Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2009; 44(2): 118-125
DOI: 10.1055/s-0029-1202644
Fachwissen
Topthema: Anästhesie in der Gefäßchirurgie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesie für große gefäßchirurgische Eingriffe

Anaesthesia for major vascular surgical proceduresNikolaus Golecki, Franz Kehl
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Februar 2009 (online)

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Zusammenfassung

Operative Interventionen des Gefäßsystems haben bei vorbestehenden Begleiterkrankungen ein hohes perioperatives Risiko für den Patienten. Eine fundierte präoperative Risikoabschätzung ist daher unerlässlich. Basierend auf Untersuchungsergebnissen und geplantem Eingriff werden Anästhesieverfahren, intraoperatives Monitoring und postoperative Überwachungsmaßnahmen festgelegt. Um das perioperative Risiko für den Patienten zu minimieren, muss der betreuende Anästhesist umfassende theoretische und praktische Erfahrungen der eingesetzten Verfahren besitzen und mit den pathophysiologischen Besonderheiten des jeweiligen Eingriffs vertraut sein.

Abstract

Vascular surgery carries a high perioperative risk for the patients, because of the high incidence of coexisting diseases with an increased risk of cardiovascular complications. Based on preoperative findings, anaesthetic technique, monitoring and postoperative management are planned. For risk optimization the anaesthetist should have a high theoretical and practical experience in the used anaesthetic techniques and a profound knowlege of the pathophysiological characteristics of the vascular procedures.

Kernaussagen

  • Häufig bestehende Vorerkrankungen machen eine fundierte präoperative Risikoabschätzung zur optimalen Planung des perioperativen Managements unerlässlich.

  • Das intraoperative Monitoring ist an den jeweiligen Eingriff und das individuelle Risikoprofil des Patienten anzupassen. Die Ziele sind: Aufrechterhaltung wichtiger Organfunktionen, Normothermie und –glykämie, hämodynamische Stabilität.

  • Patienten mit thorakalem Aortenaneurysma sollten ab einer kritischen Aneurysmagröße (> 5 cm) elektiv operiert werden (Mortalität bei Ruptur des Aneurysmas > 80  %). Intraoperativ ist bedingt durch das Operationsverfahren (extrakorporale Zirkulation, Hypothermie, ggf. Ein–Lungen–Beatmung) mit ausgeprägten kardialen Belastungen und hämodynamischen Veränderungen zu rechnen. Das Risiko von perioperativen Organdysfunktionen ist sehr hoch. Die postoperative Überwachung sollte deshalb auf einer ITS erfolgen.

  • Patienten mit Bauchaortenaneurysma sollten ebenfalls ab einer kritischen Aneurysmagröße (Männer > 5 cm, Frauen > 4,5 cm) elektiv operiert werden (ebenfalls extreme hohe Mortalität bei Ruptur). Intraoperativ ist bedingt durch das Operationsverfahren (Aortenclamping, Declamping) mit ausgeprägten kardialen Belastungen und hämodynamischen Veränderungen zu rechnen. Das Risiko von perioperativen Organdysfunktionen ist hoch.

  • Patienten zur geplanten peripheren Gefäßoperation haben meist viele Vorerkrankungen. Der akute Gefäßverschluss ist eine absolute Notfallindikation zur Rettung der betroffenen Extremität. So bleibt oft nur wenig Zeit, um die multimorbiden Patienten optimal vorzubereiten. Aus diesen Gründen ist das perioperative Risiko hoch.

  • Patienten zur geplanten Karotisoperation sind meist multimorbid. Stattgehabte ischämische zerebrale Insulte sind häufig. Aus diesen Gründen ist das perioperative Risiko hoch. Zur direkten intraoperativen Beurteilung des neurologischen Zustandes ist ein Regionalanästhesieverfahren (Plexus cervicalis superficialis) von Vorteil. Nachteil der Regionalanästhesie ist die erschwerte Atemwegssituation bei ischämischen Komplikationen und insuffizienter Analgesie.

  • Für Patienten nach Bauchaortenaneurysma–OP, peripherer Gefäßoperation und Karotisoperation gilt: Die postoperative Überwachung sollte je nach individuellem Risiko und postoperativem Zustand auf IST oder IMC mit gefäßchirurgisch fokussiertem Personal erfolgen.

Literatur

Dr. med. Nikolaus Golecki
Professor Dr. med. Franz Kehl

eMail: Nikolaus.Golecki@Klinikum-Karlsruhe.de

eMail: Franz.Kehl@Klinikum-Karlsruhe.de