Dtsch Med Wochenschr 2009; 134(14): 690
DOI: 10.1055/s-0029-1208107
Kommentar | Commentary
Gynäkologie, Geburtshilfe
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Radiologische Untersuchungen in der Schwangerschaft aus gynäkologischer Sicht

Gynaecological view of diagnostic imaging during pregnancyG. C. Meyberg-Solomayer1
  • 1Abteilung Pränataldiagnostik, Universitäts-Frauenklinik Tübingen
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Publication History

eingereicht: 17.1.2009

akzeptiert: 29.1.2009

Publication Date:
24 March 2009 (online)

Die Sonografie ist in der Schwangerschaft nach wie vor die bildgebende Methode der ersten Wahl und zwar sowohl in Bezug auf die Abklärung mütterlicher Erkrankungen als auch in der Pränataldiagnostik. Als nicht-invasive und strahlenfreie Technik ist sie unbedenklich und kann jederzeit schnell und einfach bereits ab dem 1. Trimenon eingesetzt werden. Trotz der rasanten Entwicklung der hochauflösenden Ultraschall- und (Farb-) Dopplertechnik einschließlich 3D-Technologie bleiben jedoch in einigen Fällen noch offene Fragen, die den Einsatz anderer bildgebender Verfahren notwendig machen. Dies gilt insbesondere für die Abklärung maternaler Beschwerden wie z. B. akuten Atemwegserkrankungen, thromboembolischem Geschehen oder bei malignen Erkrankungen. Die Durchführung von Röntgen- oder Computertomografie-Untersuchungen in der Schwangerschaft ist meist mit Beunruhigung der Patientin und ihrer Angehörigen, sowie oft auch des betreuenden Frauenarztes verbunden. In einigen Fällen ist eine radiologische Untersuchung in der Schwangerschaft aber notwendig und unvermeidbar und der Nutzen muss gegenüber dem Risiko abgewogen werden.

In der Pränataldiagnostik ist es für den Gynäkologen wichtig, dass er über Informationen bzgl. der potentiellen Risiken für den Feten aufgrund einer Strahlenbelastung verfügt, da sich häufig Patientinnen mit Fehlbildungsangst nach radiologischen Untersuchungen vorstellen. Diese können dann entsprechend aufgeklärt und beraten werden. In den meisten Fällen ist eine Beruhigung möglich, insbesondere bei fortgeschritteneren Schwangerschaft, wenn die Organogenese bereits abgeschlossen ist und wenn sich Becken und Abdomen bei der Untersuchung nicht im abgebildeten Bereich befunden haben.

Zahlreiche Erkrankungen in der Schwangerschaft können auch mittels Kernspintomografie (MRT) abgeklärt werden, die kein Röntgenverfahren ist, und als Methode der zweiten Wahl nach der Ultraschalldiagnostik gilt. Obwohl bisher keine negativen Auswirkungen bekannt sind, empfehlen die meisten Autoren, um einen etwaigen teratogenen Effekt zu minimalisieren, kurze Untersuchungszeiten und eine Untersuchung erst jenseits des 1. Trimenons, bzw. nicht vor Abschluss der Organogenese, d. h. ab der 20. SSW.

Im Falle von fetalen Fehlbildungen kann die MRT mitunter zur Komplettierung oder Sicherung der sonografischen Verdachtsdiagnose beitragen. Bei der Beurteilung des fetalen Gehirns ist der Einsatz der MRT etabliert. Subtile parenchymale Befunde können oft besser beurteilt werden als im Ultraschall, am besten zwischen der 28. – 32. SSW. Migration und Myelinisierung sind mit dem Ultraschall nicht direkt darstellbar, lediglich die Gyrierung als ein Zeichen der fortschreitenden Hirnentwicklung kann bei guten Kenntnissen des Untersuchers auch sonografisch diagnostiziert werden. Assoziierte Malformationen können mittels MRT ausgeschlossen werden. So sind zahlreiche zerebrale Begleitfehlbildungen z. B. mit einer Agenesie oder Hypoplasie des Corpus callosum vergesellschaftet, die sonografisch nicht immer sicher erfasst werden können. Diese assoziierten Befunde sind jedoch von Bedeutung, da isolierte Befunde meist eine bessere Prognose haben als kombinierte Malformationen.

Hilfreich kann die MRT auch bei der pränatalen Diagnostik der angeborenen Zwerchfellhernie sein. Die sonografische Prognoseeinschätzung erfolgt bei der linksseitigen Zwerchfellhernie über die Bestimmung der Lung-head-Ratio, und ob die Leber in den Thorax verlagert ist. Dies ist ein Prädiktor für ein schlechtes neonatales „Outcome”. Die Ultraschalldiagnostik ist allerdings stark von der Erfahrung des Untersuchers, der Position des Feten und der mütterlichen Konstitution abhängig. Die fetale MRT kann die Diagnostik ergänzen und bei der Planung des peri- und postpartalen Prozedere wichtige Zusatzinformationen liefern, insbesondere bei frühzeitigem Interventionsbedarf. Aufgrund ihrer großen Feldgröße können auch sehr ausgedehnte fetale Läsionen z. B. im Halsbereich und Abdomen komplett abgebildet werden, was insbesondere in der Spätschwangerschaft von Vorteil ist. Die bessere Absicherung des Befundes durch ein 2. bildgebendes Verfahren hilft dabei nicht nur bei der Beratung der werdenden Eltern bzgl. der Prognose, sondern ist für alle Beteiligten von Vorteil.

Ungeachtet dessen stellt die Ultraschalldiagnostik aber weiterhin den Goldstandard der fetalen Bildgebung dar. Dies gilt zum einen für das Fehlbildungsscreening, zum anderen zur Bestimmung des optimalen Zeitpunktes bei Interventionsbedarf. So lässt sich z. B. mittels Dopplersonografie nicht-invasiv eine fetale Anämie frühzeitig erkennen, welche dann unter Ultraschallsicht mittels Nabelschnurtransfusion therapiert werden kann. So können fetale Gefahren durch engmaschige Überwachung frühzeitig erkannt und häufig auch gebannt werden.

PD Dr. G. C. Meyberg-Solomayer

Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Abteilung Pränataldiagnostik

Calwerstr. 7

72076 Tübingen

Phone: 07071/29-82211

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Email: gabriele.meyberg-solomayer@med.uni-tuebingen.de

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