Hintergrund
Hintergrund
Eine reine, makellose Haut steht in jedem Alter für Jugendlichkeit und Attraktivität.
Epidemiologische Daten zeigen, dass die Akne vulgaris in ihren unterschiedlichen Ausprägungsstadien
eine sehr häufige Erkrankung darstellt und gerade im jugendlichen Alter eine Prävalenz
von bis zu 80 % aufweist [1 ]. Neben einer Seborrhoe und einer großporigen Haut schränkt auch das Auftreten von
Akneeffloreszenzen wie Komedonen, Papeln und Papulopusteln im Gesicht die Lebensqualität
der Betroffenen deutlich ein [2 ]
[3 ]
[4 ]. Insbesondere für Frauen stellt dieser Hautzustand eine nicht zu unterschätzende
psychosoziale Belastung dar [5 ]. Neben verschiedenen dermatokosmetischen Therapiemöglichkeiten ([Tab. 1 ]) sowie wirksamen Aknetherapeutika stehen bei Frauen mit vorhandenem Wunsch nach
hormonaler Kontrazeption auch antiandrogen wirksame Kontrazeptiva zur Verfügung, die
in der Lage sind, den Hautzustand deutlich zu verbessern [6 ]
[7 ]
[8 ]
[9 ]
[10 ].
Tab. 1 Dermatokosmetische Pflegemaßnahmen bei unreiner Haut.
Indizierte Maßnahmen
Kontraindizierte Maßnahmen
– 2 × /tägl. Hautreinigung mit alkalifreien Syndets, Gelen – nicht komedogene Tenside, z. B. Betaine, SodiumLaureth-Sulfat oder Alkylglucoside – 1 × /Woche Peeling – Pflegegele, fettfreie Emulsionen – komedolytische, antiseborrhoische, entzündungshemmende und antimikrobielle Zusätze
wie z. B. Salizylsäure, Kamille, Aloe-Vera, Hamamelis, Allantoin, Harnsäure, Triclosan – pH-hautneutrale Reinigungs- und Pflegeprodukte
– Seifen, alkalische Reinigungsformulierungen – Produkte mit vielen Inhaltsstoffen, Duft- und Konservierungsstoffen – komedogene Inhaltsstoffe wie z. B. Kokosnussöl, Erdnussöl, Kakaobutter, Maiskeimöl,
Olivenöl, Sesamöl, Lanolin, Butylstearat, Cetylalkohol, Hexylenglycol, Isopropylmyristate,
Natriumlaurylsulfat, Polyethylenglycol (PEG) 300, Squalen, Octanol, Stearinsäure,
Ölsäure
Ziel unserer Studie war es, die Effekte eines 2 mg Chlormadinonacetat (CMA) und 0,03 mg
Ethinylestradiol (EE) enthaltenden Kontrazeptivums (Belara® , Grünenthal GmbH, Aachen) auf die Hautphysiologie bei Frauen mit unreiner, zu Akne
neigender Haut und dem Wunsch nach hormonaler Kontrazeption zu evaluieren.
Material und Methoden
Material und Methoden
Patienten und Studiendesign
An der 24 Wochen dauernden prospektiven, offenen, monozentrischen, einarmigen klinischen
Studie (Phase IV) nahmen insgesamt 44 Patientinnen im Alter von 18 bis 37 Jahren teil.
Neben den allgemein gültigen Ein- und Ausschlusskriterien galten als studienspezifische
Einschlusskriterien:
Vorliegen eines seborrhoischen, zu Akne neigenden Hautzustandes
Wunsch nach hormonaler Kontrazeption
Vorliegen einer gynäkologischen Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Einnahme des Kontrazeptivums
Zu den Ausschlusskriterien zählten:
Einnahme antiandrogen wirksamer Kontrazeptiva bis sechs Monate vor Studienbeginn
bestehende oder geplante Schwangerschaft
Einsatz topischer oder systemischer Aknetherapeutika
Vor Einnahme des Kontrazeptivums (M1) sowie nach 3 Behandlungszyklen (12 Wochen) (M2)
und nach 6 Behandlungszyklen (24 Wochen) (M3) wurden eine dermatologische Untersuchung
mit Auszählen der Akneeffloreszenzen und Erhebung eines 4-gliedrigen klinischen Summenscores
([Tab. 2 ]) sowie biophysikalische Messungen durchgeführt. Darüber hinaus fand zu Beginn und
zum Ende der Studie eine Patientenselbsteinschätzung statt.
