Kinder- und Jugendmedizin 2025; 25(S 01): S35-S39
DOI: 10.1055/a-2377-2915
Übersicht

Pneumologische Probleme bei Kindern mit operierter Ösophagusatresie

Article in several languages: deutsch | English

Authors

  • Stephan Illing

    1   Wissenschaftlicher Beirat, KEKS e. V., Stuttgart, Deutschland
  • Stefanie Lorenz

    2   Kinder- und Jugendmedizin, KEKS e. V., Stuttgart, Deutschland
 

Zusammenfassung

Die meisten Kinder mit Ösophagusatresie (ÖA) haben pulmonale Probleme. Ursachen sind begleitende Fehlbildungen der zentralen Atemwege, Tracheomalazie, Intubations- und Beatmungsfolgen sowie Frühgeburtlichkeit. In der Folge kommt es zu gehäuften pulmonalen Infektionen mit bakterieller Beteiligung. Spätfolgen sind Bronchiektasen und andere strukturelle Schädigungen der Lungen, mit restriktiver Ventilationsstörung, verminderter Belastbarkeit und erhöhter Mortalität. Um pulmonale Spätfolgen zu verhindern, ist eine frühzeitige und konsequente multidisziplinäre Nachsorge und Behandlung bei Kindern mit ÖA zu fordern sowie die Fortsetzung auch im Erwachsenenalter. Nur wenige große Zentren können solche Strukturen vorhalten und die notwendige Expertise erwerben.


Einleitung

Die Ösophagusatresie (ÖA) ist primär eine kinderchirurgisch zu behandelnde Erkrankung. Es zeigt sich allerdings meist sehr früh, dass Atemwege und Lungen eine wichtige Rolle im weiteren Verlauf spielen. Bisher fehlen systematisch kontrollierte prospektive Studien zu Atemwegsproblemen bei Kindern mit ÖA. Das liegt sicher z. T. auch daran, dass keine strukturierte Versorgung und insbesondere Nachsorge existiert. Solange in Deutschland 111 Kliniken Kinder mit ÖA operieren – davon 29 nur einmal in 5 Jahren – wird sich daran auch nichts ändern. In einigen Ländern (Frankreich, Australien, Skandinavien) gibt es Ansätze zu einer Zentralisierung und daher mehr Daten. In der Literatur finden sich vor allem Berichte über pulmonale Folgen nach einer Ösophagusatresie, meist Einzelfallberichte oder Fallserien. Trotzdem ist es gelungen, auf Initiative des INoEA (International Network of Esophageal Atresia) eine Arbeitsgruppe (Respiratory Complications Working Group) zu gründen, die Empfehlungen für die Erkennung und Behandlung dieser Probleme herausgegeben hat [1].


Häufigkeit pulmonaler Probleme nach operierter Ösophagusatresie

Die Daten aus dem französischen Register mit 1287 ÖA-Kindern zeigen in der 12-Monats-Auswertung eine Sterblichkeit von 7%. Knapp ein Drittel der Kinder wurde im 1. Lebensjahr aufgrund von Atemproblemen stationär aufgenommen. Signifikante Risikofaktoren sind: initial mehr als 90 Tage stationär, Sondenernährung, Inhalationstherapie bei erster Entlassung, Fistelrezidiv, Aortopexie, Reflux, Antirefluxoperation, Bougierungen, mangelnde Gewichtszunahme [2].

Bei den meisten Studien werden respiratorische Symptome nicht abgefragt. Bei einer Metaanalyse zeigen die Fallserien, die respiratorische Symptome erfassten, bei bis zu einem Drittel der Kinder chronische Atemprobleme. Diese Zahlen sind allerdings schwer vergleichbar und verwertbar. Hauptprobleme sind chronischer Husten, wiederkehrende Atemwegsinfektionen, und chronische Lungenerkrankung [3].

In einer etwa 10 Jahre alten Studie wurden von 110 Erwachsenen die 80 Überlebenden eingeladen, 28 haben teilgenommen. Fast 80% hatten pulmonale Probleme, überwiegend eine restriktive Ventilationsstörung. Die Lungenerkrankung war in den meisten Fällen bis zum Zeitpunkt der Studie nicht erkannt [4].

