Aktuelle Dermatologie 2010; 36(1/02): 18-22
DOI: 10.1055/s-0029-1215356
Übersicht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Morbus Adamantiades-Behçet und seine Geschichte[1]

Adamantiades-Behçet’s Disease and its HistoryC.  C.  Zouboulis1 , 2
  • 1Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau, Dessau-Roßlau
  • 2Laboratorium für Biogerontologie, Dermatopharmakologie und Dermato-Endokrinologie, Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
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Prof. Dr. Christos C. Zouboulis

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Immunologisches Zentrum,
Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38
06847 Dessau-Roßlau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

Publication History

Publication Date:
01 December 2009 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Der Morbus Adamantiades-Behçet ist eine systemische, chronisch-rezidivierende Vaskulitis, die von der klassischen Trias der rezidivierenden oralen Aphthen, Genitalulzera und Iritis/Uveitis charakterisiert wird. Ihren Namen verdankt die Erkrankung den Erstbeschreibern in moderner Zeit, dem griechischen Augenarzt B. Adamantiades und dem türkischen Hautarzt H. Behçet.

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Abstract

Adamantiades-Behçet’s disease is a systemic, chronic and recurrent vasculitis, which is characterized by the classical trias; recurrent oral aphthous ulcers, genital ulcers and iritis/uveitis. The disease is named according to the first describers in modern times, the Greek ophthalmologist B. Adamantiades and the Turkish dermatologist H. Behçet.

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Die Erstbeschreibung einer neuen Erkrankung

Am 15. November 1930 stellte Benediktos Adamantiades bei der Jahrestagung der Medizinischen Gesellschaft von Athen – unter dem Titel „Ein Fall von rezidivierender Iritis mit Hypopyon” – einen 20 Jahre alten männlichen Patienten mit drei Kardinalzeichen vor, nämlich rezidivierende Iritis mit Hypopyon, vernarbende skrotale Ulzera und orale Aphthen, welche von einer sterilen Arthritis beider Knie begleitet wurden [1]. Die Erkrankung hatte im Alter von 18 Jahren mit einer Schwellung und Hautulzera am linken Unterschenkel angefangen, die als Thrombophlebitis diagnostiziert wurden. In den nächsten 2 Jahren (1928 – 1930) entwickelte der Patient eine Iritis mit Hypopyon an beiden Augen, welche zur Atrophie des optischen Nervs und zur Erblindung führte, vernarbende Ulzera am Skrotum, Mundschleimhautaphthen und eine Arthritis beider Knien. Alle diese klinischen Zeichen waren rezidivierend. Die Punktate der Kniegelenke und der vorderen Augenkammern waren steril und auch Tierinokulationsexperimente blieben negativ. Kulturen aus den skrotalen Ulzera und aus einem Tonsillenulkus wiesen das Wachstum von Staphylokokken auf. Den Kommentar des Präsidenten der Medizinischen Gesellschaft von Athen, V. Vasilopoulos, dass der beschriebene Fall den sogenannten „metastatischen (sign. Aut. = bakteriellen) Ophthalmien” zugeteilt werden soll, die Zeichen einer systemischen Infektion darstellen, beantwortete Adamantiades wie folgt: „Ich möchte meinen geschätzten Kollegen darauf hinweisen, dass die Erkrankung, die Gilbert für ätiologisch hält, nicht mit allen Iritisformen assoziiert ist, sondern mit der Iritis mit rezidivierendem Hypopyon, die jetzt eine selbstständige klinische Entität darstellt.”

Im gleichen Jahr erschien der Fall einschließlich der Diskussion in den Annalen der Medizinischen Gesellschaft von Athen [2] ([Abb. 1]) and 1931 im französischen Journal „Annales d’Oculistique” [3].

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Abb. 1 Antwort von B. Adamantiades auf den Kommentar von V. Vasilopoulos während der Jahrestagung der Medizinischen Gesellschaft von Athen am 15. November 1930. Der Text beweist, dass Adamantiades an die Eigenständigkeit der Erkrankung glaubte.

