Dialyse aktuell 2008; 12(6): 342
DOI: 10.1055/s-0028-1089954
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wann welches Dialyseverfahren?

Marianne Haag–Weber
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Publication Date:
11 September 2008 (online)

Als Nierenersatztherapie stehen neben der Transplantation die verschiedenen Formen der Hämodialyse (HD) und Peritonealdialyse (PD) zur Verfügung. Zusätzlich zur konventionellen Zentrumsdialyse gibt es die Heimhämodialyse und verschiedene intensivierte HD–Verfahren – etwa 3–mal 8 Stunden nachts im Zentrum oder tägliche kurze oder lange Heimhämodialyse. Bezüglich PD gibt es die klassische CAPD oder die automatische Peritonealdialyse. Prinzipiell sind HD und PD gleichwertige, aber unterschiedliche Verfahren.

Bei der Hämodialyse handelt es sich um ein intermittierendes, extrakorporales Verfahren mit künstlicher Membran. Als Dialysezugang dient entweder eine AV–Fistel bzw. ein Prothesenshunt oder ein zentralvenöser Katheter. Die Peritonealdialyse ist ein intrakorporales Verfahren, welches in der Regel kontinuierlich durchgeführt wird. Im Gegensatz zur Hämodialyse mit Shunt ist bei der Peritonealdialyse immer ein implantierter Katheter erforderlich. Das Peritoneum mit seinen individuell unterschiedlichen Eigenschaften dient als Dialysemembran. Gerade bei der Peritonealdialyse ist es wichtig, die Membran in Tests zu charakterisieren und das PD–Regime den individuellen Membraneigenschaften anzupassen. Das Peritoneum verändert sich mit Dauer der Dialyse, sodass auch dies eine Anpassung des Dialyseregimes im Verlauf erforderlich macht.

Im Gegensatz zur Hämodialyse finden bei den Peritonealdialysepatienten Flüssigkeitsentzug und Entgiftung kontinuierlich und langsam statt, wodurch das Risiko hypotensiver Episoden sinkt. Durch geringere Elektrolytschwankungen treten an der Peritonealdialyse weniger Arrhythmien auf. Hinsichtlich Kalium ist die Diät an der Peritonealdialyse aufgrund der kontinuierlichen Kaliumelimination liberaler als an der Hämodialyse. Die größere diätetische Freiheit was Kalium betrifft erleichtert die Durchführung einer natriumarmen Diät. Dabei ist die Peritonealdialyse unabhängig von der Gefäßsituation – zusammen mit einem besseren Erhalt der renalen Restfunktion ist dies der entscheidende Vorteil der Peritonealdialyse.

Nachteile der Peritonealdialyse gegenüber der Hämodialyse sind zum einen die Glukosebelastung durch die Dialysatlösung mit möglicher Verschlechterung der diabetischen Stoffwechsellage, der höhere Eiweißverlust, Komplikationen durch einen erhöhten intra–abdominellen Druck, das Auftreten von Membranveränderungen und das geringere technische Überleben. Nach Verlust der renalen Restfunktion kann bei der Peritonealdialyse eine Intensivierung der Dialyse nicht in dem Ausmaß durchgeführt werden wie es an der Hämodialyse möglich ist.

Da sich die Situation des Patienten im Laufe seiner Nierenerkrankung ständig ändert, sollte die Wahl des Dialyseverfahrens der jeweiligen Situation angepasst werden – berücksichtigt wird dies beim „Integrated Care”–Konzept: Der Patient durchläuft hier nicht ein einzelnes Nierenersatzverfahren, sondern zu verschiedenen Zeiten angepasst alle Verfahren. Verfolgt man dieses Konzept, gibt es entscheidende Argumente für das „PD–first”–Konzept. Die Peritonealdialyse kann unabhängig von der Gefäßsituation durchgeführt werden, schont die Gefäße, eine kardiale Belastung durch den Shunt tritt nicht auf und die renale Restfunktion bleibt länger erhalten – all dies sind wichtige Argumente, die Dialyse primär mit der Peritonealdialyse zu beginnen. Die bessere Intensivierungsmöglichkeit der Dialyseeffektivität sind Gründe später auf die Hämodialyse zu wechseln.

Entscheidend aber ist, dass der Patient über alle Dialysemöglichkeiten aufgeklärt wird und eine Hilfestellung bekommt, das für ihn individuell sowohl von medizinischer Seite aber auch hinsichtlich der Lebensqualität passende Dialyseverfahren auszuwählen. Wichtig ist außerdem, die Dialyse der jeweiligen Situation anzupassen.

Prof. Dr. Marianne Haag–Weber

Straubing

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