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DOI: 10.1055/a-2481-6421
Lungenembolie: Risikostratifikationsmodelle im Vergleich
Ob eine Lungenembolie (LE) tödlich verläuft, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Hämodynamisch instabile Patienten haben das höchste Sterberisiko. Doch die meisten LE-Patienten haben bei Ankunft in der Klinik noch einen stabilen Kreislauf. Das Sterberisiko dieser Patientengruppe kann mit vielen verschiedenen Modellen abgeschätzt werden. Welches am besten dafür geeignet ist, zeigt eine italienische Studie.
Dafür waren 7 Risikostratifikationsmodelle miteinander verglichen worden: TELOS (Thrombo-Embolism Lactate Outcome Study), PEITHO (Pulmonary Embolism Thrombolysis), Bova, ESC-2014 und ESC-2019 (European Society of Cardiology), FAST (Fatty Acid Binding Protein, Syncope and Tachicardia) sowie NEWS-2 (National Early Warning Scale).
Für ihre Analyse nutzten die Autoren die Daten einer prospektiven multizentrischen Untersuchung (COPE), die sie zuvor durchgeführten hatten und für die 5.036 erwachsene, hämodynamisch stabile Patienten mit akuter, symptomatischer LE rekrutiert werden konnten. Insgesamt 206 (4,1 %) der Patienten verstarben innerhalb von 30 Tagen in der Klinik oder verschlechterten sich klinisch, d. h. sie wurden reanimationspflichtig, erlitten einen Blutdruckabfall auf < 90 mmHg bzw. um mehr als 40 mmHg systolisch für mindestens 15 Minuten mit Zeichen der Organhypoperfusion und/oder sie wurden katecholaminpflichtig.
Je nach Modell wurden zwischen 17,7 % (ESC-2019) und 73,6 % (FAST) der Patienten der Niedrigrisikogruppe zugeordnet. Und auch die Zuordnungen zur Hochrisikogruppe variierten erheblich zwischen 9,4 % (NEWS-2) und 40,3 % (ESC-2019). Den höchsten negativ prädiktiven Wert hatte die Klassifikation der European Society of Cardiology von 2019 (99,7 %), aber auch ESC-2014, PEITHO, Bova und TELOS hatten sehr hohe negativ prädiktive Werte von mehr als 98 %. Die positiv prädiktiven Werte lagen in fast allen Fällen unter 10 %, nur bei TELOS und NEWS-2 wurden höhere Werte erreicht (10,4 % bzw. 13,8 %).
Alle Komponenten des ESC-2014-, ESC-2019-, PEITHO- und des Bova-Modells erwiesen sich als Prädiktoren für ein schlechtes Outcome (Tod innerhalb von 30 Tagen oder klinische Verschlechterung). Beim TELOS-Modell, beim FAST-Score und beim NEWS-2-Score waren einige Faktoren nicht signifikant damit assoziiert (Herzfrequenz, Synkope bzw. Sauerstoffsättigung).
Mit Ausnahme des PEITHO-Modells zeigte sich bei allen Risikostratifikationssystemen eine lineare Assoziation zwischen der Risikogruppe und den Sterberaten (Versterben in der Klinik, innerhalb von 30 Tagen bzw. infolge der LE). Am besten konnten die Modelle das Versterben infolge der LE vorhersagen, am schlechtesten schnitten sie ab bei der Prädiktion der 30-Tages-Sterberaten. Mit TELOS und ESC-2014 ließ sich auch das Versterben in der Klinik gut vorhersagen.
Insgesamt sehen die Autoren das größte Potenzial beim TELOS-Score, der sowohl klinische (Blutdruck, Herzfrequenz) als auch klinisch-chemische (Troponin, Laktat) und radiologische Parameter (echokardiografisch rechtsventrikuläre Dysfunktion) berücksichtigt. Möglicherweise könnten die verschiedenen Scores in der klinischen Praxis aber auch für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. So eignet sich bspw. das ESC-Modell am besten, um Patienten zu identifizieren, die ambulant behandelt werden können, während das PEITHO-System oder auch die Modelle nach Bova und TELOS zum Einsatz kommen könnten, um herauszufinden, welche Patienten eine interventionelle Therapie benötigen.
Stephanie Gräwert, Leipzig
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
25. Februar 2025
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