Dabei brachte Adamantiades die Genitalulzera, die Arthritis und die Augenveränderungen als Zeichen einer eigenständigen Erkrankung zusammen. Er berichtete über die bedeutenden Publikationen von Reis (1906) [4] und Gilbert (1920) [5], die ähnliche Fälle beschrieben hatten, und unterstützte die Hypothese von Gilbert über eine fokale, staphylokokkeninduzierte Erkrankung [6]. 1946 berichtete Adamantiades über zwei weitere Patienten mit dieser Erkrankung und definierte Thrombophlebitis als ihr viertes Kardinalzeichen [7]. Später präsentierte er eine Übersichtsarbeit mit der ersten Klassifikation der Erkrankung [8] ([Tab. 1]).

Tab. 1 Erste Klassifikation der Erkrankung (Adamantiades, 1953 [8]).
Okulärer Typ
Mukokutaner Typ
Systemischer Typ

Er betonte, dass die Erkrankung über Jahre mono- oder oligosymptomatisch verlaufen kann und dass die Augenmanifestation und eine schwere Prognose häufiger bei Männern als bei Frauen auftreten. In dieser Arbeit schlug er auch erste diagnostische Kriterien vor. Im Jahr 1958 publizierte Adamantiades seine letzte Arbeit über die neurologischen Komplikationen der Krankheit [9].

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Benediktos Adamantiades

Benediktos Adamantiades (1875 – 1962) ([Abb. 2]), der zur Zeit der Erstbeschreibung der Erkrankung Direktor der Augenklinik des Flüchtlingskrankenhauses von Athen (heutiges Hippokration Krankenhaus) war, kam aus Prusa, Kleinasien (das heutige Bursa in der Türkei) [10].

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Abb. 2 Benediktos Adamantiades (1875 – 1962)

Er studierte Medizin in Athen und spezialisierte sich 1911 bis 1914 in der Augenheilkunde in Paris, beim Hôtel Dieu unter Prof. Delapersonne und Quinze Vingts unter Prof. Trousseau. Zunächst als Truppenarzt der türkischen Armee während des Ersten Weltkrieges tätig, wurde er 1920 bis 1922 zum Vorstand der griechischen Gemeinde in Prusa gewählt und folgte 1922 – nach der Niederlage der griechischen Armee in Kleinasien – den Millionen von Kleinasien-Einwohnern griechischen Ursprungs als Flüchtling nach Griechenland, wo er sich in Athen niederließ. Bevor er im Flüchtlingskrankenhaus von Athen seine Tätigkeit übernahm, wurde er von den griechischen Behörden mit der Leitung der Bekämpfung epidemischer Augenkrankheiten bei den Flüchtlingen beauftragt. Zusätzlich beschrieb Adamantiades in über 150 Publikationen – unter anderem – die interstitielle Keratitis bei Patienten mit Trachom, die periphere ektatische Keratitis (Erstbeschreibung der Keratitis Terrien) und den Verlauf der Avitaminose-A am Auge (epidemische idiopathische Hemeralopie). Adamantiades war Gründungsmitglied der griechischen Ophthalmologischen Gesellschaft (1931) [11] [12].

