multimorbiden Patienten daher eine individualisierte Entscheidung gerechtfertigt, ob eine sekundäre chirurgisch-onkologische Resektion erfolgen sollte oder nicht.
In der Frage ob eine chirurgisch-operative Therapie auch nach ESD gleich kurativ durchgeführt werden kann, fanden Takamaru et al. an über 800 Patienten mit kolorektalen Hochrisikokarzinomen keinen onkologischen Nachteil für die primäre ESD und ggf. notwendige sekundäre chirurgische Resektion im Vergleich zu einer primären chirurgischen Resektion [52].
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Zusammenfassung
Endoskopische Verfahren ermöglichen heute auch großflächige Resektionen von Adenomen und die kurative Resektion von mukosalen und Niedrig-Risiko-T1-Karzinomen im Rektum. Die endoskopische Submukosadissektion (ESD) hat hierbei zu einer wesentlichen Senkung der Lokalrezidivrate im Vergleich zum stückchenweisen Abtrag durch „Piecemeal“-Resektion führen können. Dies betrifft insbesondere Läsionen im distalen Rektum und anorektalen Übergang, wo die ESD primär eingesetzt werden sollte. Die endoskopische intermuskuläre Dissektion (EID) stellt bei Rektumfrühkarzinomen mit unsicherem oberflächlichem Befall eine neue Perspektive dar, die in multizentrischen Studien an Zentren mit sehr hoher ESD-Frequenz weiter evaluiert werden sollte. Eine endoskopische Resektion stellt hier auch bei High-Risk-pT1-Karzinomen keinen Nachteil dar vor potenzieller sekundärer chirurgischer Resektion. Die primäre endoskopische Resektion an einem Zentrum mit entsprechender Frequenz und Expertise bei komplexen ESD-Resektionen und viszeralchirurgischem Back-up sollte bei unklaren Fällen daher immer angestrebt werden.
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Interessenkonflikt
Es besteht kein primärer Interessenskonflikt in Bezug auf den Beitrag. Forschungsunterstützung: Erbe, Tübingen: Fujifilm Europe, Ratingen; Medtronic, Meerbusch; Ovesco, Tübingen. Honorare für Vorträge: Falk Foundation, Freiburg; Fujifilm Europe, Ratingen; Ovesco, Tübingen.
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Literatur
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Received: 06 December 2023
Accepted after revision: 23 January 2024
Article published online:
05 March 2024
© 2024. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
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