veterinär spiegel 2009; 19(01): 34-38
DOI: 10.1055/s-0029-1216287
nutztiere
Stuttgart

Brunstsynchronisation und duldungsorientierte Besamung

Fruchtbarkeitsleistungen von Jungsauen
Uwe Hühn
An der Romenei 4, 98617 Wölfershausen
,
Udo Heurich
Tierarztpraxis Wilhelm-Klemm-Straße 13, 99713 Ebeleben
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Publication Date:
26 March 2009 (online)

In den Schweinezucht- und Ferkelerzeugerbetrieben lassen sich die Brunsteintritte und Besamungstermine der gruppenweise aufgestellten Remontetiere mittels biotechnischer Maßnahmen steuern. Die erzielten Besamungs- und Abferkelergebnisse unterliegen einer Reihe von Einflussfaktoren. Dazu zählen insbesondere das Erstbesamungsalter und der Lebendmassezuwachs der Jungsauen während der Vorbereitungsphase auf den Zuchtbenutzungsbeginn. Das belegen die nachfolgenden Untersuchungsergebnisse in einer Thüringer Sauenanlage mit Zukaufsremontierung.

In den sauenhaltenden Betrieben bildet die Sicherung komprimierter Besamungs- und Abferkelperioden einen Schwerpunkt des Herdenmanagements. Den Ausgangspunkt für die Gruppenabferkelung stellt die Gleichschaltung der Brunsteintritte und Belegungstermine bei den abgesetzten Sauen sowie bei den zur Bestandsergänzung aufgestellten Remontetieren dar. Für letztere hat die medikamentelle Brunstsynchronisation (BS) Bedeutung erlangt, um die individuellen Sexualzyklen der Jungsauen mit denen der Tiere mit höherer Wurfnummer gleichzuschalten. Dies gilt insbesondere für Ferkelerzeugerbetriebe mit mehrwöchigen Produktionsrhythmen, unter Großbestandsbedingungen ([Tabelle 1] enthält repräsentative Daten zum Anwendungsumfang) sowie für neubelegte Anlagen, bei Bestandsaufstockungen und hoher Remontierungsquote. Es liegen hierzu Ergebnisse und Erfahrungen zur BS-Anwendung mittels erprobter Biotechnika vor, die den Wirkstoff Altrenogest enthalten. In 5ml der empfohlenen Tagesdosis des BS-Präparates sind 20 mg Altrenogest enthalten. Die Verabreichung hat nach Vorschrift der Hersteller oral über 18 Tage hinweg stets zur gleichen Zeit zu erfolgen. Um den Synchronisationserfolg noch zu verbessern, d. h. zur Konzentration der Östren auf möglichst wenige Tage, hat es sich hierzulande bewährt, den Jungsauen im Abstand von vorzugsweise 32 bis 48 Stunden nach der letzten Altrenogest-Gabe ein seit Jahrzehnten praxisbewährtes Gonadotropin zu injizieren. Dabei handelt es sich um sog. eCG (= equines Choriongonadotropin, d. h. Pferdeserumgonadotropin; ältere Bezeichnung: PMSG). Die Dosis kann je nach tierärztlichem Rat und vorliegenden betrieblichen Erfahrungen im Vorzugsbereich von 750 bis 1.000 Internationalen Einheiten (I. E.) liegen. Sollen die Jungsauen terminorientiert besamt werden, ist als 2. Injektion ein ovulationsstimulierendes Präparat im Abstand von 78–80 Stunden nach eCG zu verabreichen.

Tab. 1: Angaben zum Anwendungsumfang biotechnischer Verfahren zur Fortpflanzungssteuerung bei Jungsauen in Sachsen sowie Brandenburg (Quelle: H. Lau, Seminarvortrag am 05.05.2008, Univ. Göttingen).