Eine Schwierigkeit bei der Erfassung pneumologischer Probleme im Erwachsenenalter besteht darin, dass meist nur die gesünderen Patienten überlebt haben [5]. Das führt zu einer Datenverzerrung, insbesondere unter dem Aspekt, dass die Hauptsterblichkeit bei ÖA-Kindern jenseits des 1. Lebensjahres pneumologische Ursachen hat. Durch strukturierte Versorgung ist hier zumindest in einigen Ländern eine Wende zu einer deutlichen Verbesserung eingetreten.


Symptome

Trockener bzw. bellender Husten ist ein typisches Symptom von ÖA-Kindern. Dies liegt an der Tracheomalazie, die neben der Änderung der Atemmechanik auch zu einem veränderten Resonanzraum führt. Auch ohne übermäßige Sekretbildung haben ÖA-Kinder sehr häufig chronischen Husten, der sich kaum unterdrücken lässt. Dies ist auch unabhängig von Infekten und wesentlich häufiger als bei Alterskameraden [6].

Chronischer Husten mit Sekret ist ein Hinweis auf ein relevantes funktionelles oder anatomisches Problem in den zentralen Atemwegen und/oder der Lungenperipherie. Die Ursache muss eruiert werden, um weiteren Schaden von den Atemwegen fernzuhalten.

Wiederkehrende Atemwegsinfekte sind im Kleinkindesalter normal. Wenn diese Infekte regelmäßig langwierig oder komplikationsreich sind, ist dies ebenfalls Hinweis auf eine relevantes pneumologisches Problem.

Hilusnahe „zentrale“ beidseitige Bronchopneumonien kommen bei Kleinkindern mit einer Häufigkeit von ca. 4% im Jahr vor, meist im Rahmen von Virusinfekten und sind vergleichsweise harmlos. Bei ÖA-Kindern kommt es in den ersten Lebensjahren sehr häufig zu Pneumonien, in aller Regel komplizierend bei bzw. nach Atemwegsinfekten und mit lokalen Infiltraten (Mittellappen, basal ein oder beidseitig u. a.). Etwa die Hälfte der ÖA-Kinder hatte mindestens eine stationär behandelte Pneumonie, sehr viele davon haben in den ersten Lebensjahren 3 oder mehr Pneumonien [6], [7], [8].


Typische komplexe Probleme bei Kindern mit Ösophagusatresie

Aspiration

Kinder mit ÖA aspirieren sehr häufig und meist rezidivierend, meist kleine Mengen. Ursachen sind anatomische oder funktionelle Besonderheiten im Kehlkopf, Ösophagus und der Trachea. Typische anatomische Beispiele sind unerkannte Larynxspalten, Fisteln (Rezidiv oder unerkannt), Stimmbandlähmung.

Funktionelle Schluckprobleme ohne anatomische Stenose sind sehr häufig und oft sehr lange unerkannt. Die Symptome können sowohl von Kinderchirurgen als auch Pneumologen fehlgedeutet werden. So können auch Flüssigkeiten durch die unterbrochene Peristaltik hängen bleiben. Typische Anamnese: Cola aus dem Glas führt zum Husten (= Aspiration bei großem Schluck und durch Aufschäumen), Cola mit dem Strohhalm geht besser (= kleine Schlucke, die leichter passieren und weniger aufschäumen). Kinder mit ÖA essen meist langsamer, weil die Peristaltik nicht regelrecht funktioniert bzw. im distalen Bereich unkoordiniert und „chaotisch“ ist.

Auch die Ansammlung von Sekret (Speichel), Reflux oder Regurgitation nach Steckenbleibern kann zur Aspiration führen. Der Aspirationsschutz durch Laryngospasmus funktioniert bei ÖA nicht immer gut und ist obendrein auch ein zusätzliches Problem [9]. Asthmasymptome können durch Mikroaspirationen vorgetäuscht werden, sodass viele ÖA-Patienten eine inadäquate und wirkungslose Asthmatherapie erhalten. Dies ist besonders fatal, wenn ein inhalatives Steroid mit hoher lokaler Resorption (z. B. Beclometason) verwendet wird und durch eine Mykose die Funktionalität im Kehlkopfbereich weiter verschlechtert wird.


