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DOI: 10.1055/a-2606-9826
Die Einführung roboterassistierter Chirurgie am Beispiel der benignen totalen Hysterektomie mit Salpingektomie: Lernkurven, Sicherheit und Erfahrungen eines tertiären operativen Zentrums
Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch- Zusammenfassung
- Einleitung
- Material und Methoden
- Ergebnisse
- Diskussion
- References/Literatur
Zusammenfassung
Hintergrund
Die dynamische Entwicklung hin zur roboterassistierten Chirurgie betrifft insbesondere die operative Gynäkologie. Die Analyse von Operationsdaten roboterassistierter Eingriffe seit der ersten Anwendung an einem operativen Zentrum liefert wertvolle Erkenntnisse zur Einführungsphase und Integration des Da Vinci-Systems in den klinischen Routinebetrieb, sowie deren Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Ziel dieser Arbeit war es, den Lernkurvenverlauf gezielt zu untersuchen und den Trend des Professionalisierungsprozesses bei der Implementierung der Methodik darzustellen. Schwerpunkt der Auswertung liegt dabei bei der häufigsten initialen Prozedur im Einführungsprozess: der benignen totalen Hysterektomie mit Salpingektomie.
Material und Methode
Retrospektive Datenanalyse der ersten n = 250 Patientinnen, die zwischen Februar 2020 und Juni 2022 von 5 verschiedenen Operateuren mit dem Da Vinci-Operationssystem am Universitätsklinikum Freiburg operiert wurden. Ausgewertet wurden klassische OP-Parameter wie Vorbereitungszeit, Schnitt-Naht-Zeit, Konsolenzeit und daraus resultierende Lernkurven der Operateure und des OP-Teams (inkl. CUSUM-Analyse). Zudem Erfassung perioperativer Patientinnencharakteristika (bspw. Blutverlust, Hospitalisationsdauer, Konversionsrate).
Ergebnisse
Die Mehrheit der Eingriffe (30%) erfolgte aufgrund eines Uterus myomatosus. Mit steigender Anzahl an durchgeführten Eingriffen konnten die OP-Zeiten deutlich reduziert werden: Die OP-Vorbereitungszeit reduziert sich innerhalb der ersten 30 Eingriffe von 28,1 ± 8,6 min auf 23,8 ± 7,2 min. Die Schnitt-Naht-Zeit bei Durchführung einer benignen totalen Hysterektomie mit Salpingektomie lag bei 94,0 ± 42,2 min und zeigt eine deutliche Abnahme innerhalb der ersten 20 Eingriffe. Die durchschnittliche Konsolenzeit lag bei 66,8 ± 36,1 min, wobei sich für die ersten 20 Eingriffe ein besonders deutlicher Abfall zeigt. Individuelle Lernkurven einzelner Operateure zeigen deutliche Abnahmen der Konsolenzeit, z. B. bei Operateur A Reduktion der durchschnittlichen Konsolenzeit innerhalb der ersten 10 Eingriffe von 70,5 ± 23,0 min auf 46,9 ± 13,5 min. Die Konversionsrate lag im Gesamtkollektiv bei 0,8%.
Diskussion
Bei Auswertung der ersten 250 Da Vinci-Operationen zeigte sich eine rasche Erlernbarkeit roboterassistierter Operationen. Die Konversionsrate ist mit 0,8% sehr niedrig. Ein positiver Effekt in der Lernkurve einzelner Operateure zeigt sich nach ca. 20 Eingriffen. Sowohl die Vorbereitungszeit als auch die Schnitt-Naht-Zeit konnten rasch gesenkt werden, sodass die Integration in den klinischen Routinebetrieb problemlos möglich war.
Schlüsselwörter
roboterassistierte Chirurgie - Da Vinci - Lernkurve - Konversionsrate - KonsolenzeitEinleitung
Eine der wohl bedeutendsten Neuerungen in der chirurgischen Behandlung von Patienten ist die roboterassistierte Chirurgie. Operationsroboter, gesteuert von einem Chirurgen, ermöglichen ein neues Maß an Präzision, eine patientenschonende Versorgung und die Verwendung technischer Assistenzsysteme. Eines der ersten und das am weitesten verbreitete roboterassistierte Operationssystem ist der Da Vinci-Roboter.
Die Anwendungsmöglichkeiten des Da Vinci-Operationssystem sind sehr vielfältig, weshalb das System in verschiedensten chirurgischen Disziplinen eingesetzt wird. In der Gynäkologie wird es vorrangig zur Hysterektomie genutzt, einer der am häufigsten durchgeführten gynäkologischen Eingriffe. Durch Anwendung immer neuerer Methoden und Fortschritt in der Medizin ist auch die Hysterektomie immer sicherer und deutlich schonender für die Patientinnen geworden. Im Jahre 1989 wurde die erste laparoskopische Hysterektomie von Reich et al. (1989) [1] in Pennsylvania, USA dokumentiert. Bereits 2002 wurde in einer Studie bei den ersten Patientinnen mit einem roboterassistierten laparoskopischen Verfahren eine Hysterektomie durchgeführt [2]. Die operative Gynäkologie ist in einem bemerkenswerten Wandel, der durch die Anwendung roboterassistierter minimalinvasiver Techniken seit der Zulassung des Da Vinci-Operationssystems weiter an Dynamik dazugewonnen hat. Der stetige Anstieg von roboterassistierten Operationen in Krankenhäusern zeigt, dass Roboterchirurgie in der öffentlichen Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren eine zunehmende Rolle spielt.
