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DOI: 10.1055/a-2516-0631
Intervention bedarf Expertise

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
vor der Drucklegung jeder neuen Ausgabe haben wir Herausgeber das Privileg, die gesamten Inhalte der Zeitschrift zu prüfen. Und wieder einmal haben wir uns an den spannenden Diskussionsbeiträgen und Weiterbildungsartikeln festgelesen, welche eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen dankenswerterweise für die aktuelle Neonatologie Scan erarbeiteten.
Im Diskussionsteil hat Michael Schroth die nordamerikanische Studie von Joshi et al. zur Frage der Behandlung später Frühgeborener als größter Teilgruppe der Frühgeborenen kritisch reflektiert und regt an, zur Datengewinnung erneut „…auf die vorbildhaften, gut strukturierten, deutschen Netzwerke…“ zurückzugreifen. Zur gleichen Publikation liegt für Susanne Schmidtke ein wichtiger Fokus darauf, „… beim Neubau oder der Sanierung von Neonatologien immer eine große Zahl von Eltern-Kind-Einheiten zu gestalten – für jedes Versorgungslevel. Dann ist der Preis für Überwachung und Therapie nicht die Trennung von Eltern und Kind“. Mario Rüdiger beschäftigte sich für uns mit der Arbeit von Knol et al. zu möglichen Vorteilen des physiological based cord clamping (PBCC; physiologisches Abnabeln) und kommt in seinem Kommentar zu dem Schluss: „…jede Intervention ist nur so gut, wie die Expertise des anwendenden Teams und diese wächst mit der Häufigkeit der Nutzung“. In der Studie von Colvin et al. wurden epidemiologische Risikofaktoren für den plötzlichen Kindstod in den ersten sechs Lebenstagen (SUDI; sudden and unexpected infant death) identifiziert bzw. bekannte Risikosituationen bestätigt. Gerhard Jorch weist in seinem Diskussionsbeitrag bezüglich Unterschiede im klinischen und häuslichen Umfeld darauf hin, „…dass dieses nicht der Fall ist und die international mehr oder weniger einheitlichen Präventionsempfehlungen zur Schlafposition und Schlafumgebung auch für diese Untergruppe der Neugeborenen wenige Tage nach Entlassung aus der Geburtsklinik gelten“. Ferdinand Pulzer hebt die Rolle der professionellen Bezugspersonen bei der Information an die Eltern hervor: „Postnatal wären erneute Instruktionen im Rahmen der U-Untersuchungen durch die jeweiligen Teams im Kreißsaal, auf einer Station bzw. in einem ambulanten bzw. häuslichen Setting durch die Hebamme erstrebenswert“. Klaus Oettel diskutiert in seinem Beitrag Folgendes: „In der Entbindungsklinik sollte ein besonderer Fokus auf jene Eltern gelegt werden, welche mit der Geburt ihres ersten Kindes in eine Phase der Verunsicherung und potenziell physischer und psychischer Erschöpfung geraten können“. Die Erfolgsraten einer wiederholten medikamentösen Ductus-Therapie waren Thema der Untersuchungen von Dani et al. Thomas Riede ergänzt vor dem Hintergrund der wachsenden Erfahrungen mit einem katheterinterventionellen Verschluss bei Frühgeborenen unter 1500 Gramm die Arbeit um den wichtigen Hinweis, dass „…die Entscheidung zu einem weiteren medikamentösen Therapieversuch oder einer alternativen Methode in einem interdisziplinären Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Neonatologie, Kinder(herz-)chirurgie und -kardiologie getroffen werden muss“. Chinedu E. Ebenede schlussfolgert anhand der Studienergebnisse, „…spätestens nach dem Versagen des zweiten Medikamentenzyklus eine alternative Methode für den PDA-Verschluss in Erwägung zu ziehen“. Mit zufällig bestimmten Cortisolwerten konnten auch Rosano et al. in ihrer Untersuchung bei Neugeborenen unter prolongierter Steroidtherapie „…keinen klaren Rückschluss darauf ziehen, welche Kinder im Verlauf eine Nebenniereninsuffizienz entwickeln, zumal die Symptome mit Blutdruckabfall, prolongiertem Ikterus und Elektrolytstörungen im Sinne einer Hyponatriämie und Hyperkaliämie besonders bei extremen Frühgeborenen neben der Nebenniereninsuffizienz auch andere Ursachen haben können“, schreibt Tanja Restin.
Im Fortbildungsteil geben Cornelia Wiechers, Johanna Catharina Brückner und Axel R. Franz einen Überblick über nichtinvasive Messmethoden der Körperzusammensetzung zur Beurteilung von Wachstum und Ernährung Frühgeborener. Die Standortbestimmung des Tübinger Teams zur enteralen und parenteralen Nährstoffzusammensetzung in Zusammenhang mit postnatalem Gewichtsverlauf und Entwicklung im Kindesalter kann für alle, die in der Neonatologie täglich den Bedarf der ihnen anvertrauten kleinen und kleinsten Patienten bilanzieren, außerordentlich informativ sein, das eigene Vorgehen kritisch zu prüfen. Karl-Heinz Deeg hat für uns erneut sein umfangreiches Ultraschallarchiv geöffnet und gibt einen Überblick über dopplersonografische Flussmessungen der intrakraniellen Arterien als wichtiges Instrument zur frühzeitigen Diagnose erhöhten Schädelinnendruckes.
Möglicherweise werden Sie sich nun, da Sie die Neonatologie Scan in Papierform oder an Ihrem digitalen Endgerät durchstöbern, ebenso festlesen wie wir vor der Drucklegung. Das würde uns jedenfalls freuen.
Herzlichst,
Ihre Herausgeber
PD Dr. med. Axel Hübler
Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Chemnitz gGmbH, Chemnitz, Deutschland
Prof. Dr. med. Roland Hentschel
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Freiburg, Deutschland
Publication History
Article published online:
20 May 2025
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