Wachstum und Leistungsfähigkeit

Die Faktoren körperliches Wachstum und Leistungsfähigkeit sind keine primär pulmonalen Symptome, aber es gibt wechselseitige Beziehungen. Ist die Lunge schwer beeinträchtigt, reduziert dies das körperliche Wachstum. Umgekehrt können z. B. aufgrund mangelnder Nahrungsaufnahme schlecht wachsende Kinder nicht normal leistungsfähig sein und auch das Lungenwachstum ist davon betroffen.

ÖA-Patienten liegen mit Längen- bzw. Größenperzentilen unter dem Altersdurchschnitt. Sie zeigen weniger körperliche Aktivität als ihre Altersgenossen. In allen Altersstufen – und am deutlichsten bei Jugendlichen – ist der Sportindex (Minuten/Woche) deutlich niedriger bei Kindern mit ÖA als beim gesunden Vergleichskollektiv [10].


Orthopädische Symptome

Jugendliche und junge Erwachsene nach ÖA haben ein mehrfach erhöhtes Risiko für eine Skoliose: Bei 12% besteht eine Skoliose > 20°, zusätzliche 22% haben eine leichte Skoliose. In dem untersuchten Kollektiv hatten die meisten Patienten keine zusätzlichen vertebralen Fehlbildungen. Sehr viele hatten eine geringere körperliche Belastbarkeit. Das Skolioserisiko nimmt mit dem Alter zu [11].

Da es sich meist um relativ rigide Skoliosen handelt, die nicht mit der klassischen AIS vergleichbar sind, kann man davon ausgehen, dass es dadurch eine zusätzliche Beeinträchtigung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit kommt.



Typische klinische Diagnosen bzw. Komplikationen

Tracheomalazie

Die meisten Kinder mit ÖA haben eine Tracheomalazie, unabhängig ob bzw. welche Fistel(n) bestehen bzw. bestanden. Ab einem exspiratorischen Restlumen von mehr als 50% gibt es außer dem bellenden Husten meist keine Symptome. Bei einem exspiratorischen Restlumen unter 10% haben die Kinder oft erhebliche Dyspnoephasen, besonders bei Infekten. Diese Zyanoseanfälle können hochdramatisch verlaufen. Verstärkt wird dies zusätzlich durch einen Bolus, wenn also Nahrungsmittel stecken bleiben und ganz besonders, wenn noch kardiale Fehlbildungen vorliegen, insbesondere Gefäßanomalien oder ein Rechts-links-Shunt.

Die Tracheomalazie führt nicht nur zum typischen bellenden Husten, sondern auch zu rezidivierenden unteren Atemwegsinfektionen. Der Auskultationsbefund mit „Wheezing“ verleitet oft zu einer inadäquaten Betamimetika-Therapie.

Bei schwerer Tracheomalazie zeigt sich bei ca. 50% der Kinder eine Aspiration im Breischluck [7].

Besonders bei ausgeprägter Tracheomalazie persistieren die Symptome. So haben viele überlebende Erwachsene typische respiratorische Probleme [8].

Zusätzlich bestehen sehr häufig Störungen an den Stimmbändern (bis 30%), oft als Folge der (Langzeit-)Beatmung bzw. chirurgischer Eingriffe oder als Refluxfolge.


Beeinträchtigte Airway-Clearance

Durch die Lumeneinengung der Trachea entstehen nicht nur mechanische Probleme. Aufgrund der chronischen Entzündung und der Anomalie der Schleimhaut im Fistelbereich kommt es zum Verlust der Zilien in den zentralen Atemwegen [1]. Dies führt dann zu Sekretretention mit Sekundärinfektion und Inflammation der Atemwege mit bakterieller Bronchitis. Die Spätfolge sind Bronchiektasen und Zerstörung der Lungenstruktur. Besonders bedeutsam sind diese Probleme bei Kleinkindern. Sie setzen sich aber bei vielen Erwachsenen fort [8]. Ursachen dafür sind die Fehlbildung selbst, erworbene Schädigung im Rahmen der Operation(en), unzureichendes Infektmanagement im Kindesalter, Komorbiditäten, wiederkehrende untere Atemwegsinfektionen, Atopie, Rauchen.