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Morbus Adamantiades-Behçet

Die Erkrankung ist eine systemische, chronisch-rezidivierende Vaskulitis, die von der klassischen Trias der rezidivierenden oralen Aphthen, Genitalulzera und Iritis/Uveitis charakterisiert wird [13] [14]. Sie wird international meist als Morbus Behçet oder Behçet-Syndrom bezeichnet. Vor allem Autoren, die medizinhistorische Gerechtigkeit walten lassen wollen, beziehen Benediktos Adamantiades (gelegentlich auch Adamandiadis geschrieben) in das Eponym mit ein: Morbus Adamantiades-Behçet. Das Krankheitsbild tritt vorwiegend im östlichen Mittelmeerraum und in Ostasien (China, Korea, Japan) auf, wird aber weltweit sporadisch beobachtet. Von der Symptomatik her könnte man es, wie das Hulûsi Behçet im Jahr 1937 auch getan hat [15], als „Trisymptomenkomplex” bezeichnen: Geschwürsbildungen (Aphthen) im Mund und an den Genitalien sowie Augenentzündungen stehen im Mittelpunkt und bilden die Basis der diagnostischen Kriterien, die von verschiedenen internationalen Studiengruppen aufgestellt wurden [16]. Potenziell kommen dazu Hautveränderungen (Erythema nodosum, sterile Pusteln), eine Thrombophlebitis (an der unteren Extremität, im Auge) oder Thrombosen, Arthritiden und Veränderungen im zentralen Nervensystem sowie Manifestationen an allen Organen vor [13] [14].

Wie meist in der Geschichte der Medizin sind auch die Krankheitszeichen des Morbus Adamantiades-Behçet schon früher in der Literatur erwähnt und, wie oft, ist es auch hier Hippokrates, der in seinem dritten Buch, Fall 7, über die Epidemien von Aphthen im Mund sowie am Genitale in Verbindung mit wässrigen Entzündungen der Augen spricht [17] [18] [19]: „… Der Mund vieler Patienten war von aphthösen Ulzerationen befallen. Um die Genitalien waren viele purulente Geschwüre sowie Furunkel außerhalb und innerhalb und um die Leisten zu sehen. Dazu gab es eine wässrige Augenentzündung mit chronischem Verlauf und Schmerzen sowie Wucherungen an den Augenlidern – außerhalb und innerhalb – die das Sehvermögen vieler Patienten minderten. … Es gab auch … große herpetische Veränderungen bei vielen Patienten” [16] ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Mögliche Beschreibung der Erkrankung durch Hippokrates von Kos (altgriechischer Text, Epidimion-Buch III, Fall 7).

In der neueren Zeit wurden monosymptomatische Formen einer Iritis mit Hypopyon von dem Franzosen J. Janin 1772 [20] und mit Erythema nodosum von W. Reis 1906 [21] beschrieben. Darüber hinaus haben seit 1895 auch eine Reihe anderer Autoren über diesen Symptomenkomplex publiziert [18], ohne die Eigenständigkeit der Erkrankung erkannt zu haben ([Tab. 2]).

