Sportphysio 2025; 13(01): 37-43
DOI: 10.1055/a-2495-9343
Focus
Praxisfall

Sicherer postpartaler Return to Play im Profifußball

Saskia Maletzke
,
Johannes Blume
,
Matthias Rosa
,
Lisa Bode
 

Immer mehr Frauen treiben professionell Sport. Auch im Frauenfußball hat die Zahl aktiver Spielerinnen in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Weil viele der Sportlerinnen schon während ihrer aktiven Laufbahn ihren Kinderwunsch realisieren, ist es wichtig, ihre Rückkehr in den Sport so sicher und optimal wie möglich zu gestalten.


Hintergrund

Die diesjährigen Olympischen Spiele in Paris sind als erste Olympische Spiele mit Geschlechterparität in die Geschichte eingegangen. Dies verdeutlicht die zunehmenden positiven Entwicklungen im Frauenprofisport. Gleichzeitig wächst der Frauenfußball seit Jahren – nach Angaben der FIFA spielten 2023 weltweit 16,6 Millionen Frauen Fußball, eine Zunahme von 24 % seit 2016. Mit diesem Wachstum geht eine steigende Professionalisierung des Frauenfußballs einher. Hierbei spielen auch die Themen Schwangerschaft sowie Wiedereinstieg in den Profisport nach Geburt eine wichtige Rolle. Der AC Mailand hat im August dieses Jahres als erster Proficlub in Europa weitreichende Mutterschaftsrichtlinien für schwangere Spielerinnen und Mitarbeiterinnen veröffentlicht. Diese sehen beispielsweise eine automatische Vertragsverlängerung von einem Jahr nach Bekanntgabe der Schwangerschaft sowie eine umfassende medizinische und psychologische Unterstützung im Rahmen des Wiedereinstiegs vor. Die Spielervertretung FIFPro hat auch in Zusammenarbeit mit der ehemaligen Nationaltorhüterin Almut Schult im August dieses Jahres einen Return-to-Play-Guide nach der Schwangerschaft für Spielerinnen veröffentlicht. Viele Frauen weisen im Alter von 20–30 Jahren ihre höchste Leistungsfähigkeit auf, wodurch auch die Anzahl an Athletinnen, die während ihrer Karriere Kinder bekommen, steigt [11]. Für diese ist die Rückkehr in den Leistungssport ein integraler Bestandteil der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Schwangerschaft und Geburt gehen mit starken körperlichen Veränderungen einher und stellen insbesondere eine Belastung des Beckenbodens dar [6], [23]. Viele Frauen sind entweder direkt nach Geburt oder in der Folge von Beckenbodenerkrankungen wie Inkontinenz, chronischen Schmerzen oder Vaginalprolaps betroffen [2]. Studien konnten zeigen, dass bei Läuferinnen die Rate an postpartalen Komplikationen im Vergleich zur Normalbevölkerung sogar erhöht ist [7], [16]. Im Rahmen der medizinischen Betreuung einer Frauenmannschaft der 1. Fußballbundesliga haben wir unter gynäkologischer Abstimmung ein Stufenschema für den Return to Play (RTP) nach Schwangerschaft erarbeitet. Dieses Stufenschema möchten wir im Folgenden vorstellen, um möglichst vielen Sportlerinnen im Spitzen- und Breitensport ein sicheres postpartales RTP zu ermöglichen.


Postpartalphase – Risiken und mögliche Komplikationen

Die Postpartalphase beginnt direkt im Anschluss an die Geburt und kann in eine frühe Phase (6 Wochen nach Geburt) und eine späte Phase ab 6 Wochen bis 1 Jahr nach Geburt eingeteilt werden [2]. Die frühe Phase wird in Deutschland üblicherweise als Wochenbett bezeichnet. In dieser Zeit ist der weibliche Körper mit vielen physischen und psychischen Veränderungen konfrontiert.