Verfahren

Besamung im spontanen Östrus

BS und duldungsorientierte KB

Ovulationssynchronisation und terminorientierte KB

Sachsen

2004

33,3

13,9

52,8

2005

37,9

6,9

55,2

Brandenburg

2005/06

27

11

55

2006/07

26

19

41

Die zur BS aufgestellten Jungsauen sollen zuvor die Geschlechtsreife erreicht haben und zuchttauglich sein. Dies schließt ein bestimmtes Mindestalter bei Beginn der medikamentellen Behandlung sowie eine Lebendmasseentwicklung und Körperzusammensetzung ein, die sich vorteilhaft auf die nachfolgenden Reproduktionsergebnisse auswirken. Die diesbezüglichen Empfehlungen variieren je nach Zucht- und Beratungsorganisation. Lange Zeit sahen die Versorgungsempfehlungen der Fütterungsberatung vor, die Jungsauen im letzten Abschnitt vor Zuchtbenutzungsbeginn (die einschlägigen Tabellen gaben hierfür den Gewichtsbereich von 90 –120 kg an) so zu füttern, dass sie tägliche Zunahme von 500 g erreichen. Der enormen Leistungsentwicklung der modernen Schweine Rechnung tragend, veröffentlichte die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) Ende 2006 neue Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Schweinen. Auf dieser Basis wurden auch die Daten für die Eingliederung der Jungsauen aktualisiert ([Tab. 2]). Sie gelten für den Lebend masseabschnitt ab 95 kg, d. h. von der Eigenleistungsprüfung (ELP) der Remontetiere mit ca. 170–180 Lebenstagen, bis zur ersten Zuchtbenutzung. Im richtungsweisenden „Rechenmeister für die Schweinefütterung” der Landwirtschaftskammer (LK) in Nordrhein-Westfalen (NRW) wurden als „Zielwerte einer optimalen Zuchtreife” ein Erstbelegungsalter von 220–240 Tagen und eine Lebendmasse bei der ersten Belegung (EB) von 130–140 kg angegeben.

Tab. 2: Orientierungswerte zur Nährstoff- und Energieversorgung von Jungsauen in der Eingliederungsphase (Quelle: Rechenmeister für die Schweinefütterung 2007, LK NRW).

Lebensabschnitt

kg

95 – 130

tägliche Zunahme

G

700 – 750

Dauer

Tage

50 – 47

Energie

MJ ME/Tag

35 – 45

MJ ME/kg

13,0 – 13,4

Rohprotein

%

13,0 – 14,0

Lysin

g/MJ ME

0,50

Futtermenge

kg/Tag

2,7 – 3,5

Calcium

%

0,75

Phosphor

ohne Phytase

%

0,50

verd. Phosphor

0,25

0,25

Lysin: Methionin/Cystin: Threonin: Tryptophan 1: 0,56: 0,65: 0,18

In diesem Zusammenhang fehlten bislang Daten zum Einfluss des Lebendmassezuwachses im Abschnitt von der ELP bis zum BS-Beginn. Außerdem kam nach den vorliegenden Erfahrungen von vielen Anwenderbetrieben der BS bei Jungsauen ein so frühes EBA von 220 Lebenstagen nicht in Betracht, da die Pubertät beim weiblichen Schwein im Durchschnitt erst später eintritt. Deshalb galt es nachfolgend in einem großen Ferkelerzeugerbetrieb zu untersuchen, wie sich die beiden genannten Einflussfaktoren – das Erstbesamungsalters und der LM-Zuwachs in kg während der Eingliederung – auf die Abferkelrate, die Wurfgröße und den Ferkelindex (lebend geborene Ferkel je 100 EB) von Jungsauen auswirkten.

Tabelle 3: Einfluss des Erstbesamungsalters (EBA) auf die Jungsauenfruchtbarkeit nach Brunstsynchronisation und duldungsorientierter Besamung.

EBA Tage

Sauengruppen

Anzahl EB

Abferkelrate %

geborene Ferkel/Wurf ings.

geborene Ferkel/Wurf lebend

Ferkelindex

226 – 232

3

30

76,7

10,62

9,77

749

233 – 239

7

72

75,0

11,23

10,34

775

240 – 246

11

102

81,4

11,24

10,36

843

247 – 253

8

72

81,9

11,56

10,85

888

254 – 260

7

75

81,3

11,90

10,67

867

261 – 267

6

27

74,1

12,76

11,86

878