Tab. 2 Zusammensetzung des klinischen Summenscores.
Subscores
Papeln und/oder Papulopusteln (Anzahl pro Gesichtshälfte)
Komedonen (Anzahl pro Gesichtshälfte)
Talgdrüsenaktivität (pro Gesichtshälfte)
0
keine
keine
normale Talgdrüsenaktivität oder Sebostase
1
1 – 3
1 – 3
geringe Seborrhoe
2
4 – 6
4 – 6
mittelstarke Seborrhoe
3
7 – 10
7 – 10
starke Seborrhoe
Biophysikalische Messmethoden
In Ergänzung zu den klinischen Parametern wurden die folgenden biophysikalischen In-vivo -Messungen unter standardisierten Bedingungen im Bereich der Stirn sowie der linken
und rechten Wange durchgeführt.
Die quantitative Analyse der Hautoberflächenlipide wurde mittels Sebumeter® SM 810 (Courage & Khazaka, Köln) vorgenommen. Das Messprinzip des Sebumeters beruht
auf dem von Schäfer und Kuhn-Bussius vorgestellten Mattglasverfahren [11 ], das die lipidabhängige Transluzidität bestimmter Oberflächen nutzbar macht. Dazu
wird eine Messsonde, die ein mattiertes, feuchtigkeitsunempfindliches Kunststoffband
freigibt, auf das Messareal appliziert und die veränderte Transparenz nach Ablauf
der Messdauer fotometrisch ermittelt. Das Messergebnis zeigt den Sebumgehalt der Hautoberfläche
in Mikrogramm pro Quadratzentimeter Haut (µg/cm2 ) an.
Der transepidermale Wasserverlust (TEWL), ein wesentlicher Parameter für die Bestimmung
der Barrierefunktion, wurde mittels Tewameter® TM 210 (Courage & Khazaka, Köln) erfasst. Bei diesem Verfahren, das auch als Evaporimetrie
bezeichnet wird, wird mit Hilfe eines offenen Messzylinders, in dem sich zwei Hygrosensoren
befinden, auf Basis des Fick'schen Diffusionsgesetzes der Dichtegradient des von der
Haut abdampfenden Wassers bestimmt und der transepidermale Wasserverlust in Gramm
pro Quadratmeter Haut pro Stunde (g/m2 /h) angezeigt.
Die Stratum-corneum-Hydratation, die als wichtiger Barriereparameter anzusehen ist,
wurde mit dem Corneometer® CM 825 (Courage & Khazaka, Köln) gemessen. Diese kapazitive Hydratationsmessung basiert
auf dem Phänomen der Dielektrizität von Stoffen. Während die meisten Stoffe eine Dielektrizitätskonstante
< 7 aufweisen, liegt die reinen Wassers bei 81. Je mehr Wasser in einem Stoff enthalten
ist, desto höher ist folglich die Dielektrizitätskonstante. Das Corneometer® erzeugt ein elektromagnetisches Streufeld mit einer Tiefe von 15 – 40 µm, das durch
die Ausrichtung der Wassermoleküle im Stratum corneum messbar geschwächt wird. Das
Messergebnis wird in arbiträren Einheiten (AE) angezeigt.
Der Hautoberflächen-pH-Wert wurde mittels Skin-pH-Meter® PH 900 (Courage & Khazaka, Köln) evaluiert. Bei diesem Verfahren wird eine aus einer
Referenz- und einer Messelektrode bestehende Einstabmesskette auf die Hautoberfläche
gebracht. Zwischen der Messelektrode, die eine Lösung bekannten pHs enthält, und dem
zu messenden Areal stellen sich differierende Wasserstoffionenpotenziale ein, die
mittels Nernst'scher Gleichung in den Hautoberflächen-pH-Wert umgerechnet werden.