Der Beckenboden. Der weibliche Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten, die in unterschiedlicher Faserrichtung verlaufen: das Diaphragma pelvis mit dem M. levator ani, das Diaphragma urogenitale und die Sphinkter- und Schwellkörpermuskulatur ([ Abb. 1 ]) [22]. Diese Muskeln kleiden das knöcherne Becken wie eine Art Hängematte aus und verschließen es nach unten. Der Beckenboden hat wichtige Funktionen: Er stützt bzw. hält die Bauch- und Beckenorgane, verhindert den unwillkürlichen Abgang von Urin und Stuhl bei einer Erhöhung des intraabdominellen Drucks beispielsweise beim Niesen, ermöglicht eine gezielte Entleerung von Blase und Enddarm und nimmt eine wichtige Rolle in der Schwangerschaft und Geburt ein [3]. Unter der Geburt wird die Beckenbodenmuskulatur abhängig vom Geburtsmodus auf bis zu 250 % ihrer Ruhelänge gedehnt und ist hierdurch geschwächt. Die Rückbildung dieser gedehnten Muskulatur erfordert Zeit und Training. So konnte für den M. levator ani eine maximale Regeneration nach 4–6 Monaten postnatal nachgewiesen werden [14], [23]. Ziel des Beckenbodentrainings ist es, die Muskulatur zunächst zu aktivieren, die Ansteuerbarkeit zu verbessern und die Kraft der Muskulatur zu stärken.

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Abb. 1 Anatomie des weiblichen Beckenbodens. (Quelle: © Schünke M, Hrsg. Topografie und Funktion des Bewegungssystems. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2023)

Beckenbodendysfunktion. Ein Hauptrisiko nach der Geburt stellen Funktionsstörungen des Beckenbodens (Pelvic Floor Disorders = PFD) dar. Hierzu zählen unter anderem Urin- und Stuhlinkontinenz, Vaginalprolaps oder Schmerzen im Bereich des Beckenbodens. Insgesamt ist die Prävalenz von PFDs sehr hoch – in einer aktuellen Studie berichteten drei Viertel aller befragten Frauen 6–15 Monate nach Geburt über Symptome einer Beckenbodenfunktionsstörung [25]. Mehr als ein Drittel von über 650 Läuferinnen, die postpartal wieder mit dem Laufen begannen, klagten über Urininkontinenz oder Schwere des Beckenbodens und sogar 84 % beschrieben Schmerzen der Skelettmuskulatur [20]. Dabei gehen High-Impact-Sportarten wie Laufen oder Fußball mit einer besonders hohen Belastung des Beckenbodens einher. Insbesondere Athletinnen, die High-Impact-Sportarten ausüben, weisen ein höheres Risiko für PFD als Nichtsportlerinnen auf [23]. Dies liegt unter anderem an einem erhöhten intraabdominellen Druck unter Belastung (hierzu auch die Artikel zur Beckenbodeninsuffizienz in Sportphysio 05/24 und in dieser Ausgabe).

