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DOI: 10.1055/a-2511-0379
Renale Anämie 2025

Chronische Nierenerkrankungen, insbesondere bei Dialysetherapie, und die Entwicklung einer renalen Anämie sind quasi untrennbar miteinander verbunden. Diagnostik und Behandlung der renalen Anämie gehören zur Basis der nephrologischen Aus- und Weiterbildung. Die wohl ersten systematischen Erkenntnisse über das Wesen von Nierenerkrankungen und deren systemische Auswirkungen wie eine Blutarmut stammen von Richard Bright („Bright’s disease“) und stehen kurz vor ihrem 200. Jahrestag. Lohnt sich eine Übersicht über die renale Anämie dann noch im Jahr 2025? Durchaus, denn praxisrelevante Innovationen fehlen nicht! Die Säulen der Therapie der renalen Anämie sind Vermeidung von (unnötigen) Blutverlusten, Ausgleich von Substratmangel und die Stimulation der Blutbildung – auch Transfusionen gehören noch zum nephrologischen Alltag. Das vorliegende Heft präsentiert den Lesern 4 praxisrelevante Aspekte der Therapie der renalen Anämie mit einer umfassenden Darstellung vom „Warum?“ bis hin zum „Wie viel?“.
Dr. Susanne Fleig und Katharina Charlotte Reimer, MD, geben einen detaillierten Überblick über die Eisentherapie der renalen Anämie. Das Eisendefizit ist der häufigste Substratmangel. Vorbei sind die Zeiten gespannter Nervosität unter Ärztinnen und Ärzten, ob denn eine dextranbasierte Eiseninfusion auch wirklich gut vertragen wird. Die Kolleginnen stellen dar, wie moderne Eisenformulierungen effektiv und sicher Eisenspeicher bei Patientinnen und Patienten mit Nierenerkrankung und Eisenmangel wieder auffüllen können; und bis zu welchen Zielwerten die Eisenspeicher aufgefüllt sein sollten, damit die Blutbildung suffizient angekurbelt werden kann.
Zielwerte sind das Stichwort, das eine große Rolle bei den Kollegen PD Dr. Thilo Krüger sowie Dr. Leonard Boger zusammen mit PD Dr. Turgay Saritas spielt: Zielwerte des Hämoglobins (Hb) bzw. des Hämatokrits unter einer Therapie mit Erythropoetin (EPO) und seinen Derivaten bzw. mit HIF-Stabilisatoren. Mit der Einführung von EPO in den klinischen Alltag vor gut 35 Jahren wäre eine Normalisierung der Hb-Werte für eine breite Masse der Nierenpatienten erreichbar geworden. Es zählt zu den Erfolgsgeschichten einer evidenzfokussierten modernen Medizin, dass aus randomisierten Großstudien auch Daten zur Sicherheit ableitbar wurden, die uns heute die Anämietherapie zielgerichtet steuern lassen. Die Einführung der HIF-Stabilisatoren (HIF: Hypoxie induzierbarer Faktor) hat die EPO-Präparate nicht auf das Altenteil verbannt. Das Erreichen physiologischer Hb-Werte ist nicht das Ziel! Krüger und Boger/Saritas beschreiben, wie EPO und seine Derivate Therapiestandard bleiben und die HIF-Stabilisatoren wichtige Nischenindikationen belegen. Im Sport würde man sie wohl Ergänzungsspieler nennen.
Die letzten Jahre haben uns gelehrt, dass nicht immer das Überleben und das Vermeiden „harter“ klinischer Ereignisse (Studienendpunkte wie Myokardinfarkt) die Therapiemotivation unserer Patientinnen und Patienten bestimmt. Unsere Patienten sind zunehmend gut informiert und Lebensqualität (QoL: „Quality of Life“) unter unseren Therapiemaßnahmen ist ein relevanter Aspekt. Ich selbst summiere und bewerte die bisher publizierten Daten zu der Frage, wie sich unter verschiedenen Formen der Anämietherapie bei Dialysepatientinnen und -patienten deren QoL verändert.
2019 gab es den Nobelpreis für Untersuchungen, wie Zellen die Sauerstoffverfügbarkeit wahrnehmen und auf Mangel reagieren. Seien wir auf zukünftige therapeutische Innovationen gespannt.
Prof. Dr. Dr. med. Vincent Brandenburg, Würselen; Gasteditor
Publication History
Article published online:
21 May 2025
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