Die aktuelle Studienlage der Operationszeiten mit dem Da Vinci-Operationssystem im Vergleich zu konventioneller Laparoskopie zeigt keine einheitlichen Ergebnisse. Verschiedene Studien weisen auf eine verlängerte Operationsdauer im Vergleich zu einer konventionellen Laparoskopie hin und nennen hier vor allem Auf- und Abbau des Roboters als relevante Zeitfaktoren [3] [4] [5]. Ist das Team eingespielt, der Operateur erfahren und sind die Abläufe gut strukturiert, ist nach der Einführungsphase die Operationsdauer jedoch vergleichbar [6]. Die Ergebnisse von Shashoua et al. (2009) [7] zeigen zudem, dass die Operationsdauer bei den roboterassistierten Operationen insgesamt zwar verlängert ist, diese aber abhängig von weiteren Co-Faktoren ist. Der BMI, die Größe des Uterus und die Notwendigkeit, den Uterus unter bestimmten Umständen laparoskopisch zu morcellieren, sind Faktoren, die mit einer längeren Operationsdauer verbunden waren. Somit lässt sich bislang keine eindeutige Aussage über den Zeitfaktor bei roboterassistierten Operationen treffen und es bedarf weiterer Studiendaten.
Änderungen und Neuerungen in einem streng getakteten, routinierten OP-Betrieb umzusetzen, ist für viele Kliniken jedoch zunächst mit großen Herausforderungen verbunden. Die Etablierung eines neuen Systems wie des Da Vinci-Operationssystems ist dabei eine Veränderung, welche besonders zu Beginn eine starke Umstellung der Arbeitsatmosphäre, Arbeitsabläufe und Aufgabenverteilung mit sich bringt [8]. Die Einführung des Da Vinci-Operationssystems in der Klinik für Frauenheilkunde an der Uniklinik in Freiburg im Februar 2020 hat die operative Versorgung der Patientinnen in den letzten Jahren maßgeblich beeinflusst.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Operationsdaten von den ersten 250 roboterassistierten Eingriffen am Universitätsklinikum in Freiburg zu analysieren. Die Lernkurven wurden im folgenden Artikel für die benigne Hysterektomie und Salpingektomie ausgewertet von Operateur A, B und C. Anhand dieser Daten wird schließlich die Einführung sowie deren Vor- und Nachteile in der Patientenversorgung beurteilt. Hierfür werden neben durchgeführten Prozeduren die Operationszeiten, Lernkurven der Operateure, Hämoglobinverlust und Liegedauer der Patientinnen sowie die Konversionsrate ausgewertet. Das Teilen von Erfahrung und Daten einer gelungenen Einführung ist dabei eine wichtige Grundlage für andere Kliniken, um anfängliche Hürden besser überwinden zu können und fortschrittliche Technologien und Anwendungen voranzutreiben.
Material und Methoden
Die vorliegende Arbeit ist eine retrospektive Datenanalyse der ersten 250 roboterassistierten Eingriffe an der Klinik für Frauenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Die Auswertung umfasst die Daten aller Patientinnen, die im Zeitraum Februar 2020 bis Juni 2022 mit dem Da Vinci-Operationssystem (Intuitive) operiert wurden und stammen aus der digitalen Patientinnenakte bzw. dem Krankenhaus-Informationssystem (KiS). Folgende Parameter wurden erhoben: Alter, Gewicht, Größe, BMI, ASA-Score, prä- sowie postoperativer Hb-Wert, Aufenthaltsdauer, Name des Operateurs, Diagnose(n), die jeweilig durchgeführte(n) Prozedur(en) sowie Besonderheiten während der Operation.
Ausgewertet wurden alle benignen OP-Indikation wie: Uterus myomatosus, Adenomyosis uteri, Transgender-Operation (Frau zu Mann), Blutungsstörungen, prophylaktische Operationen wegen familiärem Karzinomrisiko, zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN I–III) sowie alle malignen OP-Indikationen beim Vorliegen eines Endometriumkarzinoms, Zervixkarzinoms, Ovarialkarzinoms, Vulvakarzinoms, Vaginalkarzinoms oder Uterussarkoms.
In diesem Artikel beschränkt sich die Auswertung der Lernkurven auf die benigne Hysterektomie und Salpingektomie.
OP-Zeiten
Ausgewertet wurden zudem nebst OP-Datum folgende OP-Zeiten: Beginn der Vorbereitungszeit, Ende Vorbereitungszeit, Patient im Saal, Beginn operative Maßnahmen, Uhrzeit Schnitt, Beginn Konsolenzeit, Ende Konsolenzeit und Uhrzeit Nahtende.
Für die Berechnung der OP-Zeiten wird auf die vom OP-Personal dokumentierten Uhrzeiten zurückgegriffen. Mit den dokumentierten Zeitpunkten für „Patient im Saal“ und „Schnitt“ wird die Vorbereitungszeit errechnet. Die Schnitt-Naht-Zeiten ergeben sich aus den dokumentierten Zeitpunkten für „Schnitt“ (= Hautschnitt, vorab erfolgte ggf. die Anlage eines Uterusmanipulators) und „Nahtende“ (= Hautnaht). Für die Berechnung der Konsolenzeit wird die Dokumentation des Zeitpunktes „Beginn Konsolenzeit“ (= Operateur sitzt an der Konsole und beginnt mit erster Maßnahme) und „Ende Konsolenzeit“ (= Operateur verlässt die Konsole) verwendet.