Rektusdiastase. Ein Drittel aller Frauen weist nach der Geburt eine Rektusdiastase, also ein Auseinanderweichen der beiden Bäuche des M. rectus abdominis entlang der Linea alba, auf [10]. Die Bauchwand wird während der Schwangerschaft auf 115 % ihrer Ruhelänge gedehnt und ist somit nach Schwangerschaft und Geburt in der Regel geschwächt. Dies kann beispielsweise zu einer verminderten Rumpfstabilität und Kraft der Bauchmuskulatur führen [9], [12], [23]. Außerdem wird eine Rektusdiastase mit lumbalen Rückenschmerzen assoziiert [26]. Zusätzlich kann es zu einem Hervorwölben der Bauchwand oder einem Einsinken der Mittellinie sowohl im Alltag als auch unter Belastung kommen. Eine Rektusdiastase ist definiert als Abstand der beiden Rektusbäuche von mehr als 2 cm. Bei weniger als 3 cm spricht man von einer milden, bei 3–5 cm von einer moderaten und ab 5 cm von einer schweren Rektusdiastase [21]. Die Rektusdiastase lässt sich anhand ihres Verlaufs (oberhalb und/oder unterhalb des Bauchnabels) ([ Abb. 2 ]) sowie ihrer Größe beurteilen. Außerdem sollte die Festigkeit der Linea alba mit beurteilt werden. Allerdings gibt es in der Literatur keine einheitliche Meinung, welches Training der Bauchmuskulatur bei Vorliegen einer Rektusdiastase am besten geeignet ist [2], [5]. Ziel des Trainings ist vor allem, die Spannung der Linea alba wiederherzustellen und nicht zwangsläufig das Schließen der beiden Rektusbäuche. Hier wird zunächst das Training der tiefen Bauchmuskulatur, des M. transversus abdominis und der schrägen Bauchmuskulatur empfohlen in Kombination mit Ganzkörpertraining/Core-Stability-Training. Übungen, die mit einem erhöhten intraabdominellen Druck einhergehen, wie Crunches und Situps, sind zu Beginn zu vermeiden. Allerdings konnte in aktuellen Studien eine Verschmälerung der Rektusdiastase durch klassisches Training des M. rectus abdominis (Crunches, Curl-ups) nachgewiesen werden, sodass das Training der geraden Bauchmuskulatur im Verlauf der Rehabilitation miteinbezogen werden muss [13], [26]. Der Beckenboden und die Bauchmuskulatur arbeiten funktionell zusammen, sodass beim Training des Beckenbodens auch die Bauchmuskulatur mittrainiert wird bzw. werden soll. Gleichzeitig können sich die Symptome einer PFD und einer Schwäche der Bauchwand überschneiden [12]. Die wichtigsten Symptome einer Dysfunktion des Beckenbodens sowie der Bauchwand sind in [ Tab. 1 ] zusammengefasst [14].

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Abb. 2 Einteilung Rektusdiastase [1]
Tab. 1

Symptome Beckenbodendysfunktion und Schwäche der Bauchwand [14]

Beckenbodenschwäche

Rektusdiastase/Schwäche der Bauchwand

  • Urin- und/oder Stuhlinkontinenz

  • Dranginkontinenz von Urin und/oder Stuhl

  • Obstipationen

  • Dysparineurie (funktionelle Sexualstörung, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr)

  • Vaginalprolaps

  • lumbaler Rückenschmerz

  • Kraftminderung der Bauchwand

  • Auseinanderweichen der Bäuche des M. rectus abdominis, ggf. mit Einsinken der Mittellinie oder Hervorwölben der Bauchwand

  • verminderte Rumpfstabilität

  • lumbaler Rückenschmerz


Der Weg zurück

Unser Stufenschema besteht aus insgesamt 7 Leveln ([ Abb. 3 ]). Vor Erreichen des nächsten Levels müssen verschiedene Tests im Sinne eines Assessments erfolgreich bestanden werden ([ Abb. 4 ]). Wir unterscheiden hier zwischen Tests, die sich nach jedem Level wiederholen und immer bestanden werden müssen, und sportspezifischen Funktionstests für das jeweilige Level, angepasst an das aktuelle Training. Die neben dem jeweiligen Level stehenden Wochenangaben dienen in erster Linie der Orientierung. Wichtig sind an erster Stelle die Verfassung und Leistung der Spielerin. Da bestimmte Heilungsprozesse des Körpers jedoch eine definierte Zeitspanne erfordern, beispielsweise die Wundheilung, sind die Zeitangaben in den Leveln 1–3 als Mindestdauer zu sehen. Das nächste Level beziehungsweise das Assessment zum Erreichen des nächsten Levels kann erst nach Ablauf der Mindestdauer erfolgen. Wichtig ist, dass sich die Dauer insbesondere des 1. und 2. Levels je nach Geburtsmodus unterscheiden kann. So ist es beispielsweise nach einem höhergradigen Dammriss oder nach einer Sectio essenziell, die Wundheilung abzuwarten, bevor das nächste Level begonnen werden kann. Außerdem empfehlen wir reaktives Training des Beckenbodens nach einem Kaiserschnitt erst nach frühestens 21 Tagen.

