Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2653-6618
„Bremerhavener Erklärung“: Fachverband Leitstellen e.V. fordert verbindliche Standards für Integrierte Leitstellen

Im Rahmen des 12. Symposiums „Leitstelle aktuell“ in Bremerhaven hat der Fachverband Leitstellen e. V. die wegweisende „Bremerhavener Erklärung“ veröffentlicht. Die Erklärung ist ein Plädoyer für die flächendeckende Einführung verbindlicher, evidenzbasierter Standards in der Notrufbearbeitung und Leitstellenorganisation im deutschsprachigen Raum.
Mit der starken Aussage „Patientensicherheit ist nicht verhandelbar“ formuliert der Verband 9 zentrale Forderungen, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und bewährten internationalen Praktiken basieren.
Standardisierte Notrufabfrageprotokolle (SNAP): Notrufe sollen künftig ausschließlich nach verbindlichen, qualitätsgesicherten Protokollen bearbeitet werden. Dies gewährleistet eine einheitliche, transparente und sichere Notrufbearbeitung – unabhängig von der Person des Anrufers oder der Einsatzkraft.
Telefonreanimation (T-CPR): Die telefonische Anleitung zur Reanimation muss als verpflichtender Standard in allen Leitstellen etabliert werden. Ihre konsequente Anwendung kann nachweislich Leben retten und stellt bei Unterlassung ein sogenanntes „Never Event“ dar.
Ersthelfer-Alarmierungssysteme (EHAS): Die flächendeckende Einführung und Finanzierung von EHAS soll das therapiefreie Intervall bei Herz-Kreislauf-Stillständen verkürzen und die Überlebenschancen Betroffener deutlich erhöhen.
Qualitätsmanagement: Jede Leitstelle soll über ein umfassendes, datenschutzkonformes Qualitätsmanagementsystem verfügen, das alle Phasen der Notrufbearbeitung abdeckt und kontinuierlich überprüft wird.
Critical Incident Reporting System (CIRS): Leitstellen sollen in bestehende CIRS-Strukturen eingebunden werden, um sicherheitsrelevante Ereignisse systematisch zu erfassen und auszuwerten.
Definition von „Never Events“: Der Verband fordert die Erstellung eines verbindlichen Katalogs für schwerwiegende, vermeidbare Ereignisse in Leitstellen – ein entscheidender Schritt für mehr Patientensicherheit.
Einbindung ärztlicher Leitungen: Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Abfrage- und Dispositionsrichtlinien muss unter aktiver Beteiligung ärztlicher Leitungen erfolgen, um medizinische Qualität und Evidenzorientierung sicherzustellen.
Anerkennung als kritische Infrastruktur: Integrierte Leitstellen sollen offiziell als Teil der kritischen Infrastruktur im Sektor „Staat und Verwaltung“ anerkannt und entsprechend geschützt werden.
Informationssicherheit: Die Umsetzung des BSI-Grundschutzprofils (BSI: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) für Leitstellen soll verpflichtend werden, um IT-Ausfälle, Angriffe und Datenverluste wirksam zu verhindern.
Der Fachverband Leitstellen betont, dass es sich bei allen benannten Elementen um Standards und Maßnahmen handele, deren Umsetzung in jeder einzelnen notrufbearbeitenden Leitstelle im deutschsprachigen Raum vollständig, einheitlich und transparent überprüfbar notwendig sei. Die Größe der Leitstelle sei dabei unerheblich und kein Argument gegen eine Etablierung.
Weiter ruft der Fachverband die Landesgesetzgeber auf, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die eine einheitliche Umsetzung dieser Standards ermöglichen und regelmäßig überprüft werden. Ziel sei es, die Grundlage für eine moderne, sichere und verlässliche Leitstellenstruktur im Sinne der Patientinnen und Patienten zu schaffen.
Die vollständige Erklärung finden Sie im Internet unter https://www.fvlst.de/wp-content/uploads/2025/05/20250521_FVLST_Bremerhavener-Erklaerung-1.pdf


Publication History
Article published online:
14 August 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany