B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2008; 24(6): 255-257
DOI: 10.1055/s-0028-1098759
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Sind Patientenschulungen effektiv?

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Publication Date:
05 December 2008 (online)

Das American College of Rheumatology (ACR) empfiehlt in seinen neuen Behandlungsrichtlinien für Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) die Teilnahme an geschulten Übungsprogrammen. Jedoch lässt die Motivation für diese häuslichen Übungen zu wünschen übrig. Einer französischen Studie zufolge sind ausgiebige Patientenschulungen kein geeignetes Instrument, um die diesbezügliche Compliance zu steigern (J Rheumatol. 2008; 35: 216–223).

An der Untersuchung von A. Mayoux-Benhamou und Mitarbeiter aus Paris nahmen 208 ambulant betreute RA-Patienten im Alter von 18 und 80 Jahren über einen Zeitraum von 12 Monaten teil. Zu Studienbeginn erhoben die Forscher im Rahmen der medizinischen Untersuchung Daten zur Medikationsgeschichte, dem Krankheitsmanagement und dem Freizeitverhalten der Patienten. Anhand unterschiedlicher Fragebögen (HAQ = Health Assessment Questionnaire, HADS = Hospital Anxiety and Depression Scale, AHI = Arthritis Helplessness Index, AIMS2 = Arthritis Impact Measurement Scale 2, FACIT-F = Functional Assessment of Chronic Illness Therapy-Fatigue) wurde der funktionelle und psychische Status der Patienten beurteilt. Der Baecke-Fragebogen ermittelte die körperliche Betätigung der Patienten in der Freizeit.

Anleitung versus Selbststudium

Randomisiert ordneten die Autoren die Patienten entweder der sog. aktiven Gruppe oder der Kontrollgruppe zu. Die aktive Gruppe erhielt ein multidisziplinäres Schulungsprogramm zur Durchführung häuslicher Krankengymnastik sowie Anregungen und Richtlinien für körperliche Betätigungen in der Freizeit. Patienten aus der Kontrollgruppe erhielten eine Broschüre zum Selbststudium. Die Compliance für häusliche Krankengymnastik wurde definiert als Ausübungsrate von ≥ 30 % des vorgeschriebenen Trainings, Compliance für körperliche Betätigung in der Freizeit als ≥ 20 % Steigerung nach Baecke-Wert.

Compliance gering und von kurzer Dauer

Die Compliance-Rate für häusliche Krankengymnastik betrug nach 6 Monaten für die aktive Gruppe 15,8 % þ 24,9 und für die Kontrollgruppe 4,8 % þ 18,2 (p < 0,0001). Die Compliance für körperliche Freizeitbetätigung war ebenfalls in der aktiven Gruppe höher als in der Kontrollgruppe (28,2 bzw.13,8 %). Nach 1 Jahr sanken sowohl die Compliance-Rate für häusliche Krankengymnastik in der aktiven Gruppe (11,8 % þ 25,5 %) und in der Kontrollgruppe (4 % þ 16 %) (p < 0,0001) als auch die Compliance für körperliche Freizeitaktivitäten (aktive Gruppe – 10 % þ 31,7 %; Kontrollgruppe -- 16,8 % þ 26,2 %; p = 0,10).

Prädiktoren für eine Verstärkung der Freizeitaktivitäten waren die Teilnahme an der aktiven Gruppe (Odds Ratio 2,74, 95 % Konfidenzintervall 1,17--6,38), wenig körperliche Freizeitaktivitäten vorher (Odds Ratio 6%01, 95% Konfidenzintervall 2,47--14,61), geringerer Fatigue und ein verbesserter psychologischer Status.

Fazit

Schulungen für Patienten mit Rheumatoider Arthritis verursachen nur schwache und kurzzeitige Verhaltensänderungen in Bezug auf krankengymnastische Übungen. Wenngleich die Patienten zu Studienbeginn hochmotiviert waren, hielt die Motivation nicht länger als ein halbes Jahr an. Somit stellt sich erneut die Frage, welche Strategien langzeitig die Patienten dazu motivieren könnten, konsequent und eigenverantwortlich krankengymnastische Übungen durchzuführen.

Dr. Sabine Adler, Mülsen St. Niclas

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