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Abb. 3 Stufenschema fußballspezifischer postpartaler Return to Sport (bei fachärztlich ausgeschlossenen Kontraindikationen)
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Abb. 4 Assessment fußballspezifischer postpartaler Return to Play (bei fachärztlich ausgeschlossenen Kontraindikationen)

Psychologische Assessments

Da die Geburt und die anschließende Postpartalphase auch mit enormen psychischen Veränderungen einhergehen und insbesondere der Hormonabfall zu einer starken psychologischen Belastung bis hin zur Wochenbettdepression führen kann, ist es wichtig, auch die psychische Gesundheit der Athletin sowie ihre mentale Bereitschaft, wieder in den Leistungssport zurückzukehren, regelmäßig zu erfassen. Hier empfehlen wir den Hooper Index zur Erfassung von Ermüdung, Stress und Schlafqualität sowie die Injury-Psychological Readiness to Return to Sport Scale (I-PRRS-Scale). Um eine mögliche Wochenbettdepression rechtzeitig zu erkennen, kann der Edinburgh Depressions-Fragebogen nach der Geburt (EPDS) verwendet werden [4], [9], [15]. An zwei Zeitpunkten empfehlen wir außerdem eine ärztliche Evaluation. Die erste findet zusätzlich zu den ohnehin notwendigen und indizierten Nachsorgeuntersuchungen ca. 6–8 Wochen nach Geburt statt. Bei unauffälliger Nachsorge kann dann die weitere Aufbelastung mit dem Ziel des Laufbeginns erfolgen. Die zweite gynäkologische Evaluation empfehlen wir am Übergang von Level 5 zu 6 vor der On-Field-Rehabilitation. Hier soll im optimalen Fall eine Untersuchung durch einen Beckenbodenspezialisten inklusive Beckenbodensonografie erfolgen. Die einzelnen Assessments der jeweiligen Level sind im zweiten Schema detailliert aufgeführt ([ Abb. 4 ]). Zur wiederkehrenden Evaluation der Funktionalität das Beckenbodens empfehlen wir das PERFECT-Schema (siehe Kasten). Hier werden vor allem die Kraft, Ausdauer und Kontraktilität der Muskulatur beurteilt [17].


Wochenbett und Rückbildung Level 1–3

Direkt nach der Geburt beginnt das Level 1, das Frühwochenbett, welches mindestens die ersten zwei Wochen postpartum umfasst. Hier steht – wie im gesamten Verlauf der Rehabilitation – das Wohlbefinden der Mutter sowie des Kindes an erster Stelle. Nach der Geburt müssen mögliche Geburtsverletzungen und Wunden heilen. Gleichzeitig muss sich die Mutter an das Stillen gewöhnen, auch hier sind Schmerzen oder muskuläre Verspannungen durch eine schlechte Körperhaltung oder das höhere Gewicht der Brüste nach dem Milcheinschuss möglich. Wenn es Mutter und Kind gut geht, kann mit einer vorsichtigen Aktivierung des Beckenbodens sowie Mobilisation von Rippen, LWS und Zwerchfell begonnen werden. Außerdem können die Größe und der Verlauf einer möglichen Rektusdiastase erfasst werden (siehe Kasten). Wichtig ist, bereits zu Beginn des Wochenbetts auf mögliche PFDs wie eine Urin- und Stuhlinkontinenz der Athletin sowie eventuell auftretende Schmerzen zu achten bzw. diese zu erfragen. Nach Abschluss der Wundheilung mit ggf. erfolgtem Fadenzug (ca. 14 Tage postpartum) und erfolgreich bestandenem Assessment kann dann zu Level 2 übergegangen werden ([ Abb. 3 ]). Das Beckenbodentraining kann schrittweise gesteigert und gleichzeitig kann mit einer Aktivierung der schrägen Bauchmuskulatur begonnen werden. Die gerade Bauchmuskulatur soll zunächst nicht angespannt werden. Es sind erste lockere Spaziergänge möglich. Gegen Ende des Wochenbetts erfolgt dann der Übergang zu Level 3. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Rückbildung mit intensivem Beckenbodentraining sowie Training der schrägen Bauchmuskulatur. Falls möglich empfiehlt es sich, die Spielerin zu diesem Zeitpunkt zusätzlich zum vorhandenen medizinischen Team auch durch eine Beckenbodentherapeutin betreuen zu lassen. Die Intensität der Spaziergänge kann gesteigert werden und bei Symptomfreiheit sind jetzt auch Walking und leichtes Ergometertraining möglich. Typische Symptome, die in dieser Phase auftreten können, sind beispielsweise: Schwere und/oder Schmerzen des Beckenbodens, lumbaler Rückenschmerz, Urin- und Stuhlinkontinenz. Treten diese oder auch andere Symptome auf, muss die Belastung reduziert werden. Bei Vorliegen einer Stuhlinkontinenz empfehlen wir außerdem eine proktologische Mitbeurteilung.