Lernkurven
Für die Erstellung der Lernkurven wurden die Eingriffe den einzelnen Operateuren zugeordnet. Im folgenden Artikel wurden die Lernkurven nur für die benignen Hysterektomien mit Salpingektomie ausgewertet. Bei den einzelnen Chirurgen wird stets die chronologische Reihenfolge der Eingriffe beibehalten. Um möglichst homogene Vergleichsgruppen zu analysieren, wurden die Eingriffe wiederum nach OP-Indikation und nach Art der durchgeführten Prozedur unterteilt. Die Lernkurven von 3 Operateuren A, B und C wurden in die Auswertung mitaufgenommen. Operateur 3 und 4 wurden hier aufgrund der bis dahin noch geringen Anzahl an Operationen vernachlässigt. Die Lernkurven der beschriebenen Operateure sind allesamt von sehr erfahrenen Operateuren im Bereich der Laparoskopie. Bezüglich Roboteroperationen hatte lediglich ein Operateur vereinzelte Operationen bereits am Roboter durchgeführt.
Für die Auswertung der Lernkurven der einzelnen Operateure wurden die Konsolenzeiten bei Durchführung einer totalen Hysterektomie grafisch in einem Diagramm dargestellt und mit einer polynomischen Trendlinie überlagert. Um den Lernkurvenverlauf gezielt zu untersuchen und den Trend des Professionalisierungsprozesses beim Erlernen besser darzustellen, wurde zusätzlich eine CUSUM-Analyse (engl. Cumulative Summation) durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine Analysemethode von Messparametern mit schrittweiser Änderung, die vor allem im Wirtschaftsbereich in der Prozesskontrolle und Qualitätssicherung Anwendung findet. Hierfür wird die Differenz aus der OP-Zeit und dem entsprechenden Mittelwert der Zahlenreihe errechnet. Die CUSUM-Werte für die einzelnen Datenreihen wurden dann durch Summation des jeweils vorangegangenen CUSUM-Wertes (für den ersten Wert = 0) mit der Differenz aus OP-Zeit und dem Mittelwert errechnet. Dieses Vorgehen wurde für die jeweils gesamte Datenreihe durchgeführt. Das CUSUM-Diagramm stellt somit die kumulativen Summen der Abweichungen der einzelnen Stichprobenwerte vom Mittelwert (Zielwert) dar, wodurch selbst geringe Abweichungen zu stetig steigenden bzw. sinkenden kumulativen Abweichungswerten führen [9]. Die grafische Darstellung der CUSUM-Analyse hat den Vorteil, anhand des CUSUM-Peaks der meist inversen Parabelkurve abzuschätzen, nach welcher Zeit der Operateur die Lernkurve gemeistert hat [10]. Dieser Zeitpunkt im Lernprozess wird in der Theorie oft als Fähigkeit beschrieben, die neu erworbene Tätigkeit schnell und sicher durchführen zu können.
Für die statistische Auswertung der Daten sowie deren grafische Darstellung wurde Microsoft Excel 2021 MSO (Version 2409 Build 16.0.18025.20030) verwendet.
Das Studienvorhaben wurde von der Ethikkommission des Universitätsklinikums Freiburg genehmigt (Antragsnummer: 23–1501-S1-retro).
Ergebnisse
In die Auswertung fließen Daten von n = 250 Patientinnen ein. Folgende Patientinnencharakteristika sind in [Tab. 1] zusammengefasst: Alter, BMI, ASA-Score, Hb-Werte prä- und postoperativ, durchschnittlicher Hb-Abfall, Liegedauer und Konversionsrate.
Verteilung der OP-Indikationen während der Einführungsphase
[Abb. 1] a zeigt die prozentuale Verteilung der OP-Indikationen in der Gesamtkohorte. Zu Beginn der Einführung des Da Vinci-Operationssystems wurden überwiegend Patientinnen mit benignen OP-Indikationen operiert. [Abb. 1] b zeigt die prozentuale Verteilung der OP-Indikationen der ersten 30 Eingriffe. Hier zeigt sich, dass zu Beginn mit einem Anteil von etwa 84% hauptsächlich Patientinnen mit benigner OP-Indikation operiert wurden: Mit einem Anteil von 54% war der Uterus myomatosus die häufigste OP-Indikation.


Vorbereitungszeit
Die Dauer der OP-Vorbereitungszeit beträgt in der Gesamtkohorte durchschnittlich 24,3 ± 7,5 min (Range 11–59 min). Bei differenzierter Betrachtung der Vorbereitungszeiten je nach OP-Indikation beträgt die Vorbereitungszeit bei benigner OP-Indikation durchschnittlich 22,9 ± 6,7 min und bei maligner OP-Indikation 26,1 ± 8,1 min. Mit steigender Anzahl durchgeführter Eingriffe reduziert sich die Vorbereitungszeit, wobei die rote Trendlinie insbesondere innerhalb der ersten 30 Eingriffe eine deutliche Reduktion erkennen lässt. Hier beträgt die Vorbereitungszeit durchschnittlich 28,1 ± 8,6 min für die ersten 30 Eingriffe und reduziert sich für die weiteren Eingriffe auf 23,8 ± 7,2 min. Die Entwicklung der Vorbereitungszeit in Abhängigkeit von der Anzahl der durchgeführten Eingriffe ist in [Abb. 2] dargestellt.


