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DOI: 10.1055/a-2435-3913
Phoniatrie im Kindes- und Jugendalter

Phoniatrie im Kindes- und Jugendalter
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
Schlucken, Sprache, Sprechen und Stimme sind komplexe Funktionen, die sich im Kindesalter spezifisch und mit einer individuell unterschiedlichen Dynamik entwickeln. Diese Ausgabe soll für die pädiatrische Praxis anatomische und kognitive Voraussetzungen sowie Landmarken und Normwertbereiche dieser Entwicklung aufzeigen, mögliche Abweichungen und Pathologien darstellen und einen Überblick über diagnostische und therapeutische Optionen geben. Im Mittelpunkt steht dabei die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den medizinischen und therapeutischen Professionen.
Das medizinische Fachgebiet, das sich spezialisiert mit diesen Funktionalitäten beschäftigt, ist die Phoniatrie und Pädaudiologie. Seit der neuen Weiterbildungsordnung ist es ein eigenständiges Fachgebiet, das außerdem die Spezialmedizin für kindliches Hören ist und sich aus der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde heraus entwickelt hat. Heute stehen Ihnen bundesweit Kolleginnen und Kollegen mit ihrer phoniatrischen und pädaudiologischen Expertise zur Seite, um gemeinsam Kinder und Jugendliche mit Kommunikations- und Schluckstörungen zu betreuen.
Die phylogenetisch älteste Funktion ist das Schlucken, daher steht sie auch am Anfang der Artikel dieser Ausgabe, die sich insgesamt auf die Phoniatrie konzentriert. Christiane Pflug und Jana Zang geben einen Überblick über die normale Entwicklung und typische pädiatrische Schluckstörungen, insbesondere auch in Abgrenzung von Ess- und Fütterstörungen. Sie beschreiben am Beispiel des Universitären Dysphagiezentrums Hamburg aktuell verfügbare diagnostische und therapeutische Optionen.
Katrin Neumann, Corinna Gietmann, Philipp Mathmann und Christiane Kiese-Himmel arbeiten in ihrem Artikel über Sprachentwicklungsstörungen dezidiert heraus, welche neuen Aspekte sich aus der neuen Leitlinie für die Pädiatrie ergeben. Sie beleuchten, wie Sprachentwicklungsverzögerungen (SEV) im zweiten Lebensjahr von Sprachentwicklungsstörungen (SES) ohne und mit sprachrelevanten Erkrankungen differenziert werden sollen und welche spezifischen und evidenzbasierten Interventionsoptionen bestehen. Daraus werden konkrete Hinweise für die Verordnungspraxis abgeleitet, zum Beispiel werden erstmals Frühinterventionen bei SEV bereits im 3. Lebensjahr als strukturierte, angeleitete Elterntrainings oder frühe Sprachtherapie empfohlen. Der Beitrag von Christiane Hilz und Christian W. Glück beschäftigt sich anschließend mit dem interessanten Aspekt, dass Mädchen seltener als Jungen eine Sprachtherapie in Anspruch nehmen, obwohl beide Geschlechter in vergleichbaren Maß betroffen sind. Sie diskutieren Einflussfaktoren auf den Prozess der Inanspruchnahme, in den auch die Pädiatrie eingebunden ist.
Im letzten Artikel betonen Michael Fuchs, Annerose Keilmann und Susanne Voigt-Zimmermann die Häufigkeit von Stimmstörungen im Kindesalter, deren Konsequenzen für die Teilhabe der Kinder und leiten daraus die Notwendigkeit einer konsequenten interdisziplinären Diagnostik und Therapie ab. Dabei werden Optionen und Stellenwert der Pädiatrie für diese Prozesse besonders beleuchtet.
Alle Autorinnen und Autoren zeichnen sich durch eine hohe klinische Expertise in der Phoniatrie und Pädaudiologie aus und sind an den jeweiligen Standorten in der Forschung zu diesen Themen aktiv. Zudem arbeiten sie zum Teil federführend an den von der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie verantworteten Leitlinien zu Schluckstörungen, Sprachentwicklungsstörungen und Stimmstörungen mit.
Mein Dank gilt allen Autorinnen und Autoren, die zu dieser Ausgabe beigetragen haben. Auch in ihrem Namen wünsche ich Ihnen eine informative und erbauliche Lektüre, die Sie in Ihrem Praxisalltag unterstützen und zugleich helfen möge, unsere Zusammenarbeit zu vertiefen.
Prof. Dr. med. Michael Fuchs
Gastschriftleiter
Publication History
Article published online:
08 April 2025
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