Im OP 2025; 15(05): 257-258
DOI: 10.1055/a-2595-1072
ATA|OTA-Mitteilungen

Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Mitglieder,

Marius Maier
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vermehrt teilen uns Pädagog*innen von ATA-OTA-Schulen mit, dass es für Auszubildende schwierig ist, die vorgeschriebenen Nachtarbeitsstunden während der Ausbildung zu absolvieren. Gemäß § 6 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung über die Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistentin und zum Anästhesietechnischen Assistenten und über die Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin und zum Operationstechnischen Assistenten (Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung - ATA-OTA-APrV) müssen ATA-OTA-Auszubildende ab dem zweiten Ausbildungsdrittel mindestens 80 und höchstens 120 Stunden Nachtarbeit leisten.

In der Praxis fällt es jedoch vielen Ausbildungseinrichtungen schwer, diese Vorgabe im OP-Bereich umzusetzen – vor allem aufgrund der im OP üblichen Dienstmodelle wie Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Die Kolleg*innen aus der Praxis berichten, dass in einige Einrichtungen die Nachtarbeitsstunden daher zum Beispiel in der Notaufnahme oder auf der Station abgeleistet werden, um die Sollstunden zu erfüllen.

Ein zentrales Problem bei der Umsetzung des § 6 der ATA-OTA-APrV liegt in der engen gesetzlichen Definition von „Nachtarbeit“. Der Gesetzgeber fordert ausdrücklich den Einsatz der Auszubildenden während der Nachtzeit, also zwischen 23:00 und 06:00 Uhr. Diese Vorgabe stellt die Kolleg*innen aus der Praxis zum Teil vor erhebliche Herausforderungen, da sie häufig schwer umsetzbar ist.

Die Kolleg*innen aus der Praxis berichten, dass Nachtarbeit im OP-Bereich oft nur begrenzt stattfindet. In vielen Operationsabteilungen gibt es nachts wenige (Notfall-)Operationen, sodass überwiegend Ruf- oder Bereitschaftsdienste geleistet werden. Gemäß § 6 APrV wird die tatsächlich zwischen 23:00 und 06:00 Uhr geleistete Arbeitszeit als Nachtarbeit anerkannt und darf angerechnet werden, unabhängig von der Dienstform, in der Auszubildende eingeteilt sind.

Unsere Mitglieder berichten zudem, dass Nachtarbeit in der Ausbildung daher häufig in peripheren Bereichen, wie der Pflegestation oder der Notaufnahme, stattfindet. Dies entspricht jedoch nicht dem Zweck des § 6 ATA-OTA-APrV. Um das Ziel des Gesetzgebers, die Vorbereitung auf die berufstypischen Dienstformen und Einsatzsituationen zu erfüllen, ist der Einsatz der Auszubildenden in tätigkeitsrelevanten Bereichen während der Nachtzeit zwingend erforderlich. Die Nachtarbeit sollte daher im Haupteinsatzgebiet von ATA und OTA, also im OP, stattfinden. Wir appellieren deshalb an die Ausbildungsträger, Möglichkeiten zu schaffen, damit Auszubildende ihre Nachtarbeitsstunden im OP leisten können.

Auszubildende sollten grundsätzlich, vor allem aber in den ersten abzuleistenden Nachtstunden während der Ausbildung, nur zusätzlich und nicht als Ersatz für notwendiges Personal eingeplant werden. Sie dürfen laut § 6 ATA-OTA-APrV ausschließlich unter unmittelbarer Aufsicht an Sonderdiensten teilnehmen. Der Begriff der „unmittelbaren Aufsicht“ bedeutet, dass eine fachlich qualifizierte Person jederzeit in der Lage sein muss, unterstützend einzugreifen. Dies ist nicht gewährleistet, wenn sich die Aufsichtsperson auf einer benachbarten Station befindet oder lediglich telefonisch – etwa durch eine Hauptnachtwache – erreichbar ist (vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21.12.1979 – 5 Sa 1358/79). „Unmittelbare Aufsicht“ bedeutet zudem, dass Auszubildende von qualifizierten Kolleg*innen begleitet werden müssen, am besten nicht von Berufsanfänger*innen. Idealerweise erfolgt die Begleitung durch Kolleg*innen mit einer pädagogischer Zusatzqualifikation (Praxisanleitung). Die Aufsicht durch einen Arzt/eine Ärztin halten wir für unzulässig.