Eine weitere Untersuchung der Daten mittels CUSUM-Analyse lässt genauer abschätzen, wann sich im Prozess der OP-Vorbereitung eine Routine etabliert hat. Die grafische Darstellung der Daten zeigt [Abb. 3]. Der Maximalwert (CUSUM-Peak) der inversen Parabelkurve bei etwa 70 durchgeführten Eingriffen zeigt an, dass die Prozesse der OP-Vorbereitung nach dieser Anzahl an Operationen beherrscht wurden.


Schnitt-Naht-Zeit
Die Schnitt-Naht-Zeit in der Gesamtkohorte liegt bei 128,4 ± 67,8 min (Range 43–387 min). Die Schnitt-Naht-Zeiten der einzelnen Operationen in der Gesamtkohorte sind in [Abb. 4] dargestellt. Die Trendlinie in Rot lässt erkennen, dass es nach initialer Reduktion der Schnitt-Naht-Zeit innerhalb der ersten 30 Fälle im weiteren Verlauf zu einer Zunahme kommt. Nach diesem leichten Anstieg der Schnitt-Naht Zeit reduziert sich ab etwa 100 Eingriffen die Schnitt-Naht-Zeit kontinuierlich. Die schwarze Linie zeigt die durchschnittliche OP-Zeit an.


Schnitt-Naht-Zeit bei benignen OP-Indikationen bzw. TLH mit Salpingektomie bds.
Bei Patientinnen mit benigner OP-Indikation beträgt die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit aller 143 Patientinnen 97,0 ± 42,7 min, bei der Subgruppe der benignen totalen Hysterektomie mit Salpingektomie 94,0 ± 42,2 min (Range 45–310 min). Bei den Patientinnen, die sich einer Hysterektomie mit Adnexektomie unterzogen, liegt die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit bei 95,8 ± 32,1 min. [Abb. 5] zeigt die Schnitt-Naht-Zeiten bei der Durchführung einer Hysterektomie mit Salpingektomie; diese wurde in allen Fällen dokumentiert n = 101.


Konsolenzeiten
Die Konsolenzeit beträgt in der Gesamtkohorte durchschnittlich 95,5 ± 59,3 min. Die Kohorte der benignen OP-Indikationen weist eine durchschnittliche Konsolenzeit von 68,9 ± 37,8 min auf. Bei der am häufigsten durchgeführten Prozedur, der totalen Hysterektomie mit Salpingektomie, liegt die durchschnittliche Konsolenzeit bei 66,8 ± 36,1 min. Mit zunehmender Anzahl an durchgeführten Eingriffen reduziert sich die durchschnittliche Konsolenzeit. Für die ersten 20 Eingriffe zeigt die rote Trendlinie einen besonders deutlichen Abfall der Konsolenzeiten. Nach diesem initialen Abfall der Kurve lässt sich eine Plateauphase für die weiteren Eingriffe feststellen, in welcher sich die Schwankungen der Einzelwerte ausgleichen. Nach etwa 60 Eingriffen ist für den weiteren Verlauf der Trendlinie eine weitere Reduktion der durchschnittlichen Konsolenzeit zu erkennen. In absoluten Zahlen liegt die durchschnittliche Konsolenzeit der ersten 20 Eingriffe bei 77,1 ± 32,4 min und reduziert sich im Laufe der weiteren 71 Eingriffe auf 63,8 ± 36,6 min. [Abb. 6] zeigt den Verlauf aller Konsolenzeiten bei Durchführung einer totalen Hysterektomie mit Salpingektomie. Hier lag die Konsolenzeit dokumentiert nur bei n = 91 ausgewerteten Fällen vor. Daher liegt hier eine Abweichung der Fallzahl zur [Abb. 5] vor.


Lernkurven
Die 250 durchgeführten Operationen wurden von insgesamt 5 verschiedenen Operateuren durchgeführt. Für die Auswertung der Lernkurve werden lediglich die Fälle mit Durchführung einer totalen Hysterektomie mit Salpingektomie herangezogen und bei den Operateuren A, B und C ausgewertet.
Lernkurve von Operateur A bei Hysterektomie mit Salpingektomie
Operateur A führte insgesamt 86 Eingriffe mit einer durchschnittlichen Konsolenzeit von 93,0 ± 58,4 min durch. Davon entfielen 44 Eingriffe auf Patientinnen mit benigner und 42 Eingriffe auf Patientinnen mit maligner OP-Indikation. Die durchschnittliche Konsolenzeit beträgt in der benignen Gruppe 55,7 ± 21,3 min und 133,8 ± 58,7 min in der malignen Gruppe. Die durchschnittliche Konsolenzeit bei Durchführung der Vergleichsprozedur Hysterektomie mit Salpingektomie beträgt bei Operateur A 55,6 ± 22,7 min. Anhand der roten Trendlinie lässt sich erkennen, dass sich die Konsolenzeit bereits innerhalb der ersten 10 Eingriffe deutlich verkürzt. Hier liegt die Konsolenzeit im Schnitt bei 70,5 ± 23,0 min, für die weiteren 17 Eingriffe bei durchschnittlich 46,9 ± 13,5 min. [Abb. 7] a zeigt die Lernkurve bei Durchführung einer totalen Hysterektomie mit Salpingektomie bei benigner OP-Indikation. Insgesamt konnte Operateur A 4 Monate nach Start der robotischen Operationen bereits 15 Operationen aufweisen.


Die nachfolgende Berechnung der CUSUM-Werte ist in [Abb. 7] b dargestellt und zeigt eine inverse Parabel mit einem Peak bei etwa 11 Eingriffen.