EVALUATION DER REKTUSDIASTASE/BAUCHMUSKULATUR
  • Größe der Rektusdiastase, Festigkeit der Bauchmuskulatur/der Linea alba: weich – fest, vor Return to Rlay (RTP): Größe Rektusdiastase < 2,5 cm

  • kein Einsinken der Mittellinien bei: Active Straight Leg Raise 30°, Chin-to-Chest Stretch (ab Level 3)

PERFECT-SCHEMA ZUR BEURTEILUNG DER ANSPANNUNG UND FUNKTIONALITÄT DER BECKENBODENMUSKULATUR [23]
  • Power: Kraft der Beckenbodenmuskulatur

  • Endurance: Ausdauer

  • Repetitions – Wiederholungen

  • Fast – Schnelligkeit

  • Every Contraction Timed – Erinnerung an den Untersuchenden zur Dokumentation


Steigerung der körperlichen Aktivität Level 4–5

Neben den in [ Abb. 4 ] genannten Tests bildet die gynäkologische Nachsorgeuntersuchung nach Geburt, in der Regel ca. 6–8 Wochen nach der Entbindung, den Abschluss des Levels 3. Bei unauffälliger Abschlussuntersuchung erfolgt dann die weitere Aufbelastung. In Level 4 kann mit dem Krafttraining insbesondere des Rumpfes und der Beine mit eigenem Körpergewicht in geschlossener Kette begonnen werden. Ziel ist die Vorbereitung zum Laufbeginn. Vor Laufbeginn soll die Athletin die Running Readiness Scale (RRS), bestehend aus fünf Tests, die für je eine Minute symptomfrei absolviert werden müssen, bestehen. Die RRS wird 2-mal innerhalb von 48 h durchgeführt. Erst bei Symptomfreiheit für 24 h nach Testung gilt sie als erfolgreich bestanden [23]. Zum postpartalen Return to Running existieren verschiedene ausgearbeitete Empfehlungen sowohl für den Breiten- als auch für den Spitzensport. Als geeigneter Zeitpunkt zur Wiederaufnahme des Laufens im Spitzensport wird in der Literatur 8–12 Wochen nach Entbindung angegeben [7], [14]. Daher kann in Level 4 mit ersten Laufversuchen gestartet und das Laufpensum in Level 5 gesteigert werden. Es empfiehlt sich eine schrittweise Steigerung, beginnend mit Laufintervallen abwechselnd mit Gehpausen in doppelter Länge. Wichtig ist, nach den Läufen mögliche Symptome zu evaluieren. Klagt die junge Mutter beispielsweise über tief lumbale Rückenschmerzen, ist eine Belastungsreduktion erforderlich. Von Level 4 zu 5 wird das Krafttraining kontinuierlich gesteigert: Hinzunahme von Gewichten, Training in der offenen Kette und horizontales Krafttraining. Außerdem wird das Training nun sportartspezifischer, daher empfehlen wir das Sprung-ABC mit gezieltem Sprungtraining sowie Agilitätstraining, um die Athletin auf fußballspezifische Anforderungen wie Sprints und Richtungswechsel vorzubereiten, bevor im nächsten Level die On-Field-Rehabilitation begonnen wird.