Die Hautdicke sowie die Hautdichte wurden sonografisch mit einem 20-MHz-Ultraschallgerät
(DUB 20, Taberna pro medicum, Lüneburg) ermittelt. Das Verfahren basiert auf der Tatsache,
dass oberhalb des menschlichen Hörvermögens liegende Schallwellen von verschiedenen
Geweben unterschiedlich stark reflektiert werden, und wurde erstmals 1979 von Alexander
und Miller als Möglichkeit der In-vivo- Untersuchung evaluiert [12 ]. Die 20-MHz-Sonografie der Haut ermöglicht mittels Generation und Auswertung eines
digitalen Bildes des untersuchten Gewebes die Bestimmung der Hautdicke in µm und lässt
ebenso die Evaluation der Hautdichte durch Analyse der Bildpixel zu [13 ].
Ergebnisse
Ergebnisse
Patienten
39 von 44 Patientinnen (mittlere Altersverteilung 29 Jahre) beendeten die Studie.
Fünf Patientinnen wurden aufgrund schwerwiegender Protokollverletzungen (unregelmäßige
Einnahme des Kontrazeptivums) im Verlauf der Studie ausgeschlossen.
Klinischer Summenscore und Porengröße
Bereits nach 3 Behandlungszyklen zeigte sich im klinischen Summenscore eine hoch signifikante
Verbesserung (p < 0,0001) des Hautzustandes der unreinen Haut um 22,86 % von 14,0
(9 – 18) auf 10,8 (4 – 18); nach 6 Behandlungszyklen war der Summenscore um 35,71 %
auf 9,0 (0 – 17) gesunken (p < 0,0001) ([Abb. 1 a, b ]).
Abb. 1 a u. b Deutliche Verbesserung des klinischen Hautzustandes (a ) vor Behandlung mit CMA/EE (M1); (b ) nach 6 Behandlungszyklen (M3).
Auch der Anteil der Frauen mit großporiger Haut nahm im Studienverlauf hoch signifikant
von 43,2 % auf 20,5 % (p < 0,0001) nach 3 und 9,1 % (p < 0,0001) nach 6 Behandlungszyklen
ab.
Sebumetrie
Der Hautoberflächen-Lipidgehalt an der Stirn verringerte sich nach 3 Behandlungszyklen
statistisch signifikant von 226,9 µg/cm2 auf 196,0 µg/cm2 (p = 0,0028). Nach 6 Behandlungszyklen war die Sebummenge in Bezug auf den Ausgangswert
ebenfalls signifikant reduziert (p < 0,0242) ([Abb. 2 ], [Abb. 3 a, b ]). Auch an der linken und rechten Wange lag der Sebumgehalt zum Studienende signifikant
unter den Ausgangswerten (p < 0,001).
Abb. 2 Hautoberflächen-Lipidgehalt vor Behandlung (M1), nach 3 (M2) und 6 Behandlungszyklen
(M3) mit Belara®.
Abb. 3 a u. b Klinisch deutlich sichtbare Verminderung des Fettgehaltes im Bereich der Stirn (M1:
vor Behandlung mit CMA/EE; M3 nach 6 Behandlungszyklen).
Evaporimetrie
Der transepidermale Wasserverlust (TEWL) an der Stirn verringerte sich nach 3 Behandlungszyklen
signifikant von 19,2 g/m2 /h auf 16,5 g/m2 /h (p = 0,0002), nach 6 Behandlungszyklen hoch signifikant auf 15,5 g/m2 /h (p < 0,0001).
Stratum-corneum-Hydratation
Die Hydratation des Stratum corneums stieg im Bereich beider Wangen bereits nach 3
Behandlungszyklen signifikant an:
Rechte Wange: von 38,7 AE auf 45,1 AE (p = 0,0078)
Linke Wange: von 38,3 AE auf 44,2 AE (p = 0,00163)
Im weiteren Studienverlauf stiegen die Werte auf 52,2 AE (rechte Wange) bzw. 51,4 AE
(linke Wange) (p < 0,0001 beidseits) an, während die Stratum-corneum-Hydratation an
der Stirn im Behandlungsverlauf mit Werten von 45,8 AE und 46,9 AE bei einem Ausgangswert
von 47,0 AE nahezu konstant blieb.
pH-Metrie
Der Hautoberflächen-pH-Wert lag zu jedem Messzeitpunkt an allen Messarealen im hautphysiologischen
Bereich.
