Der Klinikarzt 2009; 38(2): 61
DOI: 10.1055/s-0029-1214172
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Würde wird subjektiv definiert – Was verstehen Medizinstudenten unter Würde des Patienten?

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Publication Date:
26 February 2009 (online)

Hintergrund: In der palliativen Versorgung ist die Wahrung der Würde schwer kranker oder sterbender Menschen eine Grundforderung. Jedoch ist die Definition von Würde und würdevoller Versorgung Sterbender abhängig von den Einstellungen des Individuums. In einer Studie wurde untersucht, welche Einstellungen Medizinstudenten zu den Themen Würde und würdevoller Versorgung haben.

Methoden: An 319 Studenten im 4. vorklinischen Semester wurde ein Fragebogen verteilt, den 110 Studenten ausgefüllten (34,5? %). Der Fragebogen enthielt neben soziodemografischen Angaben 14 offene Fragen zu Definition und Bedeutung von Würde, subjektives Erleben von Würde, Bedeutung einer würdevollen Behandlung von Patienten, subjektiver Einfluss auf die Würde von Patienten sowie subjektive Religiosität. Die Datenauswertung erfolgte anonymisiert.

Ergebnisse: Wertschätzung, Achtung, Unantastbarkeit, Individualität, Freiheit des Einzelnen und moralisches Handeln waren die zentralen Begriffe, die die Studenten mit Würde verbanden. 95 % glaubten, einen Einfluss auf das Würdegefühl von Patienten zu haben. Zur Stärkung des Würdegefühls tragen nach Ansicht der Studenten Achtung des Patienten als gleichgestellter Mensch, Respektieren seiner Bedürfnisse, ein freundlicher, verständnisvoller und fürsorglicher Umgang, Aufmerksamkeit, Zuhören, sich Zeit nehmen, Informieren und Einbeziehen in Behandlungsentscheidungen, Normalität und Selbstständigkeit wahren sowie die Integration ins alltägliche Leben bei. Der Zusammenhang zwischen Würde und einem lebenswertem Leben wurde kontrovers diskutiert: Ein Teil der Studenten ist überzeugt, dass die Würde so untrennbar mit dem Wert eines Lebens verbunden ist, dass bei ihrem Fehlen das Leben selbst wertlos ist. Der andere Teil geht davon aus, dass das Leben immer lebenswert ist, unabhängig von der Verletzung der Würde. Die Studenten machen die Würde eines Menschen tendenziell von Charaktereigenschaften, dem individuellen Verhalten und vor allem den Leistungen abhängig.

Fazit: Studenten verstehen Würde nicht als ein abstraktes Konzept oder eine Idee, sondern als reale Erfahrung des menschlichen Lebens. Sie nehmen das Thema Würde ernst, haben sich aber auch im Rahmen des Studiums wenig damit auseinandergesetzt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Würde sollte in der medizinischen Ausbildung stärker berücksichtigt werden.

hosa

Quelle

  • 1 Mehnert A. et al. . Einstellungen von Medizinstudenten zu den Themen Würde und würdevolle Versorgung von Patienten.  Z Palliativmed. 2008;  9
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