Der Wiedereinstieg Level 6–7

Level 6 und Level 7 umfassen die Rückkehr auf das Fußballfeld und die Intensivierung der fußballspezifischen Rehabilitation auf dem Platz mit dem Ziel der Rückkehr in das Mannschaftstraining und des RTP. Vor dem Übergang von Level 5 zu Level 6 steht neben den zu bestehenden Testungen die zweite gynäkologische Mitbeurteilung an. Wir empfehlen die Beurteilung des Beckenbodens und der Rektusdiase durch einen Experten für Beckenbodenschwäche. Dieser kann im optimalen Fall zusätzlich eine Sonografie des Beckenbodens durchführen und die Funktionsfähigkeit der Muskulatur vor Wiederaufnahme der intensiven sportartspezifischen Belastung beurteilen. Bezüglich der Bauchmuskulatur ist es wichtig zu evaluieren, ob noch eine Rektusdiastase vorliegt. Ist das der Fall, prüft man, welche Größe diese hat und wie sich die Bauchwand bei Belastung verhält. Sollte noch eine deutliche Rektusdiastase vorliegen und sinkt die Mittellinie bei Übungen wie dem aktiven Straight Leg Raise 30° oder dem Chin-to-Chest-Stretch deutlich ein [14], muss eine Erhöhung des intraabdominellen Drucks im Training beispielsweise durch Crunches vermieden werden. Der RTP kann sich gegebenenfalls verzögern.

Die Ausfalldauer nach einer Schwangerschaft ist vergleichbar mit der nach einer schweren Verletzung.

Für Level 6 und 7 haben wir bewusst keine Zeiträume benannt. Wichtig ist, dass die Athletin durch ihre Schwangerschaft mutmaßlich nun für mindestens 12 Monate nicht am Wettkampfbetrieb teilgenommen hat, sodass die Ausfalldauer mit der nach einer schweren Verletzung zu vergleichen ist. Daher empfehlen wir, ausreichend Zeit für die letzten beiden Level einzuplanen, um die Athletin im Training auf dem Platz sicher und schrittweise an das Mannschaftstraining und den Spielbetrieb heranzuführen. Im Rahmen dieser intensiven Rehabilitationszeit kann es hilfreich sein, realistische Etappenziele mit der Athletin zu vereinbaren. Außerdem empfehlen wir eine sportpsychologische Mitbetreuung. Ein sicherer, erfolgreicher postpartaler RTP im Spitzensport erfordert die Teamarbeit aus Athletin, Physiotherapeut*innen, Trainerteam, Mannschaftsärzt*innen, Gynäkolog*innen, Psycholog*innen, Athletiktrainer*innen und vielen Weiteren.

Das abschließende Assessment vor vollständiger Rückkehr ins Mannschaftstraining beurteilt: Rückbildung (Beckenboden und Rektusdiastase), psychologische Readiness, sportspezifische Evaluation mit Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit sowie die Rumpf- und Beinachsenstabilität.


Zurück auf dem Feld – was ist noch wichtig?

Sowohl während der Rehabilitation als auch nach erfolgtem Wiedereinstieg ist es möglich, dass Spielerinnen stillen. Studien konnten zeigen, dass moderate sportliche Aktivität keinen negativen Einfluss auf die Milchproduktion/Milchmenge hat [19]. Abstillen vor Rückkehr in den Leistungssport ist aus Sicht der Autorinnen daher nicht erforderlich. Allerdings haben Frauen während der Stillzeit einen deutlich erhöhten Kalorienbedarf um 500 Kalorien am Tag. Gleichzeitig steigt der Kalorienverbrauch bei Athletinnen insbesondere im Wettkampf an. Daher ist es bei stillenden Sportlerinnen von enormer Bedeutung, auf eine ausreichende Energie und Nährstoffzufuhr zu achten, insbesondere um ein REDs-Syndrom zu vermeiden.