Tab. 2 Klinische Beobachtungen von 1772 bis 1940, die einem Morbus Adamantiades-Behçet entsprechen könnten (modifiziert nach [18]).
Publikationen Ort Beschreibung
Janin, 1772 Lyon Rezidivierende Hypopyon-Iritis (1 männlicher Patient)
Neumann, 1895 Wien Rezidivierende mukokutane Läsionen (11 weibliche Patienten)
Christlieb, 1895 Würzburg Rezidivierende mukokutane Läsionen (1 weiblicher Patient)
Reis, 1906 Bonn Rezidivierende Hypopyon-Iridozyklitis, Monoarthritis, kutane Läsionen, Allgemeinzeichen (1 männlicher Patient)
Blüthe, 1908 Heidelberg, Göttingen Rezidivierende Hypopyon-Iridozyklitis, Arthritis, Orchitis, mukokutane Läsionen (3 männliche und 1 weiblicher Patient); histologischer Nachweis einer Uveitis und Atrophie des Nervus opticus
Gilbert, 1920; 1921; 1923; 1925 München, Hamburg Rezidivierende Arthritis, Myalgie, Uveitis, Allgemeinzeichen, Hautveränderungen, infektiöse Mittelohr-Otitis (3 männliche Patienten); histologischer Nachweis einer Uveitis. Verdacht einer Staphylokokkensepsis; Einführung der Begriffe „Iridocyclitis septica” und „Ophthalmia lenta”
Planner und Remenowsky, 1922 Wien Mukokutane Läsionen, Iritis, Allgemeinzeichen (1 weiblicher Patient); Einführung des Begriffes „Aphthosis”
Wewe, 1923 Rotterdam Rezidivierende Hypopyon-Iridozyklitis, Arthritis, mukokutane Läsionen, Periodontitis, Empyem des Sinus mastoidalis, neurologische Zeichen (1 weiblicher Patient); Verdacht einer Staphylokokkeninfektion
Shigeta, 1924 Japan Rezidivierende mukokutane Ulzera, Hypopyon-Iritis (1 männlicher Patient); histologischer Nachweis von Uveitis und Atrophie des Nervus opticus
Pils, 1925 Wien Mukokutane Läsionen, Thrombophlebitis, Arthralgie assoziiert mit der Menstruation (1 weiblicher Patient)
Grütz, 1926 Kiel Rezidivierende mukokutane Läsionen, Depression; Verschlechterung kurz vor und während der Geburten (1 weiblicher Patient, 4 normale Geburten)
Carol und Ruys, 1928 Amsterdam Mukokutane Läsionen, Arthralgie, Allgemeinzeichen (1 weiblicher Patient)
Samek und Fischer, 1929 Prag Rezidivierende mukokutane Läsionen, Allgemeinzeichen, erstmalige Anwendung des Pathergie-Tests (1 weiblicher Patient)
Walter und Roman, 1930 Krakaw Rezidivierende mukokutane Läsionen, Allgemeinzeichen (2 weibliche Patienten); histologischer Nachweis von leukozytoklastischer Vaskulitis bei einem Genitalulkus und einer Hautläsionen
Kumer, 1930 Innsbruck EEM, ZNS-Zeichen, mukokutane Läsionen (1 weiblicher Patient); histologischer Nachweis von leukozytoklastischer Vaskulitis bei einem Genitalulkus und einer Erythema nodosum-Läsion
Adamantiades, 1930
1931, 1946, 1953, 1958
Athen Erstbeschreibung der Erkrankung, erste Klassifikation
Dascalopoulos, 1932; 1941 Athen Rezidivierende Hypopyon-Iridozyklitis, orale und genitale Ulzera, Allgemeinzeichen, Hämoptyse und radiologische Zeichen von Lungenbefall (2 männliche Patienten); Einführung des Begriffes „Uveitis recidivans aphthosa”
Matras, 1932 Wien Mukokutane Läsionen, Arthritis, Allgemeinzeichen (1 weiblicher Patient)
Whitwell, 1934 London Mukokutane Läsionen, Iritis (2 weibliche und 1 männlicher Patient)
Nishimura, 1936 Japan Allgemeinzeichen, orale und genitale aphthöse Ulzera, Iritis (1 weiblicher Patient)
Blobner, 1937 Prag Rezidivierende Arthralgie, Hypopyon-Iritis, Erythema nodosum, Kopfschmerzen, zweite Anwendung des Pathergie-Tests (1 männlicher Patient); histologischer Nachweis von Retinitis und Atrophie des Nervus opticus
Behçet, 1937, 1938, 1939, 1940 Istanbul Veröffentlichungen in mehreren Sprachen, Einführung des Begriffs „Trisymptomenkomplex”
Weekers und Reginster, 1938 Brüssel Rezidivierende orale und genitale aphthöse Ulzera, Hypopyon-Iritis, sterile Pleuritis (1 männlicher und 1 weiblicher Patient)
Knapp, 1938/39 Basel Rezidivierende mukokutane Läsionen, Hypopyon-Iritis, neurologische Manifestation (1 weiblicher Patient)
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Warum wird die Erkrankung überwiegend Morbus Behçet oder Behçet-Syndrom genannt?

