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DOI: 10.1055/a-2558-3995
Herta Seidemann: Psychiaterin, Neurologin und Psychotherapeutin
„Germany’s loss – America’s gainHerta Seidemann: Psychiatrist, neurologist and psychotherapist„Germany’s loss – America’s gain
Zusammenfassung
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die von ihnen verabschiedeten und durchgesetzten Gesetze schlossen jüdische Ärzte und Ärztinnen zunehmend von der Berufsausübung aus. In der Folge kam es zu Emigration, schätzungsweiße 600 Ärztinnen und Ärzte aus den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie – ⅓ dieser Gruppe – wurden zur Emigration genötigt. Neben prominenten Vertretern der Fachgebiete waren viele nicht so namhafte Kollegen und Kolleginnen betroffen. Die vorliegende Arbeit stellt mit der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Herta Seidemann (1900–1984) eine solche wenig bekannte Ärztin vor und beschreibt die Problematik der Emigration sowie die Rolle Karl Bonhoeffers (1868–1948) in diesem Fall.
Abstract
The seizure of power by the National Socialists and the legislation they enacted increasingly excluded Jewish doctors from practicing their profession. As a result, an estimated 600 doctors in the fields of neurology and psychiatry—around one-third of all specialists in these areas—were forced to emigrate. In addition to prominent figures in these fields, many lesser-known colleagues were also affected. This paper presents one such little-known doctor: neurologist, psychiatrist, and psychotherapist Herta Seidemann (1900–1984), and explores the challenges of emigration and the role played by Karl Bonhoeffer (1868–1948) in her case.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
16. Juli 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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