Lernkurve von Operateur B bei Hysterektomie mit Salpingektomie
Operateur B führte insgesamt 80 roboterassistierte Eingriffe mit einer durchschnittlichen Konsolenzeit von 95,3 ± 59,6 min durch. Die durchschnittliche Konsolenzeit bei Durchführung der Vergleichsprozedur Hysterektomie mit Salpingektomie beträgt bei Operateur B 64,0 ± 35,6 min. Die stärkste Reduktion der Konsolenzeit zeigt sich innerhalb der ersten 10 Eingriffe. Hier liegt die Konsolenzeit im Schnitt bei 83,3 ± 36,0 min), für die weiteren 21 Eingriffe bei durchschnittlich 54,8 ± 31,5 min. Im Verlauf kommt es zu weiterer Abnahme der durchschnittlichen Konsolenzeit. Die daraus abgeleitete Lernkurve zeigt [Abb. 7] c.
Die Ergebnisse der CUSUM-Analyse der Konsolenzeit von Operateur B sind in [Abb. 7] d dargestellt und zeigen einen CUSUM-Peak nach etwa 22 Eingriffen. Operateur B hatte nach 5 Monaten seine 15 Operationen am Roboter durchgeführt.
Lernkurve von Operateur C bei Hysterektomie mit Salpingektomie
Operateur C führte insgesamt 23 roboterassistierte Eingriffe mit einer durchschnittlichen Konsolenzeit von 74,7 ± 31,9 min durch. Die durchschnittliche Konsolenzeit der Operationen mit benigner OP-Indikation liegt bei 78,9 ± 34,2 min. Bei der Vergleichsprozedur Hysterektomie mit Salpingektomie beträgt die durchschnittliche Konsolenzeit 55,6 ± 22,7 min. Die stärkste Abnahme der Konsolenzeit zeigt sich zwischen den Eingriffen 8 und 13. Im Anschluss kommt es zu einem erneuten Anstieg der durchschnittlichen Konsolenzeit. [Abb. 7] e zeigt die Lernkurve von Operateur C.
Die Ergebnisse der CUSUM-Analyse von Operateur C zeigen einen CUSUM-Peak nach etwa 9 Eingriffen und sind in [Abb. 7] f dargestellt. Operateur C hatte nach 4 Monaten 15 Operationen am Roboter durchgeführt.
Konversionsrate
In der Gesamtkohorte kam es zu 2 Konversionen, was einer Konversionsrate von 0,8% entspricht. Bei einer dieser beiden Patientinnen mit Endometriumkarzinom kam es intraoperativ zur Verletzung der rechten V. iliaca externa. Dies machte die Konversion auf ein offenchirurgisches Verfahren mit gefäßchirurgischer Intervention notwendig. Bei der anderen Patientin behinderten Drähte eines bereits vorbestehenden Magenschrittmachers den endoskopischen Zugang. Aus Sicherheitsgründen wurde entschieden, offen chirurgisch zu operieren.
Diskussion
Die vorliegende retrospektive Analyse der ersten 250 operierten Patientinnen in der Einführungsphase des Da Vinci-Operationssystems an der Klinik für Frauenheilkunde bietet wertvolle Einblicke in die klinische Anwendung der roboterassistierten Chirurgie in der Gynäkologie. Die Studie beleuchtet zahlreiche Parameter wie patientinnenspezifische Aspekte, OP-Zeiten, Lernkurven der einzelnen Operateure und Komplikationen.
Die Studienpopulation spiegelt dabei prinzipiell die Patientenklientel des klinischen Alltags wider. Durch das Einschlusskriterium „Durchführung eines roboterassistierten Eingriffs“ erfolgte keine weitere Vorselektion der Patientinnen in der Gesamtkohorte. Erst bei der Auswertung der OP-Zeiten wurde eine weitere Kategorisierung vorgenommen, um aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten. Auf eine Selektion anhand anderer Parameter, wie dem Patientenalter oder dem BMI wurde bewusst verzichtet, um den klinischen Alltag möglichst real abzubilden. Dies vernachlässigt mögliche weitere Einflüsse durch beispielsweise die großen Altersunterschiede (23 bis 89 Jahre) der Patientinnen auf die operativen Ergebnisse, insbesondere auf OP-Zeiten und Komplikationen. In Bezug auf die in explorativen Analysen dargestellte Verteilung der OP-Indikation ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass in der Anfangsphase bewusst deutlich mehr Patientinnen mit benigner Indikation als mit maligner OP-Indikation operiert wurden, um an weniger komplexen Fällen eine OP-Routine zu etablieren. Nach Erreichen einer Routine im Umgang mit dem Roboter im OP sowohl vom OP-Team als auf von den einzelnen Operateuren wurden zunehmend Patientinnen mit maligner OP-Indikation operiert, wodurch die Komplexität der Eingriffe zu diesem Zeitpunkt immer weiter erhöht wurde. Diese unterschiedliche Verteilung der OP-Indikationen im Verlauf der Zeit ist bei der Analyse und Interpretation der OP-Zeiten zu berücksichtigen.