1941 wurde von dem Dänen T. Jensen bei der Beschreibung eines Patienten mit der typischen Trias und einer ulzerativen hämorrhagischen Kolitis die Bezeichnung „Behçet-Syndrom” verwendet [22] [23]. Prof. Hulûsi Behçet (1889 – 1948) ([Abb. 4]), Ordinarius für Dermatologie und Syphilologie an der Universität von Istanbul, stellte am 11. Mai 1937 in der Dermatologischen Gesellschaft Istanbuls eine 34 Jahre alte Frau mit rezidivierenden oralen aphthösen Ulzera, Genitalulzera und Augenläsionen seit 7 Jahren vor und veröffentlichte seine Befunde zusammen mit den Befunden eines 40-jährigen Mannes im gleichen Jahr in der Dermatologischen Monatsschrift [15].

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Abb. 4 Hulûsi Behçet (1889 – 1948)

Es folgten 5 Publikationen in den nächsten 3 Jahren mit 4 zusätzlichen Patienten [24] [25] [26] [27] [28], wobei er, wie in diesen Jahren üblich, eine Virusätiologie angenommen hat. Unterstützung in seiner Arbeit fand er von deutschsprachigen Mitgliedern der Istanbuler Fakultät: Abstriche und mikrobiologische Untersuchungen auf Tuberkulose (Kultur und Tierversuch) führte der Mikrobiologie-Professor Hugo Braun (1881 – 1963) durch, die Augenuntersuchungen der Professor für Ophthalmologie Joseph Igersheimer (1879 – 1965) und die histologischen Befunde fertigte der Pathologie-Professor Siegfried Oberndorfer (1876 – 1944) an. Die Erstpublikation von Adamantiades [3] findet Erwähnung in der Literaturliste der ersten Publikation von Behçet[15].

Wenige Jahre später – 1944 – taucht im Titel der Arbeiten von Berlin [29] and Ephraim [30], die über je einen Patienten aus Tel Aviv bzw. aus Haifa berichteten, der Namen von Behçet auf. Beide Autoren wiesen auf die Arbeiten von Jensen hin. 1946 verwenden Feigenbaum und Kornblueth in ihrem Artikel über 4 Patienten aus Jerusalem den Begriff „Behçet’s disease” [31]. Es war aber wieder eine Emigrantin aus Berlin, die Dermatologie-Professorin Helen Ollendorff Curth, der Behçet auch aufgrund seiner Fachausbildung in Berlin (1918 – 1919 unter Prof. Arndt) und seiner deutschsprachigen Publikationen bekannt war, die den Begriff „Behçet’s disease” in zwei Publikationen in den USA [32] [33] und damit auch in der übrigen wissenschaftlichen Welt bekannt machte. Helene Ollendorff (1899 – 1982), Tochter der bekannten Frauenrechtlerin Paula Ollendorff [34], hatte 1924 ihre Fachausbildung im Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin bei Prof. Buschke begonnen und mit ihm zusammen die Dermatofibrosis lenticularis disseminata als Hautmanifestation der Osteopoikilie (Buschke-Ollendorff-Syndrom) beschrieben. In seiner Klinik lernte sie auch ihren späteren Mann Dr. Wilhelm Curth kennen, mit dem sie 1931 nach Bar Harbor, NY, USA emigrierte. Sie war mit Behçet noch persönlich zusammengetroffen. Allerdings wird aus ihren Veröffentlichungen deutlich, dass sie zwar die Arbeiten von Behçet selbst und die einschlägigen oben genannten englischen Publikationen kannte, nicht aber die von Adamantiades, der auf Französisch veröffentlichte.

Schon 1941 erschien die erste Übersichtsarbeit; der Pariser Dermatologe A. Touraine beschrieb 274 Patienten mit nicht-infektiöser oraler Aphthose – wobei er dabei auch Patienten mit rezidivierender Iritis mit Hypopyon mitaufnahm [35]. Für das letztere klinische Bild verwendete Touraine den Begriff „aphtose généralisée” oder „grande aphtose”.