Bronchiektasen

Nur extrem wenige Neugeborene kommen mit Bronchiektasen auf die Welt. Bronchiektasen sind ein Spätsymptom und in den meisten Fällen die Folge von Atemwegsinfekten. Am häufigsten kommen sie bei Mukoviszidose und Zilienfunktionsstörungen vor und sind bei diesen Erkrankungen trotz strukturierter Therapie nicht ganz zu vermeiden.

Rezidivierende Pneumonien im jungen Kindesalter sind unabhängig von der Grunderkrankung/Fehlbildung ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung von Non-CF-Bronchiektasen. Folgen sind Rückgang der Lungenfunktion, häufige pulmonale Exazerbationen, schlechtere Lebensqualität und Tod im frühen Erwachsenenalter [8], [12]. Immotile Zilien (primär oder sekundär wie bei ÖA) fördern die Entstehung von Bronchiektasen.

Bei Kindern mit ÖA (6 Monate bis 12 J.) finden sich bei 30% Bronchiektasen [13], oft kombiniert mit Atelektasen, z. B. im rechten Mittellappen. Es gibt nur wenige größere Reihenuntersuchungen mittels CT bei ÖA-Kindern. Bei einer dieser Serien wurden bei Kindern mit durchschnittlich 7,4 Jahren bei 31% Bronchiektasen gefunden. Bei der parallel durchgeführten Bronchoskopie gab es keine Hinweise darauf [14]. Bei 14% bestanden zusätzlich Tracheadivertikel – überwiegend bei Kindern, die aus kleineren Zentren zugewiesen waren.

Bronchiektasen sind so häufig, dass es eine explizite Empfehlung gibt, bei Erwachsenen nach ÖA und chronischem Husten dies mittels CT auszuschließen [9].


Assoziierte Fehlbildungen

Sehr viele ÖA-Patienten haben begleitende andere Fehlbildungen, am häufigsten Herzfehler bzw. Anomalien der zentralen Gefäße. Bei verschiedenen Syndromen und Chromosomenanomalien wie Trisomie 21 kommt eine ÖA vor.

Am bekanntesten ist die VACTERL-Assoziation, sehr viel seltener die CHARGE-Assoziation.



Diagnostik

Kinder mit ÖA haben Anspruch auf eine qualifizierte Diagnostik bez. der Atemwege. Bereits beim initialen Aufenthalt sollte erkannt werden, ob eine begleitende Fehlbildung im Kehlkopf vorliegt, meist eine dorsale Spalte. Die ist nicht selten und wird sehr oft initial nicht diagnostiziert [9]. Weiterhin sollte das Ausmaß der Tracheomalazie bekannt sein. Ferner ist wichtig, dass atypische Bronchialabgänge wie z. B. beim rechten Oberlappenbronchus, zusätzliche Einengungen z. B. durch aberrierende zentrale Gefäße/kardiale Fehlbildungen und weitere Fehlbildungen vor der Entstehung pulmonaler Komplikationen erkannt werden. Dazu eignet sich die flexible Bronchoskopie in Sedierung unter Spontanatmung, z. B. in der Einleitungsphase bei operativen Eingriffen. Bei Verdacht auf eine Fistel muss eine kombinierte Bronchoskopie und Ösophagoskopie durchgeführt werden.

Auch nach der Neugeborenenzeit gibt es Indikationen für eine – ggf. auch invasive – Abklärung, z. B. chronischer (feuchter) Husten oder wiederholten Pneumonieepisoden.

Eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) kann sinnvoll sein, um eine chronische Aspiration auszuschließen.

Ein Low-Dose-CT des Thorax oder alternativ ein MRT der Lunge (Mukoviszidosestandard) jeweils im freien Intervall nach einer Pneumonie ist geeignet, Folgeschäden zu erkennen. Ein normales Röntgenbild des Thorax schließt Bronchiektasen nicht aus. Jährliche Routine-Thorax-Untersuchungen werden nicht empfohlen [1], erst recht kein jährliches CT.

Eine weitere noch nicht allgemein verfügbare Methode ist das Real-Time-MRT. Damit kann das Zusammenspiel von Kehlkopf, Schluckakt und Atmung dokumentiert werden kann.