Mögliche Risiken. Während der Schwangerschaft und vor allem kurz vor der Geburt schüttet der weibliche Körper das Hormon Relaxin aus, unter anderem, damit sich der Muttermund und die Symphyse lockern. Der Relaxinspiegel bleibt nach der Geburt, besonders während der Stillzeit, noch einige Monate erhöht. Dies führt mutmaßlich zu einer höheren Laxizität von Gelenken und Bändern. Die Studienlage ist hier jedoch unklar, und es konnte bisher kein erhöhtes Verletzungsrisiko bei postpartalen Sportlerinnen nachgewiesen werden [8], [18]. Wir verweisen speziell bei stillenden Sportlerinnen auf die enorme Bedeutung der Verletzungsprävention beispielsweise mit gezieltem Kraft- und propriozeptivem Training. Auch ein konsequentes Monitoring der athletischen Gesamtbelastung ist notwendig, um die Spielerinnen sicher an die Anforderungen einer dauerhaften Teilnahme am Mannschaftstraining und Spielbetrieb heranzuführen. Stillende Profisportlerinnen, insbesondere Läuferinnen, haben ein erhöhtes Risiko für Stressfrakturen vor allem des Sakrums [7]. Aus diesem Grund empfehlen wir eine Kontrolle des Knochenstoffwechsels: Vitamin-D-Spiegelbestimmung, Zufuhr von Vitamin D bei erniedrigtem Vitamin-D-Spiegel sowie ausreichende Kalziumaufnahme. Ergänzend kann auch eine DEXA-Messung der Knochendichte erwogen werden. Falls Spielerinnen unter vermehrter Belastung über Knochenschmerzen klagen, muss durch die betreuende medizinische Abteilung an die Möglichkeit einer Stressfraktur gedacht werden (hierzu auch der Artikel „Stressfraktur als Überlastungsreaktion bei Frauen“ in dieser Ausgabe). Außerdem soll, wie bei allen stillenden Frauen, eine Jodgabe in der Stillzeit erfolgen. Bei postpartaler Anämie empfehlen wir zusätzlich eine Eisengabe.

Da die Körbchengröße stillender Mütter häufig größer ist als vor der Schwangerschaft, ist es sowohl für den Komfort als auch zur Vermeidung eines Milchstaus wichtig, dass die Spielerinnen einen gut sitzenden Sport-BH tragen. Im Rahmen eines Zweikampfes besteht zudem ein gewisses Risiko für direkte Traumata der Brust. Daher soll falls erforderlich eine ärztliche/physiotherapeutische Beurteilung zum Ausschluss einer Brustverletzung erfolgen [10]. Da Säuglinge nur selten durchschlafen und nachts gestillt werden, ist davon auszugehen, dass die Spielerin eine schlechtere Schlafqualität aufweist als vor der Schwangerschaft. Daher empfehlen wir, routinemäßig die Schlafqualität sowie das psychische Wohlbefinden auch nach erfolgreichem RTP zu evaluieren, um die Belastung bei großer Erschöpfung zur Verletzungsprävention anzupassen.



Fazit

Anhand des oben genannten Schemas kann ein strukturierter, möglichst sicherer RTP durchgeführt werden. Zu jedem Zeitpunkt sind engmaschige gynäkologische Kontrollen erforderlich, um etwaige Kontraindikationen zur Durch- beziehungsweise Fortführung des RTP-Prozesses auszuschließen. Jede Sportlerin ist einzigartig, sodass das hier präsentierte Schema ausschließlich der Orientierung dienen kann. Das Schema soll Athletinnen dabei unterstützen, nach einer Schwangerschaft sicher, aber effizient wieder in den Sport zurückzukehren, um postpartale Komplikationen zu vermeiden und gleichzeitig die maximale Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers auszunutzen.

