Den Blutzucker langfristig zu normalisieren, bleibt ein zentrales Ziel in der Behandlung
des Typ-2-Diabetes mellitus. Nur so lassen sich Spätfolgen der Erkrankung verhindern.
Oberste Priorität in der Therapie hat jedoch die Vermeidung von Risiken und Nebenwirkungen
der Blutzucker senkenden Medikamente. Dies teilt die Deutsche Diabetes-Gesellschaft
(DDG) nach Auswertung der Ergebnisse zweier Studien mit, die in den letzten Wochen
viele Patienten und auch Ärzte verunsichert haben.
Ergebnisse der ACCORD- und ADVANCE-Studien
Ein Maßstab für die langfristige Senkung des Blutzuckers ist der HbA1C-Wert. Beim Gesunden liegt dieser bei unter 6 %, bei Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus
war ein HbA1C-Wert von 7 % bisher das Ziel. Sowohl in der ADVANCE-Studie als auch in der ACCORD-Studie
gelang es, den HbA1C-Wert der Teilnehmer auf einen Normwert von unter 6,5 % zu senken. Diabetologen erhofften
sich davon, diabetische Spätkomplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall noch besser
zu vermeiden. In diesem Frühjahr wurde die ACCORD-Studie jedoch vorzeitig abgebrochen,
da sich die Anzahl der Todesfälle um 22 % erhöht hatte. In der ADVANCE-Studie waren
die Ergebnisse hingegen positiver: Hier senkte sich die Anzahl der Patienten mit Nierenschäden
durch Nephropathien um 21 %.
Die Ursachen für den ungünstigen Ausgang der ACCORD-Studie sind nach Einschätzung
der DDG derzeit nicht geklärt. Aus dem Vergleich mit den besseren Ergebnissen der
ADVANCE-Studie ließen sich jedoch erste Schlüsse ziehen: So könnten Wechselwirkungen
zwischen den Medikamenten zumindest mitverantwortlich gewesen sein. Die DDG rät den
Ärzten deshalb dringend von der gleichzeitigen Verordnung von mehr als zwei Wirkstoffen
ab, wenn die Sicherheit der jeweiligen Mehrfachkombinationen nicht ausreichend belegt
ist. Dies gelte vor allem, wenn die Patienten zusätzlich Insulin spritzen.
Eine Senkung des HbA1C auf unter 6,5 % ist weiterhin ein erstrebenswertes Ziel der Diabetestherapie. Sollte
dies aber nur mit potenziell gefährlichen Nebenwirkungen der Medikamente erreicht
werden können, sollten Ärzte und Diabetiker sich mit einem HbA1C-Wert von 7 % zufriedengeben.
Die DDG plant, ihre Leitlinien zu überarbeiten. Bei der Neufassung sollen auch die
Ergebnisse weiterer Studien berücksichtigt werden, die Mitte September auf der Jahrestagung
der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Rom vorgestellt werden.
Carola Schindler, Stuttgart