Die vorliegenden Daten in Bezug auf die OP-Zeiten zeigen eine deutliche Reduktion der Vorbereitungszeit, Schnitt-Naht Zeit sowie der Konsolenzeiten innerhalb weniger Eingriffe. Die Analyse der Vorbereitungszeit zeigt mit 28,1 min bei den ersten 30 Eingriffe eine durchschnittlich 4,4 min längere Vorbereitungszeit als bei den weiteren 220 Eingriffen. Dies bestätigt die Anpassung des OP-Teams an die neuen Arbeitsabläufe und deckt sich mit Erkenntnissen anderer Studien. Lenihan et al. [11] gehen in ihrer Studie davon aus, dass ein OP-Team etwa 20 Eingriffe benötigt, um für die Vorbereitung des Roboters eine Routine zu etablieren und eine Vorbereitungszeit unter 45 min zu erreichen, die sich nach 50 Fällen weiter verbessert und auf etwa 35 min sinkt. Mögliche Einflussfaktoren auf die Vorbereitungszeit wie häufig wechselndes OP-Personal und Vorerfahrung in der Zusammenarbeit des Teams führen zu unterschiedlichen Vorbereitungszeiten. Dennoch scheinen die Phasen im Lernprozess ähnlich abzulaufen. Anhand der Daten lässt sich feststellen, dass es nach initialer Reduktion der Vorbereitungszeit nochmals zu einer Zunahme der durchschnittlichen Vorbereitungszeit bei den Eingriffen 31–40 kam, obwohl bei der Zusammensetzung der OP-Pflege keine nennenswerten Änderungen zu beobachten sind (Daten nicht gezeigt). Unter Hinzunahme weiterer OP-Informationen zeigt sich jedoch, dass in diesem Zeitraum stark zunehmend Patientinnen mit maligner OP-Indikation operiert wurden. Bei den Patientinnen mit maligner OP-Indikation variieren die Abläufe durch z. B. die zusätzliche Applikation von ICG in der Vorbereitungszeit. Diese abweichende OP-Vorbereitung sowie die zusätzliche Maßnahme könnten ein Erklärungsansatz für die durchschnittlich 3 min längere Vorbereitungszeit bei den malignen Fällen gegenüber Operationen mit benigner OP-Indikation sein.
Die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit der Patientinnen mit benigner Hysterektomie beträgt 97,0 min und liegt damit teilweise unter den Ergebnissen bisheriger Studien. Carbonnel et al. (2021) [12] berichten in ihrer Studie mit der bisher größten Fallzahl in Europa von 495 Patienten von einer durchschnittlichen Schnitt-Naht-Zeit von 127 min und haben bei Auswertung der Lernkurve eine deutliche Reduktion der Schnitt-Naht-Zeit festgestellt. Dabei wurde das Erreichen der Lernkurve laut bisheriger Literatur auf eine Fallzahl von 75 Operationen pro Operateur festgelegt. Anhand der hier präsentierten Daten lässt sich feststellen, dass sich die initiale Reduktion der Schnitt-Naht-Zeit schon innerhalb der ersten 30 Eingriffe besonders zeigt. Bei genauerer Betrachtung ist die Reduktion insbesondere in der Gruppe der Patientinnen mit benigner Hysterektomie mit Salpingektomie deutlich. Es ist davon auszugehen, dass dies auf die geringere Komplexität der Eingriffe zurückzuführen ist, wodurch operative Techniken repetitiv angewendet werden können und somit schneller erlernt werden.
Zum Zeitpunkt der Einführung der roboterassistierten Chirurgie an der Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg wiesen die Operateure kaum Vorerfahrung in diesem Bereich auf. Zwar waren alle 5 Operateure erfahrene minimalinvasive Chirurgen, 3 von 5 Operateuren hatten aber keine Vorerfahrung und nur 2 von 5 wenig Vorerfahrung mit dem Da Vinci-System. Operateur und 4 und 5 hatten zum Zeitpunkt der Auswertung zu wenige Operationen bis dato absolviert und wurden daher nicht in der Auswertung mit berücksichtigt. Die durchschnittliche Konsolenzeit dieser 5 Operateure ist mit 95,5 min mit den Ergebnissen bisheriger Studien vergleichbar. Rajanbabu et al. (2021) [13] kamen in ihrer Auswertung mit ähnlichem Zeitraum und vergleichbarer Anzahl an operierten Patientinnen auf einen Durchschnitt von etwa 103 min und konnten innerhalb des ersten Jahres eine deutliche Abnahme der durchschnittlichen Konsolenzeit feststellen. Diese sank von durchschnittlich 130 min für die ersten 80 Eingriffe im ersten Jahr der Einführung auf 95 min im zweiten Jahr. Die Einzelergebnisse der Konsolenzeiten der verschiedenen Operateure sowie die Auswertung ihrer Lernkurve mithilfe der CUSUM-Analyse zeigen, dass sich nach etwa 10 bis 20 Durchführungen der gleichen Prozedur die Konsolenzeit deutlich reduziert. Bisherige Studien zu Untersuchungen der Lernkurven führten zu einem vergleichbaren Ergebnis und beschreiben ein Erreichen einer akzeptablen Routine nach etwa 20 Eingriffen [1] [10] [14] [15] [16].