TAKE HOME MESSAGE
  • Viele Frauen und Sportlerinnen leiden postpartal unter Beckenbodenfunktionsstörungen (PFD) und/oder einer Rektusdiastase. Die Rückbildung der Muskulatur erfordert Zeit und Training.

  • Die Ausfalldauer nach einer Schwangerschaft ist vergleichbar mit der nach einer schweren Verletzung.

  • Postpartal berichtet ⅓ aller Läuferinnen über Urininkontinenz. High-Impact-Sportarten wie Fußball gehen mit einem besonders hohen Risiko für PFD einher.

  • Das erarbeitete Stufenschema, bestehend aus 7 Leveln, soll möglichst vielen Sportlerinnen im Spitzen- und Breitensport ein sicheres postpartales Return to Play ermöglichen. Jedes Level kann nur nach dem Bestehen spezifischer Assessments erfolgreich abgeschlossen werden.

  • Ein sicherer, erfolgreicher postpartaler Return to Play im Spitzensport erfordert die Teamarbeit aus Athletin, Physiotherapeu*innen, Trainerteam, Mannschaftsärzt*innen, Gynäkolog*innen, Psycholog*innen, Athletiktrainer*innen und vielen Weiteren.

  • Auch nach Rückkehr in den Spielbetrieb sind Besonderheiten zu beachten, beispielsweise in Bezug auf Ernährung, Stillen oder ausreichende Vitamin-D- und Nährstoffversorgung, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.



Saskia Maletzke


Dr. Saskia Maletzke hat in Aachen Medizin studiert und arbeitet als Assistenzärztin in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Uniklinik in Freiburg. Seit 2021 ist sie als Mannschaftsärztin der Red Sparrows der HSG Freiburg tätig und Teil der medizinischen Abteilung der Frauenabteilung des SC Freiburg.

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Johannes Blume


Johannes Blume ist Sportphysiotherapeut, Manualtherapeut und OS-Coach. Neben Tätigkeiten in Praxen und Rehazentren ist er seit 2011 Physiotherapeut bei der Frauenmannschaft des SC Freiburg. Seit 2024 leitet er die Athletik- und Physiotherapieabteilung der Frauen- und Mädchen.

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Matthias Rosa


Matthias Rosa ist Physiotherapeut, Osteopath und als Rehatrainer beim SC Freiburg tätig. Daneben arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im MotionLab am Universitätsklinikum Freiburg im Department Chirurgie der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie.

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Lisa Bode


PD Dr. Lisa Bode ist Fachärztin an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg im Breisgau. Ihr Schwerpunkt liegt neben der orthopädisch-unfallchirurgischen und kinderorthopädischen Tätigkeit in der Behandlung von Sportler*innen aus dem Profi- und Amateursportbereich. Sie ist die medizinische Leitung und Mannschaftsärztin der SC Freiburg Frauen- und Mädchenabteilung sowie des Nachwuchsleistungszentrums inkl. U23 des SC Freiburg. Beim DFB ist sie in der Expert*innengruppe Fußballmedizin DFB und als Teamärztin tätig.

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Korrespondenzadresse

Dr. Saskia Maletzke
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg
Deutschland   

Publication History

Article published online:
03 February 2025

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Abb. 1 Anatomie des weiblichen Beckenbodens. (Quelle: © Schünke M, Hrsg. Topografie und Funktion des Bewegungssystems. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2023)
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Abb. 2 Einteilung Rektusdiastase [1]
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Abb. 3 Stufenschema fußballspezifischer postpartaler Return to Sport (bei fachärztlich ausgeschlossenen Kontraindikationen)
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Abb. 4 Assessment fußballspezifischer postpartaler Return to Play (bei fachärztlich ausgeschlossenen Kontraindikationen)