Hintergrund
Die Bronchoskopie ist integraler Bestandteil der klinischen Tätigkeit und der pneumologischen
Weiterbildung. Spezifische Inhalte sind auch in der Weiterbildung anderer Fachgebiete
berücksichtigt (z. B. Thoraxchirurgie, Innere Medizin, Anästhesie, Pädiatrie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
etc.). Dabei ist die Teilnahme an Bronchoskopiekursen von jeher ein wertvoller Baustein
der Ausbildung.
Im Jahr 2011 veröffentlichte die Sektion „Endoskopie“ der Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) erstmals Empfehlungen zu Trainingskursen in
der Bronchoskopie [1].
Aus verschiedenen Gründen ist eine Aktualisierung dieser Empfehlungen sinnvoll. In
erster Linie haben neue technische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse
dazu geführt, dass sich die Ausbildungsinhalte in der Bronchoskopie gewandelt und
erweitert haben. Außerdem hat die Sektion „Endoskopie“ dank zahlreicher etablierter
Bronchoskopiekurse an verschiedenen Standorten über die Jahre Erkenntnisse zur didaktischen
Strukturierung gewonnen.
Die aktualisierten Empfehlungen berücksichtigen das gesamte Einsatzgebiet der Bronchoskopie
inklusive neuer Techniken. Sie sind so strukturiert, dass die Kursinhalte ein sinnvolles
Angebot für Kursteilnehmer all der Fachdisziplinen darstellen, bei denen die Bronchoskopie
zu den Weiterbildungsinhalten gehört.
Die Empfehlungen konzentrieren sich allein auf die didaktischen Inhalte von Bronchoskopiekursen.
Bezüglich der zu fordernden Struktur- und Prozessqualität des Verfahrens sei auf geltende
Richtlinien verwiesen sowie auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur und die
S2k-Leitlinie zur Sicherheit der diagnostischen flexiblen Bronchoskopie bei Erwachsenen,
deren Veröffentlichung zeitnah geplant ist (AWMF Registernummer: 020-034) [2]
[3]
[4]
[5].
Zielsetzungen eines Bronchoskopiekurses
Zielsetzungen eines Bronchoskopiekurses
Bronchoskopiekurse können unterschiedliche Zielsetzungen haben. Je nach Zielgruppe
können Kurse für Pneumologen oder Assistenzärzte in der pneumologischen Weiterbildung
(Grundkurs, Spezialkurse), für Intensivmediziner, Anästhesisten und viele andere angeboten
werden. Zielgruppe und Inhalt eines Bronchoskopiekurses sollen aus der Kursbeschreibung
hervorgehen. Grundsätzlich sollten die Indikationsstellung, die Voraussetzungen zur
Durchführung einer Bronchoskopie, die diagnostischen und interventionellen Möglichkeiten
und der Umgang mit Komplikationen vermittelt werden.
Indikationsstellung
Nach der erfolgreichen Teilnahme an einem Bronchoskopiekurs sollen die Teilnehmer
die Indikationsfelder der bronchoskopischen Verfahren kennen. Sie sollen in der Lage
sein, die Indikation zu stellen und die Dringlichkeit einer Bronchoskopie selbstständig
einzuschätzen. Dabei sollen auch die Limitationen der flexiblen Bronchoskopie, Einsatzbereiche
der starren Bronchoskopie und die Vor- und Nachteile von Einmalbronchoskopen vermittelt
werden. Es ist ein zentraler Kursinhalt, dass Kenntnisse zu patienten- und prozedurassoziierten
Risikofaktoren vermittelt werden, um die Kursteilnehmer zu einer balancierten Nutzen-Risiko-Abwägung
des Verfahrens zu befähigen. Ist geplant, die Durchführung bestimmter Bronchoskopien
an nichtärztliches Personal zu delegieren (z. B. auf der Intensivstation), so bleiben
die Indikationsstellung und das Einschätzen der Dringlichkeit ebenso in der ärztlichen
Verantwortung wie die von den Befunden abzuleitenden weiteren diagnostischen und therapeutischen
Schritte.
Voraussetzungen für die Durchführung einer Bronchoskopie
Es sollen die organisatorischen und formalen Voraussetzungen, die persönlichen Qualifikationen,
die räumlichen, apparativen und hygienischen Anforderungen derzeit nach den Empfehlungen
zur Sicherung der Qualität in der Bronchoskopie der Arbeitsgruppe Qualitätssicherung
in der Endoskopie der Sektion „Endoskopie“ der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin [4] bzw. der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [2]
[3] vermittelt werden. Aktuelle Empfehlungen sind zu berücksichtigen.
Interpretation des Befundes und Planung der weiteren Behandlungsstrategie
Der erhobene bronchoskopische Befund kann diagnostische, therapeutische und/oder prognostische
Konsequenzen haben. Diese müssen dem durchführenden Arzt bekannt sein. Im Kurs sollen
deshalb alle gängigen interventionellen bronchoskopischen Verfahren vorgestellt werden,
um mögliche Therapieoptionen zu vermitteln. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn
die Teilnehmer nicht planen, diese Verfahren selbst bzw. in ihrer Institution durchzuführen.