Gemäß § 14 JArbSchG ist die Beschäftigung während der Nachtzeit – also zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr – für minderjährige Auszubildende grundsätzlich verboten. In Betrieben mit Schichtarbeit kann eine Ausnahme gemacht werden, sodass eine Tätigkeit bis 23:00 Uhr erlaubt ist (§ 15 JArbSchG). Zwischen dem Ende eines Arbeitstags und dem Beginn des nächsten Arbeitstags steht Auszubildenden eine durchgehende Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu (§ 13 JArbSchG).

Auch wenn uns bewusst ist, dass die Personalsituation in vielen OP-Bereichen angespannt ist, müssen die unmittelbare Aufsicht und das mögliche Eingreifen der Aufsichtsperson unbedingt eingehalten werden. Beachten Sie hierzu auch unsere „Stellungnahme zum Einsatz von Auszubildenden der operationstechnischen Assistenzberufe in Operationsabteilungen“, die Sie auf unserer Homepage finden können.

Ein weiteres Thema betrifft die Einwilligung der Patient*innen bei ATA-/OTA-Abschlussprüfungen: Laut § 39 der ATA-OTA-APrV müssen alle Patient*innen, die im Rahmen der praktischen Prüfung eingebunden sind, vorab darüber aufgeklärt werden und schriftlich in die Teilnahme einwilligen. Patient*innen haben selbstverständlich das Recht, die Teilnahme abzulehnen – in diesem Fall dürfen sie nicht Bestandteil der Prüfung sein. Ein praktisches Problem entsteht dann, wenn ein/e ursprünglich eingeplante/r Patient*in kurzfristig am Prüfungstag nicht operiert wird, zum Beispiel aufgrund von Planänderungen. Die Prüfungskommission, Praxisanleitung und das OP-Team sind in solchen Fällen oft schon organisiert und der Auszubildende hat möglicherweise bereits seine schriftliche Ausarbeitung zur Prüfung angefertigt.

Wir haben unseren Kooperationsanwalt, Dr. Tobias Weimer, Fachanwalt für Medizinrecht, um eine Einschätzung gebeten. Er nimmt wie folgt Stellung: „Der Patient muss gemäß § 39 ATA-OTA-APrV aufgeklärt und eingewilligt haben. Eine Frist zur Einwilligung sieht die ATA-OTA-APrV nicht ausdrücklich vor. Die Einwilligung setzt eine Information des Patienten über die Prüfungssituation voraus. Vor diesem Hintergrund wird man die grundsätzlichen Regeln zur Selbstbestimmungsaufklärung vor Heileingriffen für die Aufklärung heranziehen müssen. Danach muss die Aufklärung über das Für und Wider im Großen und Ganzen so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient das Für und Wider abwägen kann.“

Das bedeutet: Wenn der oder die ursprünglich eingeplante Patient*in am Tag der Prüfung ausfällt, kann nicht kurzfristig ein/e andere/r Patient*in aufgeklärt werden und einwilligen. Hier kann es dann nötig werden, die Prüfung zu verschieben. Will man hier auf Nummer sicher gehen empfehlen wir, mehrere Patient*innen bereits im Vorfeld auszuwählen, aufzuklären und einwilligen zu lassen. Das Referat Bildung hat eine Musteraufklärung inklusive Einwilligungsformular für Prüfungspatient*innen erstellt. Diese kann auf unserer Homepage unter „Referat Bildung“ heruntergeladen werden.

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Article published online:
22 August 2025

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