Die erkennbaren Unterschiede in den dargestellten Lernkurven lassen sich neben der Vorerfahrung im Operieren möglicherweise auf die Frequenz der Eingriffe während des Professionalisierungsprozesses zurückführen. Lin et al. (2023) [10] untersuchten in ihrer Studie die Lernkurven von Operateuren für die ersten 50 bzw. 100 Eingriffe und kategorisierten die Operateure dabei anhand der Zeitspanne, innerhalb der sie ihre ersten 20 roboterassistierten Eingriffe durchführten (erste 20 Eingriffe innerhalb 13, 26, 39 und 52 Wochen), in 4 Gruppen ein. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Operateure, die ihre ersten 20 Fälle innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens (13 Wochen) abgeschlossen haben, deutlich kürzere Konsolenzeiten mit geringeren Standardabweichungen erzielen [10]. Außerdem zeigt sich in der CUSUM-Analyse ihrer Studie, dass der Umschwung der Lernphase in eine Plateauphase (CUSUM-Peak) deutlich früher stattfindet, wenn die ersten 20 Eingriffe schneller absolviert werden. Diese Erkenntnisse lassen sich auch in den vorliegenden Daten erkennen. So zeigt die Lernkurve von Operateur C einen insgesamt wellenförmigen Verlauf, bei welchem sich die durchschnittliche Konsolenzeit zwar insgesamt reduziert, jedoch zu 2 Zeitpunkten deutlich ansteigt. Bei genauer Betrachtung der Operationsdaten fällt auf, dass zu diesen beiden Zeitpunkten mit sprunghaftem Anstieg der Konsolenzeit eine längere Pause von 11 bzw. 12 Wochen vorlag, in denen der Chirurg C keine Operationen mithilfe des Da Vinci-Operationssystems durchführte. Basierend auf dieser Feststellung und den Ergebnissen von Lin et al. (2023) [10], ist davon auszugehen, dass Unterbrechungen in der Lernphase die sonst steile Lernkurve erheblich verzögern können.
Für die Einführung neuer Technologie und deren erfolgreiche Anwendung im klinischen Alltag ist ein breites Ausbildungs- und Professionalisierungsangebot unerlässlich. Für die Ausbildung zum Operieren mit dem Da Vinci-Operationssystem bieten sowohl die Herstellerfirma als auch unsere Fachgesellschaften ein umfangreiches Angebot an Kursen für Chirurgen und andere medizinische Fachkräfte an, die das Da Vinci-System verwenden (Intuitive Surgical Operations, Inc., 2023e). Um eine standardisierte Ausbildung auf höchstem Qualitätsstandard zu ermöglichen, wurde von der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Endoskopie (AGE) das Deutsche Curriculum Robotische Chirurgie in der Gynäkologie (DCRG) ins Leben gerufen (Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Endoskopie, 2023). Auch die hier aufgeführten Operateure hatten zu Beginn ihrer Ausbildung externe Trainingseinheiten und Unterstützung durch externe, erfahrene Konsolenchirurgen für jeweils einen OP-Tag. Zudem wird auch das OP-Pflege-Personal durch die Hersteller des Systems mittels Trainingsprogrammen extern und auch intern unterstützt, sodass immer ein geschultes Personal bei den Eingriffen anwesend ist.
Die Konversionsrate liegt in dieser Studie bei den ausgewerteten ersten 250 Operationen bei 0,8% und schließt sich damit anderen Studien an, die vergleichbar niedrige Konversionsraten beschreiben [17]. Borse et al. (2022) [18] beobachten bei einer Fallzahl von 144 Patientinnen mit roboterassistierter Hysterektomie eine Konversionsrate von 1,4%. Eine multizentrische Studie mit OP-Daten von 2300 Patientinnen mit roboterassistierter Hysterektomie verzeichnet mit nur 2 Konversionen sogar eine Rate von nur 0,1% [19]. Die Daten zeigen, dass das roboterassistierte Verfahren eine sehr sichere und zuverlässige Möglichkeit bietet, minimalinvasiv zu operieren. Die Vorteile des Da Vinci-Operationssystems wie die optimierte Sicht auf das OP-Gebiet, die besondere Beweglichkeit der Instrumente oder die Möglichkeit, optische Unterstützungssysteme wie den Firefly-Modus oder die TilePro-Funktion intraoperativ zu verwenden, unterstützen den Operateur in der sicheren Durchführung. Dies könnte ein Grund dafür sein, weshalb die Konversionsrate im Vergleich zu konventionell laparoskopisch durchgeführten Hysterektomien niedriger ist. In einer Studie, welche die beiden Verfahren unter anderem bezüglich ihrer Konversionsrate untersuchte, lag die Konversionsrate in der Gruppe mit konventionell laparoskopischer Hysterektomie mit 6,7% deutlich über der Gruppe mit dem roboterassistierten Verfahren (1,7%) [20]. Einen noch größeren relativen Unterschied zwischen den beiden Verfahren beobachteten Corrado et al. (2018) [17] in ihrer retrospektiven, multizentrischen Studie mit einer Fallzahl von 655 Patientinnen. Sie stellten bei gleichem BMI der Patientinnen Konversionsraten von 3,7% für konventionell laparoskopisch und 0,8% bei den roboterassistierten Eingriffen fest. Mit steigendem BMI der Patientinnen wurde dieser Unterschied noch deutlicher [17]. Diese Erkenntnis zeigt, dass adipöse Patientinnen in besonderem Maße von roboterassistierten Eingriffen profitieren könnten.