Hautdicke und -dichte
Die Hautdicke an der Stirn reduzierte sich sowohl nach 3 (p = 0,0437) als auch 6 Behandlungszyklen
in Bezug auf den Ausgangswert signifikant (p = 0,0271). Die Hautdichte blieb im Studienverlauf
unverändert.
Verträglichkeit
Das Prüfpräparat wurde über den gesamten Studienzeitraum von 6 Einnahmezyklen sehr
gut vertragen. Begleiterscheinungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Hypertonie, die
möglicherweise mit der Studienmedikation in Zusammenhang stehen könnten, wurden nur
bei einzelnen Patientinnen (insgesamt = 5) dokumentiert.
Patientenselbsteinschätzung
Mehr als 85 % der Patientinnen bestätigten zum Studienende eine sehr gute oder gute
Besserung ihrer unreinen Haut.
Fazit
Fazit
In unserer klinischen Studie wurden die Effekte eines antiandrogen wirksamen Kontrazeptivums
(CMA/EE) auf die Hautphysiologie bei Frauen mit unreiner, zu Akne neigender Haut und
dem Wunsch nach hormonaler Kontrazeption mittels klinischer Beurteilung, biophysikalischer
Messmethoden und einer Patientenselbsteinschätzung evaluiert. Alle erfassten Parameter
zeigten eine positive Beeinflussung des Hautzustandes der unreinen Haut bei sehr guter
Verträglichkeit des Prüfpräparates: Der klinische Summenscore zur Beurteilung unreiner
Haut dokumentierte eine signifikante Reduktion der Akneeffloreszenzen. Die objektiven
biophysikalischen Messungen zeigten eine deutliche positive Beeinflussung der Hautphysiologie,
insbesondere durch die Stabilisierung der Hautbarriere ([Tab. 3 ]) sowie die Reduktion der Sebummenge mit einhergehender Abnahme des Fettglanzes ([Abb. 3 a, b ]).
Tab. 3 Übersicht über biophysikalische Messmethoden, Messareale und Veränderungen im Studienverlauf
sowie Ergebnisinterpretation.
Messverfahren
Messareal
Veränderung (Studienverlauf)
Interpretation
Sebumetrie
Stirn/Wangen
(hoch-)signifikante Reduktion
– Reduktion der Seborrhoe – verminderter Fettglanz der Haut
Evaporimetrie
Stirn
(hoch-)signifikante Reduktion
– Stabilisierung der Hautbarriere – Reduktion der entzündlichen Effloreszenzen
Corneometrie
Stirn/Wangen
konstantes Niveau/(hoch-)signifikante Zunahme
– Verbesserte Hydration des Stratum corneums – Stabilisierung der Hautbarriere
pH-Metrie
Stirn/Wangen
gleich bleibend im sauren Bereich
– keine negative Beeinflussung der Hautbarriere
Sonografie
Stirn
Abnahme der Hautdicke
– Verkleinerung der Talgdrüsen
Auch die signifikante Verringerung der Porengröße stellte aus dermatokosmetischer
Sicht eine erhebliche Verbesserung des Hautzustandes dar. Diese durch klinische und
biophysikalische Methoden gewonnene Einschätzung wurde durch die Patientenselbsteinschätzung
bestätigt.
Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, dass die Einnahme eines antiandrogen wirksamen
CMA-haltigen Kontrazeptivums bei Frauen mit vorhandenem Wunsch nach hormonaler Kontrazeption
eine zentrale Säule in der Behandlung unreiner Haut darstellen kann, die durch geeignete
Dermatokosmetika zur Reinigung und Pflege ([Tab. 1 ]) ergänzt werden sollte.
Wünschenswert wären vergleichende Untersuchungen verschiedener Kontrazeptiva mit nachgewiesenem
positivem Einfluss auf unreine Haut, um den Wirkstoff bzw. die Wirkstoffkombination
mit dem besten therapeutischen Index zu ermitteln.