Die Blutbilddiagnostik und das CRP sind keine geeigneten Parameter, um im Rahmen einer pulmonalen Symptomatik eine bakterielle Superinfektion auszuschließen [1]. Damit wird die notwendige Antibiose im Zweifel verzögert mit entsprechenden Folgen.

Die Lungenfunktionsuntersuchung ist von begrenztem Wert, um eine Bronchomalazie zu diagnostizieren (fehlerhafte Interpretation als asthmatische Obstruktion). Die verminderte Lungenfunktion bei ÖA-Kindern ist schon lange bekannt und wurde früher sicher teilweise auch zu Recht auf Frühgeburtlichkeit, Intensivtherapie und Beatmung bezogen [15].

Aber auch bei besserer neonatologischer Versorgung besteht das Problem weiter. Bei einer Nachuntersuchung von Jugendlichen mit ÖA hatten 63% keine normale Lungenfunktion [16]. Die Länge des Gaps bei der ÖA korreliert mit dem Grad der Restriktion.

Registerdaten aus Schweden zeigen, dass mit zunehmendem Alter die Lungenfunktion zurückgeht. Das durchschnittliche forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1) liegt mit 8 Jahren bei 82%, mit 15 Jahren bei 76%. Es finden sich viele Patienten mit „Obstruktion“, Restriktion oder kombinierter Störung [17]. Bei Erwachsenen ist die Vitalkapazität mit durchschnittlich 74% deutlich geringer als bei dem Vergleichskollektiv (104%). Und man muss sich bewusst sein, dass dabei nur die Patienten mit weniger Komplikationen dabei sind, weil sie überlebt haben.

Trotz dieser Limitierungen ist es wichtig, ein regelmäßiges Monitoring der Lungenfunktionsparameter durchzuführen.


Therapie

Bei sehr schwer kranken Säuglingen kann in der Initialphase eine nicht invasive Beatmung mit PEEP ggf. sinnvoll sein, und einige wenige Kinder profitieren von einem Tracheostoma, ggf. mit langer Kanüle. Meist handelt es sich um ÖA-Kinder mit mehreren schweren Begleitfehlbildungen.

Bei sehr schwerer Tracheomalazie mit häufigen Zyanoseepisoden und rezidivierenden Aspirationen kann eine Aortopexie (mit intraoperativer bronchoskopischer Kontrolle) hilfreich sein [1]. Ein charakteristischer klinischer Hinweis ist das häufige Überstrecken, was die Kinder instinktiv tun, um die Trachea „aufzuspannen“. Sehr erfolgreich und prophylaktisch wirksam ist die Technik der posterioren Tracheopexie, die im Rahmen einer minimalinvasiven primären Operation angewendet wird und noch nicht flächendeckend angeboten wird – ein weiteres Argument für eine zentralisierte Versorgung in wenigen hochqualifizierten Zentren.

Die Empfehlung zur Antirefluxtherapie hat nur „Expertenniveau“ [1], gute klinische Studien dazu gibt es nicht. Bronchodilatatoren wie Salbutamol sollten eher nicht eingesetzt werden, da sie zu einer Verstärkung des Bronchialkollapses führen können [1]. Mukolytika haben einen sehr begrenzten Effekt. Inhalative Steroide sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll (s. o.) und können zu Infektionskomplikationen führen.

Entscheidend ist, bakterielle Mischinfektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Im Prinzip muss jede Pneumonie verhindert werden, um die Entwicklung von Bronchiektasen nicht zu fördern. Eine niedrige Schwelle zur Verordnung von Antibiotika wird ausdrücklich angeraten [1]. Diese frühzeitige konsequente Therapie bei Infekten mit beginnender Superinfektion hat Vorrang vor akuter Diagnostik, da weder Blutbild noch CRP noch aktuelle Thorax-Röntgenbilder Entscheidungshilfen sind [14]. Dabei ist das Keimspektrum zu beachten. Staphylokokken sind der zweithäufigste Keim in Non-CF-Bronchiektasen. Es muss also ein Antibiotikum verwendet werden, das zuverlässig die Trias Haemophilus, Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus wirksam bekämpft. Dabei sind Resistenzentwicklungen sehr selten. Resistente Keime (insbesondere MRSA) kommen praktisch nur nach stationärer Langzeitbehandlung des ÖA-Patienten oder anderer Menschen im direkten Umfeld vor.