Inhalte eines Bronchoskopiekurses
Inhalte eines Bronchoskopiekurses
Konzeptionell verbinden Bronchoskopiekurse theoretische und praktische Lerninhalte.
Eine abschließende Lernerfolgskontrolle ist empfehlenswert. Die Grundlage der vermittelten
Inhalte sind dabei die aktuellen Leitlinien sowie Empfehlungen der DGP sowie die geltenden
Richtlinien und KRINKO-Empfehlungen.
Bestimmte Themen sollten Bestandteil eines Bronchoskopiekurses sein, diese sind in
[
Tab. 1
] zusammengefasst.
Tab. 1
Inhalte eines Bronchoskopiekurses.
formale medizinische und juristische Voraussetzungen für die Bronchoskopie, wichtige
Aspekte der Aufklärung und Patienteneinwilligung
|
strukturelle und personelle Voraussetzungen für die Durchführung einer Bronchoskopie
|
Eingriffsplanung, Patientenvorbereitung und Monitoring, Nachbeobachtung
|
Sedierung und Anästhesie (inklusive Möglichkeiten der Lokalanästhesie, Pharmakologie
der eingesetzten Substanzen, Indikationsstellung für Allgemeinanästhesie)
|
Befunddokumentation
|
Anatomie der Atemwege, endobronchialer Normalbefund
|
pathologische endobronchiale Befunde
|
Atemwegssicherung, Bronchoskopie-Zugangswege, Oxygenierungs- und Beatmungsverfahren
|
flexible und starre Bronchoskopie (spezifische Besonderheiten der Verfahren), Aufbau
und Handhabung der Geräte
|
Techniken zur Probengewinnung (Mikrobiologie, bronchoalveoläre Lavage, Zytologie,
Histologie inklusive Kryobiopsie)
|
Indikationsspektrum der diagnostischen Bronchoskopie
|
Indikationsspektrum der interventionellen Bronchoskopie
|
spezielle Verfahren: Möglichkeiten und Indikationen der
-
Endosonografie
-
Navigationstechniken, Zukunftsperspektiven
-
Rekanalisationstechniken (thermisch und mechanisch)
-
interventionellen Therapie von Lungenemphysem und COPD
|
Notfall- und Komplikationsmanagement, Ausstattung, Techniken
|
Bronchoskopie beim Intensivpatienten (Indikationen, Tracheotomie, Intubation, Bronchoskopie
unter nichtinvasiver Beatmung, Weaning)
|
Prozessqualität, Qualitätskontrolle (inklusive Prävention von Komplikationen, Geräteschäden,
Hygiene, Aufbereitung)
|
gesundheitsökonomische Aspekte
|
praktische Übungen am Modell oder Simulator
|
Zeitbedarf eines Bronchoskopiekurses
Zeitbedarf eines Bronchoskopiekurses
Verschiedene Konzepte zur Gestaltung eines Bronchoskopiekurses sind in den vergangenen
Jahren entwickelt worden und haben sich bewährt. Einerseits ist es möglich, innerhalb
eines Kompaktkurses sämtliche Ausbildungsinhalte zu vermitteln, andererseits ist es
auch möglich, die Inhalte auf 2–3 Einheiten aufzuteilen (z. B. 1. Einheit: Basiskurs
Diagnostische Bronchoskopie, 2. Einheit: Fortgeschrittenenkurs Interventionelle Bronchoskopie,
ggf. zusätzliche Spezialkurse für Kryobiopsie, Navigation, EBUS, zytologische Befundung
etc.). Ein Kompaktkurs bietet die Möglichkeit, innerhalb einer Veranstaltung alle
theoretischen und praktischen Inhalte kennenzulernen. Eine Aufteilung auf verschiedene
zeitlich getrennte Einheiten ermöglicht es den Teilnehmern, die Kurstermine entsprechend
dem Ausbildungsstand oder der persönlichen Schwerpunktsetzung zu planen.
Unabhängig von der Struktur sollte die gesamte Kurszeit (1. Einheit und 2. Einheit,
ggf. inklusive Spezialkurse) mindestens 16 Kursstunden à 45 min umfassen.
Die Kursinhalte sollten ausgewogen gewichtet werden. Insbesondere ist in der Planung
auf ausreichende zeitliche Kapazitäten für die praktischen Übungen zu achten.
Gegebenenfalls können Teile der theoretischen Kursinhalte so aufbereitet werden, dass
die Kenntnisse von den Kursteilnehmern über virtuelle Plattformen in Vorbereitung
für den eigentlichen Kurstag selbstständig erworben werden (E-Learning).
Orientierend kann folgende Aufstellung bei der zeitlichen Planung unterstützen:
-
theoretische Inhalte: 5 Kursstunden à 45 min
-
klinischer Bezug: 5 Stunden à 45 min
-
praktische Übungen: 5 Stunden à 45 min
-
Lernerfolgskontrolle: 1 Stunde à 45 min
Qualifikation des Kursleiters
Der Kursleiter sollte ein Facharzt für Pneumologie sein (ggf. pädiatrische Pneumologie
oder Thoraxchirurgie) und ausgewiesene Expertise in der Durchführung sämtlicher Techniken
der diagnostischen und interventionellen Bronchoskopie vorweisen können. Er sollte
besondere didaktische Erfahrung haben (z. B. Vortrags- oder Lehrtätigkeit).