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Letzter Kommentar

In den früheren Zeiten hatten – u. a. – Bietti und Bruno aus Italien, Lemke, Rossochowitz und Metze aus Deutschland, Jebejian aus Syrien, Daghfous aus Tunesien und Theoharis aus Frankreich [18], wie es aktuell zahlreiche weitere Autoren getan haben, die Bezeichnung Morbus Adamantiades-Behçet als gerechtes Attribut für beide Wissenschaftler verwendet, einen Begriff, den wir auch als gleichzeitige Anerkennung der Leistungen beider Erstautoren für korrekt betrachten [19].

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Literatur

  • 1 Zouboulis C C, Kaklamanis P. Early descriptions of Adamantiades-Behçet’s disease.  Ann Rheum Dis. 2003;  67 691-692
  • 2 Adamantiades B. Ein Fall von rezidivierender Iritis mit Hypopyon (griechisch). Athen; Archia Iatrikis Etairias (Archive der Medizinischen Gesellschaft von Athen) 1930: 586-593
  • 3 Adamantiades B. Sur un cas d'iritis à hypopion récidivant.  Ann Ocul (Paris). 1931;  168 271-278
  • 4 Reis W. Augenerkrankung und Erythema nodosum.  Klin Mbl Augenheilkd. 1906;  44 203-206
  • 5 Gilbert W. Über die rezidivierende eitrige Iridozyklitis („I. septica”) und ihre Beziehungen zur septischen Allgemeinerkrankung.  Arch Augenheilkd. 1920;  86 29-49
  • 6 Gilbert W. Über chronische Verlaufsformen der metastatischen Ophthalmie („Ophthalmia lenta”).  Arch Augenheilkd. 1925;  96 119-130
  • 7 Adamantiades B. La thrombophlébite comme quatrième symptome de l'iritis récidivante à hypopyon.  Ann Ocul (Paris). 1946;  179 143-148
  • 8 Adamantiadis B. Le symptome complexe de l'uvéite récidivante à hypopyon.  Ann Ocul (Paris). 1953;  186 846-856
  • 9 Adamantiades B. Schwere Komplikationen des zentralen Nervensystems beim Syndrom der rezidivierenden Iritis mit Hypopyon (griechisch).  Deltion Ellinikis Ophthalmologikis Etairias (Bulletin der Griechischen Ophthalmologischen Gesellschaft). 1958;  26 199-202
  • 10 Zouboulis C C. Benediktos Adamantiades and his forgotten contributions to medicine.  Eur J Dermatol. 2002;  12 471-474
  • 11 Fronimopoulos J, Lambrou N, Laskaratos J, Tourmousis A. Der Augenarzt B. Adamandiadis und die Geschichte des „Adamandiadis-Behçet-Syndroms”.  Klin Monatbl Augenheilkd. 1988;  193 651-655
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  • 19 Keitel W, Zouboulis C C. Adamantiades und Behçet, der Grieche und der Türke.  Z Rheumatol. 2003;  62 88-94
  • 20 Janin J. Mémoires et observations anatomiques, physiologiques et physiques sur l'œil, et sur les maladies qui affectent cet organe. Avec un précis des opérations et des remedies qu'on doit pratiquer pour les guerres. Lyon, Paris; Frères Périsse, PF Didot 1772: 412-414