Die Anschaffungskosten robotischer Systeme sind hoch, dennoch erscheint es sinnvoll, die ökonomischen Aspekte robotisch assistierter Operationen mindestens zu thematisieren. In der Klinik, welche die Studie durchführte, ist die Finanzierung gut möglich, da weitere Abteilungen der Klinik ein großes robotisches Spektrum anbieten können, hohe Fallzahlen repräsentieren und somit eine Finanzierung durch die Kliniken möglich ist. Es zeigen sich seltener Konversionsrate und reduzierter Personalbedarf, geringerer Blutverlust, schnellere postoperative Erholung und daraus resultierende verkürzte Krankenhausaufenthalte. Die Dauer der Operation ist, wie bereits oben erwähnt, gelegentlich länger als bei der konventionellen Laparoskopie. Was auch die Cochrane-Analyse von Lawrie et al. bestätigt. Die mittlere Gesamtoperationszeit war im Arm der roboterassistierten Operationen durchschnittlich länger als im Arm der konventionellen Laparoskopie (mittlere Differenz [MD] 41,18 Minuten, 95%-KI −6,17 bis 88,53), und die mittlere Krankenhausaufenthaltsdauer war mit RAS etwas kürzer als mit CLS (MD −0,30 Tage, 95%-KI −0,53 bis −0,07; [21]).
Eine Limitation unserer Studie ist, dass sie eine retrospektive Auswertung prospektiv erhobener Daten ist. Ein weiterer relevanter Aspekt ergibt sich aus der Heterogenität der Studienpopulation, was eine weitere Differenzierung der Kohorte erforderte. Obwohl die Unterscheidung zwischen benigner und maligner OP-Indikation die unterschiedlichen Anforderungen an das chirurgische Vorgehen und der damit verbundenen Komplexität der Eingriffe berücksichtigt, bleibt insbesondere die Subgruppe der Patientinnen mit maligner OP-Indikation trotz weiterer Differenzierung nach Art der durchgeführten Prozedur aufgrund der individuellen Tumorlokalisation und Ausbreitung sowie weiteren Faktoren sehr heterogen. Diese im klinischen, retrospektiven Studiendesign bestehende Heterogenität kann zu Verzerrungen in den Ergebnissen führen, was insbesondere bei der Interpretation der Lernkurven zu berücksichtigen ist. Um die Vergleichbarkeit und Aussage der Lernkurven zu erhöhen, wurde die Vergleichsprozedur benigne totale Hysterektomie mit Salpingektomie ausgewählt, was zum einen die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Prozeduren oder Indikationen einschränkt und zudem zur Folge hatte, dass die Datenreihen für die Erstellung der Lernkurven eine gewisse Diskontinuität aufweisen. Dies liegt daran, dass durch die Beibehaltung der chronologischen Reihenfolge der Eingriffe die einzelnen Operateure auch zwischenzeitlich maligne Operationen durchführten, die bei der Auswertung der Lernkurve nicht einbezogen werden. Dadurch sind die zeitlichen Abstände zwischen einzelnen ausgewerteten Eingriffen zum einen sehr unterschiedlich und zum anderen vernachlässigt es den Erfahrungszugewinn, der durch die Durchführung der malignen Operationen auch hinzukommt, sodass die erstellten Lernkurven nicht alle Lerneffekte im zeitlichen Zusammenhang abbilden. Darüber hinaus weisen die Operateure stark unterschiedliche Fallzahlen auf, weshalb die Lernkurven nur sehr individuelle Aussagen über die Schnelligkeit der Erlernbarkeit zulassen. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass zur Beurteilung von Lernkurven in den meisten aktuellen Studien zwar auf die CUSUM-Analyse zurückgegriffen wird, diese allein jedoch keine belastbaren Aussagen über den Zeitpunkt, zu dem die Lernkurve erreicht wurde, zulässt. Grund dafür ist, dass der CUSUM-Peak von der Gesamtzahl der Werte beeinflusst wird, die in die Analyse einbezogen werden. Da der Durchschnitt aus den vorliegenden Daten berechnet wird, stellt der Zielwert somit eine Selbstreferenz dar. Die Fallzahl des CUSUM-Peaks gibt demnach lediglich an, bei welchem Fall die Konsolenzeit den Durchschnittswert erreicht. Daher reicht die mittels CUSUM-Peaks ermittelte Fallzahl allein nicht aus, um zu beurteilen, ob die „Lernkurve überwunden“ wurde [10].
Ergänzend zu anderen robotischen Systemen zeigen sich vergleichbare Entwicklungen im Bezug auf die Lernkurven. In der Literatur ist das Da Vinci-System weiterhin der Referenzstandard. Jedoch zeigen neuere Untersuchungen, dass andere robotische Systeme vergleichbare Lernkurven zeigen und potenzielle Vorteile bieten. Die Wahl eines Systems sollte unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren, wie chirurgischer Erfahrung, Anforderungen und institutionellen Ressourcen, erfolgen [22].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorliegende Arbeit wertvolle Erkenntnisse bei der Implementierung eines robotisch assistierten OP-Programms im deutschen Gesundheitssystem liefert. Die Methodik kann sicher eingeführt werden, so ist z. B. die Konversionsrate sehr niedrig. Bereits nach wenigen, zumeist 20 Eingriffen pro Operateur zeigen sich relevante Verkürzungen der einzelnen OP-Zeiten: Vorbereitungszeit, Schnitt-Naht-Zeit und Konsolenzeit. Einzelergebnisse der Konsolenzeiten der einzelnen Operateure sowie die Auswertung ihrer Lernkurve mithilfe der CUSUM-Analyse zeigen, dass sich nach etwa 10 bis 20 Durchführungen der gleichen Prozedur die Konsolenzeit deutlich reduziert wird.
Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Correspondence
Publikationsverlauf
Eingereicht: 26. Februar 2025
Angenommen nach Revision: 11. Mai 2025
Artikel online veröffentlicht:
18. Juli 2025
© 2025. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
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Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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