Konzeption der Vorträge zu theoretischen Inhalten
Es sollte großer Wert auf eine systematische Vermittlung der Inhalte gelegt werden.
Dabei sollten insbesondere radiologische und endoskopische Bild- und Videomaterialen
für die Kenntnisvermittlung genutzt werden. Praxisnahe Fallbeispiele sind wünschenswert.
Den Teilnehmern sollten Handouts mit zentralen Lerninhalten zur Verfügung gestellt
werden.
Praktische Übungen
Das Bronchoskopieren sollte in Kleingruppen am Brochoskopiemodell unter Aufsicht von
erfahrenen Tutoren geübt werden. Durch Bereitstellung mehrerer Bronchoskopiemodelle
kann die Gesamtteilnehmerzahl hochgehalten werden und gleichzeitig die Größe einer
Einzelgruppe am Bronchoskopiemodell auf z. B. maximal 5 Personen begrenzt werden.
Es empfiehlt sich, verschiedene Arbeitsstationen mit fest zugeordnetem Tutor zu definieren,
an denen spezifische Lerninhalte am Modell vermittelt werden können. Diese Arbeitsstationen
können die Kleingruppen im Rotationsverfahren durchlaufen. Es empfiehlt sich, an möglichst
vielen Arbeitsstationen die praktischen Übungen an Modellen oder Simulatoren durchzuführen.
Orientierend kann die Aufstellung in [
Tab. 2
] bei der Planung von Arbeitsstationen unterstützen.
Tab. 2
Mögliche Arbeitsstationen beim praktischen Teil.
Orientierung und Manövrieren im Bronchialsystem mit dem flexiblen Bronchoskop, ggf.
an mehreren Übungsstationen
|
Handling sämtlicher Biopsieverfahren und der bronchoalveolären Lavage
|
starre Intubation und Bronchoskopie und interventionelle Verfahren
|
Navigationsverfahren und periphere Bronchoskopie (EBUS-Minisonde)
|
EBUS, EBUS-TBNA, EUS-B
|
Kryobiopsie
|
endoskopische Rekanalisation, Stentimplantation und -entfernung
|
endoskopische Volumenreduktion
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Tracheotomie
|
bronchoskopischer Arbeitsplatz und Aufbereitung durch Begehung einer Endoskopieeinheit,
ggf. auch mit Live-Untersuchung
|
Qualitätskriterien
Verschiedene Parameter können erfasst werden und helfen, die Qualität eines Bronchoskopiekurses
zu beurteilen ([
Tab. 3
]).
Tab. 3
Mögliche Qualitätskriterien für einen Bronchoskopiekurs.
Kleingruppengröße (Anzahl Teilnehmer pro Arbeitsstation)
|
Anzahl Tutoren
|
Bereitstellung Handout, inklusive Referenzen (Leitlinien, Empfehlungen, Richtlinien)
|
Spektrum der Kursteilnehmer (Fachdisziplinen, Berufsgruppen, Weiterbildungsjahr etc.)
|
anonyme Kursevaluation durch Teilnehmer
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Anmeldung als ärztliche Fortbildung bei der entsprechenden Landesärztekammer
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Lernerfolgskontrollen
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Teilnahmezertifikat
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ggf. Option der zusätzlichen Hospitationsmöglichkeit
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Schlusswort
Bronchoskopiekurse sind ein wertvolles Instrument, um Kenntnisse und Fertigkeiten
zum Thema „Bronchoskopie“ systematisch zu vermitteln bzw. zu erwerben. Ausrichter
von Bronchoskopiekursen nehmen damit einen wichtigen Auftrag in der Aus- und Weiterbildung
wahr. Zentrale Elemente der Kurse sind neben den theoretischen Inhalten insbesondere
die praktischen Übungen, die den Teilnehmern einen Erfahrungsaustausch untereinander
und insbesondere auch mit den erfahrenen Kursausrichtern ermöglichen.
Es ist ein zentrales Anliegen der DGP, eine hohe Qualität der bronchoskopischen Ausbildung
sicherzustellen. Neben der Vereinheitlichung von Kursstrukturen und -inhalten sollen
dabei standortspezifische Spezialisierungen und inhaltliche Schwerpunktsetzungen bei
der Kursausgestaltung explizit unterstützt werden.
Gültigkeit der Empfehlung
Die Gültigkeit dieser Empfehlungen ist zunächst zeitlich begrenzt.
Sinnvoll ist eine Überarbeitung nach spätestens 5 Jahren oder bei besonderem Anlass
(z. B. relevante Änderungen von ärztlichen Weiterbildungsordnungen, von Tätigkeitsbeschreibungen
nichtärztlicher Berufe, von Hygienevorschriften und von juristischen oder ökonomischen
Gegebenheiten).