  • 21 Reis W. Augenerkrankung und Erythema nodosum.  Klin Mbl Augenheilkd. 1906;  44 203-206
  • 22 Jensen T. Ulcerous haemorrhagic colitis associated with Behçet’s syndrome.  Ugeskrift för Laeger. 1941;  106 176-180
  • 23 Jensen T. Sur les ulcérations aphteuses de la muqueuse de la bouche et de la peau génitale combinées avec les symptômes oculaires (= Syndrôme Behçet).  Acta Dermatol Venereol (Stockh). 1941;  22 64-79
  • 24 Behçet H. Kurze Mitteilung über Fokalsepsis mit aphthösen Erscheinungen an Mund, Genitalien und Veränderungen an den Augen, als wahrscheinliche Folge einer durch Virus bedingten Allgemeininfektion.  Dermatol Wochenschr. 1938;  107 1037-1040
  • 25 Behçet H. Considerations sur le lésions aphteuses de la bouche et des parties génitales ainsi que sur les manifestations oculaires d'origine probablement parasitaire et observations concernant leur foyer d'infection.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1938;  45 420-433
  • 26 Behçet H. A propos d'une entité morbide due probablement à un virus spécial donnant lieu à une affection généralisée se manifestant par poussées récidivantes en trois régions principales et occasionnant en particulier des iritis répétés.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1939;  46 674-687
  • 27 Behçet H. Einige Bemerkungen zu meinen Beobachtungen über den Tri-Symptomenkomplex.  Med Welt. 1939;  13 1222-1227
  • 28 Behçet H. Some observations on the clinical picture of the so-called triple symptom complex.  Dermatologica. 1940;  81 73-83
  • 29 Berlin C. Behçet’s syndrome with involvement of central nervous system. Report of a case, with necropsy, of lesions of the mouth, genitalia and eyes; review of the literature.  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1944;  49 227-233
  • 30 Ephraim H. Triple symptom complex of Behcet.  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1944;  50 37-38
  • 31 Feigenbaum A, Kornblueth W. Behçet’s disease as manifestation of a chronic septic condition connected with a constitutional disorder. With a report of 4 cases.  Acta Med Orient. 1946;  5 139-151
  • 32 Ollendorff C urth. Recurrent genito-oral aphthosis and uveitis with hypopyon (Behçet’s syndrome).  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1946;  54 179-196
  • 33 Ollendorff C urth. Behçet’s syndrome, abortive form (?) (recurrent genital ulcerations).  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1946;  54 481-483
  • 34 Schnyder U W. Zum 65. Geburtstage von Helen Ollendorff Curth.  Hautarzt. 1964;  15 96-97
  • 35 Touraine A. L’aphtose.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1941;  48 61-104