Um eine zeitgerechte Therapie zu ermöglichen, empfiehlt sich ein praktikables und verantwortbares Vorgehen: Den Eltern Antibiotika für 2 Therapiezyklen von 7 bis 10 Tagen zu rezeptieren. Sie sollen dies dann selbstständig einsetzen. Eltern können i. d. R. sehr gut entscheiden, wann eine Therapie sinnvoll ist. Die notfallmäßige Verordnung von Antibiotika außerhalb regulärer Praxiszeiten auf Wunsch der Eltern mit Hinweis auf die ÖA funktioniert weder bei vertretenden Praxen noch in Notfallambulanzen gut, und wenn, werden meist wenig geeignete Substanzen verordnet. Eine Dauerantibiose – bspw. während der Infektsaison – bleibt Ausnahmefällen vorbehalten.

Erwachsene mit ÖA unterscheiden sich bez. des pulmonalen Mikrobioms nur unwesentlich von anderen Menschen [5], wobei die Zahlen gering sind und nur relativ problemlose ÖA-Patienten untersucht wurden.

Aufgrund einer Metaanalyse bisheriger Studien bez. des pulmonalen Outcomes wurde ein Algorithmus für das Management als Vorschlag entworfen, der etwa dem hier vorgeschlagenen Prozedere entspricht [18].

Airway-Clearance-Techniken mit Atemtherapie und ggf. auch autogener Drainage sind bei vielen Kindern hilfreich [7], [9]. Dies kann bspw. in Physiotherapiepraxen erlernt werden, die Mukoviszidoseexpertise haben.


Zusammenfassung

Aus den vorliegenden Daten ergibt sich die dringliche Notwendigkeit, den Kreislauf aus pulmonalen Frühkomplikationen und dauerhafter Zerstörung der Lungenstruktur zu durchbrechen [14]. Dabei ist es wichtig, Kinder mit pulmonalen Problemen bei ÖA rechtzeitig zu identifizieren, was in vielen operierenden Kliniken nicht stattfindet. Etwa die Hälfte der Kinder mit ÖA hat besagte pulmonale Probleme. Daher sind alle Kinder regelmäßig zu begutachten. In manchen Fällen treten die Probleme erst im Jugendalter auf.

Die Risikofaktoren für einen problematischen Verlauf sind bekannt. Kinder mit Primärversorgung in kleineren bzw. selten operierenden Kliniken haben ein höheres Risiko für pulmonale Spätkomplikationen [14].

Alle verfügbaren Daten sprechen für eine multidisziplinäre Nachsorge mindestens mit (Kinder-)Chirurgie, (pädiatrischer) Pneumologie, (pädiatrischer) Gastroenterologie, Orthopädie und nach Bedarf weiteren Disziplinen [1], [7]. Besonders in den ersten 3 Lebensjahren ist ein kurzfristiges Monitoring alle 3 bis 6 Monate zu fordern [14].

Daraus ergeben sich die folgenden Empfehlungen:

  • Pneumologische Nachsorge ab dem Neugeborenenalter sollte aktiv durch die behandelnden Kinderärztinnen und Kinderärzte empfohlen werden.

  • Regelmäßige Betreuung durch Kinderpneumologen, die spezielle Kenntnisse bez. bronchopulmonaler Fehlbildungen und bei der Erkennung und Behandlung der Bronchiektasen haben; ggf. ist den Eltern eine 2. Meinung in einer zertifizierten Klinik zu empfehlen.

  • Transitionskonzept mit dem Ziel einer pulmologischen Weiterbetreuung im Erwachsenenalter: Auch hier kann die betreuende Kinderärztin bzw. der betreuende Kinderarzt frühzeitig die Notwendigkeit ansprechen.

Nur wenn diese Empfehlungen umgesetzt werden, lassen sich vermeidbare Lungenschäden bei ÖA-Patienten verhindern – Schäden, die letztlich die Lebenserwartung verkürzen.



Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse/Correspondence

Dr. med. Stephan Illing
KEKS e. V.
Sommerrainstraße 61
70374 Stuttgart
Deutschland   

Publication History

Article published online:
10 October 2025

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