1 Herrn Dr. Klaus Holzegel anlässlich seines 75. Geburtstags und der Verleihung der Silbernen Ehrennadel der Ärztekammer Sachsen-Anhalt 12/2009 gewidmet.

Prof. Dr. Christos C. Zouboulis

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Immunologisches Zentrum,
Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38
06847 Dessau-Roßlau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

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Literatur

  • 1 Zouboulis C C, Kaklamanis P. Early descriptions of Adamantiades-Behçet’s disease.  Ann Rheum Dis. 2003;  67 691-692
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  • 3 Adamantiades B. Sur un cas d'iritis à hypopion récidivant.  Ann Ocul (Paris). 1931;  168 271-278
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  • 16 Zouboulis C C. Morbus Adamantiades-Behçet: Klinische und experimentelle Untersuchungen – Erhebungen an 53 Patienten aus dem Berliner Raum. Habilitationsschrift, Fachbereich Humanmedizin der Freien Universität Berlin. 1995
  • 17 Feigenbaum A. Description of Behçet’s syndrome in the Hippocratic third book of endemic diseases.  Brit Gen Ophth. 1956;  40 353-357
  • 18 Zouboulis C C, Keitel W. A historical review of early descriptions of Adamantiades-Behçet’s disease.  J Invest Dermatol. 2002;  119 201-205
  • 19 Keitel W, Zouboulis C C. Adamantiades und Behçet, der Grieche und der Türke.  Z Rheumatol. 2003;  62 88-94
  • 20 Janin J. Mémoires et observations anatomiques, physiologiques et physiques sur l'œil, et sur les maladies qui affectent cet organe. Avec un précis des opérations et des remedies qu'on doit pratiquer pour les guerres. Lyon, Paris; Frères Périsse, PF Didot 1772: 412-414
  • 21 Reis W. Augenerkrankung und Erythema nodosum.  Klin Mbl Augenheilkd. 1906;  44 203-206
  • 22 Jensen T. Ulcerous haemorrhagic colitis associated with Behçet’s syndrome.  Ugeskrift för Laeger. 1941;  106 176-180
  • 23 Jensen T. Sur les ulcérations aphteuses de la muqueuse de la bouche et de la peau génitale combinées avec les symptômes oculaires (= Syndrôme Behçet).  Acta Dermatol Venereol (Stockh). 1941;  22 64-79
  • 24 Behçet H. Kurze Mitteilung über Fokalsepsis mit aphthösen Erscheinungen an Mund, Genitalien und Veränderungen an den Augen, als wahrscheinliche Folge einer durch Virus bedingten Allgemeininfektion.  Dermatol Wochenschr. 1938;  107 1037-1040
  • 25 Behçet H. Considerations sur le lésions aphteuses de la bouche et des parties génitales ainsi que sur les manifestations oculaires d'origine probablement parasitaire et observations concernant leur foyer d'infection.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1938;  45 420-433
  • 26 Behçet H. A propos d'une entité morbide due probablement à un virus spécial donnant lieu à une affection généralisée se manifestant par poussées récidivantes en trois régions principales et occasionnant en particulier des iritis répétés.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1939;  46 674-687
  • 27 Behçet H. Einige Bemerkungen zu meinen Beobachtungen über den Tri-Symptomenkomplex.  Med Welt. 1939;  13 1222-1227
  • 28 Behçet H. Some observations on the clinical picture of the so-called triple symptom complex.  Dermatologica. 1940;  81 73-83
  • 29 Berlin C. Behçet’s syndrome with involvement of central nervous system. Report of a case, with necropsy, of lesions of the mouth, genitalia and eyes; review of the literature.  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1944;  49 227-233
  • 30 Ephraim H. Triple symptom complex of Behcet.  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1944;  50 37-38
  • 31 Feigenbaum A, Kornblueth W. Behçet’s disease as manifestation of a chronic septic condition connected with a constitutional disorder. With a report of 4 cases.  Acta Med Orient. 1946;  5 139-151
  • 32 Ollendorff C urth. Recurrent genito-oral aphthosis and uveitis with hypopyon (Behçet’s syndrome).  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1946;  54 179-196
  • 33 Ollendorff C urth. Behçet’s syndrome, abortive form (?) (recurrent genital ulcerations).  Arch Dermatol Syph (Chicago). 1946;  54 481-483
  • 34 Schnyder U W. Zum 65. Geburtstage von Helen Ollendorff Curth.  Hautarzt. 1964;  15 96-97
  • 35 Touraine A. L’aphtose.  Bull Soc Fr Dermatol Syph. 1941;  48 61-104

1 Herrn Dr. Klaus Holzegel anlässlich seines 75. Geburtstags und der Verleihung der Silbernen Ehrennadel der Ärztekammer Sachsen-Anhalt 12/2009 gewidmet.

Prof. Dr. Christos C. Zouboulis

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Immunologisches Zentrum,
Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38
06847 Dessau-Roßlau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

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Abb. 1 Antwort von B. Adamantiades auf den Kommentar von V. Vasilopoulos während der Jahrestagung der Medizinischen Gesellschaft von Athen am 15. November 1930. Der Text beweist, dass Adamantiades an die Eigenständigkeit der Erkrankung glaubte.

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Abb. 2 Benediktos Adamantiades (1875 – 1962)

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Abb. 3 Mögliche Beschreibung der Erkrankung durch Hippokrates von Kos (altgriechischer Text, Epidimion-Buch III, Fall 7).

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Abb. 4 Hulûsi Behçet (1889 – 1948)